Litscher H. / 1974

 

Ein geologisches Profil durch die Südwestabdachung des Sonnblickkernes

DIE TEKTONISCHEN VERHÄLTNISSE IM RAUME WURTEN-KLEINE FLEISS Von H. LITSCHER

(Mit 3 Tafeln und 3 Abbildungen)

VORWORT

Für die Wasserkraftnutzung wurden in der Südwestabdachung der Sonnblickgruppe in den Hohen Tauern im Auftrag der Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft zwei Beileitungsstollen mit einer Länge von 7750 m bzw. 5574 m, und einem Querschnitt von 6,5 m2 durchgeschlagen. Durch diese Stollen konnte in einem Horizont von 1700 m Seehöhe der geologische Aufbau dieses Gebirgsstockes aufgeschlossen werden (Lageplan Abb. 1). Der Vortrieb erfolgte von der Wurten (Fragant) zur Großen Zirknitz und von dort weiter bis zur Kleinen Fleiß (Heiligenblut). Die Bauarbeiten begannen im Jahre 1969 und endeten im Winter 1971 mit dem Stollendurchschlag im Kleinen Fleißtal (Abb. 1).

1. Regionalgeologische Übersicht :

1.1 Der geologisch-tektonische Aufbau des Sonnblickkernes wird nach Ch. EXNER (1964) durch sein auch die Morphologie bestimmendes, SW geneigtes Flächengefüge charakterisiert. Die Schieferhülle ruht konkordant auf dem Kern auf. Sie bildet den Rahmen um den fensterartig aufgedrungenen Granitgneiskörper. Die eingeschalteten Gneislagen in den Hüllgesteinen sind tektonisch abgescherte Schubspäne älterer Gneismassen (Ch. EXNER 1962 c).

Mit den durch den Stollenvortrieb erzielten Aufschlüssen wurden der zentrale Granitkörper und die Liegendanteile der Schieferhülle im Kleinen Fleißtal durchfahren. Weiters konnte auch ein kleiner Teil der Gneislamelle I (Ch. EXNER 1964) erkundet werden.

1.2 Die großtektonischen Verhältnisse: Der interne, tektonische Bau im Kern ist ,durch zwei Hauptformungsachsen (I, II) geprägt. Die NW-SE-streichende Faltungsachse stellte den Hauptverformungsplan (I) dar. Eine zweite Achsenrichtung (II), NNE-SSW -streichend, hat vor allem in der Nordabdachung des Sonnblickkernes die Achsenrichtung (I) überlagert.

Die Hauptstörungen laufen meist parallel zu den Achsenrichtungen (Ch. EXNER 1964, E. H. WEISS 1969). Innerhalb der Störungsbereiche kommt es häufig zu Auf-und Abschiebungen und Rotation (Stengelgneis) von Gesteins-Teilkörpern. In der Seeschwelle des Großen Oscheniksees kommen diese tektonischen Merkmale besonders deutlich zum Ausdruck.

Die Hauptbruchlinien ziehen von der Hochwurten über die Einsattelung östlich des Sandfeldkopfes nach Außerfragant und weiter im Osten von der Duisburger Hütte über den Feldsee zum Oscheniksee (E. H. WEISS 1969). Beide Störungslinien münden in die Mölltalbruchlinie (Abb. 1).

Markante, oft über 1 m mächtige Mylonitzonen liegen innerhalb der Störungsbahnen. Eine von G. RIEDMÜLLER und B. SCHWAIGHOFER (1971) durchgeführte elektronenoptische Untersuchung von Myloniten aus dem Bereich der Oscheniksee-Störung konnte Umsetzungen von Feldspat zu Tonmineralen nachweisen. Damit wird auf eine anhaltende Umgestaltung im Störungsgefüge des zentralen Gebirgsstockes hingewiesen.

In der Schieferhülle sind die bruchtektonischen Strukturen von intensiver Faltung der Glimmerschiefer, Phyllite usw. abgelöst. Nur in den Gneisen der Gneislamelle I (Ch. EXNER 1964) können Absetzungen mit Gefügeverteilungen nach Klüften festgestellt werden.

2. Die Gesteine im Verlauf der Stollentrassen:

2.1 Kurzbeschreibung der Gneisvarianten :

Der größte Teil der aufgefahrenen Stollen liegt im Granit-und Augengneis mit Kalifeldspatvormacht. Die oft bis zu 5 cm großen Kali-Feldspatblasten sind meist in s eingeregelt und weisen außerdem eine Elongation parallel zur dominierenden Verformungsachse auf. Vereinzelt durchreißen Quarz-Aplitgänge und schmale, pegmatitische Intrusionen diskordant ,das Gebirge.

2.2 Beschreibung der basischen Gesteinsanteile :

Neben mehreren Glimmerschiefervariationen (Ch. EXNER 1964) treten auch häufig sehr biotitreiche und mit Granatkörnern durchsetzte Amphibolite auf, welche in Störungszonen meist stark verglimmert sind. Die Unterscheidung zwischen Amphibolit und diaphtocitischem Glimmersd1iefer in oder nahe bei Störungszonen ist nur in den seltensten Fällen ohne Dünnschliff möglich. In die granitischen Gesteine beim Zirmsee, im kleinen Fleißtal und auf der Wurten östlich der Duisburger Hütte SO basische Gesteine eingelagert, welche nach Ch. EXNER (1964) als Gangfloitite bezeichnet werden. Ch. EXNER (1964) beschreibt den mikroskopischen Aufbau dieses mittelkörnigen, dunkelgrauen Gesteines folgendermaßen:

Hauptgemengteile : Gefüllte Hornblende (hellgrün bis graugrün). Sd1warzes, staubförmiges Pigment. Sie tritt mengenmäßig gegenüber der ungefüllten Hornblende sehr zurück. ungefüllte Hornblende (hell-bis blaugrün) -Biotit (hellgelb bis braun), arm an Einschlüssen -Klinozoit -Plagioklas. Xenomorph. Keine Zwillinge. Häufig ist inverser Zonarbau. Ferner: Titanit, rhomboedrisches Karbonat und Erz.

3. Der Beileitungsstollen Wurten -Große Zirknitz (Taf. I) -Länge 7750 m:

3.1 Der Abschnitt von Station 0 bis 1 50 m :

Der Gebirgsbau von Station 0 bis Station 1750 m zeigt die kennzeichnenden Gefügeelemente, wie sie in der Oberflächenkartierung (Ch. EXNER 1964, E. H. WEISS 1969) zum Ausdruck kommen. Das generelle Einfallen der s-flächen 10 bis 15° nach SW, flache nach SE oder NW geneigte B-Achsenrichtungen und ein Kluftgefüge parallel zu den Hauptstörungsrichtungen sind im Stollen aufgeschlossen.

Bei Station 1750 m zerschneidet eine steil nach SW einfallende Störungsbahn parallel zur Hauptstörungsrichtung (Hochwurten-Sandfeldkopf-Außerfragant) den Granitgneis. An den Störungsrändern treten sonst im Granitgneis schwer erkennbare Schleppungen auf; außerdem ist eine starke Mineralisation (Quarz, Chlorit, Pyrit, vereinzelt Kupferkies) in den parallelen Begleitklüften festzustellen. Das, wie bereits erwähnt, flach nach SW geneigte s-Gefüge wird im Bereich dieser Störung zusehends unruhiger .

3.1.1 Analyse der Gefügeverhältnisse :

Eine Analyse der Gefügeverhältnissein diesem Stollenabschnitt zeigt, daß bis zur Annäherung an die Störungsbahn bei Station 1750 m der ältere Gefügeplan (1) mit NW geneigten B-Achsen vorliegt. Erst bei Annäherung an die Störung kommen die NE-gerichteten Lineamente des zweiten und jüngeren Gefügeplanes (II) (Ch. EXNER 1964) zum Ausdrudck, auch ist eine Chloritisierung der Glimmerbestandteile im Gestein zu erkennen.

3.1.2 Aufschluß detail bei Stollen Station 1170 m (Abb. 2):

Im folgenden eine Beschreibung eines Aufschlusses, welcher die im vorhergehenden Abschnitt erwähnten Erscheinungen anschaulich wiedergibt (Abb. 2).

In den Augengneis sind diskordant aplitische Gesteine eingedrungen. Trotz dieser Platznahme der sauren Anteile sind die älteren NW-Amsenrichtungen (Verformungsplan I) in den Glimmerlagen des Granitgneises der Umgebung noch erhalten. Der Verformungsplan II (Nordost) bildet sich jedoch in beiden Gesteinsgruppen ab. Schließlich kommen noch die jüngsten tektonischen Ereignisse in feinen, das Gestein ,in NW-SE-Richtung zerschneidenden Haarrissen zum Ausdruck. An diesen Klüften ist das Abtreppen des Gebirges nach SW im Kleinbereich erkenntlich. Die im Gebirge noch vorherrschenden Spannungszustände zeigen sich in Felsabplatzungen (Bergschlag) in den Stollen-Ulmen.

3.2 Die tektonische Ausgleichszone zwischen Station 1750 mund Station 3660 m:

In diesem Abschnitt durchschneidet die steil nach SW geneigte Störungszone (um 70°) Hochwurten-Sandfeldkopf-Außerfragant die Stollentrasse. Bei Annäherung an diesen tektonischen Horizont wird die Lagerung des s-Flächengefüges zunehmend inhomogener. Die Auflösung des Gesteinsverbandes im Berginneren folgt ,den an der Oberfläche sichtbaren Lineamenten. Es entsteht dabei der Eindruck, daß die Felsmasse in einzelne von Kluftgassen begrenzte Teilkörperverbände (MÜLLER 1970), unabhängig von ihrem Gesteinsaufbau, zerlegt wird.

In den Hauptbruchlinien (Störungen) ist -wie bereits vorher erwähnt -eine Mylonitisierung großer Gesteinspartien zu erkennen. Die meist feinkörnigen, dichten und wasserundurchlässigen Mylonite sind nur dort randlich oxydiert, wo offene wasserführende Klüfte auf die Zerreibungsbahnen auftreffen. Außerdem zeigt der nach SW geneigte Gesteinsverband, verursacht durch diese Störungsbahnen, nach S-SW-gerichtete Absetzungstendenzen. Vereinzelt sind aber auch Bruchschollen horstartig emporgehoben.

Die beigelegte Stollenaufnahme (Taf. II), aufgenommen von Station 2200 m bis 3000 m bringt einen anschaulichen Überblick der Lage der Störungen innerhalb der Bruchlinie.

Aus den synoptischen Diagrammen (Taf. III, Abb. 1 und 2) in Verbindung mit dem übersichtsplan (Taf. I) kann die Gefügestellung sowohl in den Einzelschollen als auch in den durch die Störungen verursachten Zerlegungsbereichen abgelesen werden: Zu den Verformungsakten I und II, die durch ihre annähernd senkrecht aufeinander gerichteten B-Achsen ausgedrückt sind, kommt noch eine, durch feinste Haarrisse bedingte Zerlegung des Gesteins (siehe dazu Detail von Station 1170 m). Hier äußern sich Restspannungen im Gebirge in Form von Bergschlag, vorwiegend aus dem SW-Ulm. Feine Striemungen auf Kluftflächen (NNE-SSW) sind nach SW geneigt. In diesen häufig offenen Klüften befinden sich Bergkristall, Kalzit, Adular, Epidot und Pyrit und Kupferkies.

4. Der Gebirgsbau von Station 3600 m bis zur Unterfahrung der "Eckbergg1eitung" Station 7120 m (siehe dazu Taf. I):

Der Gesteinsaufbau im Hangenden der vorhin beschriebenen Störungsbahn bis zur Unterfläche der großen Felsgleitung vom Eckberg wechselt zwischen Granitgneis und schmalen Amphibolitlagen. Auch die tektonischen Strukturen weisengleiche, schon bei der Hauptstörung beschriebene Merkmale auf. Die Bergschlaghäufigkeit erreicht ihren Höhepunkt bei der Unterfahrung des Sandfeldkopfes und klingt nach NW, bedingt durch die geringere Überlagerung, stark ab. Bei Annäherung an die Unterfläche der Großgleitung ab Station 6740 m ist vermehrter Wasserandrang festzustellen.

5. Die Unterfahrungder Felsgleitung vorn Eckberg (von Station 7120 m bis Station 7750 m):

Erste Untersuchungen über Art und Ursamen dieser Felsgleitung mit einer nachfolgenden detaillierten Beschreibung wurden von E. H. WEISS und G. RIEDMÜLLER (1970) im Rahmen einer geologischen Begutachtung durchgeführt. Im weiteren die Beschreibung von E. H. WEISS und G. RIEDMÜLLER: .

Dieser Stollenabschnitt befindet sich im Bereich der Felsgleitung des Eckberges. Die Felsgleitung ist die Summe von talwärts gerichteten Differentialbewegungen nach den Bankungsfugen (s-Flächen). Die Teilbewegungen nach s bewirkten eine Volumsvergrößerung infolge Gefügeauflockerung (.Sperrauflockerung") der gesamten Gleitmasse. Die Gefügeauflockerung entstand durch ein Offnen der NNE und NW-streichenden Hauptkluftsysteme. Bei Annäherung an die stark glazial übersteilten Zirknitztäler kam es zu einem Verkippen großer Felsmassen. Bei diesem Verkippen vollzogen sich die Ablösungen großer Felskörper nach mehreren Kluftscharen, wobei als Gleitbahnen die Bankungsklüfte und die NW-bzw. NNE-streichenden Hauptklüfte fungierten. Von der Kleinen Zirknitz gegen W -1m Sinne des Stollenvortriebes -ist eine Gliederung des Talzuschubes unter anderem in folgenden Zonen erkennbar: übergangsbereich zwischen Felsgleitung und anstehendem Fels, Bereich der eigentlichen Felsgleitung, Bereich der verkippten Felmassen (= Bereich der rotierten Gesteinsgefüge). Diese angeführten drei Zonen werden vom Stollen durchörtert."

Auch im Stollenvortrieb können die von E. H. WEISS und G. RIEDMÜLLER beschriebenen Gefügeelemente und hangtektonischen Strukturen angetroffen werden und die für den Talzuschub marakteristische Volumsvergrößerung der Gleitmasse ist festzustellen. Darüber hinaus sind Kluftgassen und im aufgeblätterten Lagerungsgefüge mylonitische Streifen eingelagert. Die Verkippung von Gesteinspartien ist nur an die Randzonen der Sackungschasse gebunden. Im Übergang zwischen der Felsgleitung und dem anstehenden Fels tritt eine starke Chloritisierung des Gesteins auf. Das Stollenportal im Großen Zirknitztal liegt in Moräne.

Die Gegenüberstellung der Stollenvorhersage von E. H. WEISS und G. RIEDMÜLLER mit den tatsächlich aufgefahrenen geologischen Verhältnissen zeigt, daß eine Oberflächenkartierung im Falle von Talzuschüben wesentlich mehr marakteristische Merkmale erkennen läßt, als dies im engen Bereich einer Stollenröhre möglich ist. Der Stollenaufschluß wird daher nur ein Hilfsmittel in der Beurteilung von Talzuschüben sein, soferne er nicht unmittelbar im oder nahe dem Streichen der Grenzfläche Sackungsmasse-anstehender Fels liegt.

6. Der Beileitungsstollen Große Zirknitz Kleine Fleiß:

6.1 Der Gebirgsbau im Verlauf der Stollentrasse:

Der Stollen, durchörtert, ausgehend von der Großen Zirknitz bis Station 1270 m Granit-und Augengneis. Ab 1270 m liegen über dem Granit-und Augengneis injizierte Glimmerschiefer, die allmählich in die Glimmerschiefer und Phyllite der Rahmengesteine übergehen, welche nur mehr von einzelnen Aplitgängen durchschlagen sind. Der flach-wellige Gebirgsbau mit Achsenrichtung NNW -SSE ist durch N-NE-streichende Kluftsysteme stark gestört. Ein Umschwenken des s-Flächengefüges von vorerst flachem SE-Einfallen zu ebenso flachem SW-Einfallen ist zu beobachten (Taf. III, Abb. 4).

Die etwa 600 m mächtige Glimmerschieferlage ist im Hangenden von Gneisphylloniten und in weiterer Folge von Augengneisen überlagert. Bei Station 2300 m wechseln die Gneise .in Granitgneise; hier tritt auch Bergschlag auf.

Der weitere Abschnitt bis zur Grenzfläche Sonnblickkern-Schieferhülle (Station 463Ü'cm) zeigt eine weitgestreute Abfolge von Granitgneisen, Gneisphylloniten und Glimmerschiefer mit flachen, 15 bis 30° nach S bis SW einfallenden s-Flächen. Die Verformungsachsen NNW-SSE (Achsenplan I) dominieren gegenüber den Achsenrichtungen NE-SW (Achsenplan II).

Bei Annäherung an die Grenzfläche ist eine starke tektonische Beanspruchung des Gesteins festzustellen. Die oft sehr durchbewegten Gneispakete sind von Glimmer-und Chloritlagen durchsetzt. Auch zertrümmerte Aplit-und Quarzlagen, welche meistens von Glimmersäumen umgeben sind, weisen auf die starke mechanische Beanspruchung des Gesteins hin (Abb. 3 a und b). Diese im Kleinbereich festzustellenden Merkmale entsprechen auch den großtektonischen Verhältnissen.

Die von G. RIEDMÜLLER (1969) durchgeführten übertagskartierungen im Verlauf der Stollentrasse haben erste Rückschlüsse auf den großtektonischen Gebirgsbau gegeben.

Diesen Aufnahmen ist zu entnehmen, daß sich die Grenzlinie zwischen den Hüll-und Kerngesteinen nicht als einzige markante Trennlinie abbildet. Dies ist dann auch im Stollenvortrieb zugetroffen. Die in einem synoptischen Diagramm aufgetragenen Gefügedaten aus dem Stollen lassen die annähernd gleichen Strukturen erkennen, wie sie von G. RIEDMÜLLER (1969) beschrieben wurden (Taf. III, Abb. 3):

6.2 Der Internbau der Übergangszone Sonnblick-Schieferhülle:

Die Grenze zwischen den zentralen Granitgneisen und den Gesteinen der Schieferhülle ist -wie bereits erwähnt -durch den Stollenaufschluß nicht eindeutig zu ziehen. Die zahlreichen ineinander verschuppten Gneis-und Schwarzschieferlamellen sowie Glimmerscl1ieferlinsen sind in einer Länge von über 200 mim Stollen wohl aufgeschlossen, jedoch nicht durch eine deutliche Grenze von den Kerngesteinen abgetrennt. Bis Station 5200 m geht die Wechsellagerung allmählich in Schwarzphyllit über, welche im Hangenden, durch eine scharfe tektonische Grenze getrennt, die Gneise und Amphibolite der Gneislamelle I überlagern. Bei Station 5574 m liegt der Stollendurchschlag im Gneis der Gneislamelle I im Kleinen Fleißtal.

6.3 Bemerkungen zur Kluftparagenese:

Im Zuge der geologischen Aufnahmen wurde im Übergangsbereich Kern-Schieferhülle auf den mineralogischen Inhalt von Klüften und kleinen Hohlräumen besonders geamtet. Neben der üblichen Mineralparagenese der" Tauernkristallisation" wie Quarz, Raumund Rosenquarz, Adular, Epidot, wurden auch Pyrit, Kupferkies, Eisenglimmer und am Rande von einigen pegmatitischen Gängen Scheelit festgestellt. Bei Station 5544 m neben einer N 70/E/80 NW orientierten Kluft konnten mehrere bis zu 0,5 cm lange Scheelitkristalle gefunden werden.

7. Bemerkung zur Standsicherheit des Gebirges:

Beim Auffahren der Bei1eitungsstoilen im harten, kompakten Fels (z. B. Granitgneis), zeigt sich wiederholt Bergschlag im linken Ulm und Kämpfer (SW-Ulm). An Stellen mit ausgeprägterem Kluftsystem nimmt die Bergschlaghäufigkeit wieder rasch ab. Dies ist auf den schnelleren Spannungsabbau im Gebirge -verursacht durch vorhandene Möglichkeit von Differenzialbewegungen begrenzter Einzelkörper an Klüften (MÜLLER 1970) -zurüzuführen.

Beobachtungen über einen längeren Zeitraum zeigen, daß der Spannungsabbau keinen gleichmäßigen zeitlichen Ablauf hat. Der Bergschlag klingt stets von den Randbereichen eines Gesteins Teilkörpers zum Zentrum aus, so daß der innere Bereich den am längsten andauernden Spannungsabbau enthält. Die Form der durch den Bergschlag abgelösten Gesteinsplatten ist meist kreisförmig und sie erreichen einen Durchmesser von 10 cm bis zu 1 ,5 m und eine Stärke von 0,5 bis 20 cm. Die Ränder sind scharfkantig. Der abgescherte Gesteinskörper entspricht nimmt immer dem Ausbruchshohlraum.

Die Standsicherheit des Stollens ist abhängig vom jeweiligen Gesteinsaufbau. Nach Beobachtungen besitzen Augen-, Granit-und massige Amphibolitkörper eine echte Standsicherheit von mehreren Jahren. Bei Zunahme des Glimmergehaltes in den Gesteinen wird diese Sicherheit in zunehmendem Maße herabgesetzt. In Glimmerschiefern und noch mehr in den in der Fleißbachbeileitung aufgefahrenen Schwarzphylliten genügen oft schon Stunden zur oberflächennahen Gesteinsauflösung. Hier ist ein rascher Verschluß (Spritzbeton 3 bis 5 cm) erforderlich.

8. Zusammenfassung und Ergebnisse:

Mit den Stollenaufschlüssen konnte als Ergänzung zu den bisherigen Kartierungen ein wesentlicher Einblick in den Gesteinsaufbau der Südwestflanke des Sonnblickmassivs gewonnen werden. Neben den hochmetamorphen Gesteinen des zentralen Kernes wurden auch die Liegendanteile der Schieferhülle erkundet. Auf Grund der Einzeldaten können nun folgende regionalgeologische Aussagen gemacht werden:

1) Die tektonische Hauptstruktur, die Störungslinie Hochwurten-Sandfeldkopf-Außerfragant, ist auch im Berginneren als eine mächtige Brummzone ausgebildet.

2) s-parallele Mylonitzonen weisen ,darauf hin, daß neben der auch an der Oberfläche erkennbaren Gesteinszerlegung ein bis in große Tiefen reichendes Zergleiten des Gesamtkomplexes nach seinem Flächengefüge festzustellen ist.

3) In den Steilflanken der vorwiegend NNE-SSW streichenden Talfurchen sind Spuren von Talzuschüben zu beobachten. Zur Veranschaulichung dieser Erscheinung wurde die Gleitung des Eckberges näher beschrieben.

4) Die Mineralisationsgesellschaft der aus der Literatur bekannten " Tauern-Kristallisation" konnte in vielen offenen Klüften und Hohlräumen bestätigt werden.

Abschließend ist zu bemerken, daß die großräumigen Untersuchungen im Obertagbereich, von Ch. EXNER (1962 bis 1964), E. H. WEISS (1969) und E. H. WEISS & G. RIEDMÜLLER (1970) durchgeführt, 'sich auch im Stollenaufschluß bewahrheiteten. Die tiefgreifende Auflockerung des Sonnblickkernes, von seinem zentralen Bereich bis in die peripheren Zonen, wurde erst jetzt erkannt. Diese Auflockerung ist vermutlich ,auf einem noch anhaltenden Spannungsabbau im Gebirge unter Einwirkung der immer tiefer greifenden Erosion in den Talflanken zurüzuführen.

LITERATUR

CLAR, E. (1960): Gebirgsbau und Geomed1anik. -Geologie und Bauwesen, 25, H. 213:186-190, Wien.

-(1963): Gefüge und Verhalten von Felskörpern in geologischer Sicht. -Geologie und Bauwesen, 28, H. 2:4-15, 6 Abb. Wien, 105.

EXNER, Ch. (1962 c): Sonnblicklamelle und Mölltallinie. -Jahrb. Geol. B.-A., Wien, 105.

-(1964): Erläuterungen zur geologischen Karte der Sonnblickgruppe, 1:50.000. Die Matreier Zone in der Sadnig-Gruppe von S. PREY. -Geol. B.-A., Wien.

-(1964): Sonnblickgruppe (östl. Hohe Tauern). Petrographie und Tektonik im Tauernfenster. -Mitt. Geol. Ges., Wien, 57.

MÜLLER, L. (1970): Die mechanischen Eigenschaften der Geologischen Körper. Carinthia II, 28. Sonderheft:177-193.

PREY, S. (1964): Geologische Aufnahmen 1953 in Großfragant (Sadnig-Gruppe, Hohe Tauern). -Verh. Geol. B.-A., Wien.

RIEDMÜLLER, G., & SCHWAIGHOFER, B. (1971): Elektronenopti5d1e Untersuchung von Kaoliniten aus Myloniten der Oscheniksee-Störung (Kärnten, Österreich). -Carinthia II, 28. Sonderheft:253-258.

Symposion (1962) : Ein Vorschlag zur qualitativen und quantitativen Klassifikation der kristallinen Schiefer. -N. Jb. Miner. Mh., 7/8:163-172, 5 Abb.

WEISS, E. H. (1969) : Die Kraftwerksgruppe Fragant. Geologische Übersicht. Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswerke (UZE), 22. Jahrgang.

-& RIEDMÜLLER, G. (1970): Geologisches Vorgutachten betreffend die Stollenvorhersage des Beileitungssystems Große (Kleine) Zirknitz. -Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, Abteilung THT.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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