Meixner H. / 1975

  LEADHILLIT AUS KÄRNTEN

Von Heinz MEIXNER, Salzburg
Leadhillit [Pb4(SO4)(CO3)2(OH)2] mon. ist gegenüber Cerussit [PbCO3] rhomb. und Anglesit [PbsO4], rhomb. ein viel selteneres 9xidationsmineral auf Bleilagerstätten.
A. HIMMELBAUER, 1907, S.494 war der Erste, der aus dem Revier Igerzberg bei Mieß für das damalige Kärnten (heute zu Jugoslawien gehörig) auf ein Vorkommen von Leadhillit hingewiesen hat. Das aus einer Aufbereitunqshütte stammende Material kam im Jahre 1906 wahrscheinlich vom Nordschachtel im Unionstollen: "Die Krystalle sind flach tafelig, von annähernd sechsseitigern Umriß, mit einer undurchsichtigen Rinde bedeckt. Begrenzt werden sie außer von (001) noch von (100) und (110). Die vollkommene Spaltbarkeit, die optischen Eigenschaften und das Verhalten vor dem Lötrohre stimmen für dieses Mineral.
Ganz ungeklärt ist ein für Kärnten betreffende Angabe in HINTZEs Handbuch der Mineralogie, 1930(1/3/2, S.4250) in einem Abschnitt, den O. H. ERDMANNSDÖRFFER (S.4179/4260) bearbeitet hat:
Leadhillit: Kärnten:
Bei Lölling nach DANA". In meiner Hüttenberger Arbeitszeit ist mir nichts, weder an Stücken, noch im Schrifttum untergekommen, was diese Anführung bekräftigen könnte. In DANA, 1892, der 6.Auflage von "The System of Mineralogy", einschließlich Supplement sowie in den zugehörigen Appendices I, II und III ist nichts über Leadhillit von Lölling in Kärnten zu finden, auch nichts bei Ch. PALACHE, H. BERMAN und C. FRONDEL, 1951 in der 7.Aufiage des Werkes. Prof. FRONDEL teilte mir vor etwa 20 Jahren brieflich mit, daß ihm keine Unterlagen vorliegen, nach denen DANA sich mit Löllinger Leadhillit beschäftigt haben könnte. In einem Vortrag in der Österr. Min. Ges. in Wien am 22.11.1948 über Bleiberger Minerale hat K. KONTRUS, 1950/51, S.134/135 ein neben Cerussit auftretendes Mineral, blättrige, hellgelbliche Aggregate von 6-8 mm Durchmesser, das im UV-Licht intensiv grünlichgelb fluoresziert, opt. 2 mit sehr kleinem Achsenwinkel mit Bestimmtheit als Leadhillit bezeichnet. Trotz fast Zeitgleichheit nach sicher längerem Druck enthält die 7.Aufl.von DANAs System of Mineralogy, 1951, 5.297 unter Leadhillit ohne Literaturhinweis "At Bleiberg, Carinthia, Austria", was vielleicht auf den Vortrag von K. KONTRUS bezogen werden kann. F. KANAKI, 1972, 5.59 berichtet:
(?) Leadhillit: Trotz reichem Probenmaterial aus der Grube und aus dem Museum Villach ist es mir nicht gelungen, dieses Mineral festzustellen. Die bis jetzt als Leadhillit vermuteten Minerale erwiesen sich nach röntgenografischer Untersuchung als Cerussit".
Soweit mir erinnerlich, hatte Reg. Rat Friedrich HERRMANN, dessen umfangreiche Sammlung ja das Museum der Stadt Villach auszeichnet, eine der wenigen Stufen des von K. KONTRUS beschriebenen Fundes enthalten. "Opt.2 mit kleinem Achsenwinkel" ist an sich kein Unterscheidungsmerkmal von Leadhillit und Cerussit, doch die teilweise Löslichkeit in verd. Säure mit CO2-Entwicklung und weißem PbSO4-Rückstand ist sicher recht charakteristisch und spricht für die Richtigkeit der Bestimmung. Während der Reinschrift dieses Berichtes zur Vervielfältigung erreichte mich noch die Mitteilung von G. NIEDERMAYR, 1974, 5. 23, wonach es ihm gelungen ist, an Originalmaterial aus der Sammlung von Dipl. Ing. K. KONTRUS auf röntgenographischem Wege die Bestimmung als Leadhillit für Bleiberg eindeutig zu sichern. Nach dieser langen Einleitung über bisherige Nachrichten zu Kärntner Leadhillit-Funden kann auf Beobachtungen an neu gesammeltem Material aus dem einstigen Kärntner Bergbaugebiet von Wölch im Lavanttal eingegangen werden. Beim Benedikt-Stollen (Benediktigesenk) in Wölch oberhalb von Frantschach/St.Gertraud im Lavanttal ist in den letzten Jahren die Halde, wohl zur Schottergewinnung angeschnitten worden. Dabei kamen schöne Stufen mit Arsenkies (auch xx!) zum Vorschein, an denen W. PAAR (siehe seine Arbeit in dieser Folge) winzige Kristalle als Pharmakosiderit identifizieren konnte. Aufsammlungen machten hier Dir. V. VAVROVSKY, A. SIMA und Dir. V. LEITNER. A. SIMA gelang es auch, einen Teil des Benediktibaues noch zu begehen und im Anstehenden zu sammeln. Gefunden wurden in quarziger Gangart sehr stark zersetzter Bournonit (einst als "Wölchit" bezeichnet) mit viel eigelben Bindheimit, kleine farblose bis weiße Cerussit-xx und davon mit mehr blättrigem Habitus abweichende Kriställchen. Sie wurden bereits von Dir. V. LEITNER optisch untersucht und, obwohl die optischen Eigenschaften von Cerussit und Leadhillit recht ähnlich sind (hohe Lichtbrechung bis über 2,0, abnorm hohe Doppelbrechungen, beide opt.2mit 2V« 9 bis 100), für Leadhillit gehalten, weil die Achsenwinkeldispersion (Leadhillit) und nicht (Cerussit) ergeben hat. Diese Beobachtung muß anerkennend hervorgehoben werden, sie zeugt für die Vertrautheit Dir. LEITNERs sowohl beim Arbeiten mit dem Polarisationsmikroskop-, wie bei der Auswertung der Ergebnisse. An mir von A. SIMA zur Verfügung gestelltem Material konnte dieses Indiz mehrmals bestätigt, wie bei Cerussit die geqenteilige Reaktion erhalten werden. Auch die Lösung einer kleinen Probe in verd.HNO3 erbrachte CO2 Blasen und einen weißen PbSO4-Rückstand. Im UV-Licht leuchtet dieser Leadhillit nicht.
Die gleiche Stufe zeigte in Hohlräumen neben Cerussit und Leadhillit auch hellbräunlich gefärbte, durchsichtige, säulige Kristalle mit Längen bis zu 0,4 bis 0,5mm bei Durchmessern von 0,02 bis 0,04mm. Es konnte an ein Glied der Pyromorphit-Mimetesit-Gruppe gedacht werden, als das es sich dann auch tatsächlich erwiesen hat. Die Kristalle haben hexagonalen Querschnitt mit m(1010), dazu eine kleine Basis c(0001) und deutliche flache Pyramidenflächen. Bei stärkster Vergrößerung ließ sich u.d.M. der Winkel φ dieser Pyramiden zu etwa 39 bis 41° messen, für x(1011) paßt das φx sowohl für Pyromorphit φx= 40°22' , als auch für Mimetesit ( φx = 39°50').
Die Nadeln zeigen gerade Auslöschung, sind bei negativem Zonencharakter 1.Die Lichtbrechungen nεω sind> 2,000 und< 2,080. Die Doppelbrechung wurde mit dem BEREK-Kompensator zu etwa 0,008 bestimmt. Alle diese Daten stimmen schlecht zu Mimetesit (nεω=2,128 bzw. 2,147, 4 Δ 0,019), dagegen gut auf Pyromorphit (nεω = 2,048 bzw. 2,058; A Δ= 0,010), der damit erstmals in einer Lagerstätte des Lavanttales nachgewiesen ist.
Ein weiteres Mineral auf diesen Stücken, das A. SIMA als bestimmenswert aufgefallen ist, hat braune Farbe, gute Spaltungen und lebhaften Glanz. Nach dem optischen Verhalten handelt es sich um Zinkblende, die in 0,5 cm großen Partien im Gangquarz dieser Paragenese eingesprengt ist. Zinkblende-xx mit Siderit, von Wölch, sind mit dem Vermerk "sehr selten" schon von A. BRUNLECHNER, 1884, 5.106 namhaft gemacht worden.
Die Zusammenarbeit von Sammlern und Forschern hat damit wieder zu einigen neuen Ergebnissen geführt.

Schrifttum:

A. BRUNLECHNER, 1R84: Die Minerale des Herzogthumes Kärnten. - Klagenfurt 1884, 130 S.

E. S. DANA, 1892: The System of Mineralogy of J. D. DANA (1837-1868). 6.Aufl., New York 1892, mit Supplement. 1134 S.

E. S. DANA., 1899: First Appendix to the 6th ed. of DANAs System of Mineralogy. - New York 1899, 75S.

E. S. DANA & W. E. FORD, 1909: Second Aopendix to….., New York 1909, 114 S.

W. E. FORD, 1915: Third Appendix to……., New York, 1915, 87 S.

A. HIMMELBAUER, 1907: Gelbbleierz und andere Minerale aus Kärnten. - Tscherm. Min. Petr. Mitt., 26, Wien 1907, 491-494.

F. KANAKI, 1972: Die Minerale Bleibergs (Kärnten). - Carinthia II, 162, Klagenfurt 1972, 7-84.

K. KONTRUS, 1951/52: Über einige neue und interessante Mineralfunde aus Bleiberg in Kärnten. - Tscherm. Min. Petr. Mitt., 3.F., 2, Wien 1951, 132-135.

G. NIEDERMAYR, 1974: Über neue Mineralfunde aus Österreich 1972-1973. Mitteil. Österr. Min.Ges., Nr.124, Wien 1974, 17-2.4.

Ch. PALACHE, H. BERMAN & C. FRONDEL, 1951: The System of Mineralogy of J. D. DANA and E. S. DANA, 7.Aufl., 2, New York 1951, 1124 S.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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