Brandstätter F., Niedermayr G., Prasnik H. & F. Walter  / 2009

 

1571) Calcit, Dolomit, Quarz, Strontianit und "Erdwachs" aus dem Weißengraben, W Bodenalm in den Gailtaler Alpen, Kärnten.

Eines der wohl besten und auch reichsten Strontianit-Vorkommen Kärntens ist im vergangenen Jahr aus dem Weißengraben, westlich der Bodenalm in den Gailtaler Alpen, bekannt geworden. Einen ersten Hinweis darauf erhielt einer der Autoren (H. P.) von Herrn Knut Kaschubat, Kochel am See/Deutschland. Klüfte  in einer Folge dünngebankter, dunkler und teils stärkerer bituminöser Kalke und  mergeliger Schiefer führen neben Calcit, Dolomit und Quarz reichlich bis 4 mm große radialstrahlig aufgebaute Bällchen spitznadeliger Kristalle (Abb. 2). Die 1 Klüfte sind offenbar auf die tektonische Beanspruchung des gesamten Schichtstapels zurück zu führen und üblicherweise als Zerrklüfte senkrecht zur Bankung der Karbonatgesteine ausgerichtet. Calcit bildet in diesen Klüften dichte Rasen trübgrauer, bis 3 mm großer skalenoedrischer Kriställchen; doch ist er gelegentlich auch mehr prismatisch in charakteristischem "Kanonenspat-Habitus" ausgebildet; "Fadencalcite" und Zwillinge nach (1011) sind ebenfalls zu beobachten. Über Calcit folgt häufig Dolomit, oft in eigenartigen, extrem sattelförrmig verzerrten Kristallen bis 3 mm Größe. Die auffallend glänzenden Dolomite zeigen dabei nicht selten deutlichen Zonarbau, mit hellbraunem Kernbereich und farbloser Außenzone. Erst über Dolomit sind die igelartigen Aggregate von Strontianit in den Klüften zur Ausbildung gekommen. Selten kann eine schneeweiße Masse aus dicht verwachsenem Strontianit größere Hohlräume vollständig ausfüllen.
Ein sehr charakteristisches Mineral dieser Paragenese ist der Quarz. Er bildet bis 6 mm lange, normal-rhomboedrisch entwickelte Kriställchen, kann aber auch extrem kurzprismatisch, "Hochquarzen" nicht unähnlich, ausgebildet sein. Die Kristalle sind farblos-klar bis durch Einschlüsse feinster Höherer Kohlenwasserstoffe ("Erdöl") aber mitunter deutlich bräunlich gefärbt. Zwei- bis dreiphasige Fluideinschlüsse sind nicht allzu selten.
Ein weiteres interessantes und ungewöhnliches Material in dieser Paragenese ist eine dem Erdöl ähnliche bräunliche bis teils auch grünliche Flüssigkeit, die sich beim Aufschlagen der Klüfte durch ihren charakteristischen Bitumengeruch zu erkennen gibt. Daneben sind aber noch eigenartige, bis fast 1 cm große, gelbliche bis braune, harzähnliche weiche Massen von "Erdwachs" zu beobachten (Abb. 3). Das Material wird derzeit von Herrn Prof. Dr. Norbert Vavra, Subeinheit Paläontologie, Geozentrum, Universität Wien, untersucht. Über die Ergebnisse dieser Arbeiten wird zu einem späteren Zeitpunkt berichtet werden. In diesem Zusammenhang sei hier aber auch ein Bericht von NIEDERMAYR et al. (1986) erwähnt, wo auf eine ungewöhnlich reich- haltige "Erdöl"-Führung mitteltriadischer Gesteine hingewiesen wird, die im Zuge des Autobahnbaues durch den Kroislerwandtunnel bei Kellerberg bekannt wurde. Hier waren es dunkle, stark bituminöse Kalke der Mitteltrias, die an früh-epigenetische Calcitmineralisationen gebundene flüssige Kohlenwasserstoffe enthielten. Erdwachs konnte hier allerdings nicht festgestellt werden. Bemerkenswert an dem Neufund ist nicht nur das Auftreten von bituminöser Substanz ("Erdwachs"), wie sie in dieser Art und Weise in Gesteinen des Drauzuges unseres Wissens bisher noch nicht beobachtet werden konnte, sondern auch der offensichtlich hohe Gehalt an Sr in der hier mitgeteilten Gesteinsfolge, die nach der Geologischen Karte der Republik Österreich 1:50.000, Blatt 199 Hermagor, zur Basis der dem Nor zugerechneten Kössen-Formation zu stellen ist. KÖHLER (1973) stuft die "Kössener Schichten" der mittleren Gailtaler Alpen allerdings ins Mittel-Obemor ein. Die Strontianit-führende Gesteinsserie im Weißengraben weist jedenfalls Ähnlichkeiten zu jenem Gesteinsverband auf, der im Mühlgraben den Nachweis einer interessanten Coelestin-Führung geliefert hat (siehe dazu Beitrag Nr. 1572 in dieser Folge der "Neuen Mineralfunde"). Zweifellos handelt es sich beim Vorkommen im Weißengraben um das in kalkalpinen Gesteinen der Ostalpen reichste Auftreten von Strontianit.

(Brandstätter/Niedermayr/Prasnik/Walter)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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