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1571) Calcit, Dolomit, Quarz, Strontianit und "Erdwachs" aus dem
Weißengraben, W Bodenalm in den Gailtaler Alpen, Kärnten.
Eines der wohl besten und auch reichsten Strontianit-Vorkommen Kärntens
ist im vergangenen Jahr aus dem Weißengraben, westlich der Bodenalm in
den Gailtaler Alpen, bekannt geworden. Einen ersten Hinweis darauf
erhielt einer der Autoren (H. P.) von Herrn Knut Kaschubat, Kochel am
See/Deutschland. Klüfte in einer Folge dünngebankter, dunkler und teils
stärkerer bituminöser Kalke und mergeliger Schiefer führen neben
Calcit, Dolomit und Quarz reichlich bis 4 mm große radialstrahlig
aufgebaute Bällchen spitznadeliger Kristalle (Abb. 2). Die 1 Klüfte sind
offenbar auf die tektonische Beanspruchung des gesamten Schichtstapels
zurück zu führen und üblicherweise als Zerrklüfte senkrecht zur Bankung
der Karbonatgesteine ausgerichtet. Calcit bildet in diesen Klüften
dichte Rasen trübgrauer, bis 3 mm großer skalenoedrischer Kriställchen;
doch ist er gelegentlich auch mehr prismatisch in charakteristischem
"Kanonenspat-Habitus" ausgebildet; "Fadencalcite" und Zwillinge nach
(1011) sind ebenfalls zu beobachten. Über Calcit folgt häufig Dolomit,
oft in eigenartigen, extrem sattelförrmig verzerrten Kristallen bis 3 mm
Größe. Die auffallend glänzenden Dolomite zeigen dabei nicht selten
deutlichen Zonarbau, mit hellbraunem Kernbereich und farbloser
Außenzone. Erst über Dolomit sind die igelartigen Aggregate von
Strontianit in den Klüften zur Ausbildung gekommen. Selten kann eine
schneeweiße Masse aus dicht verwachsenem Strontianit größere Hohlräume
vollständig ausfüllen.
Ein sehr charakteristisches Mineral dieser Paragenese ist der Quarz. Er
bildet bis 6 mm lange, normal-rhomboedrisch entwickelte Kriställchen,
kann aber auch extrem kurzprismatisch, "Hochquarzen" nicht unähnlich,
ausgebildet sein. Die Kristalle sind farblos-klar bis durch Einschlüsse
feinster Höherer Kohlenwasserstoffe ("Erdöl") aber mitunter deutlich
bräunlich gefärbt. Zwei- bis dreiphasige Fluideinschlüsse sind nicht
allzu selten.
Ein weiteres interessantes und ungewöhnliches Material in dieser
Paragenese ist eine dem Erdöl ähnliche bräunliche bis teils auch
grünliche Flüssigkeit, die sich beim Aufschlagen der Klüfte durch ihren
charakteristischen Bitumengeruch zu erkennen gibt. Daneben sind aber
noch eigenartige, bis fast 1 cm große, gelbliche bis braune,
harzähnliche weiche Massen von "Erdwachs" zu beobachten (Abb. 3). Das
Material wird derzeit von Herrn Prof. Dr. Norbert Vavra, Subeinheit
Paläontologie, Geozentrum, Universität Wien, untersucht. Über die
Ergebnisse dieser Arbeiten wird zu einem späteren Zeitpunkt berichtet
werden. In diesem Zusammenhang sei hier aber auch ein Bericht von
NIEDERMAYR et al. (1986) erwähnt, wo auf eine ungewöhnlich reich-
haltige "Erdöl"-Führung mitteltriadischer Gesteine hingewiesen wird, die
im Zuge des Autobahnbaues durch den Kroislerwandtunnel bei Kellerberg
bekannt wurde. Hier waren es dunkle, stark bituminöse Kalke der
Mitteltrias, die an früh-epigenetische Calcitmineralisationen gebundene
flüssige Kohlenwasserstoffe enthielten. Erdwachs konnte hier allerdings
nicht festgestellt werden. Bemerkenswert an dem Neufund ist nicht nur
das Auftreten von bituminöser Substanz ("Erdwachs"), wie sie in dieser
Art und Weise in Gesteinen des Drauzuges unseres Wissens bisher noch
nicht beobachtet werden konnte, sondern auch der offensichtlich hohe
Gehalt an Sr in der hier mitgeteilten Gesteinsfolge, die nach der
Geologischen Karte der Republik Österreich 1:50.000, Blatt 199 Hermagor,
zur Basis der dem Nor zugerechneten Kössen-Formation zu stellen ist.
KÖHLER (1973) stuft die "Kössener Schichten" der mittleren Gailtaler
Alpen allerdings ins Mittel-Obemor ein. Die Strontianit-führende
Gesteinsserie im Weißengraben weist jedenfalls Ähnlichkeiten zu jenem
Gesteinsverband auf, der im Mühlgraben den Nachweis einer interessanten
Coelestin-Führung geliefert hat (siehe dazu Beitrag Nr. 1572 in dieser
Folge der "Neuen Mineralfunde"). Zweifellos handelt es sich beim
Vorkommen im Weißengraben um das in kalkalpinen Gesteinen der Ostalpen
reichste Auftreten von Strontianit.
(Brandstätter/Niedermayr/Prasnik/Walter)
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