Kahler F. / 1971                                                                                                    Textauszug

 

Das Jungtertiär nördlich von Warmbad Villach.

Von Franz KAHLER, Klagenfurt

(Mit einer Abbildung)

STINY hat 1937 auf das Vorkommen eines Konglomerates im Quelltälchen des Hungerloches und des Hungerbaches hingewiesen. In seiner geologischen Karte (Abb. 1) ist es eingetragen. Er hat es als fragliches Tertiär betrachtet.

Auf diesem Kärnten hat er die Genottehöhe, die nördlich dieses Vorkommens anschließt, als obere Judendorfer Flur, die gestuften Hänge darunter als obere Möltschacher Flur bezeichnet, unter der die weitgespannte Flur von Judendorf, die er auch Schießstattflur nannte, liegt.

Diese Flur bildet die im oberen Teil kiesigen, darunter aber sandigen Verbauungen der Napoleonwiese knapp westlich der Kuranstalten von Warmbad Villach und in den merkwürdigen Nischen der Schießstätte und des Kaltbaches. Sie geht nach Norden in die Flur des Jesenfeldraines über, zeigt östlich von Judendorf im Bereim der Umfahrungsstraße eine kräftige Entwässerungsrinne zur Gail Begleitflur und nördlich davon eine großzügige Entwicklung, in der der Punkt 522 des Kärntens von STINY liegt.

Südlich dieses Punktes hat 1940 eine seichte Bohrung typische tertiäre Glanzkohle eines sehr dünnen Flözes gefunden, worüber ich 1941, S. 65, berichtete. Sehr zu beachten ist dabei, daß diese Kohle in nur drei Meter Tiefe angetroffen wurde. Die Flur von Judendorf ist demnach eine Schüttung mit einheitlichem Niveau, aber anscheinend auf verschieden hoch aufragendem Untergrund, also nicht eine mächtige spätglaziale Schüttung, sondern ein wenigstens teilweise -nur seichter Überbau.

Herrn Ing. DÜLENZ verdanke ich den Hinweis auf ebenfalls nur schwach überdeckte, sehr bemerkenswerte Tertiär-Aufschlüsse beim Bau einer Straße auf die Genottehöhe, die mit einer Kehre in den Osthängen dieses Hügels aufsteigt.

Diese Osthänge zeigen bei näherer Betrachtung eine; Anzahl kleiner Gleitungen, aber fast keine Wasseraustritte.

Herr Ing. DÜLENZ berichtete mir von den Spuren eines alten Stollens. der aber bereits unsichtbar hinter einer rasch hodIgezogenen Mauer war, denn die Hänge erwiesen sich dort als sehr instabil, wo man ältere Rutschungen erkennen kann.

Fast durchwegs sind Kiese aufgeschlossen. Man kann zwei Typen unterscheiden:

a) Vorwiegend Kleinkiese mit fast fehlendem Kalkanteil, sichtlich einem kaum bis schwach metamorphen Gebiet entnommen. Man könnte an das Unterkarbon von Nötsch denken. Leider fand ich außer Grauwacken keine typischen Gesteine dieses Vorkommens. Ein roter Sandstein war nordwestlich des Wirtshauses auf der Genottehöhe im Aushub eines Neubaus zu sammeln. Hier liegen ungefähr 1,5 m humose (?), dunkle Sande und darüber 50 bis 80 cm Humus, so daß ich die Kiese nicht mehr anstehend sah. Bei der kleinen Kapelle südlich des erwähnten Wirtshauses stehen aber dieselben Gesteine sehr seicht an. Sie sind deutlich sehr stark vorgepreßt, haben reichliche Ockerinfiltration und sind teilweise verbacken.

Hier hat man den Eindruck, als wäre der Osthang der Genottehöhe ein Rundbuckel aus Tertiär, der nur schwach eiszeitlich überlagert ist.

b) Geht man die neue Straße abwärts, trifft man hinter der Kehre beim Haus Nr. 25 Aufschlüsse von Kiesen, die nicht nur gröber, sondern auch vorwiegend kalkalpin sind. Es sind zumeist dunkle Kalke, dazu gibt es etwas verwittertes Kristallin, ein Porphyrgeröll, auch rote Sandsteine. Die Kalkgerölle zeigen beträchtliche Lösungserscheinungen, ihre Oberfläche ist zumeist rauh, Eindrücke nach Kleinkies und Grobsand sind häufig. Die Beanspruchung durch Lösung ist für diese Ablagerung charakteristisch. Die Lagerung zeigt anscheinend eine sehr starke Verdichtung. In diesem Aufschluß konnte ich an einer schmalen Sandsteinbank ein O-W-Streichen mit 25° Nordfallen messen, das wahrscheinlich echt ist.

Wenn man die Straße weiter abwärts geht, findet man im recht flachen Hang etliche kleine Rutschnischen. Bei der Abgrabung für den Straßenbau brach sofort Material nach. Zu sehen waren graue "Tone" im Aushub, die braun verwitterten und wahrscheinlich darüber in Sand gebettete Gerölle, deren Schichte 5 m stark sein mochte. Der graue " Ton", vermutlich zumeist Grobschluff, hatte bei meinem Besuch Spuren von Landschnecken gezeigt.

Ich verdanke dem Leiter des Villacher Stadtmuseums, dem Landesarchivdirektor Dr. W. NEUMANN, und seinem Sohne die ersten einigermaßen erhaltenen Versteinerungen. Das Stadtbauamt Villach stellte so dann in dankenswerter Weise eine große Menge solchen "Tones" in das Museum, wo ich das Material durchsah. Die Ausbeute blieb aber gering.

Die undeutlichen Schichtflächen dieses " Tones" sind nicht selten zu Gleitflächen geworden, wobei die Schneckenschalen zerschert wurden. Die Bestimmung einer kleinen Anzahl solcher Fossilien war daher äußerst schwierig.

Herr Univ.-Prof. Dr. Adolf PAPP, der die jungtertiären Landschnecken-Faunen Kärntens gut kennt, schrieb mir: "Es fanden sich: Triptychia sp., letzter Umgang, verdrückt, mit deutlicher Skulptur, Helicida'e indet.,? Cepaea sp., Schalenteile eines stark verdrückten Exemplares, Fragment des letzten Umganges mit Teilen der Außenlippe.

Diverse Schalensplitter, die keine Bestimmung zulassen. Das vorliegende Material läßt keine genaue Alterseinstufung zu. Der Nachweis von Triptychia spricht für den Zeitraum Oberes Miozän-Pliozän."

Herr Univ.-Dozent Dr. A. FRITZ untersuchte eine Probe auf Pollen, leider ohne Erfolg.

Das so spärliche paläontologische Material ist dennoch von hoher Bedeutung. Es ist derzeit der westlichste Fund jungtertiärer Landschnecken in Kärnten. Die nächsten Fundorte liegen im Worounicagraben nördlich des Mittagskogels im Nordfuß der Karawanken und unter dem Turiawald in den Kohlenablagerungen.

In Zusammenfassung aller Beobachtungen ist es wahrscheinlich, daß die bräunlichen Konglomerate des Hungerloches, die oben erwähnten " Tone" mit den Landschnecken, die kalkreichen Kiese und die kalkarmen Kiese der Genottehöhe und schließlich die Schichten mit der Glanzkohle südlich Punkt 522 zu einer einheitlichen jungtertiären Ablagerung gehören.

Vermutlich hat sich dieses Schichtpaket im Erosionsschatten des Nordfußes der Villacher Alpe und des Tscheltschnigkogels erhalten, wobei zu beachten ist, daß gerade hier, trotz des großen Gefälles zum Villacher Becken hinab, die Eisgeschwindigkeit sehr klein gewesen sein muß, da ja im Becken selbst der Gailgletscher dominierte. Infolge der starken Vorpressung des tertiären Kieses ist dieser imstande, beim Wirt auf der Genottehöhe gegen Norden eine scharfe Steilstufe zu bilden.

Vielleicht werden weitere Bauaufschlüsse oder eine geophysikalische Prüfung die Unterlagerung der Judendorfer Flur durch Jungtertiär und dessen Landschaftsformung unter der Kiesterrasse nachweisen.

Das Tertiärvorkommen ist nicht bloß geologisch interessant. Es ist, wie schon 1941 angedeutet, für die Begrenzung des Schutzgebietes der Warmbader Quellen wichtig. Seine Bedeutung ist durch die immer stärker werdende Bebauung des Gebietes inzwischen weitaus größer geworden. Die Belegproben dieser Untersuchung habe ich dem Villacher Stadtmuseum übergeben.

LITERATUR:

STINY, J. (1937): Zur Geologie der Umgebung von Warmbad Villach. - Jb. Geol. BA, 87:57-110, 1 Taf., 13 Abb., Wien.

KAHLER, P. (1941): Bohnerze und Augensteinfelder in Kärnten. - Carinthia II, 131:63-69, Klagenfurt.

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

zurück....