Pistotnik J. / 1976                                                                     Textauszug   

 

Ein Transgressionskontakt des Stangalm -Mesozoikums (Gurktaler Alpen, Kärnten, Österreich).

Von Julian PISTOTNIK 
(Mit 1 Abbildung)

ZUSAMMENFASSUNG / ABSTRACT

Es wird die in einem Straßenaufschluß erkannte transgressiv-diskordante Auflagerung der Basis des Stanga1m-Mesozoikums auf Glimmerschiefern des Radentheiner Kristallins beschrieben. A description of a transgressive superposition of the mesozoic sequence of the "Stangalm" on the crystalline basement in the Central Eastern Alps is given.

EINLEITUNG

Die (permo)mesozoische Abfolge des Stangalm-Mesozoikums zeigt zum kristallinen Grundgebirge (Radentheiner und Bundschuh-Kristallin) nach früheren Bearbeitern (u. a. H. STOWASSER 1956;A. TOLLMANN 1958, 1959, 1963) und der eigenen Neuaufnahme des Mesozoikumszuges O. PISTOTNIK 1974) tektonisch überprägte Kontakte, wobei allerdings die Autochthonie der sedimentären Bedeckung nie in Frage gestellt wurde.

Im Rahmen einer Exkursion gemeinsam mit Prof. Dr. E. CLAR und Prof. Dr. H. STOWASSER zu den durch den Bau der Nockstraße entstandenen Aufschlüssen wurde knapp südlich der Brücke, mit der die Straße den Heiligenbach östlich der Postmeisteralm (ca. 2,5 km südlich von Innerkrems) übersetzt, ein den Grenzbereich Stangalm-Mesozoikum zu unterlagerndem Kristallin aufschließender Straßenanriß gefunden. Da sich die von Prof. CLAR spontan geäußerte Meinung eines transgressiven Verbandes bei der späteren Bearbeitung bestätigte und damit erstmalig ein solcher Zusammenhang auch erkennbar vorhanden ist, sei darüber im folgenden kurz berichtet.

AUFSCHLUSSBESCHREIBUNG

Die kristalline Unterlage wird hiervon granatführenden Biotit-Hellglimmerschiefern mit im cm-Bereich wechselnden quarz- und glimmerreichen Lagen gebildet. Ihre wechselnde Lagerung im weiteren Umkreis belegt eine Verfaltung des gesamten Paketes; homoaxial ist dieser eine im Aufschluß erkennbare Faltung im dm-Bereich (in schiefrigen Lagen bis in cm-Dimensionen) zugeordnet, deren Bereich um B 270-290/05-15 schwankt. Das generelle Einfallen der Schieferungsflächen ist mit Werten von 175-195/45-75'1mittelsteil bis steil gegen Süden.

U. d. M. nehmen Quarze ca. 35 % des Schliffbildes ein. Es sind im Durchschnitt 0,8-1 mm große Körner, xenomorph und in s gelängt, die durchwegs undulöse Auslöschung aufweisen überwiegend sind sie miteinander verzahnt, nur die im Grundgewebe und als Zwickelfüllung auftretenden und offenbar rekristallisierten Körner liegen mit glatten Korngrenzen vor. Hellglimmer (ca. 30 %) bilden bis 2 mm große, in seingeregelte und mechanisch besonders randlich z. T. sehr mitgenommene postkristallin deformierte Kristalle. Biotit ( ca.10 % ) liegt ebenfalls in deformierten und ausgefransten Scheitern mit randlicher bis vollständiger Umwandlung in Chlorit vor. Neben dem grobschuppigen Altbestand an Schichtsilikaten treten feinerschuppige Neubildungen von Hellglimmer und Chlorit (häufig mit rosettenförmigem Wachsrum) auf. Granate (almandinreich), bis mehrere mm groß, sind als gerundete und zerbrochene Körner mit Quarz- und Graphiteinschlüssen (häufig verlegtes s;), korrodierten Umrissen und randlicher Chloritisierung vorhanden. In manchen Lagen tritt Feldspat (stark korrodiert, vermutlich Plagioklas), akzessorisch opake Substanz (meist in Biotitnähe -Erzausscheidung) sowie vereinzelt Zirkon auf. über der Oberkante des variskisch geprägten Kristallins, die ein Relief mit muldenförmigen Senken im m-Bereich bildet, setzt die Transgressionsserie des Stangalm-Mesozoikums mit einer Winkeldiskordanz der Bankung zum sf des Grundgebirges von 30 bis 40° ein. Die im Zuge der Bauarbeiten vorhandenen Aufschlüsse -mittlerweile läßt die Stelle durch Errichtung einer Stützmauer und Überrollung mit Hangschutt zwar noch die Diskordanz, aber keine Details mehr erkennen -lieferten folgendes Profil:

Bis 1 m Mächtigkeit feinschichtige, quarzitische bis Sericit-Schiefer als tonig-feinsandige Relieffüllung mit Schrägschichtung gegen das jeweilige Muldentiefste des Untergrundes (an den Abhängen Neigung der Internschichtung bis 60°, im Muldenzentrum der generellen Bankung entsprechendes ss 150-170/20-25).

8 m bankige und schichtige, mittel- bis feinkörnige Quarzite, einzelne Bänke mit Geröllführung (gut gerundete Quarzgerölle bis 3 cm Größe, locker eingestreut in sandig-siltige Matrix). Auf den s-Flächen sericitische Beläge (Hellglimmer, Chlorit) mit Biotitschüppchen.

U. d. M. undulöse, leicht gelängte Quarzkörnchen, ursprüngliche gute Rundung teilweise noch erkennbar, beginnende Verzahnung; dazwischen quarzitische Geröllchen mit ca. 10 % der Schlifffläche. Meist zwischen den Quarzkörnchen, selten längere Züge bildend, feinschuppiger Hellglimmer und Chlorit in etwa gleichem Anteil, darin parallel verwachsen Biotitschüppchen.

Konvergierende Oberund Unterflächen einiger Bänke sowie interne Schrägschichtung dokumentieren eine Schüttungsrichtung gegen Südost, wobei dieser Aussage allerdings der Mangel einer nur geringen Zahl meßbarer Schrägschichtungsblätter anhaftet und außerdem (da nur aus einem Aufschluß) keine regionale Gültigkeit zukommen muß. Ausgeprägt ist der Reifegrad des Sediments, denn es fanden sich keine Komponenten des Untergrundes.

2 m Wechsellagerung und lateraler Übergang von Sericitschiefern und Quarzitlagen (teilweise mit Geröllen).

7 m Sericitschiefer, Quarzite und Lagen von Quarzsandkalken mit gröberen (cm-großen) quarzitischen Geröllen, mehrere cm mächtige Rauhwackenlagen, Einschaltung von dm-mächtigen Bänken "limonitisch" imprägnierter Kalke mit eingestreuten Quarzsandkörnchen und sericitischen Schmitzen; in allen Typen Biotitsprossung.

4 m dunkelgraue, z. T. phyllitische, feinlagige Dolomit-Quarzitschiefer.

darüber (3 m anstehend) dunkelgraue, cm-geschichtete, ebenflächige, feinkristalline Dolomite mit sericitischen Bestegen auf s bis zu feinen dolomitphyllitischen Zwischenlagen; ss wie im Liegenden 145-170/20-25. Nach diesen, dem tieferen Anis zuzuordnenden Dolomiten liegen keine Aufschlüsse mehr vor. Im Schutt der Straßenböschung finden sich noch einige der tieferen Mitteltrias angehörende Schichtglieder (Bänderkalk und -dolomit, Dolomitschlierenkalk). Nach ca. 100 m weiter gegen Süden tritt nur noch Schutt des kleinstückigen, zuckerkörnigen, hellen Wettersteindolomits auf.

SCHLUSSBEMERKUNGEN

Für eine zeitlich exakte Einstufung der Transgression liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Transgressionsserie entspricht mit dem Auftreten von z. T. schiefrigen Quarziten, hangend übergehend in eine Wechsellagerung von Sericitschiefern, Quarzitbänken, Sandkalk- und Rauhwakkenlagen, der permoskythischen Basisentwicklung aller vergleichbaren Vorkommen des zentralalpinen Bereichs.

Nach A. TOLLMANN 1965, 1972 käme wegen des Auftretens von bankig-schichtigem Quarzit nur skythisches Alter in Frage, wobei das Oberskyth durch das Vorhandensein der Wechselfolge im Hangenden des Quarzits, die zur Karbonatentwicklung der Mitteltrias überleitet, auszuschließen wäre. Doch erscheint die von diesem Autor yorgeschlagene Untergliederung und zeitliche Trennung der permoskythischen Entwicklung der Zentralalpen in einen permischen Alpinen Verrucano (in dem Quarzite eine wesentliche Rolle spielen) und einen skythischen Quarzit eher willkürlich. Einerseits ist der einheitliche Sedimentationswechsel (kontinental zu aquatisch) gerade an der Wende Perm-Trias unwahrscheinlich ( eher ist mit Rekurrenzen zu rechnen), andererseits ist auch unter. Annahme dieser Voraussetzung die praktische Unterscheidung von Verrucano und Skyth-Quarziten gerade in metamorphen und tektonisch durchbewegten Folgen (wie im zentralalpinen Bereich üblich) problematisch beziehungsweise nur in Sonderfällen möglich (Nachweis der aquatischen Bildung der Skythquarzite; z. B. mittels Wellenrippeln, A. TOLLMANN 1972:87). Wenn die Transgression hier trotzdem als wahrscheinlich skythisch angesehen wird, spricht dafür lediglich die geringe Mächtigkeit der Quarzite im Liegenden der Sericitschiefer-Quarzit-Karbonat Wechselfolge, deren oberskythisches Alter als gesichert angenommen werden kann (Alpiner Röt; A. TOLLMANN u. a. 1965, 1968).

Der erhaltene, primäre Konnex des Stangalm-Mesozoikums zum unterlagernden Kristallin befindet sich gerade in der Umbiegung des Stangalmzuges aus der Ost-West in die Nord-Süd-Richtung. Damit ist trotz der sonst vorhandenen tektonischen Ablösung, die schon das Auftreten der (permoskythischen Basisglieder auf wenige Stellen reduzierte, ein Hinweis auf relativ geringe Verschiebungsbeträge sowohl in Nordrichtung (des sicher stärksten alpidischen Transports) als auch für eventuell anzunehmende westvergente Ausgleichsbewegungen (E. CLAR 1965) gegenüber dem Untergrund gegeben.

LITERATUR:

CLAR, E. (1965): Zum Bewegungsbild des Gebirgsbaues der Ostalpen. - Verh. Geol. B.-A., Sh. G:11-35, 2 Abb., 4 Taf.

HOLDHAUS, K. (1933): Neue Untersuchungen über den geologischen Bau des Königstuhlgebietes in Kärnten. - Mitt. Geol. Ges. Wien, 25(1932):177-194, 1 Karte.

PISTOTNIK, J. (1974): Zur Geologie des NW-Randes der Gurktaler Masse (Stangalm-Mesozoikum, Osterreich). - Mitt. Geol. Ges. Wien, 66-67(1973/74):127-141, 1 Abb., 1 Taf.

STOWASSER, H. (1956): Zur Schichtfolge, Verbreitung und Tektonik des Stangalm-Mesozoikums (Gurktaler Alpen). - Jb. Geol. B.-A., 99:75-199, 11 Abb., 2 Taf.

TOLLMANN, A. (1958): Das Stangalm-Mesozoikum (Gurktaler Alpen). - Mitt. Ges. Geol. Bergbaustud., 9:57-73, 2 Taf.

-(1959): Der Deckenbau der Ostalpen auf Grund der Neuuntersuchung des zentralalpinen Mesozoikums. - Mitt. Ges. Geol. Bergbausrod., 10:1-62, 1 Taf.

-(1963): Ostalpensynthese. -256 S., 23 Abb., 11 Taf. (Deuticke), Wien.

-(1965): Faziesanalyse der alpidischen Serien der Ostalpen. - Verh. Geol. B.-A., Sh. G:103-133, 1 Abb.

-(1968): Beitrag zur Frage der Skyth-Anis-Grenze in der zentralalpinen Fazies der Ostalpen. - Verh. Geol. B.-A., 1968:28-45, 2 Abb., 2 Taf.

-(1972): Alter und Stellung des Alpinen Verrucano in den Ostalpen. - Mitt. Ges. Geol. Bergbaustud., 20, und Verh. Geol. B.-A., 1972:83-95, 1 Abb.

-(1975): Die Bedeutung des Stangalm-Mesozoikums für die Neugliederung des Oberostalpins in den Ostalpen. - N. Jb. Geol. Paläont., Abh., 150:19-43, 7 Abb., Stuttgart. 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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