Niedermayr G. / 1984                                                                                           Textauszug

 

EXKURSION 3 bzw. 13: SAUALPE: "PRICKLER HALT", GRAFENZECHE, KUPPLERBRUNN.

Von Gerhard NIEDERMAYR
EXKURSIONSROUTE : St. Veit a. d. Glan -Brückl -Eberstein -St. Oswald/Saualpe -Druckerhütte (Haltepunkte 1 -2 -3) und zurück nach St. Veit a.d. Glan.
Die Saualpe erstreckt sich als ein über 20 Kilometer langer und bis über 2000 Meter Seehöhe reichender Gebirgszug in Nord-Südrichtung zwischen dem Görtschitztal im Westen und dem Lavanttal im Osten.
Geologie:
Der mächtige Gebirgszug der Saualpe besteht aus einem hochkristallinem Kern, der im Westen und Süden von immer weniger stark metamorphen Serien ummantelt wird. Wiederholungen der Schichtfolgen zeigen einen voralpidischen Schuppen- und Deckenbau.
In geologischer Hinsicht ist der Gebirgszug Saualpe-Seetaler Alpen ein Bestandteil des ostalpinen Altkristallins östlich der Gurktaler Decke. Platten- und Flasergneise (Injektionsgneise), Glimmerschiefer, Pegmatite, Marmore, Quarzite, Eklogite, Eklogit-Amphibolite und Amphibolite sind die wichtigsten Gesteinstypen, die mit einem vorherrschend NW-SE gerichteten Streichen auftreten. Zwei voralpidische deckentektonische Stockwerke liegen übereinander: die tiefere, mesozonal geprägte Stubalpendecke kommt im sogenannten "Kliening-Fenster" zutage. Die Hauptmasse des Gebirgsstockes gehört aber der fernüberschobenen Saualpendecke an, deren katazonales Kristall in den Kern der Saualpe bildet und in die Seetaler-Alpen weiter streicht, und dessen mesozonales Kristallin diesem Kern im Westen (Hüttenberg, Friesach) , und im Süden (Raum zwischen Eberstein und St. Andrä) normal auflagert. Die aus epizonalem und anchimetamorphen Paläozoikum bestehenden. äußeren Hüllen dieses Kristallins gehören bereits zu einem weiteren oberostalpinen Deckenstockwerk (Gurktaler Masse).

Im großen zeigt die Serienabfolge der Saualpe eine vielfache Wiederholung von Karbonatgesteinen und Metabasiten in der Schiefer bzw. Gneis-Grundmasse, von der Anchizone bis zur Katazone hinab. Daraus ließ sich durch detaillierte petrologische Untersuchungen eine intensive Deckentektonik und Verschuppung in diesem Kristall inkomplex nachweisen.
Die Serienabfolge im Kristall in der Saualoe ist durch die moderne Bearbeitung zum Standardprofil für die Gliederung des ostalpinen Kristall ins geworden. Vom Liegenden zum Hangenden werden folgende Serien unterschieden:
1. Wolfsberger Serie: u.a. mit Granitgneisen, Granatglimmerschliefern.
Epidot-Amphiboliten
2.
Stelzinger Marmor-Serie (Preimser Serie): mit Schiefergneisen, Marmorlinsen und- lagen, Quarziten, Biotit-Plagioklas-Amphiboliten und Pegmatiten. Der Horizont der Stelzinger Marmore ist ein wichtiger, weithin verfolgbarer Leithorizont, der für die Aufgliederung des Saualpenkristallins von großer Bedeutung ist.
3. Eklogitserie: Wechsellagerung von Disthenflasergneisen und Schiefergneisen in die sich besonders im höheren Teil linsenförmige Eklogitkörper, sowie bereichsweise auch Kalksilikat-Gesteine einschalten. Diese Serie zeigt eine katazonale Prägung ("Sillimanitgneisfazies" bzw. alpine Eklogitfazies). Durch einen Kalksilikat-Leithorizont wird die Serie in eine Obere und Untere Etage gegliedert. Die Eklogite sind in der Oberen Eklogitserie meist als Karinthineklogite unverändert erhalten geblieben (Gertrusk, Kupplerbrunn, Beilstein, etc), in der Unteren Eklogitserie sind sie durch Tiefendiaphthorese retrograd zu Eklogitamphiboliten umgewandelt. Der Omphazit der Karinthineklogite liegt durch Symplektitbildung in der diaplastischen Verwachsung von diopsidischen Klinopyroxen und Plagioklas vor. Die Eklogite der Saualpe werden z.T. von gabbroiden Ausgangsgesteinen mit niedrigen Wassergehalt, z.T. von basischen Tuffen abgeleitet. In beiden Fällen ist aber auf alle Fälle eine mehraktige metamorphe Prägung anzunehmen bzw. beweisbar.
4. Injektionsglimmerschiefer-Serie: in der Hauptsache plagioklasreiche, grobkörnige Granatglimmerschiefer. mit geringmächtigen Pegmatitinjektionen
5. Hüttenberger Serie: Granat-Staurolith-Granat-Biotit-Plagioklas-Glimmerschiefer, mächtige Marmore (Träger der Eisenspat-Vererzung!), Kalksilikat-Gesteine und mächtige Pegmatite
6. Plankogelserie: mit Granatglimmerschiefer, Amphiboliten, Marmoren, Serpentiniten, Manganquarziten (!)
7. Zossener Marmorserie
8. Kräupinger (Amphibolit-) Serie
9. Waitschacher (Marmor) Serie: Granat und Staurolith-Glimmerschiefer, phyllitische Glimmerschiefer, Marmore und Kalksilikat-Gesteine
Bezüglich des Alters der Ausgangsgesteine dieser metamorphen Serien sind (ebenso wie in Bezug auf die Metamorphosegeschichte selbst) die Meinungen noch geteilt. Mit großer Wahrscheinlichkeit-handelt es sich aber dabei um altpaläozoische Serien, doch ist möglicherweise auch Präkambrium vertreten.
Mehrere unterschiedlich alte Metamorphoseakte des Saualpenkristall ins sind zu erkennen:
temparaturbetonte, präkinematische Prägung als ältestes Ereignis
druckbetonte, synkinematische Metamorphose
rückschreitende Umprägung
Diaphthorese; diese überprägt alle Serien des Kristall ins, unabhängig vom früheren Metamorphosegrad (z.B. Chloritisierung von Biotit und Granat, Bildung von Stilpnomelan).
Mineralien:
In den Eklogiten gut gefärbte Disthene, Zoisit, Amphibol (Karinthin), Feldspäte u.a. In den reichlich auftretenden Quarzgängen und pegmatoiden Bildungen z.T. beachtlich große Rutile, auch Zoisit, Turmalin, Skapolith; seltener Prehnit, Epidot, Axinit und andere Mineralien.
Auf dem Hauptkamm der Saualpe ist der Eklogit vom Gertrusk durch seine interessanten Kluftmineralien recht bekannt geworden: die Hornblendeabart Karinthin, würfelähnliche Quarze, Klinozoisit, Periklin, Apatit, Titanit, Epidot, Limonit-Pseudomorphosen nach oktaedrischem Pyrit, Kupferkies mit sekundärem Brochantit und Malachit, und Prochlorit, eine Besonderheit sind hier durch Blitzschlag in feinen Eklogitklüftchen gebildetes "fulgurisches" Omphazitglas und Quarzglas (Lechatelierit).
Haltepunkt 1
Zoisit-Fundstelle „Prickler Halt“
Thema: Pegmatit-Mineralisationen im Saualpen-Kristallin; Eklogite und verschiedene Gangmineralisationen
Anfahrt von Eberstein im Görtschitztal über St. Oswald und Drucker Hütte (SH 1490m) bis zur Steiner Hütte (ehem. Rauscher Hütte). Von der Steiner Hütte in etwa gleicher Höhe auf Fahrweg Richtung Grafenzeche. Bei Wildfütterung durch den Wald ca. 160 Meter bergauf bis zu Schurfröschen und von Sammlern zusammengetragenem Haldenmaterial.
Mineralparagenesen:

Die "Prickler Halt" ist die Typlokalität des Minerals Zoisit. 1805, also vor nunmehr fast 180 Jahren, hat A.G. WERNER das Mineral beschrieben und zu Ehren des Baron ZOIS, der die zur Auffindung dieser Mineralart führende Expedition ausgerüstet hat, Zoisit benannt. Der Zoisit tritt in bis 12cm langen, grauen, stengeligen Kristallen und derben Massen in Pegmatit eingewachsen auf. Daneben bis zu etwa 1cm große, orangebraune Zirkon-Kristalle, im Zoisit eingewachsen, sowie Klinozoisit, Amphibol, Rutil, Titanit und Pyrit. Der geringmächtige Pegmatit ist in Eklogit eingeschaltet.
Weitere Fundorte von Zoisit führenden Pegmatiten wurden in den letzten Jahren festgestellt und führen z.T. ebenfalls Zirkon. Recht ähnlich ist auch ein Epidot führender Pegmatit (mit Zirkon) im Eklogit vom Gradischkogel (in der südlichen Koralpe).
Am Weg zur Zoisit-Fundstelle der "Prickler Halt" können in großen Rollblöcken ausgezeichnete Eklogitproben mit der typischen Mineralparagenese Omphazit, Granat, Zoisit und Amphibol (Karinthin) aufgesammelt werden. Disthen in lebhaft blauen, stengeligen Kristallen ist mit etwas Glück hier ebenfalls zu finden.
Bemerkenswert sind zwar nur wenige Millimeter große, aber tief rötlichbraun gefärbte, kantendurchscheinende Staurolith-Kristalle, die in schmalen pegmatoiden Einschaltungen im Eklogit eingelagert sind.
Am Rückweg zum Bus-Parkplatz werden ein Graphit führender Pegmatit bzw. würfelförmige Quarze führende pegmatoide Einschaltungen im Eklogit besucht. Die durch Dominanz des positiven Rhomboeders {1011} und fa& Fehlen des Prismas {1010} würfelförmig ausgebildeten Quarze wurden früher für „Topas“ gehalten. Graphit ist ein nicht allzu seltener Begleiter der Pegmatite der Saualpe und tritt in wenigen Millimeter großen, grobschuppigen Aggregaten auf.
In alpinotypen Zerrklüften findet sich neben Quarz und Fe-Karbonate auch Prochlorit, in bis 1cm großen, rosettenförmigen Aggregaten.
Haltepunkt 2

Skapoith-Fundstelle Grafenzeche
Thema: Skapolith-Vorkommen in einer verquarzten Marmorlinse des Saualpen-Kristallins
Anmarsch entweder von Haltpunkt 1 oder von der Druckerhütte auf dem Forstweg Richtung Grafenzeche. Fundbereich (Blöcke oberhalb der Straße) etwa 1 Kilometer nach der Abzweigung von der Straße zur Steiner Hütte.
Mineralparagenesen:
Skapolith (und zwar Mizzonit, etwa Ma35Me65) in bis 10 cm langen, trübweißen bis gelblichen, dicksäuligen Kristallen,3in der5em Quarz eingewachsen. Daneben ist noch Klinozoisit, Titanit, Calcit und Graphit zu erwähnen. Die Skapolithe zeigen z.T. postkristalline Deformationen und sind flächenarm, MEIXNER (1952) gibt m (110), a (100) und c (001) an.
Der Skapolithfels ist in einem oligoklasreichen Gneis eingeschaltet. Die Entstehung deutet MEIXNER so, daß im Zuge einer Metamorphose eine im Gneis eingeschaltete kleine Marmorlinse unter Zufuhr von SiO2, etwas Natrium und Chlor in Skapolithfels umgewandelt wurde.
Aus unmittelbarer Nähe des Skapolithvorkommens wurden Gangquarzblöcke mit mehreren Zentimeter großen Rutilkristall en und ein auffallend quarzarmer (plumasitischer ?) zoisitführender Pegmatit beschrieben.
Haltepunkt 3

Eklogit-Fundstelle Kupplerbrunn
Thema: Katazonale Metamorphose des Saualpen-Kristallins; Eklogite aus der Schiefergneis- und Disthenflasergneis-Serie
Am Rückweg von Fundstelle Grafenzeche im näheren und weiteren Bereich der Quelle des Kupplerbrunns Eklogitblöcke des Saualpen-Kristallins.
Mineralparagenesen:
In typischen "alpinen" Eklogiten trübweiße bis graue, bis zu 10cm lange Zoisitstengel, hell- bis dunkelblaue Disthene und große Amphibole (Karinthin! braune bis braungrüne, pleochroitische Gemeine Hornblende).
Der Karinthin ist eine Varietät der Gemeinen Hornblende, die chemisch der Pargasit-Reihe (Mg-Fe2+Al-Amphibole) nahe steht und mit ihr auch die katazonalen Bildungsbedingungen gemeinsam hat. Er findet sich nur in den Amphibol-Eklogiten teils als blastische Komponente im Gestein ("Gesteinskarinthin"), teils als etwas jüngere Bildung auf Zerrklüften ("Kluftkarinthin"). Vermutlich bildet er sich im Zuge einer schwachen Diaphthorese auf Kosten von ursprünglichem Pyroxen (Omphacit).
Der Name "Karinthin stammt von A. G. WERNER (1817), der damit eine Amphibolabart aus dem Eklogit des Gertrusk bezeichnete.
Die Granate der Eklogite sind Almandin-Pyrop-Grossular+Andradit-Mischkristalle.
MOTTANA et al. (1968) haben den Eklogit vom Kupplerbrunn untersucht und geben Analysen des Gesteins und der verschiedenen Mineralphasen an (Tab. 1).
Der Terminus "Eklogit" stammt vom französischen Mineralogen R .J. de HAÜY, der 1822 entsprechende Gesteine von der Saualpe in Kärnten und der Steiermark so nannte.
MOTTANA et al. (1968) nehmen an, daß möglicherweise der Eklogit vom Kupplerbrunn die Typlokalität HAÜY'S darstellt, da der Eklogit dieser Lokalität größere Mengen an Disthen neben allen anderen Gesteinsgemengteilen enthält, die HAÜY beschreibt.

Angeführte Literatur:

MEIXNER, H. (1952): Neue Mineralfunde in den österreichischen Ostalpen XII. - Carinthia II. , 62./142., 27 -46

MOTTANA, A., W. R. CHURCH und A.D. EDGAR (1968): Chemistry, Mineralogy and Petrology of an Eclogite from the Type Locality ( Saualpe, Austria). - Contrib.
Miner. Petrol. 18, 338-346.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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