Blass G. & H.W. Graf / 2000

 

1214. Ein unbekanntes Calciumhydrogenphosphat und Brushit aus dem Ausbruch des Kaponigtunnels bei Obervellach/ Mallnitz, Kärnten.

Im Zuge des Vortriebs im Kaponigtunnel bei Obervellach wurden im Ausbruchmaterial, welches auf einer Deponie gelagert wurde, von verschiedenen Sammlern eine artenreiche, alpine Kluftparagenese gefunden. Sie beinhaltete auch Partien mit Erzmineralien wie Pyrit, Chalkopyrit, Bornit, Djurleit u.a. ihre Beschreibung erfolgte durch NIEDERMAYR et al. (1995 und 1997). Die nachfolgend beschriebenen Stücke stammen ebenfalls aus dem Material des Tunnelausbruchs. Ihre Matrix besteht überwiegend aus Quarz, Feldspat und Chlorit. Dazwischen werden reichlich leicht gelbliche Apatit und cognacfarbige Titanit-Kristalle beobachtet. Auf diesen Mineralien bzw. als Zwickelfüllungen sind weißliche Krusten und Pustel auskristallisiert, die teils dicht erdig sind, teils aus glänzenden Blättchen oder fast farblosen, spitz zulaufenden Kristallen bestehen. Bei der Beugungsanalyse wurde ein zweiphasiges Gemisch aus Brushit und dem bisher nicht als Mineral vorkommenden, "Calciumphosphat Ca(H2PO4)•2H2O", (JCPDS-File 9-347), festgestellt, wobei letzteres in der Mischung deutlich überwiegt. Durch zusätzliche EDS Analysen wurden diese Bildungen als Calciumphosphate bestätigt. Da das Fundmaterial vom Stollenvortrieb stammt und damit unter Umständen auch mit Baumaterialien des Tunnelausbaus in Kontakt kommen konnte, ist eine natürliche Entstehung des Phosphates unsicher bzw. nicht eindeutig zu klären. Daher wird eine Anmeldung und Anerkennung als neues Mineral vorerst als zu problematisch angesehen. Einerseits spricht die relativ gute Wasserlöslichkeit des Calciumhydrogenphosphathydrats gegen eine vom Menschen unbeeinflusste Bildung und Kristallisation. Anderseits ist über die Reaktion von Apatit mit schwefelsauren Lösungen eine "natürliche" Entstehung nicht unbedingt auszuschließen. Apatit tritt ja reichlich in dem Gestein auf und die schwefelsauren Lösungen können der Verwitterung der sulfidischen Erze entstammen. Vielleicht trägt diese Kurznotiz dazu bei, die Aufmerksamkeit der Sammler auf solche Bildungen zu lenken und so etwas über weitere Funde von Calciumphosphaten beim Tunnelbau in alpinen Regionen zu erfahren bzw. Hinweise und Informationen zu ihrer Genese zu erlangen. Es wäre vor allem zu klären, welche Bohr- und Kühlmittel beim Vortrieb von Tunnelstrecken bzw. welche Materialien beim Ausbau der Röhre eingesetzt werden um evtl. doch zu einem späteren Zeitpunkt eine belastbare Aussage über die Bildung der Phosphate vom Kaponigtunnel zu erlangen und danach eine Anmeldung als neues Mineral bei der IMA Komission zu beantragen. Betrachtet man die Genese unter dem Aspekt einer vom menschlichen Tun beeinflussten Bildung, so gilt das Gleiche auch für den Brushit von dieser Fundstelle. (Blass/Graf)

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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