Stini J. / 1938 Textauszug |
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Zur
Geologie der Umgebung von Miklauzhof (Jauntal). Von
Josef Stini Vorbemerkungen.
Miklauzhof, bekannt durch seine alte, vor kurzem stillgelegte Brauerei und durch seinen musterhaften landwirtschaftlichen Betrieb, liegt reizvoll am Nordfuße der Karawanken gerade dort, wo ihr Sockel unter die jüngeren Bildungen des Jauntales untertaucht. Jäh steigen hier am Sittersdorfer Berge und am Altenberge (Staragora) die Kalkketten empor; ihre steile Stirn schaut nach Norden. In der Zwischenstrecke schieben sie jedoch sanftgewellte Vorstufen, eine Art Mittelgebirge, vor, auf dem die Gehöfte Bukovnik und Kuchl sowie die Ortschaft Rechberg liegen. Auch weiter im Osten sendet der Jegart (1263 m) Auslaufrücken und Vorberge aus; sie tragen die Gehöfte Wreschiak, Jegart usw. Diese Vorhöhen, den Vellachdurchbruch zwischen Miklauzhof und Papierwerk Rechberg und das angrenzende Gebirge will ich im nachstehenden kurz geologisch schildern. An
anderer Stelle habe ich bereits gezeigt, daß das Kalkgebirge zwischen
Eisenkappel und dem Nordfuße der Karawanken zwei Decken angehört (20).
Ich habe sie vorläufig Sockeldeck e und Obirdecke genannt, weil es mir
noch nicht möglich war, aus dem begangenen engbegrenzten Gebiete zwischen
Suchagraben im Osten und Freibach im Westen den Anschluß an die
Deckengliederung von Spitz (19) zu gewinnen. Von anderen geologischen Vorgängern
berichtet das Schriftenverzeichnis; die letzte kartenmäßige Darstellung
des Gebietes rührt von Teller her, dessen bahnbrechende Arbeit ganz
besonderes Lob verdient. Die
Schichtfolge des Gebietes. Die
ältesten Schichten im betrachteten Gebiete sind ladinischen Alters und
zum Teil als erzführender Kalk (Wettersteinkalk), zum Teil als erzführender
Dolomit (Wettersteindolomit) ausgebildet. Der
Wettersteinkalk gleicht genau den Vorkommen auf der Villacher Alpe; meist
ist er ziemlich massig und klotzig ausgebildet, wie zum Beispiel am
Rechberge und am Sittersdorfer Berge, doch trifft man ihn auch recht
wohlgeschichtet an, wie zum Beispiel am Altenberge und am Hochobir. Beide
Abarten gehen örtlich allmählich ineinander über. Zu den bereits
bekannten Fundorten von Versteinerungen (Lipold 10, 11) fanden ich und
meine Frau einige weitere; so zum Beispiel Megalodus triqueter (oder eine
verwandte form) in großen Mengen unweit der Stockhube und westlich der
Grafensteiner Alm; ein Stück entstammt dem Dolomite auf der
Nordwestabdachung der Poscha (1123 m); die Wettersteinkalke des
Wildensteiner Grabens lieferten zahlreiche Kalkalgen; Prof. lulius v. Pi
a, welcher sich der gesammelten Versteinerungen in liebenswürdigster
Weise annahm, stellte eine sichere Diplopora annulata Schafh. fest. Diese
Diploporenkalke des Wildensteiner Grabens schied Teil er, dem Vorgange der
alten Karten folgend, als Dachsteinkalk aus. Es ist nach meinen bisherigen
Aufnahmen überhaupt zweifelhaft, ob von dem breiten Streifen
Dachsteinkalk, den die geologischen Karten vom Hochobir, Kleinen Obir und
Altenberg bis gegen den legart hin verzeichnen, noch etwas übrigbleiben
wird, wenn ich meine Begehungen ergänzt haben werde. Dort,
wo der erzführende Kalk vom Gebirgsdruck verschont blieb und grobstückig
bis blockig zerfällt, liefert er schlechte, steinige Wege. Der Wald
gedeiht auf ihm nur dann gut, wenn die Abhänge mäßig abdachen; neben
Nadelhölzern stellt sich sehr gern die Buche ein, welcher die feuchte
Luft des niederschlagreichen Gebietes behagt. Außerordentlich
häufig sind Übergänge in erzführendem Dolomit, und zwar sowohl in
waagrechter wie auch in lotrechter Richtung. In den herrlichen Aufschlüssen,
welche die Felsen des Hochobirs, des Kuhberges (Krava vrh) und des Kleinen
Obirs uns darbieten, sehen wir, wie sich in den Dolomit zuerst einzelne,
verschwommen begrenzte Bänke von Kalk einschalten; sie werden, wenn man
den Blick in waagrechter Richtung weiterschweifen läßt, immer deutlicher
begrenzt, länger und zahlreicher; bald überwiegt der Kalk und die
verschwommenen, streifigwolkigen Flammen und Zungen des Dolomites keilen
schließlich ganz aus; es sind dann nur mehr die wohlgebankten
Wettersteinkalke vorhanden, wie sie z. B. am Gipfel des Hochobirs bei der
Wetterwarte schon von weitem das Auge fesseln; hier hat sich von Süden
her ein allmählicher Obergang von erzführendem Dolomit in Kalk
vollzogen. Ganz ähnlich, nur vielleicht etwas rascher, geht die
Herausbildung des Kalkes aus dem Dolomit östlich der Rainer-Hütte und am
Kuhberge in der Richtung vom Liegenden zum Hangenden vor sich. Eine
merkwürdige, zellig-löchrige Ausbildung des Hellkalkes fand ich bei der
Rochuskapelle westlich von Rechberg. Es
ist nicht möglich, alle die Orte aufzuzählen, wo erzführender Kalk und
Dolomit miteinander wechsellagern und sich gegenseitig ersetzen; nur
einige wenige Örtlichkeiten seien genannt: am Altenberge, beim Setz, im
Freibachgraben auf den Westhängen des Kuhberges und seiner Ausläufer, am
Kleinen Obir, südwestlich von Rechberg, im Sammelgebiete des
Micheuzgrabens und an anderen Orten. Der
Wettersteindolomit ist gewöhnlich hell gefärbt und fast immer mehr oder
minder stark zerquetscht; er zerfällt daher gewöhnlich in Grus und Sand
und ergibt gute Karrenwege und angenehme Fußsteige. Seine Bestockung ist
ähnlich wie jene des Hauptdolomits (siehe diesen) und 'besteht in der
Regel hauptsächlich aus Föhren. Die
Karnische Stufe vertreten Schiefer und Kalkmassen; erstere sind nach älteren
und meinen eigenen, von Herrn Professor J. v. Pia bestimmten
Versteinerungsfunden den Raibler Schichten gleichzusetzen, letztere dürften
vermutlich den Toner Schichten entsprechen. Die Gesamtmächtigkeit dieses
Schichtstoßes erreicht zwar meist, wie Teller richtig (23) angibt, nur
etwa 10 bis 15 m; es sind dann bei der Gebirgsbildung eben nur die leicht
beweglichen, ausschmierbaren und vorzügliche Gleitlagen abgebenden
Schiefer mitgerissen und ausgedünnt worden; die ungefügigeren Kalke und
die untergeordnet mit ihnen verbundenen Dolomite aber blieben an
geschonteren Stellen -gewissermaßen im Druckschatten -zurück und mögen
sich wohl da und dort auch zusammengeschoppt haben, eine Erscheinung,
welche gelegentlich auch die Schiefer zeigen. Mit Einrechnung der oberen
Kalke bilden die karnischen Ablagerungen dann Schichtstöße von gerniger
Mächtigkeit; so etwa 50 bis 60 m nördlich des Deutschmann und nicht viel
weniger beim Schumi und Jerina. Die
Raibler Schichten sind so oft beschrieben worden, daß ich von einer ausführlichen
Schilderung der Bergarten absehe, welche sie in unserem Gebiete vertreten.
Ich will sie nur kurz aufzählen: dunkle Schiefer, braune und rote
Sandsteinschiefer (südöstlich des Schimon), Mergelschiefer, dunkle
Schiefertone, dunkle Kalkschiefer, dunkelgraue, mergelige, braun oder
ockergelb anwitternde Rogensteille, seltener dunkle Kalke, welche oft weißliche
Spatadern tragen, Sphärocodiensandsteine und -mergel usw. In den höheren
Lagender eigentlichen Raibler Schichten und in der Torer Stufe aber
herrschen Brausgesteine vor dunkle, oft von weißen Spatadern durchnetzte
Kalke, schwärzliche Kalke mit dunklen Hornsteinen, graue, dickbankige,
oft fast massige und dann felswandelnbildende Kalke mit weißen Adern,
malmkalkähnliche Mergel, dünnplattige, zum Teil auch sandig oder gelb
anwitternde Kalke, untergeordnet ferner da und dort Dolomite, welche mit
den Kalken wechsellagern usw. Herrn Professor Dr. J. v. Pia danke ich für
die Bestimmung von Cidaris cf. parastadifera Schafh. und Isocrinus spec.
von der Rollbahn nordöstlich des Deutschmann. Die
Raibler Schiefer bilden fast immer sanftgeneigte Hangflächen, Mulden, Sättel
usw.; sie sind Wasserstauer und daher Quellenbringer. Wo Sickerwässer sie
durchweichen, neigen sie und ihre meist sehr mächtigen
Verwitterungsschwarten zu Rutschungen. Sie liefern einen vorzüglichen,
frischen, tiefgründigen und nährstoffreichen Boden, welcher der
Almwirtschaft, dem Feldbau, der Wiesenzucht und natürlich auch dem
Waldwuchse ungemein günstig ist; wir treffen hier Bestände an, welche
sich durch Holzartenzahl, Vollholzigkeit, Langschaftigkeit und Geradwüchsigkeit
meist schon von weitem aus ihrer Nachbarschaft herausheben und dem Schwämmeliebhaber
Freude bereiten. Der
Hauptdolomit nimmt im Obirgebiete keine großen Räume ein; wir finden ihn
nördlich der Viktorhütte zu beiden Seiten der Vellach bis etwa in die
Gegend zwischen dem Woschitz (Leschanz-) und Kunetgraben hin als Glied der
Obirdecke; er nimmt weiters Anteil am Aufbau der Sockeldecke. Seine
Ausbildung bietet keine Besonderheiten. Wo ihn der Gebirgsdruck nicht zu
stark beansprucht oder gar zerquetscht hat, zeigt er meist gute
Schichtung; in unserem Gebiete ist dies jedoch selten der fall; er ist
hier in der Regel stark durchbewegt und zu Grus zerhackt; zahlreiche,
schon von der Straße aus sichtbare felsige Blaiken im Osten und Westen
des Vellachtales enthüllen diese ruschelige Ausbildung des Hauptdolomites
(Mozganhuben, Marktlhubengraben, Umgebung des Jerina, Seitenrunsen des
Leschanzgrabens usw.). Seine Farbe ist grau bis schwärzlich (bituminös)
in dien unteren Lagen, hellgrau bis weißlichgrau in den oberen; im
vorderen Leschanzgraben und auch sonst gelegentlich zeigt er die von
Teller (23) geschilderte Schwarz-Weiß-Bänderung. In den Vorbergen
zwischen Suchagraben,und Vellachschlucht ist der Hauptdolomit in der Form
von Zellendolomiten und dolomitischen Rauhwacken entwickelt. Der rasche Zerfall der Dolomite zu Grus belastet die Gräben mit Geschieben; für den Wegebau aber ist er sehr günstig; Steige und Straßen trocknen rasch aus und erhalten eine gut bindende Decke, welche schwachem und leichtem Verkehre gewachsen ist. Um so weniger hold ist er dem Pflanzenwuchse; sein Waldkleid ist meist schütter und verrät die Wirkungen der Trockenheit, Seichtgründigkeit und Nährstoffarmut; von den Wirtschaftsholzarten trifft man fast nur mehr die Kiefer an und auch diese erwächst astreich, krummschaftig, abholzig und wird nur wenige Meter hoch. Ihre lichten Bestände lassen den Mehlbeerbaum (Sorbus Aria) aufkommen; man schreitet in diesen Wäldern gar oft über einen dichten Filz von Schneeheide, der sich einige Schneerosen und Preiselbeeren beigesellen. Das Rhät tritt uns in der Mündungsschlucht der Vellach in Form der bereits von Teller geschilderten "Plattenkalke" entgegen: wohlgeschichtete, dunkle, rauchgraue bis bräunlichgraue, versteinerungsfreie, mergelige Kalke mit Lagen eines mürben, teilweise bituminösen Dolomites und zahlreichen Einschaltungen dünnschiefriger Mergel und Schiefertone; bei der Anwitterung entsteht auf den Schichtflächen oft das bekannte Netzwerk tiefer, aber sehr schmaler, wie Risse aussehender Furchen. Nach oben zu finden wir dann graue und dunkle, mehr oder minder dünnplattige Mergel und Mergelkalke, welche lagenweise reich an Versteinerungen sind. Ganze Schichten sind erfüllt mit glatten Terebrateln; Herrn Prof. Dr. J. v. Pia danke ich für die sichere Bestimmung der Avicula contorta Portl. aus Kalkmergeln an dem Sträßlein, das von Miklauzhof nach Rechberg führt; sie ist hier ungemein häufig. Am legart enthalten die höheren Lagen blaugraue bis schwärzliche, an den Ecken und Kanten rundlich anwitternde Kalke und mergelige Kalke mit unregelmäßigen weißen Spatadern; da und dort erkennt man Seelilienstielglieder; Einlagerungen sandig anwitternder Kalke und graulichgelber dünnschiefriger Mergel fehlen nicht. Die
Kössener Schichten liefern bei ihrer Verwitterung einen tonreichen, nährstoffreichen
Boden, der oft recht tiefgründig wird; seine Schiefereinlagerungen stauen
das Wasser; wir treffen daher auf Rhätboden Quellen, aber auch
Massenbewegungen an. Der Pflanzenwuchs ähnelt in seiner Üppigkeit jenem,
den wir auf den Raibler Schichten beobachtet haben; der hochstämmige Wald
setzt sich vorwiegend aus Fichten, Tannen und Buchen zusammen, unter deren
Kronen Schwämme prächtig und in großer Zahl gedeihen. Häufig nehmen
jedoch landwirtschaftliche Gründe die Räume der Kössener Schichten ein.
Lias
und Dogger vermochte ich bisher ebenso wenig abzugrenzen, als es Teller in
diesem Gebiete gelang; ich mußte daher in den Schnitten und im Kärtchen
beide Stufen des Jura zusammenziehen. Zu den Fundpunkten, welche Lipold
und Teller bekannt waren, fand ich noch eine Reihe weiterer; sie Hegen
durchwegs in den Vorbergen der Karawanken und gehören der Sockeldecke an.
Trotz zahlreicher Versteinerungsfunde gelingen nähere Bestimmungen
schwer. Die
tiefsten Lagen, welche vielleicht dem Lias entsprechen, ähneln oft zum
Verwechseln den ganz hellen Abarten des erzführenden Kalkes; sie sind
grau (Vorberg 572 südl. von Jerischach), graulichweiß bis schneeweiß
und oft frei von Seelilienstielgliedern. Darüber stellen sich dann
ebenfalls weiße, meist mittel- bis grobkristallinische Kalke ein, welche
mehr oder minder reichlich Stielglieder von Seelilien führen; gar bald
treten auch zart bis kräftig fleischrote, dichte bis kristallinische
Kalke mit unregelmäßigen Flecken und Wolken von graulicher oder
gelblicher und wohl auch graulichgelber bis bräunlicher Farbe auf; man
findet 'in ihnen verschiedene Reste von Armfüßern, Ammonshörnern und
Seelilien. Die zahlreichen Schnitte belegen bräunliche oder rote tonige Häutchen
und Bestege. es etwas weiter westlich Vorkommen, welche die Erzeugung größerer Platten, Hackelsteine, Quadern usw. ohne weiteres gestatten würden. Westlich des Jegart z. B. sind die Jurakalke mächtig entwickelt; sie enthalten hier sogar Lagen, die korallenreich sind und ohne weiteres mit den sogenannten " Tropfmarmoren" des Salzkammergutes verglichen werden können. Auch beim Wildensteiner Wasserfall trifft man vielfach geschontere Bänke von gut verwertbarer Einzelmächtigkeit an. Durch Versteinerungsfunde konnte ich sicheren Malm bisher nicht nachweisen. Dem Aussehen nach rechne ich aber hieher gelblichgraue, dünnplattige Kalkmergel mit glasig aussehenden Spatadern, die schwärzlichen Hornstein führen und vom Malm der Nordalpen nicht zu unterscheiden sind. Ich fand sie im Liegenden der Steilstufe des Wildensteiner Wasserfalles, welcher in diesen leichter ausräumbaren Bergarten seinen Kolk ausgeschlagen hat. Außerdem stehen sie auch an dem Wege an, welcher von Rechberg nach Unterort hinabführt; am Westabhange des doppelgipfeligen Rückens 549 westlich von Unterort fehlen sie gleichfalls nicht. Neokomaptychenkalke
und -mergel habe ich bisher nur am Wege von Rechberg nach Unterort, und
zwar in stark durchbewegtem Zustande, angetroffen. Das
tertiäre Sattnitzkonglomerat bzw. seine Liegendschichten, welche Kahler
"Mischschichten" genannt hat, tauchen, von den Karawanken überschoben,
in ausgedehnteren Massen zu beiden Seiten des Suchagrabens und des
Freibaches an die Tagoberfläche heraus. Kleinere Aufschlüsse trifft man
südlich von Miklauzhof; als die Frühjahrshochwässer der Vellach im
Jahre 1934 das Wehr am Schluchtende weggerissen hatten, waren die
Liegendschichten eine Zeitlang gut entblößt. Bei der Miklauzhofer Hube
östlich des Weilers Weißenbach wurde vor Jahrzehnten nach Kohle geschürft.
Mächtig
ausgebildet und weit verbreitet sind die Eiszeitbildungen; auf sie soll
jedoch diesmal nicht näher eingegangen werden; ich will sie später
einmal im Zusammenhange mit der ganzen Talentwicklung der Vellach
schildern. Ältere
Flurschotter, vielfach zu Nagelfluh verkittet, liegen auf dem Grundgebirge
der Schwelle, welche sich der Ausmündung der Vellach ins Jauntal vorlegt.
Penck (16) hat mit ,seinem Scharfblicke hier eine Talauflegung vermutet.
Sie ist tatsächlich vorhanden; aber der alte Auslaß des Flusses in die
Ebene hinaus ist nur ganz schmal und vermutlich klammartig, vielleicht
noch enger als die heutige Schlucht, welche weiter im Osten gelegen ist
und sich ganz an den Ostrand der Schwelle drängt. Er nahm seinen Ausgang
von dem heutigen Flußknie nördlich des Straßenwärterhäuschens unweit
km 18,5 der Bundesstraße und mündete dort aus, wo heute die Schotterflur
532 der 0. A. sich ausbreitet; seine Sohle reichte mindestens bis zur
heutigen hinab. Auf
diesen Nagelfluhbildungen, welche zwischen Punkt 578 und 579 der Karte
steile Wände, Felspfeiler und Kanzeln bilden, ruht nun eine Ufermoräne
des Würmgletschers; er entsendete eine Zunge in das Vellachtal, wo moränenwallähnliche
Bildungen am linken Flußufer südlich und südöstlich von Rechberg
deutlich zu erkennen sind (Heritsch, 5). Auf den Absehluß der
Vellachschlucht durch das Würmeis sind auch die Stauschotter beim
Leschanz und jene im Micheuzgraben zurückzuführen; letztere Ablagerungen
hat bereits Lucerna (12) festgestellt. Daß sich an diesen Schotter- und
Moränenbildungen um Rechberg sehr viel, ja stellenweise ausschließlich
Vellachgesteine beteiligt haben, wird niemanden überraschen. Im
Stauraume des Würmeises kam es vorübergehend zur Bildung kleiner Seen;
dies beweisen eingeschaltete Bändertone, Schlufftone und Feinsande bei
Rechberg und am Ausgange des Micheuzgrabens; Schrägschichtungen bestärken
diese Deutung. Am
Nordabhange des Sittersdorfer Berges und -südlich der Gehöfte Kuchl und
Bukovnik erkennt man die Reste höherer Moränenwälle; am Nordabhange des
Jegart trifft man Draugeschiebe noch in fast 800 m Seehöhe an,. nicht
viel niedriger auf den Gehängschultern beiderseits des Wildensteiner
Wasserfalles.. Ob diese höheren Wälle ebenfalls der Würmvereisung
zuzurechnen sind, wie man annehmen möchte, oder aus einer älteren
Eiszeit stammen, müssen erst die geplanten weiteren Untersuchungen im
Zungenbecken des alten Draugletschers lehren. Im Wildensteiner Graben bildet die Weitung. der Hofmannsalm das Zungenbecken des von Heritsch (5) und Penck (16) vermuteten kleinen Eigengletschers des Obirs. Die Karschwelle ist unverkennbar. Die
Schotterfluren des Vellachtales und seiner Zubringer sollen, wie bereits
weiter oben angekündigt, an anderer Stelle ihre Würdigung finden; daß
Teile von ihnen Zerfalleislandschaften bilden, hat Paschinger in
zutreffender Weise geschildert (15). Zu
dem Vorkommen von Gehängebreschen, welches Penck (5) in der
Vellachschlucht entdeckt hat, gesellen sich einige weitere, so z. B. südlich
von Rechberg und in ganz besonders mächtiger Entwicklung und großer flächenhafter
Verbreitung beiderseits der Ausmündung des Suchagrabens ins Jauntal; voll
hier kann man diese Breschen am Nordabhange des legart bis fast zum
Mittagkreise verfolgen, auf dem das Pfarrdorf Sittersdorf liegt; in ihrer
westlichsten Strecke ruhen sie auf dolomitischen Rauhwacken und
Zellendolomit auf.
Der
Gebirgsbau. Man
kann, wie bereits an anderer Stelle (20) und weiter oben erwähnt, die
Schichtstöße des Obirgebietes in zwei Packe zerlegen. Die Sockeldecke
taucht nur am Außenrande in einem schmalen, vielfach von jüngeren
Bildungen verschleierten Bande heraus; sie besteht vorwiegend aus
Ablagerungen, welche vom Hauptdolomit bis ins Neokom reichen; Oberkreide
ist aus dieser Decke bisher noch nicht bekannt geworden. Da der Dolomit
sehr spröde ist, bildet in aller Regel das Rhät die Bewegungsfläche,
auf welcher sich die Obirdecke nach Norden vorgeschoben hat. Die
Sockeldecke ist in sich wieder zerschuppt; da und dort glaubt man noch überkippte,
liegende Falten in enger Pressung erhalten zu sehen. Überall macht sich
gewaltiges Nordwärtsdrängen unter Belastung bemerkbar. Die Obirdecke setzt sich aus den älteren Schichtgliedern der Trias zusammen; die bisher festgestellte Schichtreihe umfaßt die Werfener Schichten und die folgenden Stufen bis einschließlich des Hauptdolomites; ob auch Dachsteinkalk vertreten ist, wie die Tellersche Karte vermuten ließ, ist noch ungewiß. Der Schichtstoß der Obirdecke taucht im Süden längs einer Linie unter, welche E. Sueß Tonalitlinie genannt hat; sie zieht ungefähr aus der Gegend von Zell in der Pfarre über den Schaidasattel ins Ebriacher Tal und von hier ostwärts über den Uschowasattel. Daß die Schichtfolge beiderseits des Vellachtales nördlich von Eisenkappel überkippt ist, hat gleichfalls E. Sueß eindringling dargestellt. Im Kern dieser Mulde liegt der Hauptdolomit der Mozganhube. In sich ist die Obirdecke in ungeheuerlicher Weise zerschert und zerschuppt; wenn soviel ich bis jetzt beobachten konnte, an ihrer Nordseite nur Wettersteinkalk oder in untergeordneter Weise erzführender Dolomit sich auf das Rhät der Sockeldecke zu schieben scheinen, so kann dies vielleicht mit dem Zurückbleiben der weniger starren Glieder erklärt werden. Die
Bewegungsrichtung, in welcher die Obirdecke vorwärts drängte, zielt in
ihren tieferen und südlichen Teilen klar nach Norden. In ihren höheren
Lagen aber, wo die geringere Überlagerung größere Freiheit des
Ausweichens bot, lagert sich über den Nord-Süd-Bau oft, aber nicht überall
ein deutlicher Ost-West-Schub; er ist besnders schön im Gebiete zwischen
der Setzhube und Rechberg und dann auch auf dem Hochobir erkennbar; alle möglichen
Streichrichtungen der Falten und Schuppen zwischen Süd-Nord und Ost-West
bzw. West-Ost kommen vor. Die
Zerschuppung der Obirdecke verrät sich in schönster Weise durch die
leicht erkennbaren Raibler Schichten; wenn die geologische Aufnahme in
diesem Gebiete trotzdem nicht nur eine recht mühevolle, sondern auch eine
sehr undankbare Sache ist, so hat dies folgenden Grund: die Raibler
Schichten sind oft bis auf ganz schmale Züge ausgedünnt; man kann sie
daher im Gelände trotz sorgfältigster Beobachtung der Quellen und
sonstiger Anzeichen nur dort feststellen, wo sie der Bergbau oder zufällig
in Fußpfad, ein Weg oder eine Runse bloßgelegt hat; stellenweise sind
die Raibler Schichten wohl auch ganz ausgeschmiert und ausgequetscht. Bei
dieser starken Durchbewegung des Schichtstoße der Obirmasse darf man sich
nicht wundern, wenn nicht nur der Wettersteindolomit und Hauptdolomit
meist in Quetschdolomit (Mylonit) umgewandelt ist, sondern auch der
weniger spröde erzführende Kalk örtlich deutliche Spuren heftiger
Beanspruchung zeigt. Der Hauptdolomit am Eingange in den Woschitzgraben
ist z. B. neben "Seiner Zerhackung von zahlreichen engständigen
Scherflächen durchzogen, welche steil gegen Westnordwesten einfallen.
Seine Lagen sind zu Sand zerrieben; die Anreihung der schwärzlichen Körner
einerseits und der hellen anderseits bringt eine prächtige Bänderung bis
verschwommene Streifung und Flammung zustande. Im Wildensteiner Graben
sehen wir einen gewaltigen Ruschelstreifen in Ost-West-Richtung durch den
Hellkalk ziehen; er schießt sehr steil gegen Norden ein und ist von
Schleppungserscheinungen begleitet. Ganz besonders kräftig
durchgearbeitet ist aber der Wettersteinkalk des Vellachdurchbruches nördlich
des Hauptdolomitgewölbes; an der Mündung des Kunetgrabens hat ihn der
Gebirgsdruck zertrümmert und die Bruchstücke durch weitere Bewegung förmlich
in Quetschgerölle verwandelt; die Rutschstreifen schießen hier steil
gegen Süden ein; der Zerrüttungsstreifen, der westöstlich verläuft,
hat dem Kunetgraben das Einschneiden erleichtert. Auch nördlich und südlich
der zu Miklauzhof gehörigen Brettersäge an der hängetalartigen Ausmündung
des Micheuzgrabens ist der Hellkalk ganz zerquetscht und teilweise in Mehl
und Sand übergeführt; über diesen Quetschkalken lagern sich zuerst
schwere Blöcke von Wettersteinkalk, untermischt mit Vellachgeschieben,
ehe die nischige Nagelfluh sich darüberbreitet. Die Vellach folgt hier
bei der Miklauzhofer Säge offensichtlich einem Quetschstreifen mit annähernd
nordöstlichem Streichen. Weniger arge Zerhackungen weist der Hellkalk bei
den nordöstlichen Häusern von Rechberg auf. Am
Westhange des Kuhberges und seines Ausläufers gegen den Freibach hin hat
die nimmermüde Gesteinsäge des Baches. eine gewaltige, gegen Nord überkippte
Mulde entblößt, deren Südschenkel die Übergänge des Dolomites in den
Kalk von Süden her sehr schön verfolgen läßt. Neben
Faltungen, Überschiebungen und Verschuppungen spielen auch
Querverschiebungen eine Rolle im Aufbau des Gebietes. Untergeordnete
derartige Blätter stellt man insbesondere an den Vorbergen südlich von
Unterort und Weißenbach fest; hier scheint jeweils der westliche Flügel
gegen die östliche Scholle vorgeschoben zu sein. An landformenkundlicher
und sonstiger Bedeutung stehen jedoch die Querverschiebungen den Linien
und Zügen des Längsbaues nach. Querstörungen
durchsetzen auch den Leib des Sittersdorfer Berges; hier dürfte es sich
aber mehr um lotrechte Verstellungen handeln; das Rhät wird durch sie
anscheinend gegen Osten zu immer höher emporgehoben, bis es schließlich
den Gipfel des jegart selbst aufbaut. Landformenkundliches.
Es
wäre reizvoll, die Entstehung der Landformen des Gebietes ausführlich zu
schildern und ihre Zusammenhänge mit der geologischen Geschichte des
Obirgebirges aufzudecken. Hiezu reicht jedoch der verfügbare Raqm nicht
und ich greife daher nur einige Beobachtungen willkürlich heraus; manchen
Beitrag zur Landformenkunde der Gegend hat bereits der rührige Kärntner
Geologe Fr. Kahler geliefert (7,8). Eine
tertiäre Landoberfläche, belegt durch Bohnerzfunde meiner Frau, ist auf
den Versanftungen zwischen Kuhberg und Potschulasattel nachgewiesen; sie
ist durch nachträgliche Verstellungen gegen Osten zu abgetreppt. Die
flache Kuppe 1551 südöstlich der Oberschäfleralpe gehört einem Staffel
dieser Altfläche an. Prächtige Versanftungen, zum Teil mit aufgelagertem
(oder eingeschupptem?) Tertiär, beobachtet man auch auf den Höhen
westlich des Preverniksattels; eine merkwürdige Nische, die ihr Antlitz
gegen Westen kehrt Punkt 1131 der O A.), bedarf noch näherer
Untersuchung. Von
der Hochfläche von Rückersdorf aus sieht man durch eine Senke zwischen
Hochobir (2141 m) und Petzen (2114 m) über die niedrigeren Rücken
beiderseits der Vellachschlucht die wilden Felshäupter der Steiner Alpen;
es scheint sich hier um eine Art Grabenbruch zu handeln, welcher dem Vorläufer
der Vellach den Austritt aus dem Gebirge erleichterte. Zahlreich
sind die Hängemulden über den Neubaustreifen der tiefeingefressenen,
meist dreieckigen Querschnitt zeigenden Täler; sie geben nicht selten,
wie z. B. beim Setz, gute Wiesen- und Weidegründe ab; weitere solche Hängemulden
treffen wir oberhalb des Pogatschnig, oberhalb des Bukovnik usw. an; wir
sind wohl berechtigt, sie mit den Leisten zu verbinden, welche sich häufig
auf den Hängen der Berge und Täler finden. Die
Zerfalleislandschaft östlich und nordöstlich des Gehöftes Kopanz und
westlich der Vellach scheidet sich deutlich von den Schotterfluren, welche
die Vellach gleichzeitig oder später aufgeschüttet hat. Drei ältere
Hauptfluren, jede mit eigenen Teilflächen, lassen sich bei der Ausmündung
der Vellach unweit von Miklauzhof unterscheiden: die schön ausgebildete,
aber kleine Flur 532, welche sich im Süden an den Rechberger Sporn
anlehnt, die nächsttiefere Flur, welche etwa der Kopanzflur oder
Sittersdorfer Flur (Heritsch) am rechten Vellachufer entspricht, und die
Kleinzapfener Flur , von welcher die Miklauzhofer Flur nur eine tiefere,
auch am linken Ufer sich ausdehnende Teilflur ist. Die beiden jüngsten,
zur geologischen Jetztzeit aufgeschütteten Schotterflächen erheben sich
nur mehr wenige Meter über den Mittelwasserstand der Vellach; die höhere
von ihnen trug einstens den Badeteich von Miklauzhof und einen Mühlenoberwassergraben;
in die niedrigere aber ist der Fluß nur ganz wenig eingetieft, so daß
sie zeitweise von den Hochwässern überflutet wird. Südlich von
Jerischach und Jesernik hebt sich die Toteislandschaft mit ihren
Drautalgeschieben gut vom Gehängschutt ab, welcher vom Altenberge
herabrieselt und nur Nahtrümmerwerk enthält. Östlich von Jerischach
ruht den Flurbildungen ein nachwürmzeitlicher Felssturz auf, der eine
mustermäßige Bergsturzlandschaft erzeugt hat; die Einheimischen
verwerten sein Hellkalkblockwerk zum Kalkbrennen, zur Erzeugung von
Schotter usw. Bergauswärtsfallen der Schichten des Altenberges und
steiles Abbrechen der vorgeschobenen Deckenstirn haben den Felssturz begünstigt.
Die
Quellen des Gebietes. Die
Quellen des Gebietes führen sehr verschieden hartes Wasser je nach der
Gesteinsart, der sie entspringen, ihrer Klüftigkeit und auch je nach der
Seehöhe ihres Quellmundes; die tieferstehende Übersicht gewährt einigen
Einblick in die Verhältnisse. Das
härteste Wasser liefern meist die Moränen; die Wasserspende dieser
Quellen ist meist gering und schwankt hinsichtlich Wärme und Menge stark.
Auch die Eiszeitschotter führen hartes Grundwasser. Die weichsten Wässer
finden wir im erzführenden Kalk größerer Seehöhen. Etwas härter sind
meistens die Quellwässer aus den Dolomiten und aus dem Rhät. Festere
Regeln werden sich erst aufstellen lassen, wenn noch mehr Quellen
untersucht sind. Die
Bausteine des Gebietes. Der
Wettersteinkalk der Trobeschlucht nördlich von Eisenkappel liefert ein
beliebtes Schottergut für Eisenbahn und Straße. Recht minder geeignet
erweist sich hiezu der Plattenkalk der vorderen Vellachschlucht; er wird
jedoch trotzdem verwendet. Sand und Rundschotter bietet die Vellach
oberhalb des Wehres des Papierwerkes Rechberg, ebenso die zahlreichen
Eiszeitschotterfluren. In untergeordnetem Maße dienen auch die Dolomite
der Wegbeschotterung. Die Verwertung des Altenberger Bergsturzes und des
Jura im Suchagraben wurde bereits erwähnt. Wien,
Ende Februar 1938. Schrifttum:
1.
Bittner A.: Die Trias von Eberstein und Pölling in Kärnten. Jb. k. k. G.
R.-A. 1889, S. 483-488. 2.
Bittner A.: Brachiopoden der alpinen Trias. Abhandlg. G. R.-A. Wien 1890,
Bd. 14, S. 130-131. 3.
Canaval R.: Das Kohlenvorkommen von Lobnig bei Eisenkappel und das Alter
der Karawanken. Berg- u. hüttenm. Jahrb. 1919, II. 2, Wien 4.
Cotta, B. von: über die Blei- und Zinklagerstätten Kärntens. Preiberger
Berg.- u. hüttenm. Zeitung (2, 5, 6, 7) 1863. 5.Heritsch
Fr.: Glaziale Studien im Vellachtale. Mitt. Geogr. Ges. Wien 1906, tl. 8
u. 9, S. 417-435. 6.
Holer H.: Die Tektonik der Bleiberger Lagerstätte. 7. Sonderheft d.
Carinthia II, Klagenfurt 1936. 7.
Kahler Fr.: Die Herkunft des Sedimentes der Tertiärablagerungen am
Karawanken-Nordrand. Zentralbl f. Min. Jahrg. 1929, Abt. B, h. 6, S.
230--250. 8.
Kahler Fr.: über die Verteilung der Tertiärablagerungen im Gebiete der
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Fachkamerad Dr. Franz Kahler machte mich darauf aufmerksam, daß er in seiner Veröffentlichung "Ober den Verlauf der periadriatischen Naht östlich von Villach" (Akademischer Anzeiger Nr. 18 vom 15. Oktober 1936) auch Beobachtungen aus dem Obirgebiete mitgeteilt habe; ich stelle gern fest, daß er in dieser Arbeit bereits an den Schuppenbau des Gebietes und an Schub aus der Ostrichtung gedacht hat.
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