Wiebols J. / 1948 Textauszug |
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Zur Geologie des
Bleibergbaues Matschiedleralpe im Gailtal. Von John Wiebols Von den zahlreichen Blei-Zinklagerstätten, die westlich
Bleiberg-Kreuth in den Glailtaler Alpen auftreten, gehört das Vorkommen
am Tschelkelnock zu ,dm wichtigsten. Hierauf ging im 19. Jahrhundert der
Bergbau Matschiedleralpe um, der in der Mitte des Jahrhunderts seine größte
Blüte erreichte und am Ende der achtziger Jahre zum Erliegen kam. Der
Bergbau liegt auf der Südseite des Tschekelnocks in einer Höhe von 1460
bis 1700 m. Die Gewältigung des Bergbaues im Jahre 1942 zwecks
Untersuchung der Erzrückstände bot Gelegenheit, die geologischen Verhältnisse
in der Grube zu studieren. Eine Detailaufnahme der Umgebung des Bergbaues,
die auf Grund der Ergebnisse im Bergbaue sehr interessant zu werden
versprach, mußte wegen Zeitmangel und schlechten Wetters unterbleiben. Die weitere Umgebung des Bergbaues besteht aus Ost-West streichenden, verschieden steil nördlich und südlich einfallenden Schichten der karnischen bis norischen: Stufe. In der Nähe des Bergbaues, und zwar hauptsächlich südwestlich davon, streichen die Schichten jedoch nordwestlich. In der Umgebung der Grube sieht. man vielfach ein ziemlich hartes, brecciöses Gestein, meistens aus einer feinkörnigen Grundmasse mit stark wechselndem Anteil an groben Bestandteilen bestehend. Westlich vom Bergbau wurden bei den Koten 1717 und 1797 zwei etwa nordöstlich verlaufende Breccienstreifen beobachtet, die durch festes Gestein getrennt werden. (Abb. 1.) Das Erz tritt in solch einer Breccie auf. Es kommen mehrere
Breccien vor, aber in den meisten ist das Erz (oxydische Zinkerze), nur
spurenweise vorhanden. In abbauwürdiger Konzentration ist das Erz nur in
der Breccie angereichert, die vom Bergbau aufgeschlossen wurde. Diese
Breccie streicht nordwestich bis westnordwestlich, steht saiger und hat
meistens eine Mächtigkeit von 5 bis 15 m; manchmal wird sie 25 m mächtig.
Sie besteht aus einer Grundmasse von gellblichgrauem lehmigen Zerreibsel
mit einer stark wechselnden Zahl von eckigen Bruchstücken, meistens nicht
über Faustgröße, aus hell und dunkelrauem Kalk, Dolomit und Mergel. Die
Zusammenstellung der Breccie schwankt von breccienleerem Lehm bis zu fast
lehmfreier Breccie. Sie ist, im bergfeuchten Zustand, ein weiches, leicht
zu bearbeitendes Gestein, das keine Sprengarbeit erfordert und wenig
Zimmerung braucht. Große Abbaue und Schächte bis zu 30 m Höhe, großer
streichender Länge und einigen Metern Breite stehen, seit die Zimmerung
verfallen ist, vollkommen frei; vom Gebirgsdruck ist jetzt nichts zu spüren.
Eine alte Bergmannsbezeichnung für dieses Gestein ist "Mören"
oder „Mörenkalk“. Der Abbau hart am Ausbiß im nordwestlichen Teil der Grube
angefangen (Maria-Lichtmeß-Stolllen, 1680 m, Josefti-Stollen, 1650 m) und
hat sich nach Südost fortgesetzt. Im nordwestlichen Teil ging der Abbau
nur in Oberflächennähe um, im südöstlichen Teil wurden durch einige
Unterfahrungen Josefi-Zubau-Stollen, 1575 m, Theodori-Stollen, 1516 m,
Theodori-Zubau-Stollen, 1460 m) auch tiefere Teile untersucht und
abgebaut. Schließlich fand noch eine Untersuchung in größerer Tiefe
statt (Sliebach oder Sliwa-Stollen, 1290 m), die jedoch im Tauben blieb. Die bekannte Ausdehnung der abbauwürdigen Breccie wurde
vereinfacht in Abb. 2 dargestelt. Das Nebengestein besteht aus einer Serie
heller und dunkler Kalke, Dolomite und Mergelkalke. Es ist auf
verschiedenen Horizonten in weit verzweigten Suchstrecken gut
aufgeschlossen. Die tiefst aufgeschlossenen Gesteine sind helle, dünn
gebankte Dolomite und Kalke, die von dunkelgrauen und braunen Kalken überlagert
werden, von dieser Serie wird am Josefi-Zubau-Stollen und Sliebach-Stollen
etwa 20 m Mächtigkeit aufgeschlossen. Genaue Mächtigkeiten können nicht
angegeben werden, weit das Gebirge stark gestört ist. Am
Josefi-Zubau-Stollen tritt in diesem Gestein stellenweise ein heller
mylonitisierter Kalk auf, der entweder als Keil in den dunkelgrauen Kalken
steckt, oder diesem Gestein mehr oder weniger schichtartig eingelagert
ist, wobei die Grenzfläche einen unregelmäßig geschwungenen Verlauf
hat. Die Mächtigkeit schwillt manchmal so stark an, daß beide Ulme ganz
aus diesem Gestein bestehen. Auf diese Serie folgen schwarze Mergel und Kalke,
stellenweise mit vielen Gipsnadeln; am Josefi-Zubau-Stollen sind diese
Schichten mehr kalkig, am Sliebach-Stollen mehr mergelig entwickelt, in
letzterem außerdem dünngebankt bis feingeschichtet. Diese Serie ist etwa
15 bis 20 m mächtig. Sie wird überlagert von einer in der Mächtigkeit
stark variierenden Bank von grauen" weißgeaderten Kalken. Diese
werden am Josefi-Zubau-Stollen etwa 10 m mächtig, am Sliebach-Stollen 3 m
am Theodori-Zubau-Stollen wurden sie nur oberflächlich angefahren. Als
letzte Gesteinsserie folgen braungraue bis gelblichgraue, oft ziemlich
helle, mehr oder weniger feste Kalke, Mergelkalke und Mergel, manchmal
feingeschichtet, auch dünn gebankt oder massig, stellenweise löcherig.
Die maximal durchfallene Mächtigkeit dürfte etwa 50 m betragen. Dieses
Gestein bildet im befahrbaren Teil der Grube immer die Begrenzung der
verschiedenen Breccienrzonen und die feinmylonitische lehmige Grundmasse
dieser Breccien besteht aus Material dieser Schichten. Diese Schichtfolge, deren lithologische Beschaffenheit auf
Railbler Schichten deuten läßt, wurde nur auf ,der südwestlichen Seite
des Erzvorkommens aufgeschlossen. Die befahrbaren Querschläge ins Gebirge
auf der nordöstlichen Seite blieben alle in den gelbgrauen Mergelkalken. Das Nebengestein der Breccie streicht ihr parallel, also
nordwestlich. Während sich auf der nordöstlichen Seite in kurzer
Entfernung des Erzkörpers das in der weiteren Umgebung vorherrschende
Weststreichen einstellt, hält auf der südwestlichen Seite das
durchschnittlich nordwestliche Streichen bis auf hunderte Meter Entfernung
von der Breccie, soweit die Aufschlüsse reichen, an, und zwar ist dies
der Fall sowohl im hochgelegen Josefi-Zubau-Stollen wie in dem weit entfernten und tiefgelegenen. Sliebach-Stollen. Erst in etwa 500 m
Entfernung des Erzkörpers wurde auf dieser Seite ober Tag wieder normales
Weststreichen festgestellt. Das. Einfallen auf der südwestlichen Seite
ist flach bis mittelsteil gegen Nordost, auf der nordöstlichen Seite
mittelsteil bis steil gegen Südwest bzw. Süd. Das Gebirge ist gestört. Im befahrbaren Teil der Grube
wurden, hauptsächlich im Nebengestein, 52 Störungen gemessen. ,Diese
lassen sich nach der Streichrichtung in zwei Gruppen einteilen. Die
meisten (33 Stück) streichen etwa senkrecht zum Erzkörper (sie pendeln
um eine Streichrichtung von N 60° O,bei durchschnittlich 80° südöstlichem
Einfallen), der Rest streicht im Durchschnitt fast parallel zum Erzkörper
bei mittelsteilem südwestlichem bis saigerem Einfallen. Diese letzte
Gruppe wurde nur südwestlich des Erzkörpers angetroffen; die erste
Gruppe tritt auf beiden Seiten auf. In Großen bekommen wir folgendes Bild. Im einheitlich
westlich streichenden Gebirge der weiteren Umgebung liegt der Bergbau samt
unmittelbarer Umgebung als davon abweichender nordweststreichender
Komplex, entstanden durch jüngere tektonische Vorgänge. Der Umfang
dieser tektonischen: Vorgänge ist nicht bekamt; die dazu notwendige
genaue Kartierung der Umgebung des Bergbaues konnte nicht gemacht werden.
Wir kennen also die Ausdehnung der nordwestlich streichenden Zone größerer
und kleinerer Breccienpartien nicht, ebenso wenig die Abgrenzung der sie
begleitenden Zone abweichend streichender Schichten, das Ausmaß der
Bewegungen an dieser tektonischen Linie oder ihre Stellung zur übrigen
Tektonik, zum Beispiel zur Dobratschstörung, die hier durchstreichen
soll. (Holler, 1936.) Die Störungslinie hat die in dieser Gegend vielfach
auftretende dinarische Streichrichtung. In den in der Nähe gelegenen Bergbauen Schneidergraben und
Windische Alp tritt die Vererzung ebenfalls an nordwestlich streichenden
Störungen auf, so daß in der weiteren Umgebung wichtige Zusammenhänge
zu bestehen scheinen zwischen dieser jüngeren Tektonik und der
Blei-Zinkvererzung. Die tektonische Linie, an der das Erzvorkommen
Matschiedleralpe entstanden ist, zeigt sich nicht als eine durchgehende Störungsfläche.
Dies geht aus dem tektonischen Gesamtbild hervor, das eine Reihe auf sich
stehender tektonischer Breccien zeigt, begleitet von abweichendem
Schichtstreichen. Diese einzelnen Breccien in reihenartiger Anordnung
deuten auf ein fiederartiges Aufreißen des Gebirges hin, auf eine im
Entstehen befindliche Störung, wobei es nicht zu nennenswerten
Verschiebungen gekommen sein kann. Das abweichende Streichen des
Nebengesteins auf der nordöstlichen Seite des Erzkörpers deutet auf
Schleppung. Das nordöstliche Nebengestein ist danach in Bezug auf das südwestliche
nach Südosten verschoben. Das Gebiet abweichenden Streichens im Nebengestein auf der
südwestlichen Seite ist jedoch zu groß, um als Schleppung gedeutet zu
werden. Die Ergebnisse der Aufnahme zeigen deutlich, daß hier noch andere
tektonische Kräfte aufgetreten sind. Die gelbgrauen Mergelkalke bilden
auf allen befahrbaren Horizonten das Nebengestein der Breccie die
geologische Aufnahme zeigt aber, daß die Mächtigkeit der Mergelkalke nur
eine scheinbare ist und durch tektonische Vervielfachung zustande kam. Die
Schubrichtung dürfte ziemlich senkrecht zum Erzkörper, also nordöstlich,
gerichtet gewesen sein und Aufschiebungen an den südwestlich einfallenden
Störungsflächen, die dem Erzkörper (annähernd parallel streichen,
verursacht haben. Die andere Gruppe von Störungen (annähernd senkrecht
zum Erzkörper) können als dieser Tektonik zugehörigen Druckklüfte
aufgefaßt werden. Die geologische Aufnahme läßt zwei Druckrichtungen
erkennen eine parallel der Störungslinie aus Südost und eine senkrecht
dazu aus Südwest. Anzeichen dafür, welche von beiden die Ältere war,
konnten nicht festgestellt werden. Vielleicht hat es sich nur um eine
einzelne Druckrichtung aus südlicher Richtung gehandelt, die an einer
schwachen Stelle im Gebirge (nordwestlich gerichtete Klüftung) angesetzt
halt und dabei in zwei Vektoren zerlegt wurde, eine nordwestlich und eine
nordöstlich gerichtete. Letztere hätte dann die Aufschiebungen im südwestlichen
Nebengestein verursacht und die Schollen durch Drehung in ihre jetzige
Lage gebracht. Die bei der Dislokation nach zwei Richtungen entstandenen
starken Pressungen wären zusammen mit der Beschaffenheit der Kalkmergel
die Ursachen für die, in Anbetracht der geringen Verschiebungen, so
unverhältnismäßig intensive Mylonitisierung. Die Breccien wären danach
an Stellen großen Druckes innerhalb der Kalkmergel entstanden und ihre
Ausdehnung und Verbreitung dadurch bestimmt. Für diese Annahme spricht
die Tatsache, daß -wenigstens im aufgelassenen Bereich der Grube außer
der vererzten Hauptbreccie, alle anderen Breccien im südwestlichen
Nebengestein, also im Bereich der Aufschiebungen, auftreten. Beider
Mylonitisierung, die wahrscheinlich hauptsächlich in den weichen
feingeschichteten Kalkmergeln stattfand, fand Vermischung mit Bruchstücken
von härteren Schichten dieser Serie und des übrigen Nebengesteins statt.
Der Übergang von Breccie in nicht brecciöses Nebengestein
ist verschieden ausgebildet. Meistens, besonders bei der vererzten
Hauptbreccie, gehen beide Gesteinsarten innerhalb eines Meters oder
innerhalb weniger Meter ineinander über. Es gibt aber auch Stellen, wo
die Grenzziehung schwierig ist, zum Beispiel bei brecciösen, kavernösen
Kalken, deren Löcher mit eingeschwemmtem Lehm gefüllt sind (gegen Ort
des dritten westlichen Querschlages am Theodori-Stollen) oder bei stark
brecciösen lehmfreien Kalken, worin aber schon ganz vereinzelt ortsfremde
Kalkstücke auftreten. Als Gegenstück dazu trifft man stark lehmartiges,
mürbes Gestein, ohne brecciöse Bestandteile, das einerseits in richtige
Breccie, anderseits in die weichen feingeschichteten Mergel übergeht und
dessen Zuordnung schwierig ist. (Westlicher Teil des Josefi-Zubau-Stollens
gegen das westliche Felddort.) Manchmal sieht man haarscharfe Grenzen
zwischen Breccie und Nebengestein, die vermuten lassen, daß hier die
Breccie in Hohlräume hineingepreßt wurde (im vorderen Teil des
Theodori-Zubau-Stollens) und an anderen Stellen bildet ein Salband aus
geschichtetem Lehm von 1 bis 2 cm Mächtigkeit die Abgrenzung gegen das
Nebengestein oder gegen eine Breccie mit ganz anderer Zusammensetzung (zum
Beispiel am Theodori, erster Lauf, wo eine Breccie mit vielen grauen
Kalkbestandteilen sackartig in eine Breccie mit wenig Kalkbestandteilen
eingreift), woraus hervorgeht, das Umlagerungen durch zirkulierende Wässer
stattgefunden haben. Der hellle mylonitisierte Kalk am Josefi-Zubau-Stollen
liegt in einem stark gestörten Gebirge und dürfte gleicher
Entstehungsart sein wie die Breccien. Das Erz besteht aus Bleiglanz und oxydischen Zinkerzen.
Zinkblende wurde nicht gefunden. Der Bleiglanz tritt in größeren und
kleineren Nestern und in kleinen, oft kaum wahrnehmbaren Fleckchen auf,
selten in dicken Schnüren oder auf Klüftchen. An einigen Stellen konnten
Erzanreicherungen in der Nähe von nordwestlich streichenden Klüften
festgestellt werden. Wulfenit ist nicht vorhanden. Das erzführenden
Gestein ist stellenweise stark okerig. Die Erzlösungen sind wohl an Klüften aufgestiegen, wurden
in der Breccie gestaut und haben die Erze dort abgesetzt. Zubringerspalten
wurden nirgends aufgeschlossen. Das Nebengestein ist nicht vererzt; die
Suchstrecken, haupltsächlich im südlichen Nebengestein blieben alle im
Tauben. Von den vielen Breccienpartien wurde nur eine, nämlich der
in Abbau gestandene Erzkörper, vererzt. Aber auch hievon blieb eine
Ausbuchtung am östlichen Ende des zweiten Theodori-Laufes so gut wie
erzfrei. Breccien, die nur wenige Meter von der Hauptbreccie entfernt
liegen, zeigen sehr schwache Vererzung oder nur Spuren. Hier überwiegt
dann die Zinkvererzung viel stärker als bei der abbauwürdigen
Hauptbreccie. Dieses Verhältnis weist auf nachträglichen Transport durch
zirkulierende Wässer hin; die fast vollständig oxydierten Zinkerze
unterliegen dem mehr als die wenig oxydierten Bleierze. Das Verhältnis des Bleigehaltes zum Zinkgehalt in den Erzrückständen
wechselt von 1:2,5% in den unteren Bauen zu 1:1 in den oberen, bei
schwankendem, aber im großen Ganzen gleich bleibenden Metallgehalt.
Zusammenhänge zwischen Erzgehalt und Beschaffenheit der Breccie konnten
nicht festgestellt werden. Literatur: Geyer: Ein Beitrag zur Stratigraphie und Tektonik der
Gailtaler Alpen in Kärnten. Jhrb. k. k: geol. R. A. .1897. Geyer: Zur Stratigraphie der Gailtaler Alpen in Kärnten.
Verb. k. k. geol. - A. 1897. Geyer: Geologische Aufnahmen im Weißenbachtale,
Kreuzengraben und in der Spitzegelkette. Verh. k. k. geol. - A. 1901.
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