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864. Coelestin aus einer alpinen Kluft im Steinbruch
Gigler, Maltatal, Kärnten.
Die Fundumstände verlangen eine kurze Beschreibung. An einem riesigen,
ungefähr 5 m großen aplitischen Granodioritblock fand sich am unteren
linken Ende eine kleine, bereits geöffnete Zerrkluft am Aplit. In der
Kluft und im Kluftschutt davor lagen Spaltstücke und angelöste Kristalle
eines bläulichen Minerals. Durch die ausgezeichnete Spaltbarkeit in einer
Richtung lag die Vermutung nahe, daß es sich um Baryt oder ein ähnliches
Mineral handle. Es gelang mir nicht, den Finder dieser Kluft ausfindig zu
machen. Möglicherweise beachtete der Unbekannte die bläulichen Spaltstücke
überhaupt nicht oder hielt sie für Fluorit- oder Calcitspaltstücke.
Letzterer war in der Kluft reichlich vorhanden. Die Zerrkluft war ungefähr
60 cm tief, bei einer Breite von gut 6 cm und zeigte eine schöne
Auslaugungszone. Die Wände waren mit winzigen Albiten, Adular, Quarzen
sowie mit den dort häufig anzutreffenden gelbgrünen Epidoten, in
einfachster Tracht, überzogen. Dazu kamen noch wenige bräunlich-grüne,
unverzwillingte Titanite und klare kugelige Calcite (keine Fluoreszenz im
UV -Licht) sowie weiße skalenoedrische Calcite (kirschrot im kurz-bzw.
langwelligem UV-Licht) und sehr viel Chlorit. Dieser Chlorit bildete am
unteren Ende der Kluft eine dicke Schicht. Das obere Ende füllten die weißen
Calcite völlig aus. Die bläulichen Kristalle waren im Chlorit, am
Calcit, in einer sehr schmalen nur einige Zentimeter großen Sekundärkluft
an der Kluftwand auf Albit und Quarz sowie im herausgeräumten und
abgestemmten Kluftschutt zu finden. Eine röntgenographische und
IR-spektroskopische Untersuchung ergab Coelestin. Die Coelestinkristalle
sind durchwegs mehr oder weniger stark angelöst, innen völlig klar und
besitzen eine schöne blaue Farbe. Durch die vielen vorhandenen Spaltstücke
fiel eine kristallographische Orientierung, trotz der starken Lösungserscheinungen,
leicht. Der Habitus ist meist dicktafelig nach (001), manche sind auch
leicht nach [100] gestreckt. An Formen sind nur {001}, {210} und {011}
mit ausreichender Sicherheit erkennbar. Zum Vergleich wurde blauer
Coelestin aus dem Katschberg-Autobahntunnel sowie farbloser Coelestin von
Girgenti, Sizilien (Sammlung Joanneum Inv.-Nr.. 3910) herangezogen. Wie
aus den AAS-Analysen ersichtlich ist, sind die Gehalte an BaO sowie CaO in
allen drei untersuchten Coelestinproben sehr gering. Relativ sind die
Ba-und Ca-Gehalte im Coelestin vom Gigler Bruch, Maltatal, am höchsten.
Im bläulichen Coelestin vom Autobahntunnel Katschberg am niedrigsten. Die
Gitterparameter und Achsenverhältnisse sind nahezu identisch. Der hier
beschriebene Coelestin tritt in einer hydrothermalen alpinen
Kluftparagenese mit ihren Anzeichen wie Auslaugungszone und dem typischen
Mineralbestand auf. Auffallend ist das spärliche Vorkommen von
Quarzkristallen, das Fehlen von Erzmineralien und die große Menge von
Calcit. Als Lieferanten für die großen Mengen an Sr, die zur Bildung von
Coelestin nötig sind, können nicht lokalisierbare Marmore angenommen
werden, wofür auch der in großen Mengen auftretende Calcit spricht. Die
von W ALTER und POSTL (1983) beschriebene Kluftparagenese mit Sphalerit,
Galenit, Chalkopyrit, Pyrit, Fe-Dolomit, Calcit, Quarz und
Baryto-Coelestin aus dem nur wenige 100 Meter entfernten Steinbruch Pflüglhof,
wird als Produkt der hydrothermalen Umkristallisation des Granodiorites,
mit eingeschalteter Schieferlage als Erzträger für die Vererzung,
gedeutet. ZIRKL (1982) beschrieb Coelestin aus dem nahegelegenen
Katschberger Autobahntunnel in verschiedenster Ausbildung und Färbung.
Von tafelig, prismatisch bis spießig, und von farblos weiß über
gelblich bis zu hellblauen Färbungen in Paragenese mit Goyazit,
Karbonaten, verschiedenen Erzen wie Sphalerit, Galenit, Pyrit usw. ZIRKL
nimmt für diese Mineralbildungen eine hydrothermale Entstehung mit
kurzzeitiger tiefpneumatolytischer Phase an. Die Parageneseabfolge ist:
Albit/Quarz - Epidot - Chlorit- Titanit - Calcit- Coelestin - Calcit. Bei
Herrn Ass.-Prof. Dr. Th. TEICH bedanke ich mich für die AAS-Analysen. Der
Fa. D. MÖHLER sei für die Coelestinprobe aus dem
Katschberg-Autobahntunnel gedankt.
(TAUCHER)
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