Blass G. H. W. Graf / 2001

 

1252. Die Morphologie einiger Quarz und Calcit-Kristalle vom Steinbruch Gigler im Maltatal, Kärnten.

Die Steinbrüche im Maltatal sind bei den Sammlern bekannt für ihren Mineralreichtum. Von den drei bekannten Brüchen Tiergarten, Pflüglhof und Gigler (auch Koschach oder Svata nach dem jeweiligen Besitzer benannt) ist momentan nur noch letzterer in Betrieb. 

Bei der Durchmusterung unserer Proben aus diesem Steinbruch, welche überwiegend von F. Hahn, Hohberg, stammen, fielen besonders vielflächige Quarze und Calcite ins Auge. Ihre Morphologie faszinierte uns so, dass wir uns damit näher befassten und versucht haben, die Formen und Formenkombinationen zu bestimmen. Hier ist gleich anzumerken, dass uns nur wenige Stufen zur Verfügung standen und man annehmen kann, dass noch weit mehr interessante Kombinationen sowohl von Calcit als auch vom Quarz dort vorkommen. Wir haben die Kristalle, soweit dies möglich war, mit einem Reflexionsgoniometer vermessen. Bei den Indizes haben wir bewusst auf die Angabe der dritten a-Achse (a3) verzichtet, da sie sich leicht rechnerisch ermitteln lässt. Über die Ergebnisse unserer Untersuchungen wird hier berichtet. 

Die vermessenen Quarz-Kristalle liegen durchwegs im Millimeter-Bereich. Sie sind damit für alpine Zerrklüfte klein und deswegen von den Sammlern weniger beachtet als die übrigen hier auftretenden Mineralien. Dafür zeichnen sie sich aber durch eine große Formenvielfalt aus. Es kommen sowohl Rechts wie auch Linksquarze vor, jedoch sind noch keine Dauphineer-Zwillinge von uns beobachtet worden. Der Habitus reicht von einfachen prismatischen Formen bis zum spitz zulaufenden "Tessiner-Habitus" (Abb. 10). 

Bemerkenswert ist das Auftreten von einigen nicht So häufigen Rhomboedern, die zwischen dem Prisma {100} und den Hauptrhomboedern {101} und {011} ausgebildet sind. Insgesamt konnten die positiven Rhomboeder {201}, {301}, {401} und {801}, sowie die negativen Rhomboeder {031}, {071}, {091} und {0.10.1} indiziert werden. Bei den Linksquarzen sind die linke Bipyramide {211} und das positive linke Trapezoeder {611} relativ häufig bestimmt worden. Bei den Rechtsquarzen sind die rechte Bipyramide {111} und das positive rechte Trapezoeder {611} ausgebildet, wobei manchmal noch das Trapezoeder {511} dazwischen liegt. Unter der Bipyramide {111} ist meist noch ein negatives linkes Trapezoeder {151} zu finden welches schwierig zu vermessen war, weil in diesem Bereich häufig viele lang gezogene Trapezoederflächenfolgen mit Querriefen auftreten. Die Ausrichtung der Riefen deutet auf Alternieren mit der Bipyramide hin. 

Die Schwierigkeit bei der optischen Vermessung wird noch vergrößert, wenn die Kristalle "Tessiner-Habitus" aufweisen (viele große steile Rhomboeder). Dadurch verlängern sich die stark gestreiften Trapezoeder entlang der Kante des Prismas oder verändern sich in der Breite. Auch wenn die Kristalle parkettiert scheinen (Makromosaikbau o.ä.) tritt die Schwierigkeit bei der Vermessung auf. 

Natürlich treten nicht alle genannten Formen an einem Kristall gleichzeitig auf. Auch sind durch Verzerrungen nicht immer alle Flächen einer einzelnen Form am Kristall auszumachen. In Abb. 11a ist ein Kristall mit prismatischem Habitus dargestellt, wie er der Realität eines Linksquarzes sehr nahe kommt und wie er häufiger anzutreffen ist. In Abb. 11 bist die Summe aller Formen, die an Rechtsquarzen gefunden wurden, idealisiert gezeichnet. Sie zeigt eine Formenkombination, die nicht so oft gefunden wurde. Ein entsprechender Kristall, aber mit steilrhomboedrischem Habitus, wird in Abb. 11c aufgezeigt. 

Calcit ist in durchscheinenden, farblosen bis weißen Kristallen in den schmalen Klüftchen zu finden. Die Flächen der einzelnen Formen sind überwiegend glatt und fast ohne Riefen und eignen sich daher sehr gut für die optische Vermessung. Nicht oft sind Verschachtelungen Von mehreren Kristallen oder extreme Verzerrungen aufgetreten. 

Als dominierende Form tritt das negative Rhomboeder {043} auf. Dieses an Calciten nicht sehr häufige Rhomboeder kommt mit seinen Winkeln von 92,8° resp. 87° dem Würfel sehr nahe. Bei oberflächlicher Betrachtung und ohne Berücksichtigung der anderen Formen, ist ein Kristall mit dieser Form leicht mit Fluorit zu verwechseln. 

Die drei jeweils nach Nord oder Süd liegenden Rhomboeder-Flächen werden von der Basis {001} abgestumpft. Dadurch wird das morphologisch richtige Aufstellen der Kristalle sehr erleichtert. Untergeordnet ist das negative Rhomboeder {012} als schmale Streifen mit parallel Verlaufenden Kanten zwischen Basis und Rhomboeder ausgebildet. Im Gegensatz dazu ist dieses sehr häufige Rhomboeder an Calcit-Kristallen anderer Fundorte oft als mitbestimmende Form zu finden (z.B. beim "Kanonenspat"). Auch das Hauptskalenoeder {211} mit seinen "Dreieck-Paaren" tritt nur relativ klein in Erscheinung (Abb. 12). 

Die überwiegende Anzahl der gefundenen Kristalle wird in dieser noch relativeinfachen Formenkombination aufgebaut (Abb. 13a). Bemerkenswerterweise sind sie auch von geringerer Größe als die nachfolgend beschriebenen vielflächigeren Varianten. Es ist bekannt, das größere Kristalle bei gleichen Bildungs- und Wachstumsbedingungen weniger Flächen aufweisen, weil im Laufe ihres wachstums einige Flächen "aufgezehrt" werden. Dies bedeutet für die Kristalle aus dem Steinbruch Gigler, dass möglicherweise zwei Generationen unter verschiedenen Randbedingungen auskristallisiert sind. 

Bei den flächenreichen Kristallen (Abb. 13b) fällt als erstes auf, dass das dominierende Rhomboeder {043} allmählich in das kleinere, negative Rhomboeder {011} übergeht. Dies äußert sich bei der Betrachtung unter dem Mikroskop in einer kontinuierlichen Wanderung des Lichtreflexes. Auch wenn zwischen beiden keine scharfe Kante ausgeprägt ist, ließ es sich doch eindeutig indizieren. Sehr klein treten die beiden positiven Rhomboeder {101} und {401} an verschiedenen Kristallen auf. Durch das sehr flache negative Skalenoeder {124}, welches nur als schmale Streifen die Polkanten des Rhomboeders {011} begrenzt, und das steile negative Skalenoeder {241} bekommen die Kristalle eine weitere interessante Ergänzung. Letzteres Skalenoeder stumpft die Äquatorkanten des trachtbeherrschenden Rhomboeders {043} ab und ist meist so klein, dass hier evtl. eine Fehlerquelle beim genauen Indizieren liegen kann. 

An wenigen Exemplaren ist eine weitere Trachtkombination aufgetreten, die von der Bipyramide {443} beherrscht wird (Abb. 13c). Diese ist von den Bipyramiden allgemein eine der häufigsten. Trachtbestimmende Form, wie im vorliegenden Fall, ist sie jedoch selten. Das Skalenoeder {211} tritt nur untergeordnet auf und wird von einer Fläche abgestumpft, die dem positiven Rhomboeder {401} oder {301} nahe kommt. Letztere zeigt durch Auflösungserscheinungen nur sehr diffuse Reflexe, ist nicht mehr durch scharfe Kanten begrenzt und daher nicht genau zu vermessen. In Richtung der c-Achse wird der Kristall wieder durch die Basis {001} und das Rhomboeder {012} begrenzt. Bemerkenswert ist bei diesem Typ, dass er noch von einem negativen Rhomboeder {087} ergänzt wird, welches unterhalb von {012} größere langgestreckte Dreiecke bildet. Undeutlich und oft verrundet ist auch noch das negative Rhomboeder {021} als schmaler Streifen zwischen zwei Pyramidenflächen ausgeprägt. (Blass / Graf)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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