Niedermayr G. / 1983

 

527. Anhydrit und Gips sowie Bemerkungen zum Aquamarin und Fluorit aus dem "Nellystollen" vom Gößgraben in das Maltatal, Hochalmgruppe, Kärnten.

  Schon vor einigen Jahren ist durch MEIXNER (1973, 1979) über das Vorkommen von Fluorit und Aquamarin im Verbindungsstollen vom Gößgraben in das Maltatal ("Nellystollen") berichtet worden.

Der Verfasser hatte nun vor einiger Zeit die Gelegenheit, das reichliche Sammlungsmaterial von H. KAPONIG, Maria Elend, das dieser teils im Stollen selbst, teils nur im Aushubmaterial sicherstellen konnte, durchzusehen. Dabei mußte auch hier mit Bedauern festgestellt werden, daß in Osterreich im Gegensatz etwa zur Schweiz -eine mineralogische Bearbeitung der im Zuge von Kraftwerksprojekten geschaffenen künstlichen Aufschlüsse nicht möglich ist. So fiel dem Verfasser in der erwähnten Privatsammlung ein etwa handtellergroßes Stück einer grobspätigen, gelblichweißen Masse von Albit und Quarz auf, die von einem etwa 3 cm dicken Gang aus rosafärbigem Material durchsetzt war. Das mit "Fluorit" etikettierte Stück zeigte eine für Anhydrit typische Spaltbarkeit. Die röntgenographische Überprüfung erbrachte dann den Nachweis, daß es sich tatsächlich um Anhydrit handelt. Es ist dies damit der erste Anhydrit aus einer alpinen Kluft bzw. aus einer alpinen Gangvererzung der Ostalpen! Begleitmineralien des massiven Anhydrits sind derber Quarz, grobspätiger Albit und Pyrit, in bis 1 cm großen, unregelmäßigen Putzen. Anhydrit ist ein für die so genannten "Tunnelparagenesen“. der Schweizer Alpen typisches Mineral. In den oberflächennahen, natürlichen Aufschlüssen fehlt ähnlich dem Gips -praktisch immer. Bisweilen hat man auch in den Ostalpen in Quarzkristallen eingelagerte Hohlkanäle mit rechteckigem Querschnitt als Anhydrit-Negative gedeutet (vgl. dazu MEIXNER, 1964; WENINGER, 1974; MEIXNER, 1977). Der nun röntgenographisch gesicherte Nachweis von Anhydrit aus einem ostalpinen Vorkommen ist somit recht bemerkenswert. Leider handelt es sich aber um ein Einzelstück, die Fundstelle selbst ist nicht mehr zugänglich. Es ist damit auch nicht mehr feststellbar, ob es sich nur um ein lokal sehr begrenztes Vorkommen handelt oder ob Anhydrit in dem entsprechenden Stollenbereich in Klüften bzw. Gängen häufiger auftritt. In letzterem Fall wäre die Feststellung von Anhydrit auch vom baugeologischen Standpunkt bedeutsam gewesen, da sulfathaltige Wässer für Betonarmierungen der Stollenwände sehr schädlich sind.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine weitere Stufe aus dem "Nellystollen", die neben Bergkristall, Adular, Chlorit und Desmin auch einen 4 cm großen Gipskristall zeigt, der die übrigen Mineralien überwächst. In der Mitte des Gipses ist ein etwa 4 mm großes Anhydrit-Korn erhalten. Der nur mehr reliktisch vorhandene Anhydrit läßt den Schluß zu, daß er das ursprüngliche Ca-Sulfat war und er erst später in Gips umgewandelt worden ist. Das Nebengestein dieser interessanten Kluftparagenese ist ein straff geschieferter, z. T. Pyrit führender Biotitgneis. Der Anhydrit ist hier somit zum Unterschied vom vorhin beschriebenen Stück eindeutig einer Kluftmineralisation zuzuordnen, und er bzw. der Gips stellen die letzten Bildungen dieser Paragenese dar. Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, daß Gips in mehreren Zentimeter großen, "Marienglas" ähnlichen Paketen vor einiger Zeit auch in Klüften aus dem Haitzingalm-Stollen bei Böckstein festgestellt werden konnte. Anhydrit war in diesem Fall aber nicht zu beobachten.

Aus dem Aushubmaterial des gleichen Stollens erwähnt schon MEIXNER (1979) ungewöhnlich intensiv blau gefärbte Aquamarin-Kristalle neben Quarz und Chlorit auf Aplit. Beim Zerlegen eines etwa einen halben Kubikmeter großen Gneisblockes von der Deponie des "Nellystollens" unterhalb des Speichers "Gößkar" konnte der Verfasser nun reichlich Stufen mit dunkelblauen Aquamarin-Kristallen bergen. Der Aquamarin ist hier in mit Calcit vollständig ausgefüllten Klüften eines verschieferten, aplitischen Gesteins eingewachsen. Nach Wegätzen des Calcits kamen sehr ansprechende, dicht mit Aquamarin besetzte Stufen zum Vorschein. Die Aquamarin-Kristalle bilden schilfig ausspitzende, tonnenförmige Aggregate, wie sie HÄNNY (1980) als typisch für Bazzit der Schweizer Alpen beschreibt. Die Aquamarine zeigen einen ausgeprägten Zonarbau, mit einem farblosen Kern und einer intensiv blau gefärbten Hüllzone. Übersichtsmessungen mit der Elektronenstrahl-Mikrosonde ergaben höhere Gehalte an FeO und MgO in der Außenzone der Kristalle, dagegen höhere Gehalte an Al2O3 und SiO2 in der Kernzone (Abb. 1).

Der verstärkte Einbau von Fe2+ in oktaedrischer Koordination an Stelle von Al3+ im Beryllgitter verursacht die Blaufärbung der Aquamarine (vgl. SCHMETZER et al. 1974, ALTHAUS 1978).

Ähnlich zonare Berylle (und Bazzite) beschreibt HANNY (1980) aus den Schweizer Alpen. Nach BARABANOV (1975) weisen rhythmisch-zonar gebaute Berylle auch auf niedrigtemperierte Bildungsbedingungen hin.

Auf Klüften im Granodioritgneis (EXNER, 1979) finden sich auch wenige Millimeter starke, flächige Beläge aus hellgrau bis leicht rosa gefärbtem Fluorit; darüber hat bereits MEIXNER (1973, .1. c. Nr. 270) berichtet und auf die ungewöhnliche "Fluoritausbildung' , hingewiesen. Die kugelig bis traubig geformten Fluorite zeigen bei entsprechender Vergrößerung, daß sie ihre ungewöhnliche Form Anlösungserscheinungen verdanken. Bemerkenswert ist allerdings, daß die Grundform dieser Fluorite, abweichend von den meisten alpinen Fluoriten, nicht das Oktaeder, sondern eine Kombination aus Hexaeder und Oktaeder ist. Die Fluorite sitzen teilweise direkt auf dem Gneis auf, teilweise überkrusten sie aber auch Calcit in skalenoedrischer Tracht. Zusätzlich dazu sind auf manchen Fluoritrasen farblos-klare bis trübweiße Calcit-Skalenoeder einer 2. Generation aufgewachsen. Weitere Mineralphasen auf den vorliegenden Stücken aus dem "Nellystollen" sind: Calcit (in Blätterspat-Habitus), Chlorit, Desmin, Epidot und Heulandit. Die Mineralsukzession ist anzugeben mit:

Quarz -Adular -Chlorir -Desmin -Gips (bzw. Anhydrit)

Quarz -Epidot -Chlorit -Adular, Fluorit -Calcit

Calcit I -Fluorit -Calcit II

Biotit -Fluorit

Quarz -Epidot -Chlorit -Fluorit -Heulandit

Aquamarin -Quarz -Chlorit -Muskovit -Calcit

Stark korrodierte, brombeerartig aus kleinsten würfeligen Subindividuen aufgebaute Fluorite, die jenen aus dem "Nellystollen" sehr ähnlich sein dürften, beschreibt STRASSER (1982) nach Funden von R. MRAZEK, Salzburg, vom Bockhartsee-Staumauerbau. (NIEDERMAYR)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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