Heritsch H. / 1954                                                                    Textauszug

 

Ein Quarzkristall von den Ausgrabungen auf dem Magdalensberg.

Von Haymo Heritsch

(Aus dem Mineralogisch-Petrographischen Institut der Universität Graz) 
(Mit 1 Abbildung im Text).

Herr br. F. Kahler überließ mir einen Quarzkristall, der bei den Ausgrabungen der römischen Siedlungen auf dem Magdalensberg gefunden wurde, zur Bearbeitung. Nach einer brieflichen Mitteilung kam dieser Quarzkristall im Bade der Repräsentationsbauten zu Tage.

Eine mineralogische Untersuchung dieses Fundes könnte unter günstigen Umständen die Herkunft des Quarzkristalles erkennen lassen. Die Ergebnisse der Untersuchung sind nun folgende. Es handelt sich um die abgebrochene Spitze eines ehemals wohl größeren Kristalles. Das jetzige Bruchstück hat die Ausmaße: 10 cm X 10 cm X 11 cm. Die äußere Kristallbegrenzung besteht aus Einheitsrhomboeder und steilen Rhomboedern, die teilweise nach der Kante mit m (1010) gestreift sind. Das Grundprisma ist fast nirgends zu sehen und müßte der Hauptsache nach -wenn er überhaupt entwickelt war ~ auf dem heute abgebrochenen und nicht mehr erhaltenen Teil liegen. Eine kristallographische Bestimmung der steilen Rhomboeder war nicht sicher möglich, da die Große des Stückes nur Messungen mit dem Anlegegoniometer zuläßt. Solche Messungen sind natürlich recht ungenau. Die so gemessenen Werte liegen für ebei etwa 75°, was vielleicht M (3031) entspricht. Eine Trennung in positive und negative Rhomboeder ist auf Grund des Fehlens einer natürlichen Oberflächenbeschaffenheit, die diese Trennung zuließe, und auf Grund eines dünnen Überzuges mit Eisenhydroxyd nicht möglich.

Auffallend ist ferner die ausgezeichnete Qualität des Quarzes. der farblos ist und in größeren Teilen kaum eine Fahne oder Verunreinigung enthält. Nur an einer Stelle erscheinen im Inneren des Kristalles -ebenfalls lokal beschränkt und auch außerhalb der Partien von ausgezeichneter Qualität -längs zwei Ebenen mit gemeinsamer Kante Verunreinigungen. Diese Verunreinigungen .sind vorwiegend kleine dünne Blättchen {0,05 mm X 0,05 mm X 0,005 mm), pleochroitisch von Hellgelb zu Bräunlichgrün, so daß es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um Chlorit (Klinochlor) handelt. Die Ebenen, an denen diese Verunreinigungen gehäuft liegen, sind parallel zu Einheitsrhomboedern. Die Fahnen bestehen aus Gas- und Flüssigkeitseinschlüssen, wie sie von alpinen Quarzen her bekannt sind.

An den Kristallflächen konnte trotz sehr genauem Absuchen nichts anderes entdeckt werden, als der schon erwähnte Überzug von Eisenhydroxyd und all einigen Flächen kleine Quarzkristalle, die sich nach Beendigung des Hauptwachstums an den Flächen angesiedelt haben.

Zur Untersuchung der Verzwilligung verwendete ich eine vom unteren Ende des Kristalls entnommene Achsenplatte, die nach den von mir (Heritsch, H. 1951 und Heritsch, H. 1953) beschriebenen Methoden untersucht wurden. Das Ergebnis ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Platte, die im übrigen nicht über den ganzen Kristall hinwegreicht, besteht demnach im wesentlicher aus einem linken (punktierte Fläche) Dauphineer-Zwilling. Die Radien der Kreise zeigen die Stellung der positiven Rhomboederzonen an. Somit sind an den angegebenen Stellen sowohl linke Einkristallstellen (drei Radien), wie auch .linke, nach dem Dauphineer-Gesetz verzwillingte Stellen (sechs Radien) getroffen worden; Stellen, an denen vorwiegend ein Einkristall gefunden wurde, aber doch schon auch Anzeichen einer Dauphineer-Verzwilligung zu bemerken sind, sind durch das Zeichen für den Einkristall mit kurzer, strichlierter Fortsetzung für die Dauphineer-Verzwilligung angedeutet. Eine ziemlich unregelmäßige Verteilung der Zwillingsgrenzen zwischen den beiden linken Individuen läßt sich unmittelbar ablesen (Abb. I).

Ein rechtsdrehender (schwarz ausgefüllt) kleiner Bezirk erwies sich als Einkristall, der teilweise in Brasilianer-Stellung, teilweise in Dauphine-Brasilianer-Stellung zu den beiden linken Hauptindividuen steht. Dies ist eine bekannte Tatsache, vgl. dazu Gault, H. R. 1949 und Heritsch, H. 1953. Äußerlich ist von dieser Verzwilligung kaum etwas zu merken, nur eine schwache Andeutung von Schilderhausstreifung weist auf eine Rechts-Links-Verzwilligung hin.

Zusammenfassend kann also über die mineralogische Untersuchung gesagt werden, daß die Erscheinungen so sind, wie sie von den alpinen Quarzen her bekannt sind: Das Individuum ist hauptsächlich ein (linker) Dauphineer- Zwilling mit kleinen Bezirken entgegen gesetzter (hier rechter) Drehung, vgl. z. B. auch Brandenstein, M. und Heritsch, H. 1951. Das einzige Mineral, das auf die Paragenese hinweist, ist Chlorit in Form regelmäßig, längs Ebenen angeordneter Einschlüsse. Chlorit als Kluftfüllung und auch als Überzug von Quarzkristallen ist ebenfalls verbreitet in alpinen Paragenesen. Art der Verzwilligung und erkennbare Paragenese lassen daher auf einen alpinen Quarz schließen, vorausgesetzt, daß ein unwahrscheinlicher, sehr weiter Transport ausgeschlossen wird. Allerdings bleibt dahingestellt, ob der fragliche Quarzkristall wirklich aus den Zerrklüften der Hohen Tauern stammt, oder weiter östlich in den Zentralalpen ursprünglich gefunden wurde. Für eine Herkunft aus den Hohen Tauern spricht die Häufigkeit der dort vorkommenden Quarze, für eine etwas weiter östlich liegende ursprüngliche Fundstelle spricht wieder der jetzige Fundort auf dem Magdalensberg.

Eine besonders zu behandelnde Frage ist es, warum die Römer den Quarzkristall aufgesammelt und auf den Magdalensberg gebracht haben. Dazu kann ich natürlich nur vom mineralogischen Standpunkt aus Stellung nehmen. Die 3Jusgezeiffinete Qualität des Quarzes legt die Vermutung nahe, daß er als Rohmaterial für Schleifarbeiten (Steinschneidearbeiten) gedacht war. Wie mir Herr Prof. Dr. E. Swoboda, Universität Graz, freundlicher Weise mitteilte, beherrschten die Römer sehr wohl. die Kunst der Steinschneidearbeiten aus Bergkristall.

Schriftenverzeichnis :

Brandenstein, M. und Heritsch, H. (1951). Tscherm. Min. Pet. Mitt. (Dritte Folge), 2, 424.

Gault, H. R. (1949). Amer. Min. 34, 142.

Heritsch, H. (1951). Tscherm. Min. Pet. Mitt. (Dritte Folge), 2, 432. -(1953). Tscherm. Min. Pet. Mitt. (Dritte Folge). 3, 126.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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