Schäringer W. / 1950

  Notizen aus dem Lavanttaler Braunkohlentertiär VI.

Von W. Schäringer (St. Stefan i. L.)

9. Lagerungsformen des Miozäns östl. des Kuchlersprunges.
In den alten Akten der Markscheiderei St. Stefan befinden sich Monatsberichte über die Erkundungsvertriebe, die nach Durchstossung des Kuchlerverwurfes nach Osten d.i. gegen den Koralpenrandbruch hin, vor nun mehr 3 Jahren aufgefahren wurden. Da diese Untersuchungsarbeiten seither die einzigen geblieben, sind die in die Tektonik des Streifenbereiches östl. des Kuchlersprunges hineinleuchten, sollen im nachfolgenden die wichtigsten Stellen dieser Monatsberichte im Wortlaut wieder gegeben werden: .
April 1910:  Im Querschlag durch den Kuchlersprung sind bis nun 14,2 m aufgefahren, und zwar vollständig in Sprungauffüllungsmasse. Der Querschlag steht senkrecht zum Sprungstreichen. Das Verflächen des Sprunges ist zwischen 80 und 90 Grad. Zunächst kam mittel- bis, feinkörniger Sand, mit grösseren abgerundeten Kieseln, sodann feste verschieden gefärbte Tonschichten mit Sandsteineinlagerlungen. Wasser sitzt keines zu.......
Mai 1910: Der Querschlag durch den Kuchlersprung wurde um 7,4 m vorgetrieben, die durchfahrenen Schichten waren teilweise grobsandige, teilweise tonige Sprungausfüllungsmasse, vor Ort trocken .....
Der Querschlag durch den Kuchlersprung ist 29.5 m lang im Sprunggebirge. Gegen Monatsschluss scheinen sich die Schichten regelnlässig zu legen, doch am Letzten zeigte sich wieder eine unregelmässige Lagerung. Vor Ort trocken.
Juni 1910: Der Querschlag durch den Kuchlersprung ist 38,6 m lang und verquert jetzt regelmässige Schichten,. Es war meist gut geschichteter, lichtgrauer, sandiger Ton mit 45 bis 48 Grad Einfallen gegen Ost. In den letzten Tage wurde das Ort feucht, das Gebirge lettig, so dass die Zimmerung verstärkt werden mußte und mit Getriebszimmerung gearbeitet werden musst um Verbrüche zu verhindern........
Der Querschlag durch den Kuchlersprung hat eine Länge von 45,5 m erreicht. Mitte des Monates wurden stark lettige, feineandige Schichten mit Wasser angefahren. Das Gebirge verwandelte sich in dickflüssigen Brei und mußte mit Getriebszimmerung vorgegangen werden. Gegen Monatsschluss besserten sich die Ortsverhältnisse und steht augenblicklich fester grauer Tonschiefer mit 25 Grad Verflächen gegen Ost an. Die Richtung ist genau verquerend auf die Gebirgsschichten. Da das Verflächen anfänglich 45 betrug und jetzt auf 25 Grad zurückgegangen ist t wäre es nicht ausgeschlossen, dass wir hier eine Mulde durchfahren und wir in einiger Zeit ein Gegenansteigen bekommen und schliesslich doch wieder das Hangendflöz als Gegenflügel zum jetzigen Grubenteil erhalten.

Juli 1910: Der Querschlag hinter dem Kuchlersprung ist 53,3 m lang. Unsere Vermutung, dass wir eine Mulde durchqueren, ist in den letzten Tagen vollauf bestätigt worden. Das östl. Einfallen wurde rasch flacher, dann horizontal und ist gegenwärtig schon ein schwaches Gegenansteigen mit etwa 8 bis 10 Grad zu bemerken, so dass wir nun wieder in liegendere Schichten kommen und dem Flöze uns nähern werden..... Die durchfahrenen Gebirgsschichten sind im wesentlichen gleich dem Vormonate lettiger, wasserführender Sand und sandige Tone von lichtgrauer Färbung.
Der Querschlag hinter dem Kuchlersprung ist 55,2 m lang. Die durchfahrenen Schichten im Querschlag sind wesentlich gleiche wie im Vormonat, lettiger, wasserführender Sand und sandige lichte Tone, zuletzt mit einem Gegenansteigen von 10 bis 13 Grad.
August 1910: (Vortriebe wegen Druck u. Blähung der Sohle eingestellt. Gewältigungsarbeiten).
September 1910: Im Querschlag hinter dem Kuchlersprung wurde 15 m aufgefahren. Die Schichten lagen regelmässig, bestanden größtenteils aus stark sandigen, lichtgrauen Tonen mit festeren, sandsteinartigen Zwischenlagen. Das Verflächen betrug bis zu 64 Grad. Am Monatsschluss war das Ortsprofil unregelmässig, die Schichten fast senkrecht stehend und mit keilförmigen, dunkelbraunen und schwarzen Tonlagen durchbrochen......
Oktober 1910: Der Querschlag östl. vom Kuchlersprung wurde um 7,3 m vorgetrieben, die durchfahrenen Schichten sind licht -bis dunkelgrauer sandiger Ton, teilweise gestört. Das Verflächen beträgt zuletzt 25 Grad..... es zeigt sich starker Ulm- und Sohlendruck"
Der Querschlag durch den Kuchlersprung hat sich wieder vollständig geändert. Im Ganzen sind 86,7 m. Zu Anfang des Monates war eine Störung vorhanden, worauf sich brauner und grauer Ton mit einem Verflächen vorn 20 bis 25 gegen Westen zeigt. Darauf kamen wieder unregelmässige Schichten und hinter diesen wieder braun-bis braungrauer Ton 45 Grad gegen Osten, also wie zu Anfang des Querschlages. Wir gehen jetzt wieder ins Hangendflöz und die Hoffnung, die wir auf baldige Erreichung eines Flözes hatten, ist jetzt wieder in grössere Ferne gerückt.
November 1910: Der Querschlag durch den Kuchlersprung war 96 m lang geworden, es war nur regelmässig geschichteter, weissgrauer Ton mit 25 Grad Einfallen gegen Ost gefahren.....
Der Querschlag östl. des Kuchlersprunges ist 99,3 m lang.. In der 2. Monatshälfte konnte fast nichts vorgetrieben werden, weil am Anfang des Querschlages trotz der starken und dichten Zimmerung so zusammengedrückt war, dass die Einzimmerung gewechselt werden musste. Vor Ort hellgrauer, sandiger Ton, regelmässig geschichtet mit 35 Grad gegen Ost einfallend....
Dezember 1910: Der Querschlag :Ostl. des Kuchlersprunges wurde nur um 3,2 m vorgetrieben. Gesamtlänge 102,5 m. Im letzten Meter vor Ort wurde eine wasserführende Schicht angefahren..... Das durchfahrene Gebirge ist lichtgrauer Schieferton mit Letten....
Im Querschlag durch den Kuchlersprung wurde in 110 m Länge ein Flöz angefahren..... streicht nach.23 hora 06 und fällt mit 45 Grad nach Osten ein. Die Mächtigkeit sowie die Beschaffenheit des Hangend- und Liegenflözes lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass wir es mit dem Liegendflöz zu tun haben..... Die Kohle ist rein, Zwischenmittel fehlen.....
Feber 1911: Im Berichtsmonat wurden im Querschlag noch 9,6 m in grauen und  braunen Hangendschichten mit 37 bis 47 Grad Steigung gegen Osten auf gefahren.
März 1911: Der Querschlag hinter dem Kuchlersprung war, belegt und wurden 6 m vorgetrieben. Die durchfahrenen Schichten .waren brauner und lichter Hangendton, Einfallen 40 bis 47 Grad gegen Osten. Rückwärts im Querschlag starke Ulm- und Sohlblähung.....
April 1911: Der Querschlag hinter dem Kuchlersprunng wurde um 10,3 m vorgetrieben, die durchfahrenen Schichten sind graue, geschichtete Tone mit Schwimmsandeinlagerungen und wasserführend. Einfallen der Schichten 46 Grad.
Der Querschlag hinter dem Kuchlersprung wurde um 19,8 m verlängert und verquerte hell- bis dunkelgraue Tonschichten, teilweise stark sandig und wasserführend. Das Verflächen beträgt 38 Grad.....
Mai 1911: In 166,0 m des Querschlages hinter dem Kuchlersprung wurde ein Flöz angefahren, welches vermutlich nach der Gattung der Kohle und dem ganzen Aussehen das Liegendflöz sein dürfte..... Am linken Ulm ist ein Verwurf, zugleich kommt aus der Firste ziemlich viel Wasser. Alles bewirkt einen heftigen Druck. Die Mächtigkeit beträgt auf dem südl. regemässigen Teil 2-5 m, hievon 0,15 m lichtgraues Zwischenmittel. Die Kohle ist tiefschwarz mit starkem Fettglanze und muscheligem Bruch.....
Die letzten 8 bis 10 m des Querschlages stehen in sehr heftigem Druck..... Die letzten 10 m gänzlich zusammengedrückt es wurde begonnen in Eisen zu stellen.... Die letzten 10 m infolge heftigen Sohl- und Ulmdruckes sowie grösseren Wasserzuflusses total zusammen gedrückt. Da sich die Aufwältigungsarbeiten erfolglos zeigen -es wurden auch die gestellten Eisenzimmer gebrochen, wird der letzte Teil des Querschlages aufgegeben und neu aufgefahren.... gewählte Richtung steht genau senkrecht zu den Schichten......
 August 1911: ....das Flöz wurde neuerlich angefahren u.zw. im 18 Meter. Die Flözmächtigkeit ist 2,9 m mit einem Zwischenmittel von 0,4 m..... Das Flöz streicht nach 23 hora. 12 Grad und fällt mit 37 Grad gegen Osten ein..... Die Wetter vor Ort sind sehr matt.....
September 1911: Die Strecke südl. hinter dem Kuchlersprung wurde 6,4 m vorgetrieben. Der Druck in dieser Strecke ist sehr stark, so dass der Vortrieb von Zeit zu Zeit eingestellt werden muss. Der Sprung, welcher seit Beginn der Streckenauffahrung parallel zur Strecke lief, zog sich in den letzten Streckenteil mehr westl....... Die Mächtigkeit der Kohle ist verändert.
Oktober 1911: Die Strecke südl. hinter dem Kuchlersprung mußte laut bergbehördlicher Verfügung eingestellt werden.....
(Es folgen nun Berichte über Gewältigungsarbeiten in der Grundstrecke vor und im Querschlag hinter dem Kuchlersprung Im August 1912 wird die Hoffnung auf Wiederinbetriebnahme des Querschlages endgütig aufgegeben und derselbe seinem Schicksal überlassen).
Zusammenfassend läßt sich auf Grund der vorstehenden Monatsberichte über die Lagerungsverhältnisse des Miozäns entlang des Auffahrungsweges folgendes sagen:
Anschliessend an die Abrissfläche des Kuchlerverwurfes befindet sich ein Zermahlungsstreifen von rd. 29 m Breite, woraus die tektonische Bedeutung des Kuchlersprunges erkennbar ist. Daran schließt sich eine schmale Synklinale von 41 m Breite mit sehr stark aufgeschleppten Ostflügel, der sich wieder an einen ziemlich bedeutenden Verwerfer lehnt (sein Zermahlungsstreifen beträgt ca 7 m). Es hat den Anschein, dass die Durchquerung der 41 m -Synklina1e ungefähr im Mittelteil des 35 m starken Zwischenmittels Hangend-Liegendflöz erfolgte.
Der die schmale Synklinale östl. abschneidende Verwurf besitzt vom Kuchlersprung einen Abstand von ca 70 m. Es folgen darauf westl. einfallende Schichten (mit einer kleinen Abschiebungsfläche), daran schließt sich, wieder eine schmale Zone von „unregelmässiger Lagerung“ (-Bericht Oktober 1910), hinter welcher sämtliche Schichten (auf rd. 70 m Länge) nach Osten einfallen (wechselnd zwischen :35 und 49 Grade) ob man die Mittelpartie der Oktoberauffahrung 1910 als den zerquetschten Kern einer Antiklinale auffassen kann, von dessen Westflügel fast nichts vorhanden ist (wegen der grossen Abschiebung am Ostende der 41 m -Mulde) oder ob es sich hier wieder um einen Verwerfer handelt, der seinerzeit -allerdings nicht zur direkten Beobachtung kam, mag dahingestellt bleiben.
Zweifeillos ist jedoch die Identifizierung der beiden in den letzten 50 m des Querschlages aufgefahrenen Flöze in den Berichten richtig. Der Querschlag fuhr also aus dem Liegenden kommend (rd. 20 m) zuerst das Liegendflöz an, um dann das große Zwischenmittel zum Hangendflöz zu durchfahren, welch letzteres bei 166 In Qurschlagslänge angetroffen wurde. Die Durchfahrungslänge beträgt rd. 50m, was bei der Berücksichtigung des hier vorliegenden Einfallens (mit, rd. 47 Grad) einen wahren Abstand der beiden Flöze östl. Kuchler von 34 m ergibt.
Innerhalb eines 166 m breiten Streifens östl;) des Kuchlersprunges liegt demnach kein Anzeichen vor, dass die Miozänschichten (Flöze) immer stärker nach unten tauchen (wie es die jüngste Aufschiebungstheorie für das Kristallin der Koralpe annimmt), es scheinen jedoch Faltungszüge mit möglicherweise sich nach Osten verstärkenden Amplituden vorzuliegen, die sehr reichlich von Abschiebungsflächen in Richtung SO-NW und Querstörungen durchzogen sind. Die Achsen der Faltungselemente scheinen nach SO geneigt zu sein (deutlich erkennbar, bei der Rothkogel - Antikinale und auch giltig für den grossen Synklinalenbereich westl. des Förderschachtes) die Störungen -,(mit Randbruchstreichen) verqueren die Achsen (vermutlich vorwiegend) spiesseckig. Das System der Abschiebungsflächen scheint daher ein zeitlich und mechanisch selbstständiger tektonischer Körper zu sein und nicht in unmittelbar kausalem .Zusammenhang mit der Faltungstektonik zu stehen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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