Litscher H. / 1979

 

Ein Beitrag zur Geologie der Kreuzeckgruppe.

Von Heinz LITSCHER 
(Mit 2 Abbildungen)

ZUSAMMENFASSUNG

In der vorgelegten Arbeit werden die geologischen und geotechnischen Ergebnisse der Voruntersuchungen für den Bau einer Kraftwerksstufe im Mölltal aufgezeichnet. Der Untersuchungsrahmen umfaßt sowohl geologische Kartierungen und Bohrungen als auch seismische Erkundungen.

ABSTRACT

In this paper, the geological and geotechnical results of the preliminary investigations for the construction of a water power project are presented. The investigations include geological mapping, exploratory drillings and seismic reconnaissances.

EINLEITUNG

Die Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft hat im Zuge der Wasserkraftnutzung im Mölltal im morphologisch günstigen Abschnitt bei Napplach-Moos geologische und geotechnische Untersuchungen für die Projektierung eines Kraftwerkes vorgenommen. Erste Erhebungen fanden im Frühjahr 1974 statt; Erkundungsbohrungen und seismische Felduntersuchungen (H. JANSCHEK 1978) für die Standortwahl des Wehres, des Oberwasserkanals und den Anschlagpunkt des Triebwasserstollens von Moos nach Tratten bei Kolbnitz wurden im Herbst 1978 durchgeführt. Als Ergebnis dieser Arbeiten liegen nun eine geologischtektonische Karte für das Gesamtgebiet (Abb. 1) und mehrere Profildarstellungen (Abb. 2) im Wehrbereich vor.

DIE GESTEINE

Beim künftigen Wehr in Moos steht in der orographisch rechten Möllflanke im Liegenden diaphthoritischer Gneis an (Paragneisserie, RIEDMÜLLER 1978). Das sehr feinkörnige Gestein weist ein ausgeprägtes s-Flächengefüge auf und ist von linsigen Quarz-Feldspat-Neubildungen durchsetzt, die ebenfalls s-parallel eingeordnet sind. Die Biotite sind meist korrodiert und häufig zu Chlorit umgesetzt. Auffallend sind die intensiven opaken Verunreinigungen entlang feinster Haarrisse. Dieses Gneispaket liegt in einem welligen, generell nach Nord bis Nordost geneigten Verband. Die Hauptformungsachsen (B-Achsen) fallen nach Osten ein (Abb. 1, D 4).

Im Einschnitt der Teuchlmündung bei Napplach, westlich des Gasthofes Pesentheiner, schwenkt das s-Flächengefüge nach Nordwesten.

Ein Quarzdioritstock südöstlich des Gasthofes Pesentheiner greift bis zur Mündung des Bernitzbaches vor. Der Quarzdiorit ist durch seine oft stark serizitisierten polysynthetisch verzwillingten, zonar gebauten Plagioklase, Hornblenden und korrodierten Biotitleisten charakterisiert, die in pflastrige Quarzaggregate eingebettet sind. Kalinatronfeldspat, Chlorit (Pennin) und Muskowit treten untergeordnet auf. Häufig sind Apatit und Epidot festzustellen. Der Feldspatanteilliegt bei 50-Vol-%.

Im Dünnschliff erkennbare feine Haarrisse, die durch oxidische Imprägnationen hervorgehoben werden, weisen auf eine starke postkristalline tektonische Beanspruchung hin. Der Quarzdiorit taucht im Süden bei der Mündung des Bernitzbaches unter die Moränendecke, die mit ihrer Stirn auf einem Granitgneisband aufruht, welches dem südöstlichen Ausläufer der Sonnblicklamelle (Ch. EXNER 1961) zuzuordnen ist.

In Tratten, westlich von Kolbnitz, stehen Glimmerschiefer an, die die diaphthoritischen Gneise überlagern ; im Handstück sind die Gesteine nur sehr schwer zu trennen. Im Dünnschliff zeigt der Glimmerschiefer ein deutliches Quarz-Feldspat –Glimmer-Lagengefüge. Chloritneubildungen nach Biotit und Granat sind häufig. Außerdem ist die fortgeschrittene Serizitisierung der Feldspäte festzustellen.

Moränenablagerungen liegen auf talparallelen Verebnungen in den Flankenschultern oberhalb von Moos (H. HOLZER 1958, G. WEISSEL 1966). Im Bereich der Einmündungen der Seitenbäche in das Mölltal treten mächtige Muren- und Schuttfächer auf, die -in Bacheinschnitten sichtbar -in die von der Möll angelandeten Flußsedimente eingeschuppt sind.

DIE TEKTONIK

Wie bereits in der Gesteinsbeschreibung erläutert, fallen die s-Flächen (um 200) vorwiegend nach Nordosten und Südosten. Nur im Einschnitt der Teuchlmündung bei Napplach sind steilgeneigte s-Flächen festzustellen. Die Hauptachsenrichtungen sowohl in der liegenden Gneiszone als auch in der hangenden Glimmerschieferzone streichen ungefähr Ost-West und tauchen mit 5°-15° nach Ost oder West ab (Abb. 1, D1, D3, D4, D5). Im Gelände deutlich sichtbare Störungslinien verlaufen entweder parallel zum Mölltal oder zum Einschnitt des Teuchlgrabens (D2). Die Aufsplitterungen der Teuchlstörung beim Auftreffen auf die Möll-Linien haben die Gesteine in von tektonischen Flächen begrenzte Einzelkörper zerlegt. In den Diagrammen D2 und D3 wird diese Situation dargestellt. Im Schnittbereich der Störungsbahnen sind neben einer intensiven Gesteinszerlegung in den Gneisen, Glimmerschiefern und dem Quarzdiorit auch chemische Umwandlungsprozesse festzustellen, die im Zuge dieser tektonischen Vorgänge eingetreten sind. Das Hangrelief im kartierten Bereich fällt von den Kammregionen der Teuchlspitze (2319 m) zum Talfuß, bedingt durch talparallele störungsblätter, treppenartig ab, wobei auf den Verebnungsflächen meist dichte, bindige Moränen liegen.

SEISMISCHE UND GEOTECHNISCHE UNTERSUCHUNGEN IN MOOS (Abb. 2)

Im Herbst 1978 wurden zur Erkundung des geologischen Aufbaues im Untergrund am Standort des vorgesehenen Wehres bei Moos und im Bereich des projektierten Stollenanschlages bei Kohlstatt südlich von Moos (Abb. 2, PI) geotechnische Untersuchungen durchgeführt. Durch jeweils zwei Bohrungen am orographisch rechten und linken Möllufer, die eine maximale Teufe von 39 m in Bohrung P6 erreichten, konnten im geplanten Wehrstandort mehrere, untereinander korrelierbare Gesteinsschichten aufgeschlossenwerden (Abb. 2, Profil 1). Die orographisch rechte Flanke, durch die Bohrungen P5 und P6 erkundet, weist unter einer bis 27 m mächtigen Moränendecke einen Felsrücken, bestehend aus diaphthoritischem Gneis, auf, der flach nach Südwest einfällt; es hat sich hier eine seichte Rückfallkuppe im Felsrelief gebildet, die ihren tiefsten Punkt im Profilschnitt im Bereich von Bohrung P6 hat. Der unklare Übergang der Moräne in den anstehenden Fels in Bohrung P5 läßt keinen sicher interpretierbaren Verlauf der Felsoberfläche im Abfall zur Möll nach Nordosten zu. Nur mit Hilfe der Seismik, die in diesem Abschnitt in entsprechender Teufe Laufzeiten von 2700 m/s bis 3200 m/s ausweist, kann die Felsoberkante in zwei Varianten dargestellt werden (Abb. 2, Profil 1).

Das orographisch linke Möllufer zeigt im Untergrund, sowohl durch die Bohrungen als auch durch die Seismik belegt, die Stirn des Schutt- und Murenfächers, der vom Zwengbergbach herabzieht. Dieser Schuttkörper ist zum Teil in die abgelagerten Möllsedimente eingespießt. Der uneinheitliche Gesteinskörper liegt auf einer bindigen, oft harten gleichkörnigen Grundmoräne und ist bis auf das Möllniveau mit Grundwasser aufgefüllt.

Ein kurzes seismisches Längenprofil wurde orographisch links der Möll parallel zum Flußverlauf gelegt. Die Bohrung P4 dient zur Eichung. Im Schnitt werden das Auslaufen des Murenschuttfächers vom Zwengberggraben und die Zunahme der Flußablagerungen verdeutlicht. Auch ist der weitere Verlauf des Grundmoränenkörpers im Untergrund zu verfolgen.

In einer weiteren Bohrung flußabwärts, bei der Wegbrücke in Moos, die eine Tiefe von 20 m (P2) erreicht, ist das Anwachsen der Möllablagerungen festzustellen; in dieser Bohrung wurde die Grundmoräne nicht mehr erreicht.

Ein Profilschnitt (Abb. 2, Profil 2) an der Flußbiegung der Möll, oberhalb von Kohlstatt, der etwa 300 Laufmeter in den Hang hinaufreicht, wurde zur Untersuchung der Überlagerungsdecke in der Talflanke gelegt. Die Bohrung P1 (70° Inklination, 270° Azimut), die eine Tiefe von 57,5 m erreicht, durchfährt vorerst Hangschutt, in größeren Teufen eine Grundmoräne. Der anstehende Fels -es ist diaphthoritischer Gneis zu vermuten -wird nicht erreicht; jedoch ist eine Zunahme von grobem Gneisblockwerk festzustellen. Der seismische Schnitt zeigt im Tiefstpunkt der Bohrung einen deutlichen Laufzeitsprung von 1450 m/s auf 3200 m/s, so daß die Vermutung naheliegt, daß hier der diaphthoritische Gneis einsetzt. Die Mächtigkeit der Überlagerung im Talgrund kann mit der Seismik nicht bestimmt werden.

DISKUSSION DER ERGEBNISSE

Die tektonischen Strukturen der Möll-Linie und das Störungsbündel, das aus dem Teuchlgraben in das Mölltal mündet, weisen keine Merkmale auf, die eine altersmäßige Trennung zulassen. Weder die Achsenrichtungen, die im Kartierungsbereich annähernd Ost-West streichen, noch die in der photogeologischen Strukturauswertung der Kreuzeckgruppe von H. HOLZER (1958) dargestellten Störungsrichtungen geben einen echten Hinweis auf eine Fernwirkung von Aktivitäten innerhalb der Störungszonen auf das umgebende Gebirge.

Der quarzdioritische Felsriegel südwestlich von Napplach ist mit dem Granodioritstock von Wöllatratten (Ch. EXNER 1961) zu vergleichen.

Im Gelände erfaßbare eiszeitliche Ablagerungen befinden sich hauptsächlich südlich von Moos. In etwa 1000 m Seehöhe liegt ein Moränenband, das sich bis in die Teuchl fortsetzt. In Analogie zu den Darstellungen von G. WEISSEL (1966) wäre dieser teilweise aus Wällen zusammengesetzte Moränenzug der Schlernzeit zuzuordnen.

Ein wichtiges Ergebnis der Untersuchungen ist die Höhenfixierung des Felsuntergrundes unterhalb der Moränendecke im Bereich von Moos. Sowohl die Seismik als auch die Bohrungen zeigen, daß in diesem Talabschnitt, bedingt durch die unterschiedlichen Neigungen der Felsflanken, im Untergrund eine asymmetrische Talform mit einer Nordwest-Südost-Achse am Südwestrand des derzeitigen Talbodens entstanden ist. Die Detailmorphologie des Untergrundes in der untersuchten orographisch rechten Talflanke -eine Felsrippe springt gegen die Talmitte vorkann nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen rocht geklärt werden.

Die Erkenntnisse aus den geologischen und geotechnischen Erkundungen verlangen von der Kärntner Elektrizitäts-AG aus wirtschaftlichen Erwägungen die Umarbeitung des bestehenden Projektes. Der bisherige Stollenanschlagspunkt für den Triebwasserweg, der im Bereich unterhalb von P 1 (Abb. 2) liegen sollte, ist aufgrund der nicht eindeutig interpretierbaren geologischen Situation ungeeignet. Nach den neu erarbeiteten Unterlagen kann der Stollen am besten unmittelbar oberhalb des Wehres (Staubereich) angeschlagen werden; damit entfällt auch der Bau des Oberwasserkanals.

LITERATURVERZEICHNIS:

EXNER, Ch. (1961): Der Granodiorit von Wöllatratten (Mölltal) und die hydrothermale Veränderung der diskordanten Ganggesteine der Kreuzeckgruppe. - Carinthia II, 151/71.-41-50.

HOLZER, H. (1958): Zur photogeologischen Karte der Kreuzeckgruppe. Geologische Luftbildinterpretation II. - Jahrb. GBA, 101:187-190, 1 Taf., Wien.

JANSCHEK, H. (1978): Refraktionsseismische Messungen KW Penk/Möll. - Archiv der Kärntner Elektrizitäts-AG., Abt. TBa.

RIEDMÜLLER, G. (1978) : KW -Gruppe Fragant. Geologische Stollenprognose Wölla-Raggabach. - Archiv der Kärntner Elektrizitäts-AG, Abt. TBa.

WEISSEL, G. (1966): Die spätglaziale Vergletscherung in der östlichen Kreuzeckgruppe. - Carinthia II, 156/76:12-21. 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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