Canaval R. / 1906

 

Bemerkungen über einige Erzvorkommen am Süd-Abhange der Gailtaler Alpen.

Von Dr. Richard Canaval.

Zwischen der Gradlitzen (2046 m), nördlich Von Förolach in Gailtale, und dem weiter westlich gelegenen Vellacher Egel (2033 m) befindet sich der Zuchengraben, welcher nächst dem Seewirt (569 m) am Preseckersee ausmündet. Derselbe ist ganz in triadische Sedimente eingetieft, deren Lagerung aus einem Profile hervorgeht, das Geyer1) veröffentlicht hat. Die Hauptrolle unter diesen Sedimenten spielen die Cardita- Schichten, mit denen die Erzvorkommen verbunden sind, welche im Folgenden besprochen werden sollen. Die letzteren waren, wie Reste älterer bergmännischer Arbeiten lehren, schon den Alten bekannt, sind aber von denselben, da sie hauptsächlich nur Zinkerze enthalten, nicht weiter verfolgt worden. In den letzten Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts hat dann Bergverwalter L. Haarkamp das Gebiet neuerdings beschürft und vier Erzaufschlüsse erzielt, die zur Verleihung des Zink- und Bleierzbergbaues Gradlitzen, bestehend aus den vier Grubenfeldern: Otto, Karl, Franz und Ferdinand, an Olga Freiin v. Lang Anlaß gaben.

Otto liegt nahe der Ausmündung des Zuchengrabens, nördlich davon -nächst der Zuchen-Alpenhütte -Karl, weiter östlich Franz und noch weiter östlich Ferdinand.

Zur leichteren Orientierung mögen die Entfernungen der einzelnen Aufschlagspunkte von der nordwestlichen Ecke der Kirche St. Ruprecht nächst Förolach ( 571 m) hier Platz finden. Dieselben messen:

bei Otto: 1552.4 m nach 0h 7° 241

bei Karl: 1715.2 m nach 0h 5° 30'

bei Frallz: 1702.5 m nach 0h 13° 11

und bei Ferdinand: 1661"9 m nach 1 h 6° 01

Die angegebenen Richtungen beziehen sich auf den astronomischen Meridian.

Der Aufschluß des Otto-Grubenfeldes ist durch einen kurzen Stollen vermittelt worden, den man am rechten (westlichen) Gehänge des Zuchengrabens in 954 m Seehöhe ansteckte. Der Stollen wurde nach einem bis zu 35 cm mächtigen Erzmittel gegen 14 h 3 m eingetrieben und durch einen kurzen Umbruch mit einer fast eben so langen Parallelstrecke verbunden, die man nach einem zweiten, 30 cm mächtigen Erzmittel ausschlug.

Beide Erzmittel bestehen aus derber, gelber Zinkblende mit eingesprengtem Bleiglanz und entsprechen Schichtungsfugen des nach 16 h streichenden und unter 80° nach S verflächenden Kalkes. Das Erzmittel der Parallelstrecke ist 28 m und jenes des Stollens selbst 25.5 m voll der Schieferbank entfernt, welche den Kalk überlagert.

Das Erzmittel des Stollens ist auch durch ein 2 m tiefes Gesenk verfolgt worden.

Auf das Erzvorkommen haben die Alten ungefähr 4 m höher einen kurzen Stollen und darüber noch ein Paar seichte Einbaue hergestellt. Die Schieferbank zeichnet sich durch das Mitalutreten von " Cardita-Oolith aus, welcher auch auf dem Wege längs dem westlichen Einhange des Zuchengrabens zur, wischa-Ochsenhalterhütte in 1044 m Seehöhe ansteht. Er verflächt hier unter 85° nach 24 h und führt lokal dünne Anthrazit-Schnürre.

Der Aufschluß des Karl-Grubenfeldes befindet sich, wie erwähnt, nächst der Zuchen-Alpenhütte.

Am linken (östlichen) Gehänge des Zuchengrabens hat man hier unter einem vorspringenden Felskamme zwischen zwei rostigen Schichtflächen des Kalkes, die nach 19 h streichen und steil südlich einfallen, eine 80 cm mächtige Kalkbank, welche von gelber Zinkblende in unregelmäßigen bis handbreiten Verästelungen durchsetzt wird, auf 7 m Länge verfolgt. Ein Stollen in 1042 m Seehöhe, welcher auf Abquerung angesteckt und längs einer nach 4 h 10° streichenden Kreuzkluft auf 12 m eingetrieben wurde, hat das Vorkommen in etwas verminderter Erzführung überfahren.

Am westlichen Gehänge des Zuchengrabens, westlich von der Zuchen-Alpenhütte, ist von den Alten auf dasselbe Vorkommen ein kurzer Schurfstollen angelegt worden. Die Kalksteinschichten streichen hier nach 16 h 10° und verflächen unter 52° nach S. Tm Hangenden derselben tritt eine beiläufig 15 m mächtige Schieferbank auf, die 13 m von dem Schurfstollen absteht.

Ungefähr 10 m ober dem Stollen ist ein Erzausbiß vorhanden, welcher vermuten läßt, daß sich der Stollen zu tief im Liegenden befindet und daher die Lagerstätte nicht erreicht hat. Beachtenswert ist hier das Vorkommen Von weißem, grobspätigen Kalzit, der Bleiglanz und Zinkblende, sowie Kalksteinfragmente umschließt. Wahrscheinlich liegt eine ähnliche, jüngere Kluftfüllung vor wie in den Gruben am Stubenboden nächst Radnig.2)

Den Aufschluß des Franz-Grubenfeldes bildet ein am linken Gehänge des Zuchengrabens in 1077 m Seehöhe angeschlagener Stollen, der etwas oberhalb des Weges liegt, welcher von der Zuchen-Alpenhiltte nach SO geht.

Der 11 m lange Stollen ist nach dem Streichen eines dünnbankigen Kalkes, der unter 75° nach 12 h verflächt und von einer mächtigen Schieferbank überlagert wird, gegen 6 h eingetrieben worden. Die Erzführung besteht aus gelber Zinkblende, welche in handbreiten und schmäleren Verästelungen eine ungefähr 175 cm mächtige Kalkbank durchzieht. Diese Bank kann vom Stollenmundloch an bis auf 9 m Länge, sowie unter der Stollensohle bis auf die Sohle eines kleinen Gesenkes verfolgt werden. N-S streichende Klüfte scheinen dieselbe nach O abzuschneiden. Der Schiefer im Hangenden des Kalkes beherbergt zwar schmale, Anthrazit führende Sandsteinbänke, dagegen konnte Cardita-Oolith nicht festgestellt werden.

Der östlichste Aufschluß, in 1098 m Seehöhe, auf welchem das Ferdinand-Grubenfeld gelagert wurde, ist an einen N –S streichenden und östlich verflächenden Schiefer gebunden. Mittels einer 5 m tiefen und fast eben solangen Rösche hat man hier im Liegenden des Schiefers drei parallele Klüfte ( Schichtungsfugen ) überfahren, die unter 50 bis 60° nach 6 h einfallen und von welchen die zwei äußersten 1.2 m von einander abstehen. Die liegendste Kluft führte im Oktober 1900 reine Blende, 5 bis.10 cm mächtig, die, mittlere von der Firste bis zur halben Ortshöhe Blende bis zu 50 cm Stärke und die hangendste galmeiische Blende mit Bleiglanzspuren.

Östlich von dieser Rösche liegt ein alter Schacht, dessen Halde Gangstücke mit Bleiglanz, Zinkblende, Fluorit und Kalkspat, sowie von Sulfiden durchwachsene Schieferbrocken enthält, die vollständig mit derartigen Stücken aus der Erzlagerstätte des Bergbaues Radnig bei Hermagor3), übereinstimmen.

Der Schacht ist auf eine Tiefe von 9 m  ausgeräumt worden, ohne daß man die Sohle desselben erreicht hätte. In 1066 m  Seehöhe haben die Alten einen Stollen gegen den Schacht zu treiben begonnen, der unvollendet geblieben zu sein scheint.

Im Liegenden des oben erwähnten Aufschlusses hat man ferner durch Abräumen der Humusdecke auf ungefähr 30 m2 gelbe Zinkblende mit eingesprengtem Bleiglanz abgedeckt, welche auf hand- bis spann breiten Verästelungen im Kalksteine einbricht. Blende aus dem Aufschlusse des Franz-Grubenfeldes enthält 45,9% Zn und ein gleicher Gehalt kann auch für die Blenden der übrigen Vorkommen angenommen werden.

Nach allen bisherigen Beobachtungen ist es wahrscheinlich, daß mindestens zwei Erzzonen vorliegen: Eine Hangendzone mit dem Otto und eine Liegendzone mit dem Karl-Aufschlüsse. Für diese Annahme spricht der Umstand, daß die Schiefer bei beiden Aufschlüssen fast das gleiche Streichen besitzen, der Schiefer im Hangenden des Otto-Aufschlusses jedoch von Cardita-Oolith begleitet wird, der jenem des Karl-Aufschlusses fehlt.

Auch das Auftreten von Bleiglanz und Blendespuren am Hangendkontakte des den Karl-Aufschluß begleitenden Schiefers kann für die Anschauung gelten CL gemacht werden, daß dieser Schiefer mit jenem des Otto-Aufschlusses nicht ident ist. Die Stellurig der Schichtenfugen des Kalksteines ist bei dem Otto Aufschlusse allerdings eine steilere; da indes weiter südlich, auf dem Wege zur Wischa-Ochsenhalterhütte der Schiefer sogar ein wiedersinnisches Einfallen hat, wird diesem Umstande wohl kein allzu großes Gewicht beigemessen werden können. Da die besprochenen Punkte knapp nördlich von der großen Bruchlinie4) liegen, welche am Südfuße der Gailtaleralpen fortzieht, ist es nicht unwahrscheinlich, daß hier Vorgänge mitspielten, wie solche nach Rothpletz5) das "fächerartige Auseinandertreten der Falten" bewirkten. Die den Kalken eingelagerten Schiefer mögen derartige Vorgänge ganz wesentlich begünstigt haben.

Der Otto-Aufschluß, welcher zwischen zwei Schieferbänken situiert ist, wäre darnach den Cardita-Schichten selbst zuzurechnen, wogegen der Karl-Aufschluß vielleicht schon im Wettersteinkalk liegt.

Es sprechen indes manche Umstände dafür daß wohl die meisten Erzvorkommen am Südabhange der Gailtaleralpen sich nicht mehr im Wettersteinkalke, sondern bereits in den Cardita- Schichten befinden. Abgesehen davon, daß die Kalke, mit welchen sie verbunden sind, zum Teile deutliche Einlagerungen zwischen Schieferbänken bilden, ist auch das Auftreten der Erze ein wesentlich anderes als in Bleiberg-Kreuth.

Das dortige Vorkommen, welches bereits Karsten6) sehr gut charakterisierte und in jüngster Zeit Hupfeld 7) eingehend beschrieben hat, ist in bei weitem den meisten Fällen ein gang oder schlauchförmiges, während hier ein lagerartiger Typus vorherrscht.

Im Kreuther Reviere, so in den Gruben Georgi und Maria Lichtmeß im Fuggertal, treten zwar im Wettersteinkalke gleichfalls lagerartige, blendige Erzmittel auf, welche durch ihre Struktur und ihre honiggelbe Blende an jene von Radnig erinnern. Diese Ausbildungsweise kommt jedoch nur vereinzelt vor und die eigentümlichen, vorwiegend ans Zinkblende bestehenden Verästelungen innerhalb einer gewissen Kalksteinbank, wie sie die Vorkommen der Gradlitzen auszeichnet, scheinen diesem Reviere ganz zu fehlen.

Den lagerartigen Erzvorkommen in Kreuth, auf der Gradlitzen und zu Radnig gemeinsam sind eigentümliche Unregelmäßigkeiten zwischen den im großen ebenflächigen Schichtungsfugen des erzführenden Kalksteines.

Recht hübsch zeigt diese Erscheinung ein vom Otto-Aufschlusse stammendes Handstück, das von einer 45 mm starken Kalksteinbank abgeschlagen wurde, welche sparsame gelbe Zinkblendekörnchen beherbergt.

Die beiden, von einer dünnen, schwarzen Schieferhaut bedeckten Schichtflüchen sind mit Erhöhungen und Vertiefungen versehen. Auf der unteren Schichtfläche, die teilweise zersetzte Blendekörner trägt, sind diese Vertiefungen flache, ungefähr 2 mm tiefe Mulden, auf der oberen dagegen unregelmäßige, jedoch ziemlich steile Pyramiden. Auch hier hat zwar die Zersetzung von Sulfiden noch nachträgliche Veränderungen bewirkt; an zwei Stellen haben sich jedoch die ursprünglichen Verhältnisse noch recht gut erhalten. Die Schieferhaut ragt da ungefähr 18 mm tief in den Kalkstein hinein, welcher nächst derselben ganz frische Blendekörnchen führt, und auf dieser Haut liegen wieder kleine,. etwas zersetzte Kalksteinpartien. Während ferner nächst der unteren Fläche eine recht deutliche Bänderung des Kalksteines vorhanden ist, tritt diese nächst der oberen zurück und zugleich verblaßt auch die lichtbraune Farbe des Gesteins in ein schmutziges Weiß.

Nach der eingehenden Darstellung, welche wir Rothpletz8) über Drucksuturen und deren Beziehungen zu den Stylolithen verdanken, liegen hier wohl Gebilde vor, die als Drucksuturen angesprochen werden können.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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