Haselmayer J. / 1975                                                            Textauszug

 

Der Kelyphitamphibolit aus dem Krastal bei Treffen in Kärnten.

Von Josef HANSELMAYER, Graz 
(Mit 3 Abbildungen).

Im Jahre 1957 gab Herr Prof. ANGEL eine petrographische Typisierung der eklogitischen Gesteine der Ostalpen und eine übersicht über die räumliche Verteilung derselben. Dabei erwähnte er ein eklogitisches Gestein, „isoliert am Nordfuß des Wollanigstockes im Krastaleingang". ANGEL kam aber nicht dazu, es zu bearbeiten. Obige kurze Notiz ist alles, was über diesen „Eklogit" bekannt ist. Leider sind Handstück und Dünnschliff in Verlust geraten, so daß eine Neusuche notwendig wurde.

Auf Grund einer von ANGEL angefertigten Fundortskizze und auf Grund mündlicher Mitteilungen, wobei er auch auf vorhandenen Kelyphit hingewiesen hat, liegt das Vorkommen dieses „Eklogites" im Granatamphibolitkomplex im Krastal, zwischen dem Marmorsockel und dem hangenden Schiefergneis. über dieses Granatamphibolitvorkommen hat PLÖCHINGER 1953 berichtet. Auch KIESLINGER 1956 erwähnte Granatamphibolite im Wollanigzug und beim nahegelegenen Ort Winklern.

Erst kürzlich fand Herr F. WALTER bei einer gezielten Begehung im Krastaleingang-Süd einen etwa 0,5 m3 großen Kelyphitamphibolitblock, umgeben von Granatamphibolit, welcher anläßlich einer Neutrassierung der Straße im Krastal freigelegt wurde. Herrn WALTER sei für seine Mühe und für die mir übergebenen Handstücke herzlichst gedankt.

PETROGRAPHISCHE BESCHREIBUNG

Das Gestein ist graugrün, feinkörnig, mit zahlreichen, vorwiegend um 0,5 mm großen braunroten Granaten, deren häufig auftretende dunkle Umrandung (Hornblende-Kelyphit) gegenüber dem nur wenig helleren Grundgewebe nicht besonders hervortritt. Die Granate sind örtlich auch zu Schwärmen vereinigt. Leimte Paralleltextur. Farbe des Gesteinspulvers (Rock-Color Chart): 5 G 5,5/1,5 grayish green-grayish gray (MUNSELL).

Unter dem Mikroskop sieht man drei Gewebehauptkomponenten:

1. Ein Grundgewebe aus sehr hellgrüner Hornblende mit Körnung um 0,016 bis 0,048 mm. Hiebei unterscheidet man Bereichein denen

a) die Hornblendekörner eng aneinanderschließen oder

b) Bereiche mit schwammförmigem bzw. kleinlückigem Bau.

In diesem Grundgewebe befinden sich Diablasten mit ungefähr ovalen, leicht buchtigen Umrissen (0,16 bis 0,32 mm groß), entweder einzeln oder in kleinen Gruppen. Darin ist dieselbe hellfärbige Hornblende nadelförmig ausgebildet. Diese Nadeln (z. B. 0,01 x 0,012 mm) sind parallel-, fächer-oder wurmförmig aggregiert. Die Diablasten machen 10 bis 15 Prozent des Grundgewebes aus.

Sowohl in den Diablasten als auch im kleinlückigen Hornblendegrundgewebe ist ein zweites, aber farbloses Mineral am Aufbau beteiligt, welches wegen seiner Kleinheit nur schwer zu identifizieren ist. Es handelt sich um sauren Plagioklas. Charakteristisch ist die lockere Einstreu einer kräftig gefärbten blaugrünen Hornblende mit Korngrößen um 0,03 bis 0,08 mm. Siehe Abb. 1.

Im Grundgewebe sind außerdem sparsam verteilt: Größere Hornblendekörner, einzeln oder zu Gruppen formiert (X = hellgelbgrün, Y = grasgrün, Z = blaugrün, c/\Z = 18 bis 19°, Korndurchmesser = 0,16 bis 0,7 mm), ohne Omphazitreste, wie solche z. B. in den Hornblenden des Eklogitamphibolites von Schäffern (Granatamphibolit) vorhanden sind, was einen wichtigen Hinweis auf die Entstehung dieses Gesteines aus dem Wechselgebiet bedeutet. Titanit einzeln oder in Kleinkornhaufen (Korn-0 von 0,08 bis 0,4 mm), Epidot mit Korn bis 0,35 mm, zurücktretend Klinozoisit, Quarz in Interstizien, wenig Kalkspat (Ø bis 0,16 mm) und Apatit. Opazitbeteiligung geringfügig, ein Teil ist Magnetkies, sowie Limonit. Genaue Bestimmung aller Opazite (ESMA-Untersuchungen und energiedispersive Röntgenogramme) wird später veröffentlicht werden.

2. Granate farblos bis zartrosa, Korn-0 meist 0,3 bis 0,6 mm, wenige bis 0,9 bis 1,3 mm. Vier- und sechsseitige Schnitte deuten auf (110). Nur in seltenen Fällen scharfe Kristallflächen, meist flachbuchtige oder höckerig gestaltete (korrodierte) Umrisse. Alle Granate mit Rissen, fast immer ohne kristallographische Orientierung, selten als parallele Scharen nach (110), einige Körner sind in Trümmer zerlegt. Die Risse sind fast immer geschlossen, nur in wenigen, leimt geöffneten ist Hornblende eingesproßt. Einschlüsse im Granat: Epidot, Hornblende, vereinzelt Quarz, Rutil, Titanit, alle locker verteilt oder als lockerer Kornhaufen in der Granatmitte.

Die Kelyphitbildung besteht in der Ausbildung einer Hornblendeschale um die Granatporphyroblasten, wobei die Hornblende (meist mit Ø von 0,05 bis 0,1 mm) -wie auch in anderen Fällen (HANSELMAYER & HADITSCH 1974): Diablastischer Eklogitamphibolit mit blaugrünen Hornblenden des Kelyphites ebenso wie der dort beschriebene Eklogitamphibolit; weiters siehe hiezu auch RICHTER 1973 -blaustichig ist. Häufig umschließt die Schale allseitig den Granat. Man sieht aber auch Fälle, in denen das Granatkorn nicht allseitig von Kelyphit umschlossen wird, sondern z. B. Grundgewebe oder größere Hornblenden (0 bis 0,4 mm) oder Titanitkornhaufen an der Umrandung beteiligt sind. Radialstrahlige Koronen sind nicht vorhanden, es gehen aber doch manchmal einige Hornblendeprismen des Kelyphites in Hornblendenadeln über, die auf die Granatoberfläche senkrecht stehen. Im Gegensatz zu anderen Gesteinen, in denen im Kelyphit, besonders bei nadeliger bzw. faseriger Ausbildung, beachtliche Mengen von Opazit vorhanden sind (siehe HANSELMAYER & HADITSCH 1974, Abb. 2 und 3), fehlt er in unseren Koronen.

3. In wenigen Fällen schließt der Granat einseitig an die dritte Gewebehauptkomponente an. Es handelt sich um Mineralkompositionen, die ohne sichtliche Regelung (auch Biotittafeln liegen quer durcheinander) Gesteinsräume von unregelmäßiger ovaler bis länglicher (bis 2 cm) Form erfüllen. Diese Räume sind bald stärker eingeengt, bald breiter geöffnet (bis 1,6 mm), aber auch richtungswechselnd oder geästelt. Jedenfalls handelt es sich nicht um Füllungen von langgezogenen parallelen Spalten. Siehe Abb. 3.

Mineralbestand : Vereinzelt größere blaugrüne Hornblendekörner (wie im Grundgewebe), Biotittafeln bis 1,6 mm, Muskowit bis 0,9 x 0,4 mm (immer im Biotitinneren), Epidot und Klinozoisit bis 0,4 mm, Titanit (Einzelindividuen bis 0,48 mm, auch Weckenformen oder als langgezogene Kleinkornhaufen bis 0,8 x 0,2 mm), Kalkspat (bis 0,30,8 mm, Gitterlamellierung). Alle in Plagioklas mit 8-12 Prozent an engscharige Zwillingslamellierung häufig, nie mit kristallographischer Begrenzung.

Ähnliche Dünnschliffbilder sieht man in einigen Eklogitamphiboliten des Debanttales (Schobergruppe) aus der Sammlung des Herrn Prof. EXNERS. Diese Gesteine sind an Pegmatitnähe gebunden, es handelt sich um Zufuhr von jüngerem Material in Räumen von vielleicht mechanischer Entspannung. Für eine solche Deutung gibt es für den Krastaler Kelyphitamphibolit keine Unterlagen.

Kelyphitamphibolit aus dem Krastal:

Grundgewebe                                          61,9 Vol.-%

Granate mit Kelyphit (8,4)                         17,8 Vol.-%

Dritte Gewebehauptkomponente.                20,3 Vol.-%

Gesteinsaufbau: In einem kleinkörnigen Hornblendegrundgewebe, an dessen Aufbau sich auch zum geringen Teil Hornblendediablasten beteiligen, sind größere Hornblendekörner, Epidot, Klinozoisit, Titanit (Einzelkörner oder Kornhaufen), Quarz, Kalkspat und Apatit sparsam verteilt. Im Grundgewebe befinden sich einzeln oder in losen Gruppen Granatporphyr ob lasten. Diese besitzen in vielen Fällen eine die Körner allseitig umchließende Hornblendekelyphitsmale, oder zumindest Anzeichen zu Kelyphitbildung. Als dritte Gewebehauptkomponent e sieht man eine regellose Mineralkomposition von Biotit, Muskovit, Hornblende, Epidot, Klinozoisit, Titanit, Kalkspat und bzw. in Albit. Opazitbeteiligung unwesentlich. Noch anschaulicher als Worte sind die beigegebenen Bilder.

Manche Vorkommen im ostalpinen Kristallin geben Hin w eis e auf das Ausgangsmaterial. So hat z. B. die Natur an zwei Stellen des Koralpengebietes, und zwar beim Bauern HOLL, WSW von Schwanberg und im Tale der Schwarzen Sulm, westlich von Schwanberg, den Werdegang bzw. die Umwandlungsstadien von gabbroiden Gesteinen zum Eklogit aufbewahrt. Noch etwas weiter nach SW auf dem Wege zwischen dem Kreuz bei P. 1034 und der Forstmauerhöhe, können wir eine weitere Umwandlung in Richtung Amphibolit sehen (HANSELMAYER 1956). Im Krastal ist die Entwicklung auch weitergegangen, es fehlen aber Hinweise auf das Ausgangsgestein. Obwohl eine sichere genetische Beziehung zu einem Eklogit (auch Pyroxenrelikte fehlen) nicht hergestellt werden kann, muß man trotzdem den Schluß auf eine Umwandlung im obigen Sinne ziehen. Der vorliegende Kelyphitamphibolit stellt die Schlußphase dar, die Amphibolitisierung hat durchgegriffen.

Gesteine mit Kelyphitbildung sind im Ostalpenraum relativ selten.

Deshalb wurde solchen Gesteinen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit zugewendet, und bereits einige derartige Beispiele aus Kärnten petrographisch beschrieben. Z. B.:

a) Diablastischer Eklogitamphibolit mit Hornblendekelyphit.

b) Eklogitamphibolit mit Hornblendekelyphit. Heide sind Gerölle aus der Drau bei Schloß Hollenburg, HANSELMAYER & HADITSCH 1974.

c) Eklogitamphibolit aus dem Debanttal, mit Hornblendekelyphit, beim "Wirtshaus in der Sag", derzeit in Neubearbeitung, besonders in bezug auf die Natur der Opazite.

d) Kelyphitamphibolit aus dem Krastal (diese Studie). Schon die Physiographie zeigte bezeichnende Unterschiede im Gewebeaufbau. So ist die Hornblende der Kelyphitschale in den Mustern a und d körnig, im Gestein b nadelig bzw. faserig und in c ist nur an wenigen Stellen der Kelyphithornblendekörner ein Ausfasern zu sehen (Obergangsstadien). Auch der Erzanteil im Kelyphit ist wesentlich verschieden, in a und d vollkommen unwesentlich bzw. fehlend, in b und c von beachtlicher Höhe (siehe Abb. 1 gegenüber Abb. 2 und 3 in HANSELMAYER & HADITSCH 1974), im Zusammenhang mit dem andersgearteten Bau der Kelyphitschale. Das Grundgewebe setzt sich in b und c aus Diablasten zusammen, in d ist es körnig mit geringer Diablastenbeteiligung, in b kann man die Struktur nicht unter dem Titel Granatporphyroblasten und Grundgewebe beschreiben. Klinopyroxenreste sind nur in b und c vorhanden. Außerdem gibt es in allen vier Eklogitamphiboliten Verschiedenheiten, auch außerhalb der Kelyphitschale, in bezug auf Art, Menge und Verteilung der Fe-und Ti-Mineralen. Man kann somit diese Gesteine, trotz äußerst naher Verwandtschaft, doch deutlich voneinander abgrenzen.

ZUSAMMENFASSUNG

Da Kelyphitbildung relativ selten ist, wurde auch das Krastaler Gestein (bei Treffen in Kärnten) studiert, zumal über dessen Petrographie bisher noch nichts bekannt war. Es hat sich gezeigt, daß schon ein Endstadium der Umwandlung vorliegt, die Amphibolitisierung hat durchgegriffen. Von besonderem Interesse ist die Kelyphitbildung um die Granatporphyroblasten. Die Ergebnisse der petrographischen Untersuchung werden in Wort und Bild vorgelegt.

DANK

Herrn Prof. Ch. EXNER sei für die Erlaubnis der Durchsicht seines bezüglichen Schliffmaterials herzlichst gedankt, ebenso Herrn Prof. J. G. HADITSCH für die Schliffaufnahmen.

LITERATUR:

ANGEL, F. (1957) : Einige ausgewählte Probleme eklogitischer Gesteinsgruppen der Österreichischen Ostalpen. - N. Jb. Min. Abh., 91:151-192. ,

EXNER, Ch., & WANDERER, E. (1962): Zur Kenntnis des Eklogitamphibolites im Debanttal (Schobergruppe, Osttirol). - Karinthin, 45/46:228-234.

HANSELMAYER, J. (1956): Ein gesteinskundlicher Ausflug ins Koralpengebiet. - Jahresber. Bundesstaatl. Frauenoberschule Graz, 6-21.

-& HADITSCH, J. G. (1974): Zwei Eklogitamphibolite mit Hornblendekelyphit. - Carinthia II, 164/84:175-188.

PLÖCHINGER, B. (1953): Erläuterungen zur geologischen Neuaufnahme des Draukristallinabschnittes westlich von Villach. - Skizzen zum Antlitz der Erde. Festschrift KOBER, 193-206.

RICHTER, W. (1973): Vergleichende Untersuchungen an ostalpinen Eklogiten. - Tschermaks Min. Petr. Mitt., 19:1-50.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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