Riedmüller G. & B. Schwaighofer / 1978                             Textauszug

 

Beziehungen zwischen Tonmineralverteilung und tektonischer Beanspruchung in der Kesselbach-Krumbach -Störung (südliche Koralpe).

Von Gunther RIEDMÜLLER und Bernd SCHWAIGHOFER  
(Mit I Abbildung)

Herrn Univ.-Prof. Dr. Heinz MEIXNER zur Vollendung seines 70. Lebensjahres gewidmet.

ZUSAMMENFASSUNG

Die systematische Tonmineralanalyse von Gesteinsproben aus einer Sondierbohrung in der Kesselbach-Krumbach-Störung ergab Hinweise auf Beziehungen zwischen Tonmineralverteilung und tektonischer Beanspruchung. Bereiche mit hohem Montmorillonitgehalt konnten mit starker Scherbeanspruchung in Zusammenhang gebracht werden. Mit Abnahme der tektonischen Beanspruchung geht der Montmorillonitgehalt deutlich zurück und Illit dominiert.

ABSTRACT

Relationships between distribution of clay minerals and tectonic deformations were found by systematic clay mineral analysis of samples from an exploratory boring in the Kesselbach-Krumbach fault system. Zones with high amounts of montmorillonite were in connection with intense shear-deformation. With decreasing tectonic deformation the amount of montmorillonite diminishes obviously and illite becomes predominant.

1. EINLEITUNG

Für den Sperrenstandort Krumbach wurden von der Kärntner Elektrizitäts-AG Bohrungen abgeteuft, die zur Aufgabe hatten, das bei der geologischen Kartierung erfaßte Störungssystem näher zu untersuchen (H. LITSCHER 1978). Aufgrund der geologischen Bohrkernaufnahme war es möglich, die tektonischen Scherzonen zu lokalisieren. Die Sondierbohrung K 3 traf nach Durchteufen kompakter Disthenflasergneise auf einen Zerrüttungsstreifen, in dem das Bohrgut in Form eckiger Gesteinstrümmer mit feinkörnigem Zwischenmittel vorlag. Dieser Bereich erstreckte sich von 12,54 m bis 15,00 m ab Geländeoberkante. Ab 15,00 m klang die Zerrüttung allmählich nach unten aus (H. LITSCHER 1977). Diese von der Bohrung K3 durchteufte Scherzone wird der Kesselbach-Krumbach-Störung zugeordnet (H. LITSCHER 1978). Mit Hilfe systematischer Tonmineralanalysen wurde versucht, eine Differenzierung innerhalb der Störung und eine Erweiterung der baugeologischen Aussage zu erreichen.

2. METHODIK

Von den im Hangenden und Liegenden der Störung auftretenden Gneisen sowie von einzelnen Kluftkörpern innerhalb der Mylonitzone wurden Dünnschliffe untersucht.

Für die mineralogische Analyse der feinkörnigen tektonischen Zerreibsel war eine Fraktionierung durch Naßsiebung und Sedimentation erforderlich (Fraktion > 1 mm, 1,0-0,2 mm, 0,2-0,063 mm, < 0,002 mm). Die Untersuchung der Siebfraktionen erfolgte lichtoptisch. Von der Fraktion < 0,002 mm wurden Präparate für die Röntgendiffraktometeranalyse hergestellt.

Für die mineralogische Phasenanalyse stand ein Philips-Röntgendiffraktometer mit Vakuumgoniometer zur Verfügung (Strahlung CuKa, 40 kV, 20 mA).

Aus den Tonsuspensionen wurden durch Absaugen Texturpräparate hergestellt, die vorher mit Kund Mg-Ionenbelegt worden waren (M. L. JACKSON 1956, L. D. WHITTIG 1965). Für die Erfassung der Tonmineralverteilung waren Expansionstests nach Behandlung mit Glycerin und DMSO (Dimethylsulfoxid) notwendig (S. G. GARCIA und M. S. CAMAZANO 1968).

Eine semiquantitative Auswertung des Schichtsilikatbestandes erfolgte aus den Reflexintensitäten mit Hilfe von experimentell und theoretisch ermittelten Korrekturfaktoren ( G .RIEDMÜLLER 1978).

3. ERGEBNISSE

Die Gneise im Hangenden der Störung zeigen im Dünnschliffbild ausgeprägte Lagentextur aus gelängten bzw. parallel-orientierten Quarz-, Feldspat- und Hellglimmerzügen sowie eingeregelten opaken Substanzen. Der enggeschieferte, teils flaserige Gneis hat einen hohen Granatanteil. Die Deformation ist in Bezug auf Granat durchwegs postkristallin. Fast immer sind die Granatkristalle chloritisiert und von Hellglimmerlagen umflossen. Untergeordnet treten kleine, stellenweise chloritisierte Biotitschüppchen auf. Bei einzelnen Feldspäten finden sich Entmischungserscheinungen (Hellglimmerfülle). Mit Ausnahme von Granat und zum Teil Feldspat hat die Kristallisation die Deformation überdauert.

Die Dünnschliffuntersuchung eines Kluftkörpers aus dem Bereich der Scherzone zeigt eine etwas abweichende Gesteinsausbildung. Das Gefüge ist feinkörniger, der Biotitgehalt höher. Besonders auffällig sind große, ausgequetschte Linsen aus feinkörnigem Disthen. Die Disthenanreicherungen sind mit Biotit, Granat und opaken Substanzen assoziiert. Bereichsweise tritt eine starke Durchbewegung in Erscheinung.

Die Disthene sind intensiv zerbrochen und von Hellglimmersäumen flaserig umgeben.

Die lichtoptische Untersuchung der Siebfraktionen zeigt durchwegs eckige Komponenten, so daß sich keine Hinweise auf Einschlämmungen ergeben.

Bei der mineralogischen Phasenanalyse der Tonfraktion (< 0,002 mm) fanden sich in sämtlichen Proben die Schichtsilikate Montmorillonit, Chlorit und Illit. Eine Differenzierung innerhalb der Scherzone ergab sich durch ihre unterschiedliche Verteilung (Abb. 1).

Der unmittelbar im Liegenden der kompakten Gneise befindliche Störungsbereich {Probe 1) zeigt die drei Schichtsilikate in annähernd gleichen Mengenverhältnissen. Mit zunehmender Tiefe wird der Illitgehalt höher, während gleichzeitig der Montmorillonitanteil deutlich zurückgeht und schließlich nur mehr in Spuren nachweisbar ist. Der Chloritgehalt bleibt in allen Proben :t unverändert (Proben 2,3,4).

4. INTERPRETATION

Aus den Dünnschliffbeobachtungen ergibt sich für die Kesselbach-Krumbach-Störung eine gegenüber dem Nebengestein stärkere Schieferungsparallele Durchbewegung und Kornzertrümmerung.

Gleichzeitig mit der mechanischen Beanspruchung bewirkten Lösungsumsätze eine chemische Umwandlung des tektonischen Gesteinszerreibsels. Dabei kam es zur Bildung von Tonmineralen.

Aus der Verteilung der Schichtsilikate sind unterschiedliche Bildungsmilieus abzuleiten, die auf differierende tektonische Beanspruchungen zurückgeführt werden können. Es ist anzunehmen, daß es in der Zone mit dem höchsten Montmorillonitgehalt zur stärksten Scherbeanspruchung gekommen ist. Die Montmorillonitbildung erfordert ein chemisches Milieu mit geringer Abfuhr von Metallionen. Diese Bedingungen sind bei niedriger Permeabilität gegeben, wie sie für mylonitische Zonen mit hoher Scherbeanspruchung charakteristisch ist (G. RIEDMÜLLER 1978). Die Intensität der tektonischen Scherbeanspruchung dürfte gegen unten allmählich abklingen, worauf die gegenläufigen Verteilungstrends von Montmorillonit und Illit hinweisen. Die starke Zunahme von l11it und der geringe Montmorillonitgehalt verweisen auf andere Bildungsbedingungen, die hauptsächlich aus einer Zunahme der Permeabilität als Folge abnehmender Scherbeanspruchung abgeleitet werden können. Aus der Verteilung der Schichtsilikate sind unterschiedliche Bildungsmilieus abzuleiten, die auf differierende tektonische Beanspruchungen zurückgeführt werden können. Es ist anzunehmen, daß es in der Zone mit dem höchsten Montmorillonitgehalt zur stärksten Scherbeanspruchung gekommen ist. Die Montmorillonitbildung erfordert ein chemisches Milieu mit geringer Abfuhr von Metallionen. Diese Bedingungen sind bei niedriger Permeabilität gegeben, wie sie für mylonitische Zonen mit hoher Scherbeanspruchung charakteristisch ist (G. RIEDMÜLLER 1978). Die Intensität der tektonischen Scherbeanspruchung dürfte gegen unten allmählich abklingen, worauf die gegenläufigen Verteilungstrends von Montmorillonit und Illit hinweisen. Die starke Zunahme von Illit und der geringe Montmorillonitgehalt verweisen auf andere Bildungsbedingungen, die hauptsächlich aus einer Zunahme der Permeabilität als Folge abnehmender Scherbeanspruchung abgeleitet werden können.

5. LITERATUR:

GARCIA, S. G., & CAMAZANO, M. S. (1968): Differentation of Kaolinite from Chlorite by Treatment with Dimethyl-Sulphoxide. - Clay Minerals 7.

JACKSON, M. L. (1956): Soil Chemical Analysis; Advanced Course. - Madison, Wisconsin.

LITSCHER, H. (1977): Geologisches Bohrprotokoll, 23. Mai 1977. - Archiv der Kärntner Elektrizitäts-AG, Klagenfurt.

-(1978): Ein Beitrag zur Geologie der südlichen Koralpe (Geotechnische Untersuchungen am Sperrenstandort Krumbach). - Carinthia II (in Druck).

RIEDMÜLLER, G. (1978): Neoformations and Transformations of Clay Minerals in Tectonic Shear Zones. - Tscherm. Min. Petr. Mitt., Wien (in Druck).

WHITTIG, L. D. (1965): X-Ray Diffraction Techniques for Mineral Identification and Mineralogical Composition. - In C. A. BLACK: Methods of Soil Analysis, Part 1; Americ. Soc. Agronomy, Madison, Wisconsin.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

zurück....