Waltinger H. & J. Zirkl / 1974                                                    Textauszug

 

Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen von Erionit aus Kollnitz, Lavanttal, Kärnten.

Von H. WALTINGER und E. J. ZIRKL 
(Mit 7 Abbildungen)

In Österreich wurde der seltene Zeolith Erionit erstmals 1961 in sehr kleinen halbkugeligen Aggregaten bzw. in winzigen Nadeln in den Hohlräumen des glasreichen Basalts von Kollnitz im Lavanttal, Kärnten, beschrieben (E. J. ZIRKL 1961 u. 1962). Seither blieben weitere Erionitfunde aus. Erst 1972 fand Herr G. WEISSENSTEINER auf der tiefsten Sohle des Kollnitzer Schotterbruches reichlich Erionit. Diesmal waren es vorwiegend 0,5 bis 2 mm lange, aber nur wenige Hundertstel- bis Zehntelmillimeter dicke Nadeln, die einzeln oder in kleinen Büscheln, manchmal auch als geschlossener Kristallrasen in den Blasenräumen des Gesteines auftreten. Der Erionit scheint diesmal an eine größere Sedimentsmolle von mehreren Metern Durchmesser, die in die basaltische Schmelze hineingeraten ist und kontaktmetamorph verändert wurde, gebunden zu sein.

Das »Muttergestein" der neuen Erionite besteht aus schwarzem Glas (mit reichlich mikroskopisch kleinen Cordieritkriställchen bzw. Cordieritdrillingen) und weißen bis grauen gefritteten sedimentstücken, die schlierig miteinander vermengt sind. Montmorillonit von grünlichgrauer Farbe füllt viele Hohlräume gänzlich aus. Andere Blasenräume tragen nur einen dünnen Wandbelag aus Montmorillonitmineralien, aber auch aus Seladonit. Pyrit und Kalzit sind reichlich vorhanden. Saponit konnte noch nicht entdeckt werden. Als jüngste Bildung -also nach der Entstehung der Tonmineralien -tritt der Erionit auf. Daneben hat Herr WEISSENSTEINER auch noch bis zu 1 cm große Kristallstöcke (Viellingsstöcke) eines phillipsitähnlichen Zeoliths gefunden. Nach einer mündlichen Mitteilung von Herrn Prof. H. MEIXNER, Salzburg, ist dieser Zeolith zwischen Phillipsit und Wellsit einzureihen. Der Zeolith hat die typischen Formen, wie sie bei Phillipsit und Harmotom bekannt sind, die optischen Eigenschaften (vor allem die optische Orientierung und die Auslöschungsschiefe) stimmen aber weder mit dem einen noch mit dem anderen überein.

Sehr auffällig ist, daß die Erionitkristalle besonders bei Sonnenschein lebhaft glänzend aufblitzen, was auf eine sehr vollkommene Kristallform mit ungestört glatten Flächen und eine bemerkenswerte Durchsichtigkeit der Kristalle schließen läßt. Während von anderen Erionitfundstellen fast ausschließlich eine filzige oder wollartige Masse gemeldet wird, kann Kollnitz die seltene Ausnahmestellung in Anspruch nehmen, daß hier jede Erionitnadel praktisch als Einzelkristall oder höchstens als Parallelverwachsung von einigen wenigen Einzelindividuen zu werten ist.

Obwohl das normale Stereomikroskop die Betrachtung und Beurteilung von Objekten in der Größenordnung 0,01 bis 0,1 mm ohne größere Schwierigkeiten zuläßt, ist die klare mikrofotografische Wiedergabe wegen der geringen erfaßbaren Schärfentiefe nicht so einfach. Hier aber ist die moderne Technik der Rasterelektronenmikroskopie geradezu ideal anwendbar.

Das Rasterelektronenmikroskop (REM) gestaltet die Abbildung der Oberfläche von räumlich ausgedehnten Objekten in etwa 20 bis 50000facher Vergrößerung mit 'einer um ein Vielfaches größeren Schärfentiefe ais mit dem Lichtmikroskop. Dabei kann die Probe unter dem Elektronenstrahl in allen drei Raumrichtungen in ,der Größenordnung von cm bewegt werden. Unalbhängig davon ist eine Dreh- und Kippbewegung möglich. Voraussetzung für einwandfreie Aufnahmen ist jedoch eine gute elektrische Leitfähigkeit der Probenoberfläche.

Die meisten Silikate, auch Zeolithe, sind aber recht gute Isolatoren und können erst nach dem Aufbringen einer Kohlenstoff-oder Metallschicht mit dem REM aufgenommen werden. Das sonst übliche Aufdampfen einer derartigen Schicht ist jedoch bei temperaturempfindlichen Objekten ungünstig. Deshalb erhielten die abgebildeten Erionitbüschel einen allseitigen, etwa 200 Å dicken Belag aus abgestäubten (und nicht aufgedampften) Goidatomen mit Hilfe eines im Zentrum für Elektronenmikroskopie entwickelten Verfahrens (F. GRASENICK, E. JAKOPIC und H. WALTINGER) in einer modifizierten Bedampfungsapparat Ur EPA 100 der -a. LEYBOLD-HERAEUS. Danach ließen sich höchst plastisch wirkende und durchgehend scharfe Abbildungen von zwei kleinen Erionitbüscheln mit unterschiedlichen Vergrößerungen und unter verschiedenen Blickwinkeln erzeugen. Als Aufnahmeapparatur diente das REM Stereoscan des Zentrums für Elektronenmikroskopie in Graz.

Neben der exakten Kristallform des Erionits liefern die REM-Aufnahmen noch ,einige weitere interessante Details. So sind z. B. die Basisflächen -von auflagernden Montmorillonitverunreinigungen abgesehen -vollkommen glatt und ohne jegliche Wachstumsstörungen, wie Vizinalflächen oder Anwachspyramiden. Weiters treten neben den dickeren Kristallen auch eine Anzahl von dünnsten, gebogenen Fäden auf, die man auf den ersten Blick für Whiskerkristalle halten könnte. Stärkste Vergrößerungen (57000fach) liefern den Beweis, daß auch sie sechsseitige Kristalle mit einer ebenen Basis sind. Eine für Whiskers charakteristische zentrale Schraubenversetzung konnte bisher nicht sichtbar gemacht werden.

Nach L. W. STAPLES und J. A. GARD 1959 sowie anderen Autoren wird Erionit als hexagonal bezeichnet. Schon die früheren Erionitfunde von Kollnitz haben jedoch eine deutliche Zweiachsigkeit ergeben (E. J. ZIRKL 1962), die an den neuen Kristallen wieder festgestellt werden konnte, woraus auf eine pseudohexagonale, rhombische oder monokline Symmetrie geschlossen werden muß. Nun wurde im REM versucht, Kristalle mit ihren Prismenflächen genau parallel Zur Mikroskopachse zu orientieren, um ihre wahren Flächenwinkel messen zu können. Es scheinen zwar von 600W,inkeln systematische Abweichungen vorhanden zu sein, doch sind die Messungen noch nicht ganz befriedigend und keineswegs beweiskräftig. Deshalb ist der Erionit von Kollnitz sicherlich ein dankbares Objekt für weitere Untersuchungen.

Zusammenfassung:

Die 1972 im Basaltsteinbruch von Kollnitz bei St. Paul im Lavanttal gefundenen Erionitkristalle sind zwar klein, aber kristallographisch sehr vollkommen ausgebildet. Deshalb wurden -wahrscheinlich erstmalig -einige rasterelekronenmikroskopische Aufnahmen von Erionit hergestellt. Winkelmessungen an den Fotos und die optischen Eigenschaften der Kristalle lassen vermuten, daß Erionit nicht -wie bisher allgemein angenommen wurde -hexagonal, sondern pseudohexagonal ist.

Abstract:

The Erionite crystals, found in 1972 in the basalt quarry of Kollnitz near St. Paul, Lavanttal, Carinthia, are small indeed, but they are perfect in their crystallographic forms. Therefore some scanning micrographs were made probably for the first time. Measurements of angles on the pictures and the optical orientation of crystals lead to the presumption that El1ionite is not hexagonal as has generally been assumed, but pseudohexagonal.

LITERATUR:

DEFFEYES, K. s. (1959): Erionite from cenozoic tuffaceous sediments, Central Nevada. - Amer. Min., 44: 501-509.

GRASENICK, F., JAKOPIC, E., & WALTINGER, H. (1972): Metallbeschichtung nid1tleitender Materialien zur Rasterelektronenmikroskopie. - Die Naturwissensd1aften, Jg. 1972.59, H. 8: 362-363.

KAMB, W. B., & OKE, W. C. (1960): Paulingite, a new zeolite, in association with erionite and filiform pyrite. - Amer. Min., 45: 79.

STAPLES, L. W., & GARD, J. A. (1959) : The fibrous zeolite erionite; its occurrence, unitcell, and structure. - Min. Mag., 32: 261-281.

ZIRKL, E. J. (1961): Neue Beobad1tungen am Basalt von Kollnitz im Lavanttal, Kärnten. - Der Karinthin, Nov. 1961, Folge 43/44:175-188.

-(1962) : Neues über den Basalt von Kollnitz im Lavanttal, Kärnten. - Tschermaks min. u. petr. Mitt., Dritte Folge, 8:96-139.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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