Papp A. / 1974

 

Beobachtungen am Profil des Seekopfsockels am Wolayersee in den zentralen Karnischen Alpen.

Von Adolf Papp

Die Anregung, das Profil am Seekopfsockel neuerlich zu begehen, wurde von Prof. Dr. F. KAHLER, Klagenfurt, gegeben, dem der Verfasser auch an dieser Stelle für seine Anteilnahme und Unterstützung herzlichst danken möchte. Der Seekopfsockel wurde bereits mehrfach eingehend untersucht (STACHE 1884, GAYER 1903, VINASSA DE REGNY 1908, 1914, SPITZ 1909 SCHWINNER.1925, GORTANI 1926, GAERTNER 1931), eine zusammenfassende Darstellung und kritische Sichtung der erzielten Ergebnisse erfolgte durch HERITSCH in HERITSCH & KÜHN, I. Bd., 1943 (siehe auch HERITSCH & KÜHN in SCHAFFER 1951, S. 238).

Eine Neubegehung konnte sich nur die Aufgabe stellen, das Profil zu vermessen und zu versuchen, neue Fossilaufsammlungen vorzunehmen. Der Fossilreichtum der Schichtenfolge, ihre instruktive tektonische ,; Lagerung in Verbindung mit günstigen Aufschlußverhältnissen, inmitten hochalpiner Landschaft macht das Profil am Seekopfsockel immer, wieder anziehend. Der Verfasser führte Exkursionen in den Jahren 1955, 1959, 1960 und 1961 durch. Allen Kollegen" die an diesen Begehungen teilgenommen haben, ist der Verfasser zu Dank verpflichtet. Besonderer Dank möge Herrn Prof. Dr. H. K. ERBEN, Bonn, für die Bestimmung von Fossilien abgestattet werden.

Die. Schichtfolge

1. Am Westufer des Sees, die Basis des Profils bildend, steht ein Komplex von grauen bis schwarzen Tonschiefern an, die nach oben zunehmend Einlagerungen von Sandsteinen zeigen. Die Schichtflächen dieser Sandsteinbänke zeigen häufiger Lebensspuren. In einer Mittelpartie treten Grauwacken-Konglomerate auf. GORTANI erwähnt aus Sandsteinen Reste von Calamiten. Diese Funde konnten leider nicht wiederholt werden. Die größte Mächtigkeit dieser Serie dürfte etwa 150 m betragen.

2. Eine massige Bank grauer, hell anwitternder Kalke bildet mit ihren steilen Wänden und einer Mächtigkeit von 15 m das markanteste Schichtglied im Profil des Seekopfsockels. Dieses zeigt auch den geschlossenen Bau einer Antiklinale, deren Südflanke steil abfällt ( vgl. Abb. 1).Die Kalkbank zeigt in ihrem oberen Teil stellenweise reichere: Krinoidenführung. Bei Punkt F 1 auf Abb. 1, also in dem obersten Teil einer kleinen Schlucht, in den höchsten Partien der massigen Kalkbank, , gelang es, ein reiches Vorkommen von Trilobiten zu finden, womit wie im folgenden noch auszuführen ist., das Alter dieses Schichtgliedes bestimmt werden konnte.

Die massige Bank fällt gegen den Paß ab. Ganz unten, wo die Östlichen Ausläufer dieser Bank aus dem Hangschutt aufragen, ist bereits das nächste Schichtglied, graue, bräunlich verwitternde Kalke mit reichem Vorkommen von Orthoceras, dem Kalk der massigen Bank an bzw. aufgelagert, zu beobachten.

3. Im unteren Teil läßt sich die Anlagerung einer gering mächtigen Lage der Kalke mit Orthoceras verfolgen. An der Grenze gegen den massigen Kalk sind an einigen Stellen deutliche Vererzungen beobachtbar ( Bereich F 2 auf Abb. 1). Diese sind wahrscheinlich im unteren Teil abgetragen, stellen also nur einen Erosionsrest dar. Sie nehmen nach oben an Mächtigkeit zu, um am Scheitel, unter den Netzkalken, eine Mächtigkeit von 10 m zu: erreichen. Hier sind auch stellenweise dunkelgraue fossilführende Kalke entwickelt (schwarze Plattenkalke K bei SCHWINNER), die tiefer bei der Stelle F 3 auf Abb. 1 nicht so deutlich erkennbar sind.

4.-6. Im 1-Iangenden folgen graugelbe graue und blaßrötliche Kalke und Kalkmergel mit flasriger Struktur bzw. die sogenannten "Netzkalke" oder "Flaserkalke". Diese Schichtserie wurde von verschiedenen Autoren gegliedert. Wir fassen diese Serie der "Netzkalke" 'in ein Schichtglied zusammen. Aus der tieferen Partie waren bereits Goniatiten bekannt (? "Tornoceras(() .In der Obersten Bank am Grerizgrat bei dem alten Betonbunker (F 4 auf Abb. 1 und 2) konnte nun neuerlich ein Goniatit gefunden werden. Wir halten daher die 60 m mächtige; Serie der Netzkalke für eine stratigraphische und lithologische Einheit.

Bei Punkt F 3 auf Abb. 1; unter einem charakteristischen Felskopf, welcher den Fundpunkt F 1 etwas überragt, ist auf dem südschauenden Hang der Übergang von Orthocerenkalk in Netzkalke am besten aufgeschlossen. Vom Liegenden zum Hangenden finden sich.

Es braucht nicht betont zu werden, daß diese Abfolge nur die hier lokal zu beobachtenden Gesteine charakterisieren soll. Wesentlich bleibt die Tatsache, daß diese Serie keine scharfe Grenze zeigt bzw. daß man eine gleitende Veränderung des Gesteinscharakters anzunehmen geneigt ist. Aus diesem Grunde wurden von Herrn Dr. E. DEDE von dieser Stelle Proben in Meterabständen entnommen und auf ihre Conodontenführung untersucht.

Die Netzkalke bilden am Grenzgrat eine charakteristische Felsspitze. Der Grenzgrat sinkt zu einem kleinen Sattel mit Betonbunkern aus dem Ersten Weltkrieg ab (F 4 auf Abb. 2). Hier befinden sich in den höchsten Partien der Netzkalke vereinzelt Breccien-Lagen rötlicher und heller Kalke. Wir halten sie für eine tektonische Breccie, wie sie, an den sekundären Schubflächen, bei Gleitbrettektonik vorkommen kann.

Vom Bunker bis zum Einstiegsturm des Seekopf-Nordostgrates, mit einer in den Fels eingelassenen Tafel zur Grenzmarkierung, zieht der Grenzgrat. Hier ist in einem "Kammprofil" der obere Teil des Profils am Seekopfsockel am leichtesten begehbar ( vgl. Abb. 2).

7. Von dem schon erwähnten Bunker entlang dem Grenzgrat folgen 45 m sandige Tonschiefer mit quarzitischen Sandsteinbänken. Diese Obere Tonschieferserie hat ihre Fortsetzung in den süd- und nordschauenden Flanken des Grenzgrates. Auf der Südflanke, etwa in der gleichen Höhe wie F 3 auf Abb. 1, ist eine Felsrippe mit Grauwacken Konglomeraten bemerkenswert.

Die Komponenten sind verschiedenartig und mangelhaft sortiert. Neben gerundeten weißen Quarzen treten Lydite auf. Stellenweise herrschen kantige Komponenten vor. Bemerkenswert sind weißliche Hornsteine, die kleine kugelförmige Einschlüsse zeigen, und blaugraue durchscheinende Hornst6ine mit Radiolarien (vgl. S. 87). In den An und Dünnschliffen ist zu sehen, daß die kleinen Komponenten meist keine Abrollung zeigen. Die Gesteine, die wir hier als mangelhaft sortierte Grauwacken-Konglomerate bezeichnen wollen, tragen alle Merkmale von Sedimenten, die bei subaquatischen Gleitungen entstehen.

Die genannte Felsrippe liegt etwa 10 m über dem Netzkalk, konnte jedoch nicht bis auf den Grenzgrat verfolgt werden. Auf dem Grenzgrat sind dunkle, dünnplattige Tonschiefer entwickelt, in die verschieden mächtige quarzitische Sandsteine in mehrmaligem Wechsel eingelagert sind. Die Gesteinsfolge erinnert sehr an eine flyschartige Fazies. Dieser Eindruck wird noch durch das Auftreten von wulstförmigen Lebensspuren auf der Schicht-Unterseite rhythmisch gebänderter Feinstsandsteine verstärkt.

Eine der auffälligsten Lebensspuren in den Mergelpartien des Flyschs sind die geführten Mäander bzw. Helminthoideen. Typische Helminthoiden konnten auch auf den Schichtflächen der Tonschiefer beobachtet werden, wodurch der flyschartige Charakter der Gesteine abermals betont wird. Mit der Charakteristik dieser Gesteine als "flyschartig" wird allerdings auch eine gewisse Aussage über den Ablagerungsraum gemacht. Es handelt sich jedenfalls um keine Bildungen geringer Wassertiefe des Littoralbereiches. Ihre Entstehung setzt größere, wenn nicht bedeutende, Tiefen voraus.

Wesentlich ist auch die Tatsache, daß der Materialbestand der gleiche ist wie in dem durch Fossilien belegten "Hochwipfelkarbon". GORTANI. (bzw. VINASSA -1914) erwähnt aus dieser Serie Calamiten. Leider war es nicht möglich, diese Funde zu wiederholen. Der Charakter der Serie mit Lebensspuren, fast. schwarzen sandigen Tonschiefern, quarzitischen Sandsteinen und den erwähnten Grauwacken-Konglomeraten würde jedoch eine Altersstellung in das Karbon nur bestätigen.

8. Am Kammprofil bei F 5, Abb. 2, 45 m vom Bunker entfernt, stehen bräunlich verwitternde Schiefer mit Einlagerung kalkiger Schlieren an. Hier konnte eine Fauna mit Brachiopoden, Echinodermen und Gastropoden gefunden werden.

Dieser Bereich konnte in die Nordwand des Seekopfsockels bis unter den Einstiegsturm des Nordostgrates verfolgt werden. Hier waren die Aufschlußverhältnisse besser als am Grenzgrat. Das Profil (Abb. 3) zeigt eine geschlossene Serie, in der die Kalkführung vom Liegenden zum Hangenden zunimmt.

Bezeichnend für die ganze Serie ist das Vorhandensein eines gewissen Kalkgehaltes. In den kalkreichen Partien sind die spatigen Körper von Echinodermenresten bei allen Schliffen zu beobachten. Die Fossilien lassen eine Ablagerung in Landnähe bzw. bei geringer Wassertiefe vermuten. Dies stellt einen scharfen Gegensatz zu der Serie im Liegenden dar, wo wir den flyschartigen Charakter betonten.

Obwohl bei Punkt F 5 der Unterschied der beiden Serien nicht sehr auffällig ist und keine tektonische Linie im Gelände hervortritt, so ist die Beschaffenheit, der Ablagerungsraum und das Alter der Gesteine different.

9. Im Bereich 80-100 m Entfernung vom Bunker (F 6 auf Abb. 2) befinden sich organogene, dunkelrote, gelb verwitternde, gebankte Kalke, reich an Echinodermen und Brachiopoden des Ordovic. Es besteht wenig Zweifel, daß die Serie vom Punkt F 5 bis zu dem kleinen Turm am Grenzgrat einer Serie das Ordovic entspricht.

10. Der kleine Turm am Grenzgrat trägt graue splittrige Crinoidenkalke. Diese dürften von GORTANI als Fortsetzung der Schichten mit Septatrypa megaera gedeutet worden sein. Wir konnten jedoch hier ( ebenso wie SCHWINNER) keine Septatrypa megaera finden. Unmittelbar an dem Abfall des kleinen Turmes (F 7) zu einem ebenen Gratstück, das zum Einstieg des Seekopf-Ostgrates führt, befinden sich dunkle Kalke mit Echinodermen, die -eine spezielle Bearbeitung des Materials war leider nicht möglich -einer Zuordnung zum Ordovic nicht widersprechen würden.

11, Das ebene, etwa 10 m lange Gratstück (Abb. 2) zeigt steil gestellte, gut gebankte Kalke, in welchen leider keine Fossilien gefunden werden konnten, Sie werden von HERITSCH: als e-gamma Plattenkalke geführt und leiten zu der mächtigen Kalkformation des Devons, die das Massiv des Seekopfs aufbaut, über.

Stratigraphie und Tektonik

1. Der Tonschiefer-Komplex im Liegenden des Profils enthält, wie auch durch Vergleiche mit dem ähnlichen Komplex 7 am Grenzgrat hervorgeht, Anteile des Karbons, Ob das gesamte Schichtglied dem Karbon angehört, oder ob in seinen oberen Partien Anteile des Ordovic vertreten sind, konnte nicht entschieden werden. Auf die Möglichkeit muß jedoch hingewiesen werden.

2. Die massige Bank lieferte aus ihren Hangendpartien (F 1) eine reiche Trilobitenfauna. Prof. H. K. ERBEN verdanken wir die vorläufige Bestimmung folgender Formen:

Aulacopleura sp. (sehr häufig)

Encrinurus sp.

Odontopleura sp.

Somit erscheint das silurische Alter der absolut einheitlichen massigen Bank gesichert. Dem kommt insoferne eine gewisse Bedeutung zu, als GORTANI 1915 von hier eine Fauna des Devons anführte. Auf die Tatsache, daß hier jedoch Otarion burmeisteri (Cyphospis) gefunden wurde (HERITSCH 1929), wird auch von HERITSCH 1943, S. 41" hingewiesen und der Widerspruch zu GORTANI hervorgehoben. Es besteht nun die Möglichkeit, daß die Reichweiten von Brachiopoden die Grenze Devon -Silur nach unten überschreiten. Die neu gefundenen Trilobiten unterstreichen jedenfalls das silurische Alter der Kalke in der massigen Bank.

Je nach der Altersstellung der Tonschiefer im oberen Anteil liegt nun die Schuppengrenze entweder an der Basis der massigen Bank (Silur über Karbon) oder innerhalb des Tonschieferkomplexes. An der Tektonik als solcher besteht kein Zweifel, da der Tonschieferkomplex auf dem Ostufer des Wolayersees von rötlichen, grau verwitternden Netzkalken des Devons mit Goniatiten unterlagert wird.

3. Die Kalke mit Orthoceras "Kalke mit 0. potens“ wurden allgemein in das Silur gestellt. Der Übergang von Kalken mit Orthoceras in die Netzkalke bietet keine tektonische Grenze an.

4.-6. Die Netzkalke sind durch das Vorkommen von Goniatiten als Devon belegt. Bei F 4, also in den allerobersten Netzkalken, konnte neuerlich ein Goniatit gefunden werden. Herr Prof. Dr. H. K. ERBEN hatte die Liebenswürdigkeit, die Bestimmung zu übernehmen. Wir zitieren seine Ausführungen wörtlich: "Das Stück ist schlecht, erhalten, nämlich lediglich im Längsschnitt. Glücklicherweise aber zeigt dieser, daß die Form eine Nabellücke besitzt. Dieser Umstand, zugleich mit der relativ schnellen Zunahme an Windungshöhe und der Wahrscheinlichkeit, daß sich die Windungen umfassen, deutet darauf hin, daß es sich wohl um einen Vertreter von Convoluticeras ERBEN oder von Mimagoniatites EICHENBERG handelt. Beide Gattungen kommen sowohl im Unterdevon als auch im Mitteldevon vor. Convoluticeras ist bekannt vom Oberemsium bis in das tiefere Eiflium, Mimagoniatites vom oberen Siegenium bis in das Eiflium. Mehr läßt sich aus dem Stück leider nicht herausholen, so interessant sein Vorkommen am Seekopfsockel an sich ist.

Daraus ergibt sich, daß in dem Schichtglied der Netzkalke nicht das ganze Devon vertreten sein kann, zumindest das Ober-Devon fehlt. An der Oberkante der Netzkalke dürfte eine sekundäre Schubbahn liegen, an der die Netzkalke abgeschert und stellenweise zu tektonischen Breccien verformt wurden.

7. über den Netzkalken folgt die obere Tonschieferserie mit quarzitischen Sandsteinen und Grauwacken-Konglomeraten, aus welchen Gerölle blaugrauer Hornsteine mit Radiolarien bereits erwähnt wurden. Im Bruch waren von den als Radiolarien anzusprechenden Fossilien nur dunkle Querschnitte erkennbar. Durch die von Dr. W. STÜRMER, Erlangen, dem auch an dieser Stelle für die aufgewendete Mühe und die mitgeteilten stratigraphischen Daten herzlich gedankt werden soll, durchgeführte Präparation wurden Primärstrukturen erkennbar.

Es handelt sich bei den Radiolarien um mittelgroße kugelige Formen mit Innenskelett. Die Poren sind klein und regelmäßig serial angeordnet. Somit handelt es sich um Radiolarien-Baupläne, wie sie bei den jüngeren Formen auftreten.

Die älteren Radiolarien ( Silur) haben nach den von W. STÜRMER geführten umfangreichen Studien ein unregelmäßiges Oberflächenskelett, die Poren sind groß und unregelmäßig maschenförmig. Die jüngeren Formen treten nach der Mitteilung von W. STÜRMER ab dem Unterkarbon bzw. Kulm auf. Seine Diagnose lautet in brieflicher Mitteilung: "Die Formen, die ich bis jetzt in den Splittern blaugrauer Hornsteine gesehen habe, und die Häufigkeitsverteilung deuten sehr stark auf kulmischen Ursprung hin; mit Sicherheit kann man sagen, daß sie nicht in das Silur gehören.

Damit dürfte ein weiterer guter paläontologischer Beleg für das karbonische Alter der oberen Tonschieferserie erbracht sein. Die Bildung der Hornsteine selbst erfolgte im Unterkarbon, ihre Verfestigung und Umlagerung ist ebenfalls karbonischen Alters.

8. Bei Punkt F 5 folgen Schiefer mit nach oben zunehmendem Kalkgehalt und schließlich dunkelrote gelb verwitternde Echinodermenkalke des Ordovic.

Die Schuppengrenze muß daher nahe dem Punkt F 5 verlaufen (Karbon unter Ordovic), obwohl man diese Schubbahn im Profil nicht deutlich ausgeprägt findet.

Daß sich im Hangenden eine Bank des Silurs ("Megaera-Bank") befindet, konnten wir nicht bestätigen. Aber auch im positiven Fall wäre der Bereich des Obersilurs nur auf maximal 5 m beschränkt. Wir neigen heute jedoch eher zur Annahme, daß in diesem Profil das ganze Silur von dem massigen Kalkmassiv des Seekopfs abgeschert wurde und nur Reste des e-gamma-Kalkes erhalten blieben, worauf die Kalkfazies des Devons in großer Mächtigkeit folgt. Aus dem geht hervor, daß im Bereich zwischen dem letzten kleinen Gratturm und den e-gamma-Kalken ebenfalls eine sekundäre tektonische Gleitbahn liegt, die das Silur zum größten Teil, oder gänzlich, abscherte.

Zusammenfassend ist also festzustellen, daß nach den hier geschilderten Beobachtungen das von HERITSCH entworfene Bild über Stratigraphie und Tektonik des Profils am Seekopfsockel vollinhaltlich zu bestätigen ist, daß hier ein Schuppenbau vorliegt, wie er in seiner Einprägsamkeit wenige Parallelen in den Ostalpen hat.

Vergleiche mit dem Profil am Valentintörl

Das Profil am Valentintörl steht in seiner Bedeutung dem am Seekopfsockel zweifellos nicht nach. Im Gegenteil, hier ist die Serie des Silurs im oberen Profilabschnitt gut entwickelt, die ja, wie erwähnt, am Seekopfsockel fehlt. Auch dieses Profil hat eine reiche Erforschungsgeschichte. Es sei in diesem Zusammenhang nur auf die Darlegungen von HERITSCH, S. 45 bis 58 in HERITSCH & KÜHN 1943, Bd. I, verwiesen. Im folgenden wäre nur auf einen Vergleich der Schichtenfolge in beiden Profilen einzugehen.

Am Ostufer des Wolayersees, ebenso wie am Valentintörl, fallen Netzkalke des Devons unter eine Tonschiefer-Sandsteinserie ( "Hochwipfel-Karbon") ein.

Im Bereich des nördlichen Valentintörls befinden sich die karbonische Tonschiefer-Sandsteinserie mit eingeschuppten Lyditen und noch im Bereiche des Törls graugrüne Schiefer des Caradoc, welche die Basis der Schuppe des Törlkopfes bilden. Dies entspricht weitgehend der Schichtgruppe 1 am Seekopfsockel.

Es folgt der massige Kalk der "Hellen Bank", den Aufschwung des Törlkopfes bildend, mit einer Fauna des Silurs (HERITSCH 1932), ähnlich der massigen Bank am Seekopfsockel.

Es folgen rötliche Orthoceraskalke mit Vererzung und dunkle plattige Orthoceraskalke, welche am Seekopfsockel ein entspreohendes, allerdings gering mächtiges, Schichtglied haben ( Schichte 3). Äquivalente der schwarzen Krinoidenkalke mit Septatrypa megaera (3 m mächtig.) konnten am Seekopfsockel vom Verfasser nicht abgegliedert werden. Ihre Äquivalente können nur in dem Übergangsprofil (S. 81) vertreten sein. Für die Plattenkalke des e-gamma ( 45 m mächtig) fehlt am Seekopfsockel ein Äquivalent.

Übereinstimmend in beiden Profilen ist das Vorkommen rötlicher Netzkalke des Devons in Rauchkofelfazies.

Es folgen, im Bereich des südlichen Törls, Hochwipfelschichten, welche der gleichen Formation am Grenzgrat entsprechen.

Die Fortsetzung des Profils ist westlich des südlichen Valentintörls aufgeschlossen (vgl. auch GAERTNER: 1931). Es folgen grünliche Schiefer und Grauwacken des Caradoc bzw .Schichten des Ordovic ähnlich wie im oberen Teil des Profils im Seekopfsockel. Ihre Basis ist in beiden Fällen die Schuppengrenze.

Die folgerden Schichtglieder scheinen im Profil des Seekopfsockels einschließlich der Kalke mit Septatrypa megaera tektonisch abgeschert bzw. sehr stark reduziert zu sein.

Die wesentlichen Gesteinsserien, Hochwipfelschichten im Sinne des Hochwipfelkarbons, Netzkalke des Devons~ helle bzw. massige Bank und Orthoceraskalke des Silurs, grünliche Schiefer und Kalke des Ordovic sind in den beiden Profilen in vergleichbarer Position vorhanden. Die Differenzen in der Schichtfolge sind gering, abgesehen vom obersten Profilstück. Daraus ergibt sich die Vorstellung, daß der am Seekopfsockel aufgeschlossene Schuppenbau unter das Massiv der Seewarte einschwingt. Hier ist er durch das Kalkmassiv der Seewarte verdrängt bzw. der Beobachtung entzogen, zumal weite Schutt- und Schneefelder den Fuß der Nordwände der Seewarte überdecken. Erst im Bereich des Valentintörls wird er wieder sichtbar.

Gegenüberstellung der Schichtfolge am Seekopfsockel und am Valentintörl

10   Reste der e-gamma-Plattenkalke             e-gamma-Plattenkalke

       Tektonische Abscherung                       Schichtenserie des Silurs

9     Kalke des Ordovic

8     Kalkschiefer des Ordovic                         Kalke und Schiefer des Ordovic

       Schuppengrenze                                   Schuppengrenze

7      Tonschiefer-Sandstein-Serie                   Tonschiefer-Sandstein-Serie

       "Hochwipfelkarbon"                                "Hochwipfelkarbon "

       lokale tektonische Abscherung

4     Netzkalke des Unter-? bis                        Netzkalke des Devons

       Mittel-Devons

        ?                                                        e-gamma-Kalke

                                                                 Megaera-Kalke

                                                                 dunkle plattige Kalke

3     Orthoceras-Kalke (Silur)                          Orthoceras-Kalke

2     Massige Bank (Silur)                                Helle Bank (Silur)

       ? Oberer Teil der                                    graugrüne Schiefer des Caradoc

       Tonschiefer-Serie

       Schuppengrenze                                     Schuppengrenze

1      Tonschiefer-Sandstein-Serie                    Tonschiefer-Sandstein-Serie

       "Hochwipfelkarbon"                                  "Hochwipfelkarbon"

        Netzkalke des Devons in                          Netzkalke des Devons

        Rauchkofelfazies am Ostufer                     in Rauchkofelfazies

        des Wolayersees

Zusammenfassung

ln vorliegender Studie werden die Ergebnisse neuer Begehungen am Seekopfsockel mitgeteilt. Es ergab sich eine weitgehende Bestätigung der Stratigraphie und Tektonik, die bereits von HERITSCH 1943 zusammenfassend dargelegt wurde.

Die als Hochwipfelschichten bzw. "Hochwipfelcarbon" bezeichnete Serie wurde genauer beschrieben und der flyschartige Charakter betont. Durch Radiolarien, die in Komponenten umgelagerter Kieselschiefergerölle gefunden wurden, konnte das karbonische Alter belegt werden. Diese Serie unterscheidet sich nach den Sedimenten und dem paläoptologischen Inhalt von den Kalkschiefern des Ordovic im Hangenden. Damit gelang es, die Überschiebung genauer zu fixieren.

Ein Vergleich mit dem Profil am Valentintörl zeigt eine ähnliche Folge der markanten Schichtglieder und bestätigt den homologen Schuppenbau mit Ausnahme des höchsten Profilanteils, der am Seekopfsockel fehlt bzw. abgeschert ist.

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