Kahler F. / 1943 |
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Der
Trogkofelkalk. Ein vergessener Kärntner Marmor. Von Franz Kahler Kalke, die politurfähig sind, werden von den Steinmetzen
ebenso als Marmore bezeichnet wie die kristallinischen Kalke, für die
allein die Wissenschaft den Namen Marmor verwendet. Im technischen Sinn
ist also der Begriff viel weiter und umfaßt ganz besonders auch die
vielen bunten Kalke, die geschliffen oft in der prächtigsten Weise
verwendbar sind. Zu diesen bunten Kalken gehören unter anderen auch die
roten Marmore von Adnet bei Hallein, die im Einflußbereich des Salzburger
Kulturkreises besonders im 16. Jahrhundert wegen ihrer tiefroten Farbe als
Grabsteine sehr geschätzt wurden. Kieslinger hat vor einigen Jahren darauf aufmerksam
gemacht, wie im Laufe der. Jahrhunderte die Farbe der Steine der Mode
unterworfen war. So war in den letzten Jahrzehnten der rein weiße und der
rein schwarze Stein als Grabstein besonders gesucht und der sogenannte
Schwarzschwedische oder der schillernde Larvikit Südnorwegens ist daher
auch auf den kleinsten Dorffriedhöfen unseres Gaues zu finden. Meistens
ist er der Ausdruck besonderer Wohlhabenheit, denn diese fremden Steine
sind teuer und allein wohl deshalb für manche Menschen schön. Im 16. Jahrhundert war es die rote Farbe und es ist manche
schwere und kunstvolle Grabplatte aus Salzburg auf mühsamen Wegen nach Kärnten
verfrachtet worden. Auch bei der Anschaffung dieser Steine mag nicht
selten ein Geltungsbedürfnis mitgesprochen haben, nur haben diese Platten
vielfach einen hohen künstlerischen oder mindestens handwerklichen Wert,
den man den gesägten modernen Steinen meistens absprechen muß. Das Verlangen nach dem roten Stein hat auch in Kärnten zur
Suche nach gleichartigen Vorkommen geführt; Es ist zu Abbauen in gleich
alten roten Kalken südlich von Eberndorf am Karawankenrand und südwestlich
Lienz gekommen. Sie haben anscheinend nicht zu großen Steinbrüchen geführt.
Gelegentlich einer Besichtigung der Villacher
Hauptstadtpfarrkirche fanden Kieslinger und ich auf der Südseite einen
Grabstein, den wir zunächst für einen sehr stark ausgebleichten roten
Adneter Marmor hielten, bis sich bei näherem Zusehen zu unserer Überraschung
der Schnitt einer für den Trogkofelkalk bezeichnenden kleinen
Versteinerung fand. Der Trogkofelkalk ist ein am Ende des Erdaltertums, etwa im
mittleren Perm entstandener Kalk, der in den Karnischen Alpen und
Karawanken, aber auch südlicher, vertreten ist. Den nördlicher gelegenen
Teilen der Ostalpen fehlt er. Er ist nach dem Vorkommen am Trogkofel, dem prachtvollen
Gipfel südlich Rattendorf im Gailtal benannt. Hier kommen drei Abarten
vor: ein gelbweißlicher Kalk überwiegt und baut .insbesondere die
unteren Teile der Kalkmasse auf. Es folgt ein rosaroter bis rötlicher
Kalk, der nicht selten schmale Adern und Nester einer roten, tonigen Masse
enthält. Leider nur selten finden sich auch dunkelrote Kalke. Der rosarote Kalk ist durch kalkspatreichere, stark
wellige, vermutlich auf die Tätigkeit von Kalkalgen zurückgehende, etwas
hellere Reste zumeist geflammt. Einzelne runde Stielglieder von Seelilien
und ziemlich seltene Schalen -von verhältnismäßig großen Urtierchen (Kammerlinge,
Fusuliniden) sind meistens die einzigen bestimmbaren Versteinerungen. Im Lebenszeitraum der Fusuliniden, der etwa die
Steinkohlenzeit und das Perm umfaßt, sind in unserem Bereiche nur die
Trogkofelkalke von heller, insbesondere rötlicher Farbe. Wenn es also
gelingt, diese Versteinerungen zu finden, dann ist die Bezeichnung als
Trogkofelkalk. vollkommen gesichert. Wenn man seine eigenartige
Verwitterungsoberfläche einmal kennt, dann vermag man auch ohne diese
Versteinerungen ihn mit Sicherheit zu bezeichnen. Es gibt aber auch einige
Werksteine, bei denen ,der Nachweis erst mit diesen Versteinerungen
erbracht werden müßte, wenn man sicher sein will. Im allgemeinen erkennt man in der Verwitterungsrinde die
Versteinerungen und das eigenartige Gefüge dieses Kalkes leichter , als
im frischen bestein. Wenn aber der Stein stark verschmutzt ist, ist ein
Nachweis kaum möglich. Ich zähle nur einige Beispiele seiner Verwendung auf. In
Villach fand ich den Stein an der Dreifaltigkeitssäule auf dem
Adolf-Hitler-Platz als Sockelstein der Säule, die aus dem schönen
Konglomerat von Laak an der Zaiet (Bischoflack) besteht, ferner ~n
mehreren Grabdenkmälern an der Außenseite der Stadthauptpfarrkirche St.
Jakob, für die erfreulicherweise manche Angaben bei Pichler und Pantz zur
Verfügung stehen. Es sind mit Sicherheit die Grabsteine Nr. 9, Nr. II,
Nr. 42 und 54, vielleicht auch Nr. 38 bei Pichler aus Trogkofelkalk.
Auffallend ist, daß bei den ersten vier Grabdenkmälern der Stein so sehr
gleich ist, daß man die Herkunft aus einem Steinbruch und nicht aus
aufgearbeiteten Blöcken annehmen muß. Es handelt sich um Steine, die in
der Größe den großen Adneter Grabplatten gleichkommen und bis , zu 3 m2
erreichen. Dies läßt bei dem ungebankten Trogkofelkalk darauf schließen,
daß es sich um ein Vorkommen handelte, indem große Blöcke gewonnen
werden konnten. In Klagenfurt ist der Trogkofelkalk in den zahlreichen
Grabsteinen an der Außenseite der Stadtpfarrkirche nicht vertreten,
dagegen fand ich ihn als Hauptmarmor der Florianisäule am ehemaligen,
Heuplatz. Es hat besonders Grueber auf die höchst originelle
Durchdringung eines Prismas, das eine kreuzförmige Grundfläche hat, mit
einer Pyramide hingewiesen. Der Sockel. und die aufstrebenden Säulen des
Prismas sind aus rosarotem Trogkofe1kalk, der mit den schwarzen Platten am
Sockel, dem weißen kristallinen Marmor der Pyramide und ,dem Gelb der
Figuren, die aus Leithakalk bestehen, zu einem recht farbenprächtigen
Denkmal. vereinigt wurde. Heute ist der Trogkofelkalk stark ausgebleicht
und aufgerauht, im allgemeinen aber hat er sich als gut wetterbeständig
erwiesen. Es handelt sich auch hier teilweise um Steine ganz beträchtlichen
Ausmaßes. Auch sie scheinen einer Herkunft zu sein. Durch diese
Feststellung gewinnt das Denkmal in dem an älteren Denkmälern so armen
Klagenfurt an Bedeutung. Schließlich fand ich Trogkofelkalk mit Sicherheit in einem
Stein des Obeliskprunnens im Landhaushof. Möglicherweise gehört auch die
Brunnenschale. dazu; ,der Stein ist aber hier so verschmutzt, ,daß ich
leider keine volle Sicherheit gewinnen konnte. Der Obeliskbrunnen ist 1833
an Stelle ,des alten Löwenbrunnens getreten. Es wäre also möglich, daß
man brauchbare Steine wieder verwendete. Wegen der schlechten Lichtverhältnisse konnte ich die
Grabdenkmäler im .Inneren der Kirchen nicht untersuchen. So mag noch so
mancher Stein zu nennen sein. Besonders wichtig wäre es auch, das
Anwendungsgebiet dieses Marmors festzulegen. Der Trogkofelkalk zeigt an den Grabplatten von Villach, daß
er für feinere Steinmetzarbeit, wie die Wappenbilder, geeignet ist. Die
Verwitterung greift den Stein nicht allzusehr an, Sie nimmt ihm, wie jedem
weicheren Stein, die Politur u 00 entzieht ihm die Farbe, sie bleicht ihn.
Größere rote Adern verwittern leichter, sie blättern auf und schädigen
daher den Stein recht sehr, sind aberselten. Kleinere Äderchen und
Flecken vergrößern die Verwitterungsfolgen nur unbedeutend. Die recht ungünstigen Verhältnisse (Feuchtigkeit in den
Fugen und jedenfalls im Mittelkörper) der Florianisäule in Klagenfurt
hat der Trogkofelkalk mit wenigen Ausnahmen gut überstanden. Auf der Südseite
sind einige Frostsprünge zusehen. Im allgemeinen ist der Stein als sehr
wetterbeständig zu bezeichnen. Er wäre allerdings in erster Linie als
Stein für die Innenarchitektur in Betracht zu ziehen, wie es ja leider
bei fast allen weicheren farbigen Steinen der Fall ist, oder man müßte
sich endlich entschließen, den Stein, wie es Kieslinger vorschlägt,
zu pflegen. Hiezu gehört die, zeitweise Reinigung von Schmutz und die
Auffrischung der Politur. Solche Gedanken sind freilich noch vereinzelt,
weil man dem Stein recht gedankenlos meist alles zumutet. Wenn wir die bisherigen Funde betrachten, stellen wir fest,
daß die bisher bestimmten Grabsteine durchwegs dem 16. Jahrhundert (1514,
1556, 1590, fraglich 1584) angehören, was kaum ein Zufall sein dürfte.
In den Denkmälern finden wir jedoch den Stein auch später. Die
Dreifaltigkeitssäule in Villach stammt aus dem zweiten Viertel des 18.
Jahrhunderts, ist aber 1930. abgetragen und 1935 neu errichtet worden. Die
Florianisäule in Klagenfurt ist 1781 errichtet, der Obeliskbrunnen gar
erst 1833: Wir werden nicht fehlgehen, wenn wir annehmen daß mindestens
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der Steinbruchbetrieb auf diesen Stein
bestand und ,daß sich die Kenntnis des Fundortes vom 16. Jahrhundert bis
in das 18., vielleicht sogar bis in das 19: Jahrhundert gerettet hat. Wo aber mag dieser Steinbruch gelegen haben? Das
Verbreitungsgebiet des Trogkofelkalkes ist verhältnismäßig groß, doch
fallen viele Vorkommen wegen der starken Zerrüttung des Gesteins oder der
Unzugänglichkeit des Fundortes aus. So ist zum Beispiel der Trogkofel oder der ihm vorgelagerte
Alpen und Zweikofel wohl kaum in Betracht zu ziehen, aber in den Wildbächen
kommen nicht selten sehr große, gesunde Blöcke herab. Ich konnte bei den
Villacher Funden darauf hinweisen, daß die Gesteinszeichnung auffallend
gleichartig ist; ich glaube daher nicht, daß man Wildbachblöcke etwa im
Doberbach oder bei Rattendorf aufgearbeitet habe. Der nächste Fundort,
die Reppwand am Gartnerkofel, ist in ihren Blockhalden von der Naßfeldstraße
sehr leicht, in ihren Wandflächen aber sehr schwer zu erreichen. Hier
gibt es freilich rosa Kalke gar nicht selten. Ein weiteres Vorkommen, das in Betracht zu ziehen wäre,
ist der Hügel von Goggau bei Tarvis, der aus Trogkofelkalk besteht.
Soweit ich ihn kenne, ist hier das Gestein stark zerdrückt, und ich
glaube nicht recht an die Möglichkeit, daß hier so große Werksteine
gewonnen werden konnten. Im Bereiche der Karawanken .haben wir zunächst Vorkommen
auf der Nordseite bei Finkenstein. Der große Kalkblock des Kanzianiberges
ist etwas stärker umgewandelt und kommt nicht in Betracht. Die Vorkommen
bei Finkenstein, die mir bekannt sind, sind klein und stark zerdrückt..
Auf der Südseite sind einige größere Vorkommen, besonders im oberen
Savetal, zum Beispiel bei Aßling, dann auch bei Veldes. Bekannt ist
ferner der Trogkofelkalk aus der Teufelsschlucht bei Neumarktl, wo seine
Altersstellung zuerst erkannt wurde, und in anderen Vorkommen, die sich
bis in die Südsteiermark ziehen. Die, weite Verbreitung des
Trogkofelkalkes hindert uns also, die Lage des vermuteten Steinbruches zu
bestimmen. Es ist daher Die Unterstützung der Geschichtsforschung
notwendig. Man kann sich zunächst wohl keine Vorstellung darüber machen,
ob die Wiederauffindung eines früher bekannten Marmors unserem Lande
einen neuen Arbeitsort schaffen würde. Denn man müßte zunächst prüfen,
ob die Größe der gewinnbaren Blöcke und deren Farbe unseren Ansprüchen
genügt. Es ist aber außer diesen praktischen Erwägungen wieder ,ein
kleiner Blick in die Welt unserer Vorfahren zu gewinnen, die mit ihrer
einfacheren, aber doch höheren Steinbruchskunst noch Vorkommen
auszubeuten
verstanden, an die wir heute mit unseren meist viel zu gewaltsamen Mitteln
nicht mit Erfolg herantreten können. Schrifttum: K. Ginhart: Die Kunstdenkmäler Kärntens, 3 (A.
Spitzmüller:
Villach) und 5/1 (O. Demus: Klagenfurt), Klagenfurt 1931 ff. G. Moro: 700 Jahre Stadt Villach, Beiträge zu ihrer
Geschichte und Kulturgeschichte. Villach 1940. P. Pichler: Die Stadthauptpfarrkirche St. Jakob in Villach
1136-1936. Villach 1936. A. Kieslinger : Die Grünschiefer von Mittelkärnten als
Baustein. Gar. II, 126, S. f-10, Klagenfurt 1936. A: Kieslinger: Zerstörungen an Steinbauten. Ihre Ursachen
und ihre Abwehr. Deuticke, Leipzig und Wien 1932.
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