Schönlaub P. H. & G. Flajs / 1975 |
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Die
Schichtfolge der Nordwand der Hohen Warte (Mt. Coglians) in den Karnischen
Alpen (Österreich). von Hans P. SCHÖNLAUB und Gerd FLAJS "Allerdings muß
man bei derartigen Klettereien die Aufmerksamkeit auf andere Dinge als auf
Versteinerungen richten." (F. FRECH 1894 beim Abstieg vom Kollinkofel
in das Eiskar.) Wer Fossilien "lesen" gelernt hat, wird sich über
die Fülle von Informationen in den Blöcken der Schutthalden um den
Wolayersee besonders freuen; der Nichtfachmann, aber auch der Spezialist,
staunen daneben über die hoch aufgetürmten Kalkmassen, die sich, von
Osten kommend, über den Cellon nach Westen in die Kellerwand und, weiter
sanft nach Norden schwingend, in das Biegengebirge fortsetzen. Von hier
wenden sie sich wieder nach Osten und streichen in den Maderkopf,
Judenkopf und weiter in den Zug des Gams- und Mooskofels. Ist diese
Konfiguration zufällig in der Folge gebirgsbildender Vorgänge
entstanden, oder ist hier eine vor Jahrmillionen geschaffene alte Anlage,
die einer modernen Atollstruktur gleicht, bis heute erhalten geblieben? Ebenso bedeutsam wie das Erkennen und die Deutung der räumlichen
Verteilung verschiedener Gesteinstypen in den Karnischen Alpen ist der
Versuch, einen entsprechenden Schichtstoß vertikal zu untergliedern. Mächtige
Abfolgen, die noch dazu gut aufgeschlossen und nicht gestört sind, bieten
sich zum Studium zeitlich nacheinander ablaufender Veränderungen im
anorganischen und organischen Milieu (Litho- und Biotop) in erster Linie
an. Versteinerungen ermöglichen in der weiteren Folge neben anderen
Kriterien die Korrelation mit Parallel-Profilen. Alle diese
Voraussetzungen sind in beinahe idealer Weise im Profil der Kellerwand
gegeben. Zwischen ordovizischer Basis und unterkarbonen Schiefern und
Sandsteinen als jüngsten Sedimenten kam es über einen Zeitraum von
nahezu 200 Millionen Jahren zum Absatz sehr unterschiechicher
Karbonatsedimente, die sich heute in einer gut gliederbaren Schichtsäule
von nahezu 1500 Meter wieder finden. Seit der ersten Gliederung von FRECH 1888 wurde das Profil
des Zuges Kellerwand-Seewarte, im Folgenden kurz das Profil der Hohen
Warte (= Monte Coglians, 2780 Meter) genannt, ausschließlich entlang des
Wandfußes am Wolayersee gegliedert (vgl. FRECH 1888, 1892, 1894; SPITZ
1907, 1909; GORTANI 1913; GAERTNER 1931; ERBEN, FLÜGEL & WALLISER
1962; VAI 1963, 1968; BANDEL 1969, 1972; JHAVERI 1969; SCHÖNLAUB 1971;
KODSI & VAI in Druck). Da die Schichtung im unteren Teil kaum ausgeprägt
ist und das Streichen fast parallel zum Ausbiß verläuft, resultieren aus
diesen Aufnahmen stark abweichende Mächtigkeitsangaben. Auch
Fossilaufsammlungen, die häufig aus Schuttmaterial gemacht wurden, ließen
es schon seit langem wünschenswert erscheinen, ein Direktprofil in der
Fallinie der Hohen Warte zu begehen und mit älteren Studien am westlichen
Wandfuß zu vergleichen. Dieses Vorhaben wurde im Sommer 1973 erstmals
ausgeführt. In den Sommermonaten 1974 wurden zusätzliche
Kontrollbegehungen unternommen. Für die Besteigung der Nordwand der Hohen Warte wählten
wir den teilweise gesicherten Koban-Prunner-Weg (weiß-rot-weiße, zur
Zeit unserer Begehungen stark verblaßte Markierung; siehe PICHL 1929;
vgl. Abb. 1). Diese Route mit Schwierigkeitsgrad II gilt laut PICHL als
"schwierig und sollte nur von berggewandten Kletterern unternommen
werden." Sie erfordert in einem zwei- bis dreistündigen, oft mühsamen
Aufstieg von der E.-Piml-Hütte (ÖAV) sehr gute physische Verfassung,
gutes Klettervermögen und vor allem Schwindelfreiheit und sehr gute
Trittsicherheit. Es sei hier ausdrücklich vor Überschätzung der eigenen
Leistungsfähigkeit gewarnt, und nur diejenigen sollten den Einstieg
wagen, die über die entsprechenden körperlichen und geistigen
Voraussetzungen verfügen! Steinschlaggefahr und sehr rasch wechselnde
Witterungsverhältnisse mögen aber auch den geübten Bergsteiger zur
Vorsicht mahnen. PROFILBESCHREIBUNGA. Ordovizium Vorkommen: Wenige Meter
nordwestlich der südlichen Scharte des Valentintörls als
stratigraphische Basis der Hohen Warte. Mächtigkeit etwa 20 m.
Ausbildung: Klastisch bis kalkig. Stratigraphischer Umfang: Oberes Ordovizium (Caradoc,
Ashgill). Profilabfolge (Liegend-Hangend): 1. Helle, mittelkörnige Sandsteine mit Schrägschichtung
und milde, siltige, grünlich-graue Schiefer. Fossilien: Bryozoen,
Cystoideenplättchen, stark verdrückte Brachiopoden. 2. 9 m violette bis bräunliche, grob gebankte
Grauwacken-Sandsteine. Fossilien : Nur im hangenden karbonatischen Anteil Bryozoen
und Echinodermatenreste; Cystoideen selten. 3. 7 m graubräunlich verwitternder, im Bruch heller
Tonflaserkalk mit lokal reichlich Echinodermatenschutt. Fossilien:
Cystoideen, Cephalopoden, Crinoiden, Trilobiten und eine reiche Mikrofauna
(SCHÖNLAUB 1971). Die Grenze zum Silur liegt unmittelbar über dem
Tonflaserkalk. B.
Silur
Vorkommen: Im Hangenden des oben angeführten Profils sowie in
Richtung Wolayersee an der Basis der Seewarte. Mächtigkeit etwa 55 m.
Ausbildung: Vorwiegend kalkig; schiefrige Partien an der Basis und
mergelige Schiefer im Cardiola-Niveau. Stratigraphischer Umfang: Mittleres bis höheres Llandovery,
Wenlock;, Ludlow, Pridoli. Profilabfolge : 4. 20 cm Schiefer mit Fe-Mn-Krusten. 5. 2 cm stark vererzte Kalke mit Sphärosiderit. 6. 65 cm unreine Kalke mit mehrfachem Wechsel fossiler
Hartgründe mit hellen dolomitischen Kalken, die stark verwühlt sind (Chondrites).
7. 50 cm stark entkalkte und zersetzte Schiefer . 8. 12,70 m helle, gut gebankte Crinoidenkalke, die
stellenweise reich an kleinen Brachiopoden und Trilobiten sind. 9. 3,90 m seidig glänzende und schwarze Mergel mit Kalken
als Äquivalente des Cardiola-Niveaus. Fossilien : Cardiolaceen,
Graptolithen, Brachiopoden und reichlich Conodonten der siluricus-Zone. 10. 22,50 m spätig hellgraue und rosa gefleckte
Orthocerenkalke im Wechsel mit feinkörnigen Kalken. Fossilien :
Trilobiten (sehr reich nahe der Basis), Gastropoden, Bivalven, im
Hangenden Gracianella umbra. Das weitere Profil wird von Schutt überdeckt
bzw. von einer Störung abgeschnitten Obersilur im ungestörten Verband
mit Devon findet sich an der Basis der Seewarte, wo durch das auffallende
Niveau mit Gracianella umbra und Conodonten der eosteinhornensis-Zone eine
exakte Parallelisierung mit dem südlich des Valentintörls
aufgeschlossenen Profil möglich ist. Es handelt sich hier nach KODSI
& V Al (im Druck) um den Bereich mit "geschichteten dunklen, rosa
und hellen, teils dolomitischen Kalken" mit 14 m Mächtigkeit, die in
der Probe B 296 Gracianella umbra führen. C.
Devon
Vorkommen: Valentintörl bis Gipfel Hohe Warte (etwa 700
m). Ausbildung: Geschichtete und ungeschichtete Kalke, selten Dolomite. Stratigraphischer Umfang: Gedinne (Lochkov) bis Oberdevon
(in der N-Wand reicht das Profil nur bis ins Mitteldevon). Profilabfolge
(Basis nach BANDEL 1969; KODSI & VAl in Druck): 11. 14 m massige bis gebankte, helle, dolomitische Kalke.
Probe FV 141 nahe ihrer Basis führt Conodonten des Unterdevons. Fossilien
: Conodonten, Crinoiden, Bryozoen und selten Brachiopoden. Alter: Der
Index-Conodont der ältesten Devon-Zone (Icriodus woschmidti) konnte in
diesem Abschnitt bisher nicht gefunden werden. KODSI & V Al halten es
daher für möglich, daß die Silur/Devon-Grenze unter Umständen noch
tiefer liegt. 12. 12 m gebankte, graue, schwach dolomitische Kalke mit
zwischengeschalteten dunkleren Partien. 13. 14 m massige bis gebankte helle Kalke. Fossilien:
Crinoiden, Korallen, Algen. 14. 7 m geschichtete, dunkle, grobknollige
Kalke. 15. 10 m massige, helle bis gelbliche dolomitische Kalke.
Fossilien: Crinoiden, Stromatoporen, Bryozoen, Algen, Conodonten. 16. 16 m plattige, schwarze bis dunkelgraue, teilweise
dolomitische Kalke. Fossilien: Crinoiden, Trilobiten (Weberopeltis sp.,
Scutellum sp., Crotalocephalus "myops", Calymene sp. u. a.,
Bryozoen, Korallen, Brachiopoden, Ostracoden, Tentakuliten (Paranowakia
bohemica), Calcisphären, selten Conodonten (u. a. Icriodus rectangularis).
Dieser Bereich entspricht dem Abschnitt Od nach BANDEL. Alter: Aufgrund
der Tentakuliten vertritt dieser Abschnitt mittleres bis höheres Lochkov
der böhmischen Gliederung. 17. 45 m massige bis gebankte, grau-gelbliche dolomitische
Kalke. Fossilien : Crinoiden, Korallen (Heliolites, Favosites),
Stromatoporen, Brachiopoden (Karpinskia conjugula, K. tschernyschewi),
Algen, Schwammnadeln, Conodonten. 18. 20 m massige bis gebankte, dunkelgraue bis schwarze,
teilweise gelblich dolomitische Kalke. Fossilien : Crinoiden, tabulate
Korallen, Bramiopoden, Stromatoporen. Dieser Liegende, von BANDEL 1969 als
»Schwarze Kalke" charakterisierte Abschnitt mit einer Gesamtmächtigkeit
von etwa 140 m entspricht zeitlich den schwarzen Lomkov( =
e-gamfia)-Plattenkalken am Cellon und Raumkofel. Für die Parallelität
sprechen neben Conodonten besonders Tentakuliten. Der hohe Bitumengehalt
und das Zurücktreten von Fossilien im Vergleich zum hangenden »Massenkalk"
weisen auf ein wenig bewegtes und zum Teil schlecht durchlüftetes Biotop,
in das nur selten pelagische Organismen gelangt sind. Diese Bedingungen
werden in den höheren Anteilen der "Schwarzen Kalke" etwas
aufgelockert, wofür Brachiopoden und Korallen-Wachstum Hinweise geben. 19. Etwa 300 m helle Crinoidenkalke und Biogerüstkalke
(vgl. BANDEL 1969). Fossilien: Crinoiden, Stromatoporen, ästige und
knollige Tabulaten, Einzelund koloniebildende Rugosen, Brachiopoden (Karpinskia
consuela, K. canjugula, Hawellella kaneprusensis, Quadrithyris carinthiaca,
Strophomenidae, Leptaena rhamboidalis, Glassinotoechia surgens, Uncinulus
sp., etc.), Algen (Garwaodia, Orthonella etc.), Bryozoen, Gastropoden (Straparallus
carnicus, S. ater, S. kackeni, S. lituites, Orthanychia abliquesulcata,
Platyceras dilatans, P. aelerti, P. humulus, P. halzapfeli, Praenatica
gregaria, Cyclonema persimile, 0. barrais, 0. invaluta, Tubina geyeri,
Trachus canspicuus, T. annae, T. scupini, Laxanema rectangulare, Halapella
incerta, Murchisania semiarnata, M. cancava, M. farnicata, Pleuratamaria
grimburgi etc.), Lamellibranchiaten (Myalina sp., Amphicaelia eurapaea,
Canacardium sp., Avicula sp., Mytilus sp., Nucula sp., Hercynella sp.
etc.), Trilobiten Weberapeltis sp., Wolayella walayae, Harpes reticulatus,
Praetus sp., Trapidocaryphe sp., Labapyge aff. altirhachis etc.),
Ostracoden, Foraminiferen (Rhabdammina, Rhizammina, Psammasphaera,
Sorosphaera), Smwammnadeln, Cephalopoden ("Orthaceras" bifrans,
0. liberum, 0. grewingki, 0. peleum, 0. lentum, Anaspyraceras
pseudacalamiteum, Plagiastamaceras pleurotomum, Temperaceras temperans,
Michelinaceras michelini), Tentakuliten (Nowakia acuaria), Conodonten (Icriadus
sp., I. cf. hudchei curvicauda, Spathagnathadus steinharnensis
remscheidensis, Palygnathus sp. etc.). Alter: Nach Trilobiten, Tentakuliten und Conodonten wird
von VAI 1968, BANfiEL 1969 und KODSI & VAI (in Druck) für den
obersten Teil dieses Schichtpaketes auf Unterefis geschlossen. Dieser
genannte Bereim entspricht dem von KODSI & VAI als »massige
hellgraue, bioklastische und biohermale Crinoiden-, Korallen-und
Bramiopodenkalke" bezeichneten Abschnitt. Im Sommer 1973 wurde das
oben dargestellte Profil in der Falllinie entlang des Nordanstieges auf
die Seewarte genau vermessen: Vom Probenpunkt FV 145 (= Schirotglied 16 s.
oben bzw. Od bei BANDEL 1969) bis zur Obergrenze der gelblichen Dolomite
beträgt die Mächtigkeit 90 m; von hier bis zur Basis der
Hercynellenkalke ( = Seewarte-Kalke nach JHAVERI 1969) in einer Höhe von
2210 m ergab die Messung 300 m. Dieser Wert liegt etwa in der Mitte der
Angaben bei KODSI & VAI mit 283 m bzw. BANDEL 1969 mit 323 m. Die
unter 19 genannten hellen Crinoiden- und Biogerüstkalke sind im Anstieg
auf die Hohe Warte entlang der Koban-Prunner-Route (siehe oben!)
gleichfalls entwickelt. Hier quert sie der Weg in einer Höhe von 2200 m
erstmals Südtirol des Valentintörls nach überschreiten eines
Schuttfeldes am Einstieg in die Nordwand der Hohen Warte. 2200 m: Graue, ungebankte Crinoidenkalke
mit Stromatoporen, Einzel- und Stockkorallen, Brachiopoden, Gastropoden und
Algen (?). Der Fossilinhalt ist infolge des Flechtenbewuchses nur auf
frischen Bruchflächen sichtbar . 2260-2280 m (1. Sicherungsseil):
Dunkelgraue, kleinstückig zerbrechende, schwach dolomitische Kalke mit überwiegend
Crinoidenschutt und in Seilhöhe mit Stromatoporen und Korallen. 2300 m: Nach einem kleinen Grasplateau und Querung nach
rechts: Stark geklüftete Crinoidenspatkalke mit vereinzelt
Stromatoporenknollen, die ab 2340 m in auffallender Weise dominieren. Es
handelt sich um einen Bereim mit gerundeten und srolemt sortierten
Stromatoporenresten mit Durchmesser bis 5 cm, die in einer bräunlich-dolomitismen
Matrix eingelagert sind. Vor dem abgelassenen Stahlseil Bereim mit
Crinoidenkalken. Typisme Biogenschuttkalke mit Einzelkorallen und
Stromatoporen (gerundet) treten wiederum massenhaft über dem obersten
Haken auf. 2350 m: Vor Erreimen des oberen
Schuttfeldes treten auffallend dichte, schwarz geflaserte bzw. dunkel
laminierte Kalke mit sehr seltenen Fossilresten in einem wenige Meter mächtigen
Abschnitt auf. Häufig sind diese Kalke calcitgeädert. Der Profilabschnitt unter dem Schuttfeld am Koban-Prunner-Weg läßt sich gut mit der in der westlichen Flanke der
Seewarte am Wandfuß aufgenommenen Abfolge vergleichen. Den Biogerüstkalken
BANDELS im Abschnitt 18 entsprechen die Stromatoporen- und Korallen-reichen
Schuttkalke der Höhe 2300 m, während den normal darüber -folgenden
typischen Hercynellenkalken (etwa 50 m mächtige, fossilreiche, schwarze
Gastropoden- und Korallenkalke) das zuletzt erwähnte Schirotglied
entspricht. Ein lateraler Wechsel über 700 m ist aber insofern gegeben,
als im Direktprofil riffbildende Strukturen wie im Westen nicht zur
Ausbildung kommen. Hier lagern sich vielmehr organodetritische Sedimente,
die mit großer Wahrscheinlichkeit von einem nahen Riff bezogen werden,
als eckige oder gerundete Bruchstücke in einer grobkörnigen
Crinoidenmatrix ab. In ähnlicher Weise verhält es sich mit den lateralen Äquivalenten
der Hercynellenkalke: Dieser sehr auffallende, dunkle Horizont kann als
dunkles Band in der nassen Felswand bis unter den Gipfel der Seewarte
deutlich verfolgt werden. Seine Position weiter im Osten war dagegen
bisher nicht bekannt. Das geringmächtige Vorkommen am Koban-Prunner-Weg
deutet darauf hin, daß gegen die Kellerspitzen und den Kollinkofel die
Hercynellenkalke faziell vollständig von hellen ungebankten Massenkalken
vertreten werden. Die Gesamtmächtigkeit des Unterdevons bis zu den
unterechsischen Hercynellenkalken beträgt entlang des Koban-Prunner-Weges,
d. h. im Direktprofil der Hohen Warte, etwa 140 m. Pieser im Vergleich zum
Wandfußprofil im Westen viel geringere, Wert kann auf eine Störungslinie,
die zwischen oberstem .Silur und Unterdevon südlich des Valentintörls
verlauft, zuruckgeführt werden. Der Weg führt im steilen Schuttfeld zick-zack gegen Süden
bergan und weicht dann nach Westen (Abb. 2). Beim Einstieg in die Wand
stehen in der Folge stark dolomitische Kalke mit viel Crinoidenschutt an. 2425 -2460 m: In dieser Höhe ändert sich
wiederum die Lithologie: Es finden sich stromatolithische Algen-Laminite
bis -Rhythmite mit 3 bis 5 cm dicken Algenlagen im Wechsel mit
Crinoidenschutt. Die Latninierung kann regelmäßig (in cm-Abständen)
oder auch unregelmäßig sein (Abb. 3). Lateral halten einzelne Algenlagen
oft meterlang an, 2460 m: Beginn dunklerer Kalke mit
undeutlicher Bankung. Die Kalke (wie oben) sind regelmäßig laminiert. 2480 m: Vor dem Einstieg in das
westliche Schuttfeld wird eine kleine Kanzel (= Hörndl, nach PICHL 1929)
gequert, wo Onkoidkalke anstehen. Die Umkrustung umfaßt Algen,
Brachiopoden, kleine Gastropoden und Echinodermaten. Sehr häufig treten
hier auch kleine Stromatoporen-Reste, Korallen und Crinoiden auf. Die
Algenlagen werden in diesem Bereich nur mehr cm-dick. Hohlraumfüllungen
mit mehreren Generationen von fibrösem Calzit sind hier relativ
zahlreich. 2470-2510 m: Nach Querung des Schuttfeldes
und Einstieg in die Wand trifft man auf Crinoidenschuttkalke mit
Stromatoporen. Eingelagert sind hier viele Einzelkorallen. über diesem
Bereich folgt ein sehr auffallender, über 100 m mächtiger Horizont einer
Kalkbreccie, die bis 2560 m reicht. Es handelt sich um dm-bis m-große,
gerundete oder eckige Kalkgerölle, die von einer grobspätigen, bräunlich-rötlichen
Calzitmatrix verkittet werden (Abb. 4). Die Kalkkomponenten gleichen den
in der Umgebung anstehenden Kalken mit Stromatoporen und Crinoidenschutt
(Abb. 5). Häufig finden sich Favosites-Stöcke mit Durchmesser in cm-Größe,
Stromatoporen, Brachiopoden usw., die in Crinoidenschutt schwimmen, der
teilweise gradiert sein kann. 2520 m: Sicherungsseil. 2560 m: Feinstückig verwitternde,
dolomitische, graue Kalke, die ähnlich dem Liegenden noch häufig
Algen-Laminae und Crinoidenspat führen. 2590 m: Sicherungsseil. Heller bis
grauer Kalk, teilweise dicht, teilweise Crinoiden-führend.
Charakteristisch ist schwarze Äderung. 2640 m: Grat erreicht. Entlang des
Grates treten graue Schuttkalke mit Algen und Brachiopoden auf. 2660 m: Sicherungsseil. Ab dieser Höhe
grobgebankte, dunkelgraue bis graue, zum Teil schwarz geäderte Kalke mit
einzelnen Crinoidenschuttnestern, weiters laminierten Partien und
dolomitischen Lagen. Die grobgebankten Kalke fallen flach (25°) nach S
bis SW ein (Abb. 6 ). 2720 m: Zwischen die gebankten
birdseye-Kalke schalten sich Brachiopodenkalke mit einer individuenreichen
Fauna ein. Daneben kommt es auch zum Auftreten Amphiporen-führender
Kalke. Auch Einzelkorallen mit Kelchdurchmesser von 1 bis 2 cm finden sich
bevorzugt in diesem Bereich, etwa 30 m unter dem Gipfel der Hohen Warte.
Die Bearbeitung der reichen Fauna ist vorgesehen. 2780 m: Gipfelplateau der Hohen Warte.
Nach überspringen eines etwa 1 m breiten Spaltes am Grat trifft man auf
graue, splittrige bis plattige Kalke, die hangend in Stromatoporenführende
Kalke übergehen. Diese führen in die Grundmasse Ooide, die aber auch in
Nestern angereichert sein bzw. die Zwischenräume der bis 1/2 m großen
Stromatoporen ausfüllen können (Abb. 7). Die Stromatoporen weisen hier häufig
Wuchsstellung auf. Diese Kalke sind im Gipfelbereich sehr auffallend
verbreitet. Die Schichtfolge über den Hercynellenkalken am
westlichen Wandfuß der Seewarte weicht vom oben angeführten Profil ab:
Wohl entsprechen sich die bei BANDEL 1972 und KODSI & VAI (in Druck)
angegebenen etwa 225 bis 250 m mächtigen "gut gebankten bis
geschichteten, grauen und gelblich-dolornitisierten, strornatolithischen
Algen-Kalke", die auch in der Nordwand bis in eine Höhe von 2480 m
und einer Mächtigkeit von etwa 150 m zur Ausbildung kommen. Im Westen
folgen darüber am Sentiero Spinotti bis in eine Höhe von etwa 1970 m
massige Kalke mit kaum ausgeprägter Schichtung. Im Bereich der
Eisenstiege: und darüber sind diese Korallen-führenden
Stromatoporenkalke aufgeschlossen. Sie sollen hier nach VAI dem Eifel
angehören und den Gipfelkalken der Hohen Warte entsprechen. Dieser
Ansicht können wir aus folgenden Gründen nicht zustimmen: 1. Es ist naheliegend, die über 100 m mächtigen
Breccienkalke ab Höhe 2480 m mit den ungebankten Kalken im Westen, die über
den Algen-Stromatolith-Laminiten mit Karpinskia consuelo folgen, zu
parallelisieren. Die gleiche Abfolge erscheint in der Nordwand. 2. In den beiden Profilen folgen über diesen Kalken
gebankte, teils dolomitische Kalke mit birdseye-Strukturen. Sie sind
einerseits am Sentiero Spinotti am Aufstieg von der Lamberthengi-Hütte
zur Marinelli-Hütte im großen, nach Süden geöffneten Kessel
aufgeschlossen, andererseits über dem Breccienhorizont ab etwa 2600 m im
Nordanstieg auf die Hohe Warte. 3. Die lithologische Ausbildung beider von uns
parallelisierten Schichtglieder ist auffallend ähnlich: Es handelt sich
jeweils um grob geschichtete, graue, Echinodermen-führende Kalke mit
birdseyes, denen dunklere Amphiporenkalke zwischengeschaltet sind. Auch
dolomitische Lagen sind hier kennzeichnend. Hauptgesteinsbildner sind
Stromatoporen und Korallen, mitunter aber auch Brachiopoden. Aus dem Gesagten sdchließen wir auf eine Gleichsetzung der
am Sentiero Spinotti am Beginn des Kessels aufgeschlossenen gebankten
Eifel-Kalke mit jenen gebankten Kalken, die am Koban-Prunner-Weg kurz vor
Erreichen des Grates beginnen und bis zum Gipfel der Hohen Warte reichen.
Das bei V AI 1963 und BANDEL 1972 genannte Riff am Gipfel der Hohen Warte
hat demnach nicht die Position unmittelbar über den
Algen-Stromatolith-Kalken, sondern gehört ins Liegende der schichtigen
Givet-Kalke mit Stringocephalen und Korallen. Diese Kalke bilden die südliche
Flanke des großen Kessels und reimen bis zu den Dolinen am Sentiero
Spinotti. Sie kommen im Profil der Nordwand der Hohen Warte nicht zur
Ausbildung. Ergänzend sei erwähnt, daß im Süden der Hohen Warte über
den Givet-Kalken etwa 50 bis 100 m mächtige Riffkalke mit Phillipsastrea
folgen, die lateral von 30 bis 50 m mächtigen Brachiopodenkalken
vertreten sein können. Sie gehen nach oben in graue Cephalopodenkalke des
höheren Oberdevons über; die Mächtigkeit kann hier bis 40 m betragen.
Solche Kalke sind am Sentiero Spinotti besonders nach den Dolinen in
Richtung zur Marinelli-Hütte vor Eintritt des Weges in die klastischen
Hochwipfel-Flysch-Gesteine aufgeschlossen. Auch die höchsten
Kalkhorizonte am Abstieg von der Hohen Warte in Richtung Marinelli-Hütte
vor Eintritt des Weges Nr. 143 in die Lydite und Schiefer (Sandsteine) des
Hochwipfel-Flysch gehören dem Oberdevon an. ZUSAMMENFASSUNG
Die Schichtfolge der Hohen Warte wird erstmals anhand eines
Profils durch die Nordwand normal zum Streichen gegliedert. über
Crinoidenschuttkalken im unteren Wandteil folgen geringmächtige
Hercynellenkalke, die faziell von der typischen Ausbildung in der Seewarte
abweichen. Darüber liegen etwa 100 m mächtige Algenlaminitkalke, über
diesen folgen über 100 m mächtige Riffschuttbreccien. Den Abschluß der
Schichtfolge bilden dunkle, teilweise dolomitische birdseye-Kalke, die
auch den Gipfel der Hohen Warte aufbauen. Bis auf die Riffschuttbreccie entspricht die Schichtfolge
des Nordwandprofils im wesentlichen der vom Fuß der Seewarte bekannten
Abfolge. Die am Sentiero Spinotti aufgeschlossenen, ungebankten Kalke
entsprechen, entgegen VAI 1963, nicht den Kalken im Gipfelbereich der
Hohen Warte, sondern den Riffschuttbreccien im Nordwandprofil. Das von VAI 1963 und BANDEL 1972 genannte Riff im Gipfelbereich der Hohen Warte
folgt nicht unmittelbar über den Algen-Stromatolithkalken, sondern bildet
das Liegende der gebankten Givetkalke. LITERATUR: BANDEL, K. (1969) : Feinstratigraphische und biofazielle
Untersuchungen unterdevonischer Kalke am Fuße der Seewarte (Wolayer See,
zentrale Karnische Alpen). - Jb. Geol. B. A. Wien, 112:197-234, 1 Abb., 8
Taf. (1972): Palökologie und Paläogeographie im Devon und
Unterkarbon der zentralen Karnischen Alpen. - Palaeontographica, Abt. A,
141:1-117, 82 Abb., 10 Taf. ERBEN, H. K., FLÜGEL, H., & WALLISER, 0. H. (1.962):
Zum Alter der Hercynellen führenden Gastropoden-Kalke der zentralen
Karnischen Alpen. - II. Int. Symp. Silur/Devon:71-79. FRECH, F. (1887): über Bau und Entstehung der Karnischen
Alpen. - Ztsch. Dtsch. , Geol. Ges., 39:739-769, 7 Abb., 1 Taf. -(1887-1894): über das Devon der Ostalpen. I-III. - Ztsch. Dtsch. Geol. Ges., 39:6?9-738, 2
Taf.; 43:672-687, 4 Taf., 46:464-479, 8 Taf. L -(1894): Die Karnischen Alpen. -514 Seiten, 3 Karten, 86
Abb., 16 Taf., 8 Profiltaf., Halle. GAERTNER, H. R. v. (1931): Die Geologie der
Zentralkarnischen Alpen. - Denkschr. Akad, Wiss. Wien, math.-nat. Kl., 102:113-199, 16 Abb., 5 Taf. GORTANI, M. (1912):
Stromatoporoidi devoniani del Monte Coglians (Alpi Carniche). - Riv. Ital.
Pal., 18:117-130, 1 Taf. JHAVERI, R. B. (1969): Unterdevonische Gastropoden aus den
Karnischen Alpen. Palaeontographica, Abt. A., 133:146-176, 5 Abb., 5 Taf. KODSI, M. G. (1971): Korallen aus dem Unterdevon der
Karnischen Alpen. - Verh. Geol; B. A. Wien, 1971:576-607,2 Tab., 4 Abb., 4
Taf. – & VAI, G. B. (in Druck): Conodontenstratigraphische
Untersuchungen am NW-Hang der Seewarte (Karnische Alpen). PICHL, E. (1929) : Führer durch die Karnischen Alpen unter
Berüchsichtigung der Lienzer Dolomiten und östlichen Gailtaler Alpen.
-260 Seiten, 15 Abb., 8 Anstiegszeichnungen, Wien. SCHÖNLAUB, H. P. (1971): Die fazielle Entwicklung im
Altpaläozoikum und Unterkarbon der Karnischen Alpen. - Ztsch. Dtsch. Geol.
Ges., 122:97-111,3 Abb. SPITZ, A. (1907): Die Gastropoden des Karnischen
Unterdevons. - Beitr. Geol.Pal.Österr.-Ungarns u. d. Orients, 20, 76
Seiten, 3 Abb., 6 Taf. - (1909): Geologische Studien in den Zentralkarnischen
Alpen. - Mitt. Geol. Ges. Wien, 2:278-334, 4 Abb., 1 Karte, 2 Taf. VAI, G. B. (1963): Ricerche
geologiche nel gruppo del M. Coglians e nella zona di Volaia (Alpi
Carniche). - Giorn. Geol., 30:137-198, 7 Abb., 7
Taf.
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