Kahler F. / 1938

 

Zur Verbreitung der Kreideablagerungen in den Karawanken.

Von Dr. Franz Kahler (Klagenfurt).

Bekanntlich treten Kreideschichten nur im östlichen Teile der Karawanken in den Gebirgsbau ein. So kommt es, daß ein beträchtlicher Teil der vereinzelten Schollen mit mehr oder weniger stark metamorphen Schiefergesteinen des Gebirgsrandes im Zusammenhang steht, während Schollen, die mit Triaskalken vereint gelagert sind, selten auftreten. Schon südöstlich von Prävali hört ihr Vorkommen auf, eine Erscheinung, die um so bedauerlicher ist, als man durch Kieslinger ja zwei Zeiten größerer Gebirgsbildung in den Karawanken kennen gelernt hat, wovon die eine vor die andere nach der Bildung der Kreideschichten stattfand. Wären also in den Karawanken die Kreideablagerungen stärker entwickelt, so würde eine Unterscheidung, was vor und nach der Bildung der Kreideschichten im Gebirgsbau vor sich ging, viel einfacher und leichter sein.

Schon Teller hat 1896 nachgewiesen, daß man die Kreideschichten in Geröllen etwas weiter nach Westen verfolgen könne als im Anstehenden. Angeregt durch eine Behauptung Lipolds, der auf der Gorna südlich von Bleiburg Kreidekalke gefunden zu haben glaubte, hat er diesen Berg genauer untersucht und festgestellt, daß zwar die Kreide nicht anstehend, wohl aber in Geröllen nachweisbar sei, die hier aus den anstehenden Tertiärkonglomeraten stammen.

Bei einem Besuche der Ostflanke dieses Berges mit Professor Kieslinger fanden wir die Angaben Tellers über die Gesteine, die die Gorna aufbauen, für richtig, wenn auch die tektonische Deutung dieses Berges in einen komplizierten Schuppenbau abzuändern ist. Leider gelang es uns nicht, die von Teller entdeckten Kreidekalkgerölle wiederzufinden, so daß wir in dieser Hinsicht seine Beobachtungen nicht ergänzen können, was um so wichtiger wäre, als am Osthang nahezu sicher über recht lockeren Tertiärschichten mit sehr bedeutendem Kristallinanteil im Geröllvolk stärker gebundene, kalkreichere Schichten folgen, die von einem Wettersteinkalk Mylonit überschoben werden. Die kalkreicheren Schichten, denen die Kreidekalkgerölle entstammen dürften, sind vielleicht dem Konglomerat gleichzusetzen, das diskordant über den Kohlenschichten des Lobniggrabens bei Eisenkappel liegt, und sind damit wohl auch mit jenem zu vergleichen, das über dem Kohlentertiär westlich von Windisch-Bleiberg ansteht. Ob dieses wiederum mit dem hochinteressanten Bodentalkonglomerat (siehe Teller) gleichzusetzen ist, was ich für wahrscheinlich halte, muß noch sehr genau überprüft werden, da sich aus dem Übergreifen dieser Konglomerate über sehr verschiedene Baueinheiten infolge der auffallend ruhigen Lage der Konglomerate sehr wichtige Schlüsse auf den Ablauf der Gebirgsbildung in den Karawanken ergeben würden. Zugleich würde man aber auch Anhaltspunkte dafür gewinnen, zu welcher Zeit spätestens (denn es sind ja im Gornahang die jüngsten Geröllschichten) Kreideschichten hier oder in der Nähe der Erosion zum Opfer fielen.

Gestatten die heute schwieriger gewordenen Grenzverhältnisse leider nicht; diese wichtigen älteren Beobachtungen (wir besuchten den Gornahang vor etwa zehn Jahren) entsprechend unserer heutigen Kenntnis von den Geröllschichten der Karawanken auszubauen, so läßt immerhin ein neuer Fund eines Kreidefossils in Tertiärschichten der mittleren Karawanken einige neue Schlüsse zu. Es handelt sich um in sehr schlecht erhaltenes Bruchstück eines Rudisten, das ich im Bärentalkonglomerat des Matzen-Nordfußes ungefähr östlich des alten Friedhofes von Waidisch fand. Die Triaskalke der Matzen schieben sich in südöstlich-nordwestlicher Richtung auf das Bärentalkonglomerat der Rauth, dessen tiefere Schichten im Gegensatz zum Singerberg-Nordhang infolge eines kräftig entwickelten Schuttfußes nicht aufgeschlossen sind, während die oberen Konglomeratbänke besonders am Westhang deutlich aus dem Hang hervortreten. Die Bindung der Konglomerate ist meistens verhältnismäßig gering, nur einzel11e Bänke sind stärker gebunden und nur diese kommen für einen Steinbruchbetrieb in Frage. Trotz der Steilheit des Hanges liegen am Westfuße der Rauth verhältnismäßig wenig Blöcke, von denen einer mit der ungefähren Größe von 6 X 6 X 6 Meter in einem kleinen Steinbruch abgebaut wird. Diese Konglomeratblöcke liegen wieder auf einem Bergsturzstrom, der vom Sechter (südlich von Ferlach) ausgegangen ist und hier zunächst mit grauen Mergelkalkblöcken (Muschelkalk?), darüber aber mit Blöcken aus weißem Wettersteinkalk und aus der Hangbrekzie des Sechters das hier anstehende Kohlentertiär überdeckt. Es kann sich daher nur um einen sehr jungen Abbruch des Konglomerates der Rauth handeln. Innerhalb des Blockes fand sich das schon erwähnte Bruchstück von ungefähr 3,5 cm Länge. Der Durchmesser des Fossils dürfte ebenfalls 3.5 cm betragen haben; die äußere Schale scheint korrodiert zu sein, sie ist fest mit dem Konglomerat verbunden; der innere Teil ist sedimentfrei und zeigt, ziemlich stark umkristallisiert, elf Querböden, die 1 bis 1,5 cm breite Zwischenräume frei lassen. Die Außenwand dürfte eine Stärke von 6 mm besessen haben. Nur an einer Stelle ist die Struktur der prismatischen Schicht in Spuren zu erkennen. Herr Professor Dr. Othmar Kühn, Wien, der den Fund zur Beurteilung erhielt, konnte durch Abschleifen einer Kante einen Schnitt gewinnen, der die für Hippurites colliciatus Woodw typische Falte zeigt. Diese Versteinerung ist für die Obere Kreidezeit (für das Senon) bezeichnend. Das Fossil liegt einzeln, ohne Nebengestein, innerhalb des gelblich- braunen, ziemlich kalkhältigen Bindemittels. Dieses ist reichlich vorhanden und füllt die Zwischenräume zwischen den einzelnen Geröllen vollkommen aus und bindet dieses so stark, daß sie zumeist beim Zerschlagen quer brechen. Liegt die Bruchfläche entlang der Oberfläche der Gerölle, so werden diese trotzdem noch nicht freigegeben. Der Verwitterungsgrad ist sehr gering. Das Konglomerat besteht nur aus Kalkgeröllen und enthält k eine Kristallingerölle. Da sehr viel Wettersteinkalk vertreten ist, ist die Gesamtfarbe der Geröllanbrüche licht. Jedenfalls stammt der Block aus einer der stärkst verfestigten Schichten des an der Rauth anstehenden Bärentalkonglomerates und gehört daher einer der höheren Konglomeratbänke an.

Es ist bemerkenswert, daß dieses Kreidefossil innerhalb eines Konglomerates gefunden wurde, das keine Kristallingerölle enthält. Da läßt sich der Schluß ziehen, daß es mit einem Geröllvolk von Süden her, vermutlich aus den vordersten Decken der Karawanken erodiert, transportiert wurde. Es ist nicht wahrscheinlich, daß es, aus großer Entfernung verschleppt, in diese Gesellschaft gekommen ist. Man kann daher, allerdings mit Vorsicht, schließen, daß im Raum von Ferlach, im Bereiche der vordersten Triasschuppen der nördlichen Kette, Kreide anstehend war. Man kann ferner schließen, daß eine Zufuhr von Geröllen aus den mittleren und südlichen Teilen der Karawanken damals noch nicht stattgefunden hat, eine Feststellung, die ja deshalb von einigem Belang ist, weil heute aus dem Paläozoikum von Zell und der Trias der südlichen Karawankenkette durch den Waidischbach reichlich Gerölle in das nördliche Vorland gebracht werden. Diese feststellung ist um so bedeutsamer, als ein allerdings wesentlich jüngeres Konglomerat, das Straschitzkonglomerat Paschingers, bereits ein für die südliche Karawankenkette (Bodental, Loibltal) eigentümliches Eruptivgestein als Gerölle enthält, so daß schon in der Zeit der Entstehung dieses Konglomerates die Erosion bis in die südliche Karawankenkette zurückgegriffen haben muß. Die Geröllforschung muß allerdings in ihren Schlüssen sehr vorsichtig sein, da die Erfahrung im Klagenfurter Becken gezeigt hat, daß es hier zu wiederholter Umlagerung von Geröllen gekommen ist, so daß zum Beispiel Serpentingerölle der Rosenbacher Kohlenschichten wiederholt in Seitenmoränen des Draugletschers gefunden wurden und früher für die Konstruktion von Stromlinien des Draugletschers gern Verwendung fanden. Es ist allerdings bei einiger Übung festzustellen, daß die umgelagerten Tertiärgerölle sich gewöhnlich durch eine bleichere Farbe, die besonders bei den Raibler Porphyren auffällig ist, von den frischen, eiszeitlichen unterscheiden lassen. Lediglich die verhältnismäßig geringe Mischung des Geröllvolkes, in dem die Kreideversteinerung gefunden wurde, läßt vermuten, daß es sich hier nicht um Aufbereitungsvorgänge alter Geröllablagerungen handelt, sondern um ein Geröllvolk auf erster Lagerstätte, das keine fremden Beimengungen enthält. Aus diesem Grunde glaube ich, daß der oben gezogene Schluß auf Kreideschichten der vordersten Einheit im Raume von Ferlach Berechtigung hat und es somit möglich ist, zu behaupten, daß am ursprünglichen Nordrand der nördlichen Karawankenkette, nach Westen wenigstens bis nach Ferlach reich end, Kreideschichten zur Ablagerung gekommen waren.

Schrifttum:

F. Teller: Erläuterungen zur geologischen Karte der östlichen Ausläufer der Karnischen und Julischen Alpen, Wien 1896.

A. Kieslinger: Karawankenstudien, I.: Die Tektonik der östlichen Karawanken. "Zentralblatt für Mineralogie etc.", Jahrgang 1929, Abt. B, Seite 201 ff. 

F. Kahler: Karawankenstudien, II.: Die Herkunft des Sedimentes der Tertiärablagerungen am Karawanken-Nordrand. "Zentralblatt für Mineralogie etc.", 1929. Abt. B, Seite 230 ff.

F. Kahler: Der Nordrand der Karawanken zwischen Rosenbach und Ferlach. "Carinthia II" 1936.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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