Matz B. / 1948                                                                              Textauszug

 

Gediegen Arsen (Scherbenkobalt) vom Hüttenberger Erzberg (Kärnten).

Von Karl B. Matz dzt. Mühlbach am Hochkönig.

1939 wurde im Revier Knappenberg des Hüttenbenger Erzberges, 40 Meter unterhalb der Heinrichsohle im Hangendmarmor des Heinrichlagers, eine Richtstrecke aufgefahren. Beim Abqueren zu dem hier 3 Meter mächtigen Eisenspatlager durchfuhr man am Hangendsalband desselben eine wenige Zentimeter mächtige Schichte einer schwarzen leicht zerbröckelnden Masse, deren Bruchstücke einen auffallenden Schalenbau erkennen ließen. Ursprünglich hielt man diese Masse wohl für Wad oder Psilomelan, die ja in den oberen Teufen der Hüttenberger Erzlager recht häufig angetroffen werden. Bald aber fanden sich an diesem -sich stellenweise zu offener Kluft erweiternden -Hangedsalband des Heinrichlagers einzelne Stufen mit traubiger, glaskopfartiger, glatter Oberfläche und auffallend hohem spez. Gewichte, so daß schon durch den Steiger Kraxner die Meinung geäußert wurde, daß es sich um gediegen Arsen handeln könne. Ich konnte mit Hilfe des Lötrohres leicht den Beweis erbringen, daß tatsächlich gediegen Arsen (Scherbenkobalt) vorliege. (Abb. 1.)

Das Arsen von Hüttenberg bildet auf Eisenspat aufsitzende, vollkommen dichte, schalig aufgebaute Krusten von durchschnittlich 1 Zentimeter Stärke. Einige wenige Stufen erreichen eine maximale Dicke von 2.5 Zentimeter. In Der Regel zerfallen diese Krusten infolge ihrer schaligen Absonderung im Vereine mit radial verlaufen der Klüftung sehr leicht in kleingrusige Bruchstücke.

Die Oberfläche der kugelig-traubigen Aggregate ist in der Regel matt angelaufen. Es wurden nur ganz vereinzelt Stufen gefunden, deren Oberfläche glänzend schwarz glaskopfartig -ist. gerade auf letzteren konnten winzige, aus radial angeordneten weißen Nädelchen aufgebaute Rosetten eines bisher noch unbestimmt gebliebenen Minerals beobachtet werden. Vermutlich liegt hier ein Arseniat vor, dessen Identifizierung einem späteren Zeitpunkte vorbehalten bleiben muß.

Die mit dem Pyknometer vorgenommene Dichtebestimmumg ergab zwischen 5.92 und 6.02 schwankende Werte, so daß als mittlerer Dichtewert 5.97 angesehen werden kann.

Eine im chemischen Labor des Hüttenwerkes Donawitz ausgefühlrte Analyse wies nach:

Arsen               90.97%

Antimon.            1.70%

Wismut               0.40%

Schwefel            0.67%

Eisen                  3.52%

CO2                   2.18%

SiO2                   0.49%

Summe              99.93%

Am Mineralogischen Institut der Montanistischen Hochschule Leoben wurden einige Anschliffe angefertigt und erzmikroskopisch untersucht. Mit Absicht wurden diese Anschliffe längere Zeit -bis zu einem Jahre -der Luftätzung ausgesetzt und blieben auffallenderweise fast gänzlich blank, ohne merkbar anzulaufen.

Schliff 1:

Er wurde tangential zum Schalenbau geführt. Durch volle 6 Monate der Luftätzung ausgesetzt, blieb er vollkommen blank ,und begann sodann erst ganz schwach anzulaufen. Bei schwacher Vergrößerung zeigt der Anschliff ledliglich eine sehr einheitliche, stark reflektierende, gelbliche Arsenmasse ohne irgend ein erkennbares Gefüge, die sich unter gekreuzten Nikols fast isotrop verhält. In ihr können wenige, sehr kleine Fremderzeinschlüsse festgestellt werden. Ein solcher, etwas größerer Einschlußtropfen erweist sich bei stärkster Vergrößerung und Anwendung von Ölimmersion aus drei verschiedenen Komponenten zusammengesetzt. Der Gesamtfarbeneindruck des Einschlußkornes ist dem gelblichen Arsen gegenüber ausgesprochen grünlichgrau. Die Hauptkomponente ist ziemlich hellbläulichgrau und zeigt sehr starke Anisotropie-Effekte. Unter gekreuzten Nikols stechen viele markante rubinrote Innenreflexe hervor. Es kann dadurch mit ziemlicher Sicherheit auf Proustit geschlossen werden. (Abb. 2.)

Im Proustit schwimmen mehrere kleine Körnchen eines deutlich härteren Minerals mit ziemlich starkem Relief und der typischen gelblichen Farbe des Arsens. Innenreflexe fehlen. Von den Rändern Des Einschlußtropfens gegen das aus Proustit gebildete Innere desselben lassen sich zwei stark gelappte Zonen eines isotropen, olivgrauen Erzes unterscheiden, das unschwer als Fahlerz anzusprechen ist.

Neben diesen Einschlußtröpfchen finden sich in der einheitlichen Arsenmasse öfters winzige, sehr hell glänlzende Fünckchen, bei denen es sich möglicherweise um Wismut handeln dürfte, dessen Vorhandensein im Arsen die Analyse nachweist.

Schliff 2:

Ebenfalls tangential zum Schalenbau. Nach über sechsmonatiger Luftätzung zeigt er nicht die mindeste Trübung.

Eine fast gänzlich einheitliche Arsenmasse von gelblicher Farbe und kaum wahrnehmbaren Anisotropie-Eiffekten enthält hie und da eingestreut etwas härtere Körnchen von deutlich hellerer Farbe. Doch scheinen Farbton und Helligkeitsgrad nicht dieselben zu sein, wie bei dem bei Beschreibung des Anschliffes 1 angeführten Wismut. Möglicherweise können diese Körnchen Antimon sein

Schliff 3:

Radial, senkrecht zum Schalenbau. Nach über einjähriger Luftätzung blieb eine innerste Zone vollkommen blank, während die nach außen anschließenden Schalen in steigendem Maße anliefen. Es ist anzunehmen, daß die Innenzone verhältnismäßig etwas antimonreicher ist und daß Der Antimongehalt in den nach außen anschließenden Zonen immer stärker zurücktritt. Die lnnenzone zeigt selbst bei stärkster Vergrößerung keinerlei Entmischungen und Einschlüsse.

Gekreuzte Nikols lassen eine ganz grobe beginnende Kristallisation in radialer Richtung quer durch die verschiedenen Schalen und Zonen erkennen. An einzelnen Stellen tritt diese grobe Kristallisation zugunsten eines faserigen Baues zurück.

Wie der nierig-traubige und schalige Bau der Arsenaggregate und das fast isotrope optische Verhalten beweisen, ging die Bildung des Hüttenberger Scherbenkobaltes aus einem Gelgemisch vor sich. Auf freier Kluft schieden sich aus diesem Gelgemisch zunächst antimonreichere Schalen ab, wobei die Kristalle der Eisenspatunterlage die Ansatzpunkte bildeten. Die darüber folgenden Schalen wurden immer antimonärmer. Wie aus der angeführten Analyse hervorgeht, kann der Antimongehlalt der inneren Lagen selbstverständlich niemals vorherrschend wenden, so daß keinesfalls von einem Allemontit die Rede sein kann.

Nachträglich ging eine schwache Kristallisation quer über die Zonen abnehmender Antimongehalte hinweg und verursachte den im Mikroskop erkennbaren schwach angedeuteten körnigen und faserigen Bau, sowie die nur im Querschliffe erkennbare schwache Anisotropie. Diese radial verlaufende Kristallisation führte zweifellos zur Ausbildung von gleichlerweise radial angeordneten Absonderungsflächen, die im Verein mit der guten sclhaligen Ablösung die Ursache des grusigen Zerfalls der Aggregate bilden.

Der Eisenspat, der die Unterlage des Scherbenkobaltes bildet" ist ein typischer Vertreter des Weißerzes, wie im Hüttenberger Revier der lichtisabellgelbe, unzersetzte Siderit genannt wird. Er zeigt verhältnismäßig feines Korn und ist reichlich mit Pyrit imprägniert. Seine drusige Oberfläche, auf der das Arsen direkt aufsitzt, besteht aus nur kleinen, 5 bis 8 Millimeter messenden Rhomboedern, die ihrerseits aus winzigen Subindividuen aufgebaut sind.

Der in der Analyse aufscheinende Eisengehalt ist wohl auf Kosten einer geringen Verunreinigung Des Probematerials mit anhaftendem Eisenspat und eingestreutem Pyrit zu setzen. Mit dieser Annahme stimmen auch die nachgewiesenen geringen Gehalte an SCO2 und SiO2 überein.

Halberfelner und Redlich (1) verlegen die Bildung des Hauptteiles Der Sulfide und Arsenide, sowie des Schwerspates auf der Hüttenberger Lagerstätte in eine jüngere Vererzungsphase, Die in Form von Quer und Lagergängen die älteren Siderite durchsetzt. Möglicherweise ist Der Absatz des Arsens noch dieser jüngeren Bildungsphase zuzurechnen. Die auf eine niedere Bildungstemperatur deutende gelartige Ausbildung und die gerade erst beginnende Kristallisation lassen aber unter Umständen an eine noch jüngere -vielleicht sogar deszendente (zementative) -Bildungsmöglichkeit schließen. Es mag bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen werden, daß im Bereiche der Hüttenberger Lagerstätte auch ein Teil der Kieselsäure als Gel (Chalcedon und Kascholong) angetroffen wird. Österreich weist nur einige wenige verbürgte Fundorte von gediegen Arsen auf.

Brunlechner (2) zitiert nach H. Höfer (3) ein Vorkommen von Arsen aus dem Benediktigesenke des Eisenspatbergbaues Wölch im Lavanttate, also von einer Lagerstätte, die im wesentlichen dem gleichen Typ wie Hüttenberg angehört. Dem Entgegenkommen Herrn Dr. F Kahlers verdanke ich die Überlassung einer Wölcher Arsenstufe des Kärntner Landesmuseums zum Vergleiche.

Auf den ersten Blick zeigt diese ein wesentlich anderes Aussehen als die Hüttenberger Arsenstufen. Nirgends ist auch nur eine Spur eines auf ehemaligen gelartigen Absatz deutenden Schalenbaues zu beobachten. Das Arsen von Wölch bildet vielmehr grobkörnige, stark schwarz angelaufene Aggregate in enger Verwachsung mit hellem Eisenspat.

Ein Anschliff läuft im Gegensatz zu den Schliffen des Hüttenberger Scherbenkobaltes binnen wenigen Tagen gänzlich an. Im Erzmikroskop zeigen sich scharf begrenzte, eckige Körner, die bei gekreuzten Nikols sehr starke Anisotropie-Effekte erkennen lassen. Sehr häufig sind Einschlüsse und Verwachsungen anderer Erzminerale. Schon im Handstück lassen sich langgestreckte, bleigraue Nadeln und Stengel erkennen. U. d. M. sind sie nach ihrer bläulichgrauen Farbe und der sehr starken Anisotropie leicht als Bleispießglanz, vermutlich Jamesonit, zu identifizieren. Daneben ist olivgraues, isotropes Fahlerz erkennbar. Ziemlich häufig finden sich im Arsen eingestreut scharf begrenzte Kristalle von Arsenkies, in der Regel von einem schmalen Quersaum umgeben. Schließlich zeigt stärkste Vergrößerung in einzelnen Arsenkörnern winzige Nädelchen mit rautenförmigem Querschnitt, deren Farbe dem gelblichen Arsen gegenüber ausgesprochen dunkelgrau ist und die stark anisotrop sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich auch hier um Jamesonit oder einen verwandten Bleispießglanz.

Im Gegensatze zum Knappenberger Scherbenkobalt, dessen Zugehörigkeit zur jüngeren Vererzungsphase nach Halberfelner-Redlich zweifelhaft ist, können die kristallinen Wölcher Aggregate wohl sicher der die Sulfide und Arsenide führenden Quergangparagenese zugezählt werden.

Ein weiteres Vorkommen von Arsen erwähnt Fugger (4) aus dem "Tiefen Stollen" Des Kupferbergbaues Mitterberg in Salzburg. Leider war kein Belegstück für dieses Vorkommen aufzutreiben. Die angegebene Örtlichkeit ist einigermaßen unklar, da die Bezeichnung "Tiefer Stollen" in den Grubenkarten der letzten 50 Jahre nicht aufscheint. Da Fuggers Werk 1878 erschienen ist, dürfte die Vermutung, daß mit dem "Tiefen Stollen" der damals tiefste Einbau, der spätere "Barbarastollen" gemeint ist, viel für sich haben. Die angegebene Paragenese mit Quarz und Fahlerz läßt auch hier auf Zugehörigkeit zur jüngeren Quergangformation schließen. Relativ am häufigsten fand sich Arsen jedoch auf der äußerst interessanten Nickel-Kobalt-Lagerstätte der Zinkwand in den Schladminger Tauern.

Hatle (5), der sich auf Angaben von Kopetzky (6) und J. Rumpf (7) stützt und ebenso Zepharovich (8), der sich außerdem auf A. Kenngott (9) bezieht, frühren das Vorkommen von Arsen in schaligen Lagen und derben feinkörnigen Massen mit schwärzlich angelaufener Oberfläche, oft mehrere Pfunde schwer, an. Von neueren Bearbeitern schildert Friedrich (10) das Arsen der Zinkwand als mittelkörnigem Bleiglanz sehr ähnlich, oft bis kopfgroße Anhäufungen bildend. Bei der erzmikroskopischen Untersuchung stellte der Letztgenannte auch Entmischungströpfchen von Antimion und Wismut -also ähnlich dem Hüttenberger Vorkommen -fest, daneben noch Rammelsbergit.

Schließlich führt Gasser (11) unter Bezugnahme auf v. Senger (12) "gediegen Arsenik" Vom Fügnerberge im Zillertale an, wo seinerzeit "von Gewerken im Tonschiefergebirge auf Kobalt gebaut wurde". Ebenso wie am Mitterberge handelt es sich hier wohl nur um einen einmaligen Fund, wenn nicht überhaupt um ein anzuweifelndes Vorkommen.

Lassen wir die beiden durch keinerlei Belegstücke überprüfbaren Vorkommen Mitterberg und Fügnerberg außer acht und stellen wir lediglich die beiden Vokommen Hüttenberg-Wölch und Zinkwand einander gegenüber, so dürfte ein Vergleich der beiden bezüglichen Primärmineralparagenesen von Interesse sein. Bei weitgehender Übereinstimmung der bei den Erzparagenesen ist doch deutlich zu erkennen, daß das Schwergewicht beim Lagerstättentypus Hüttenberg-Wölch bei den Antimonmineralien liegt, wogegen ,der Typus Zinkwand eine gewisse Vormachtstellung der Arsen -und bis zu einem gewissen Grade auch Der Wismut-Mineralien erkennen läßt. Sehr wesentlich ist das Fehlen des Kobaltes in der Hüttenberger Paragenese, ,die kein einziges Kobaltmineral aufweist, wogegen dieses Element für die Lagerstätten Der Zinkwand geradezu bezeichnend ist.

Am stärksten prägt sichern gewisser Unterschied der Gangarten aus. Hüttenberg erinnert mit Schwerspat und Rhodonit neben Eisenspat und Ankerit einigermaßen an die Lagerstätten der Grauwackenzone. Der Typus Zinkwand zeigt dagegen mit Titanit, Chlorit, Albit weitgehende Beziehungen zu den "Mineralklüften" der Tauern.

Es mag nicht unerwähnt bleiben, daß die Erzvorkommen der Schladminger Tauern vor allem erzmikroskopisch weit besser bekannt sind, als die Lagerstätten Hüttenberg-Wölch. Bearbeitungen, wie sie Friedrich (13) an den Nickel-Kobaltvorkommen einerseits und den Blei-Silbervorkommen bei Schladming anderseits lieferte, fehlen aus dem Hüttenberger Erzzug praktisch noch zur Gänze.

Literaturverzeichnis:

(1) Haberfelner -Reldlich: Ojle Eisenlagerstätten im Zuge Löllingit-Hüttenberg-Friesach in Kärnten. (Berg.-u. httnm. Jb. Leoben, 76., 1928, Heft 3-4.)

(2) Brunlechner: Die Minerale Kärnten.

(3) Höfer H.: Die Mineralien Kärntens. (Jb. d. naturhist. Landesmuseums v. Kärnten. 10., Klagenfurt 1871, S. 11.)

(4) Fugger: Die Mineralien des Herzogtums Salzburg. (Salzburg 1878, S. 1.)

(5) Hatle: Die Mineralien des Herzogtums Steiermark. (Graz 1885, S. 4.)

(6) Kopetzky: Übersicht der Mineralwässler und einfachen Mineralien Steiermarks" (4). Jahr. Ber. über die st. st. Ober-Relalsch. in Gratz f. d. Studienjahr1855.)

(7) Rumpf J.: Über Mißpickel vom Leyerschhag in der Zinkwand bei Schladming. (Tschermak,s Min. petr. Mitt., 1874, S. 231-,238.)

(8) Zepharovic: Mineralogisches Lexikon des Kaisertums Österreich. Bd. I.

(9) Kenngott A.: Übersicht der Resultate mineralogischer Forschungen in den Jahren 1852.

(10) Friedrich O. M.: Die Erze und: der Vererzungsvorgang der Kolbalt-Nilckehagerstättte Zinkwand-Vöttern in den Schladminger Tauern. (Berlg-u. httnm. Jb. Leoben, 81., 1933, Heft l.)

11) Gasser: Die Mineralien Tirols. Innsbruck 1913, S. 44.)

(12) v. Senger W.: Versuch der Oryctographie der gefürsteten Grafschaft Tyrol. (Innsbruck 182l.)

(13) Friedrich O. M.: Silberreiche Bleiglanz-Fahlerz-Lagerstätten in den Schladminger Tauern und allgemeine Bemerkungen über den Vererzungsvoirgang. (Berg.- u. httnm. Jb. Leoben, 81. 1933, Heft 3.)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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