Exner Ch. / 1965

 

Phengit in Gesteinen der östlichen Hohen Tauern.

Von Christof Exner

Anläßlich der Strukturbestimmung (W. G. ERNST 1963; M. D. FOSTER 1956; W. T. SCHALLER 1950) und synthetischen Herstellung (B. VELDE 1964) des Minerals Phengit sowie der im mineralogischen Institut (Vorstand Prof. F. MACHATSCHKI) der Universität Wien durchgeführten, chernisch-analytischen, röntgenographischen und optischen Untersuchung einer Phengitschieferprobe aus den östlichen Hohen Tauern (A. PREISINGER, Anz. Österr. Akad. Wiss. 1965) seien hier von geologischer Seite aus einige Beobachtungen über das natürliche Vorkommen und die Vergesellschaftung dieses Minerals in unserer heimatlichen Gebirgskette zwischen Kärnten und Salzburg, nämlich in den östlichen Hohen Tauern zwischen Hochtor (Großglocknerstraße) und Katschberg mitgeteilt.

Der Phengit unseres Gebietes ist ein megaskopisch graugrüner bis apfelgrüner Hellglimmer, der im Mikroskop bei normaler Schliffdicke Pleomroismus von farblos ( oder hellgrün) zu blaßgrün oder intensiv apfelgrün) zeigt, schwankende Achsenwinkel 2 VX=0 bis 50° besitzt und den charakteristischen Chemismus eines Al-armen und Si-reichen, Mg und Fe enthaltenden Kaliglimmers aufweist.

Die oben genannten Untersuchungen haben ergeben, daß Phengit eine Mischkristallreihe zwischen den Endgliedern Muskowit und Seladonit bildet. Die von den Phengiten unseres oben gekenntzeichneten Arbeitsgebietes bekannte Eigenschaft der lokal verschieden intensiv ausgeprägten Färbung, der lokal verschiedenen Intensität des Pleochroismus und die bekannte Erscheinung, daß der Achsenwinkel zwar im allgemeinen klein ist, aber innerhalb der soeben genannten Grenzen von 0 bis 50° lokal stark schwankt, stimmen die mit überein. Sie dürften auf verschieden dosierte Beimengungen in erster Linie von Fe innerhalb der Mischkristallreihe zurückzuführen sein.

Ferner zeigten die eingangs genannten experimentellen Untersuchungen (B. VELDE 1964), daß die optimalen Stabilitätsbedingungen des Phengits im Bereich niedriger Temperaturen, hohen Totaldruckes und hohen Wasserdruckes liegen, so das es sich in der Mehrzahl der Fälle um ein typisches Mineral der metamorphen Epizone handelt, aas vor allem aus den Westalpen in großer Verbreitung bekannt ist, ferner aus der kalifornischen Küstenkette, aus Japan und andernorts. Die Synthese des Minerals wurde bei 3800 C, 10 Kilobar Totaldruck und bei hohem Wasserdruck durchgeführt. Es wird angenommen, daß der hohe Totaldruck sehrwesentlich auf tektonischen Stress zurückzuführen ist und weniger auf den hydrostatischen Überlastungsdruck, was ja auch vorzüglich damit übereinstimmt, daß sich der Phengit in der Natur , besonders in den epimetamorphen Tektoniten der Regionalmetamorphose mit Anzeichen starker Gesteinsdurchbewegung vorfindet. Mineralfaziell gehört Phengit vor allem in die niedrig temperierte Grünschierfazies (Grünschieferfazies im engeren Sinne, nach der guten alten Nomenklatur von P. ESKOLA) und in die Glaukonitschieferfazies ("Blauschieferfazies"). Bezeichnend und wesentlich ist, daß der Phengit im allgemeinen dort auftritt, wo der Biotit noch nicht oder nicht mehr stabil ist. Mg und Fe, die im Starkwirkungsbereich der . Metamorphose in den Biotit eingehen, mengen sich im Schwachwirkungsbereich unter bestimmten Umständen dem Kaliglimmer bei und bilden somit Phengit, wobei der Al-Gehalt des Kaliglimmers abnimmt, der Si-Gehalt hingegen zunimmt. Bekanntlich herrschen in den polymetamorphen Gesteinen zumeist keine strengen Gleichgewichtsverhältnisse. So finden wir in den östlichen Hohen Tauern stellenweise ein Zusammenvorkommen von Biotit und Phengit im selben Gestein worauf unten zurückzukommen sein wird.

HISTORISCHES

Zuerst möchten wir aber doch noch die historischen Daten ;erwähnen, weil diese sich teilweise auf den engeren Bereich der österreichischen Alpenländer beziehen.

So wurde der Begriff Phengit in seiner heutigen chemischen Aussage vom großen österreichischen Mineralogen G. TSCHERMAK (1879) aufgestellt. Als Basis dienten ihm die chemische (LOBISCH 1877) und kristallographisch-optische Untersuchung (G. TSCHERMAK 1877) des tombakbraunen Glimmers im Pegmatit von Soboth (Koralpe, Steiermark) und eine Untersuchung des Glimmers vom Rothenkopf im Zillertal. Zusätzlich wurden auch Analysen graugrüner Hellglimmer aus dem Sächsischen Erzgebirge (Analyse von SCHEERER) angeführt. Bezüglich des Glimmers von Soboth siehe: A. KIESLINGER (1928-1 Wie dieser Pegmatitglimmer von Soboth überhaupt in die Phengitreihe hineinpaßt, die doch gerade für epimetamotphe Gesteine und nicht für Pegmatite des Starkwirkungsbereiches der Kotalpe leitend ist; bleibt uns vorläufig ein ungelöstes Rätsel und wäre einer Nachprüfung wert. Tatsache ist jedenfalls, daß der Pegmatitglimmer von Soboth bei der Taufe des Minerals Phengit Pate gestanden hat. Den Namen "Phengit" hat TSCHERMAK nicht. erfunden; sondern von einem älteren Autor KOBELL übernommen, der ganz allgemein Muskowit als Phengit bezeichnet hatte (siehe dazu: TSCHERMAK-BECKE, Lehrbuffi der Mineralogie, 8. Auflage, Wien 1923, p. 643).

Die "grünen Quarzite" in den östlichen Hohen Tauern waren schon den Geologen aus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bekannt. Man hat die entsprechenden Gneise damals aber zu den Quarziten gezählt und dementsprechend eine einfache Tektonik konstruiert, da man die Gneisdecken und Gneislamellen damals vielfach noch nicht erkannte. Tatsächlich gehören Phengitgneise, Phengitschiefet und "Phengitquarzite zu den auffälligsten und verbreitetsten Erscheinungen der. ganzen Gebirgsgruppe. Weite Plattenhänge und -große Geröllfelder am Fuße dieser Hänge glitzern in der Sonne von diesem grünlichen Glimmer, z. B. im Gebiete der Mureckdecke im Murwinkel (Mannsitz, Reiterberg, oblitzen), in der Gneislamelle des Katsffiberggebietes (Großem, Schrovinkogel, Brandleiten, Wandspitze, in den Gneislamellen 2 bis 5 der Sonnblickgruppe, z. B. Rote Wand, Stanziwurten, Trogereck, Modereck usw.

F. BECKE (1923) kennzeichnete den Granitgneis am Nordrande des Hochalm-Ankogel-Massives in den Steinbrüchen bei der Mündung des Angertales (nordnordwestl. Badgastein) als "biotitfrei", der Muskowit ist durch Eisenoxydgehalt merklich grün gefärbt".

Chemische Analysen des grünen Hellglimmers aus entsprechenden Gesteinen der Westalpen ergaben, daß es sich um den TSCHERMAK'smen , Phengit handelt. Die beiden Analysen aus Adulagneis von E. WÜLFING, publiziert von C. SCHMIDT (1891), und eine ebensolche spätere (P. NIGGLI, F. DE QUERVAIN und R. U. WINTERHALTER (1930) waren neben den optischen Kennzeichen (Pleornroismus, niedriger Achsenwinkel) maßgebend, dieses Mineral als Phengit zu bezeichnen, da sie mit den TSCHERMAK'smen Daten im wesentlichen übereinstimmten (H. PH. ROOTHAAN 1919, W. K. NABHOLZ auf Grund sehr umfassender Untersuchungen 1945, R. O. MÜLLER 1958). Neuere Analysen und teilweise röntgenographische Untersuchungen bestätigten dies aus dem Adulagebiet (L. VAN DER PLAS 1959), aus dem Roffna-Porphyroid der Surettadecke (M. GRÜNENFELDER 1956) und aus den "gneiss minuti" der Sesia-Lanzo-Zone östlich des Gran Paradiso (R. MICHEL 1953).

In den östlichen Hohen Tauern hat S. PREY (1937) erstmals sorgfältige Beobachtungen bezüglich des Erscheinungsbildes und des geologischen Auftretens des grünen Hellglimmers angestellt und darauf hingewiesen, daß es sich vermutlich um einen dem Phengit nahestehenden Muskowit handle. Er wies auf ähnliche Vorkommen im Malojagneis hln, die von H. P. CORNELIUS (1913) auf Grund dessen Schweizer Erfahrungen ebenfalls als in die Nähe des Phengits zu stellen betrachtet wurden. PREY beschreibt unser Mineral als grüngrauen oder graugrün gefärbten Muskowit, der im Dünnschliff eine blasse Farbe und Pleochroismus sowie blaß-gelbgrüne pleochroitische Höfe uni Einschlüsse von Orthit und Zirkon aufweist und niedrige Achsenwinkel besitzt. Dieses Mineral findet sich nach PREY besonders in den biotitärmeren Zentralgneisabkömmlingen und eventuell in permoskythischen Arkosen und Quarziten. Als Vorkommen in der südlichen Sonnblickgruppe werden von diesem Autor namentlich angeführt: Ehemals biotitführende Orthogneise .(Zentralgneise); einige Albitgneise des Zentralgneisrandes; Vorkommen in den Zentralgneisen selbst; in den Gneisspänen der Fleisshülle; in den Rote Wand- und Modereckgneisen und im Altkristallin des Makerni.

Besonders grundlegend und wichtig ist also die durch BECKE und PREY angebahnte Erkenntnis des Auftretens des grünen Hellglimmers in stark durchbewegten und innerhalb des metamorphen Schwachwirkungsbereiches (niedrig temperierte Bereiche der Epizone) rekristallisierten Orthogneisen, wobei der Biotit instabil wird und der grüne, eisenhältige Hellglimmer an die Stelle des Granitbiotits tritt und so ein ganz charakteristisches Leitmineral der betreffenden, geologisch recht gut definierten Gesteinszonen abgibt.

A. HOLTINGER (1935) zog von den Gneislamellen des Sonnblickgebietes die Parallele zu den Phengitgneisen des Adulakristallins, die er auch mit dem originellen und den landschaftlichen Erscheinungsbild entsprechenden Ausdruck:: "Grünglimmergneise" belegte.

ANGEL (1939), F. ANGEL und R. STABER † (1952) erwähnen : aus dem Gebiete des Murwinkels (Silbereckserie und Mureckgneis ) lichtölgrüne und apfelgrüne Serizitquarzite, lichtgrüne Serizitschiefer und apfelgrüne Serizitphyllite. CH. EXNER (1949) erkennt die petrographische und tektonische Ähnlichkeit der Gneise mit dem grünlichen Glimmer der Mureckdecke, Lonzalamelle und Rote Wand-Modereckdecke und faßt diese Gneise unter dem Begriff M-Gneis zusammen. Er bemerkt dazu: "Der apfelgrüne Muskowit ist mikroskopisch schwach pleochroitisch (phengitisch, CORNELIUS 1913)." Auch in den Erläuterungen zur geologischen Karte der Umgebung von Gastein (CH. EXNER 1957) wird der Pleochroismus des Muskowits aus entsprechenden Gneislamellen erwähnt (farblos bis schwach apfelgrün).

DIE GEGENWÄRTIGE SACHLAGE

G. FRASL (1958) bestimmt den Achsenwinkel des grünlichgrauen, deutlich pleochroitischen Hellglimmers aus einem geröllführenden Arkosegneis der Wustkogelserie im Seidlwinkl mit 2 Vx=26° und bemerkt dazu: "Nam TRÖGER's Bestimmungstabellen typisch für Phengit. Dem gleichen auch die im weiteren als Phengite bezeichneten Glimmer der anderen Vorkommen von Quarziten und Schiefern der Wustkogelserie im Seidlwinkltal. " Dementsprechend gebraucht G. FRASL für Gesteine der Wustkogelserie die Bezeichnungen: phengitreicher Arkosegneis, phengitreicher Schiefer, struppiger Phengitschiefer und Phengitquarzit. Er erwähnt den Phengit auch aus einer Serie, die er Bündnerschiefergneise (Arkosegneise) nennt und findet, daß die Hellglimmer hier ebenfalls mehr oder minder pleoduoitisch (farblos bis blaßgrün) sind und einen kleinen Achsenwinkel haben, "so daß sie zu den für Paragneise marakteristischen Phengiten gehören. In den dunkelgrauen Arkosegneisen kommt z. B. am Hauptkamm östlich des Hinteren Moderecks als färbender Gemengteil derartig intensiv pleomroitischer Hellglimmer vor (farblos bis grünlich), "wie im es bei einem stark doppelbrechenden Hellglimmer sonst noch nie beobachtet habe. Es sind dies Phengite, die sogar einachsig werden" (G. FRASL 1958). Daneben nennt er aus derselben Gesteinsserie auch weiße Plattengneise mit farblosem Glimmer und Gneise, die neben dem Hellglimmer noch jungen, braungrünen Biotit sowie Chlorit führen. Ja die Farbe unseres Glimmers sei sogar nach FRASL (1958) für stratigraphische Alterszuteilung brauchbar: "Sicherlich wird man auch auf der Südseite der Hohen Tauern die Bündnerschiefergneise (mesozoisch) von den Arkosegneisen des permo-triadischen Horizontes unterscheiden müssen, doch das ist nicht so schwer. schon allein die Farbe gibt einen recht brauchbaren Anhaltspunkt: weiß und grau sind die Bündnerschiefergneise, viel deutlicher grünlich gefärbt sind im allgemeinen die Paragneise an der Triasbasis."

So kommt also FRASL das Verdienst zu, auf Grund seiner eigenen Beobachtungen und Achsenwinkelmessungen die Entscheidung getroffen zu haben, den grünen Hellglimmer der Hohen Tauern einfach mit einem klaren Namen zu belegen, nämlich Phengit. Die weitere Entwicklung scheint ihm sehr Recht zu geben. Nicht einverstanden sind wir mit stratigraphischen Überbetonungen auf Grund der Farbnuancen des Phengits oder gar etwa mit der Meinung, Phengit sei für Paragneise charakteristisch. Wir haben genügend Belegmaterial, daß er sich in epimetamorphen Granitgneisen sehr häufig vorfindet und auch in Porphyroiden nicht selten ist.

Verfasser dieser Zeilen übergab aus seinem eigenen Kartierungsgebiet in der Südflanke der Hohen Tauern (Sonnblickgruppe) eine Probe aus der streichenden Fortsetzung des oben erwähnten, besonders intensiv pleomroitischen Materials des Hinteren Moderecks, Herrn Prof. A. PREISINGER zur chemischen, röntgenographischen und optischen Untersuchung. Das eindeutige Ergebnis dieser Untersuchung ist Phengit (A. PREISINGER, Publikation in Vorbereitung).

Es. handelt sich dabei um die Probe Nr. Se 683, gesammelt von EXNER am 19. August 1955 in der Südflanke des Hinteren Moderecks, nahe dem Tauernhauptkamm. Geologische Position: Hangende Partie der Gneislamelle 4. Megaskopische Charakteristik der Probe : Graugrüne Glimmerschuppen bis zu 1,5 mm Durchmesser setzen zur Hauptsame das beinahe ebenflächig parallelschiefrige Gestein zusammen. Im Längs-und Querbruch erkennt man bis 2 mm dicke, helle Lagen von Feldspat und Quarz sowie vereinzelte, bis 4 mm große Feldspataugen. Mikroskopische Hauptgemengteile sind Phengit, Quarz und Albit. Der Phengit zeigt Pleochroismus von hellgrün zu intensivapfelgrün. Das Gestein ist bezüglich des Phengits präkristallin deformiert. auch Querphengit ist vorhanden. Der Albit bildet Rundlinge oder in s gelängte Gestalten, ohne Zwillingsbildung oder nur mit einfacher Verzwillingung oder mit einigen wenigen Zwillingslamellen (Typus Plag I und II) und mit teils unverlegten, teils verlegten helizitischen Einschlußzügen von Phengit und Quarz. Der Quarz ist xenomorph und undulös. Als Nebengemengteile treten Mikroklin, opake Substanz, Apatit, rhomboedrisches Karbonat und Zirkon auf. Der Kalifeldspat bildet xenomorphe, bis 1,2 mm große, unverzwillingte Körner mit Mikroklingitterung. Der Kalifeldspat zeigt unter den gewöhnlichen Vergrößerungen des petrographischen Arbeitsmikroskopes keine perthitischen Adern oder Flecke. Er ist wahrscheinlich weitgehend Na-frei. Er beinhaltet unverlegte helizitische Einschlußzüge von Phengit. Mengenmäßig tritt der Kalifeldspat gegenüber dem Albit im Gestein sehr zurück. Demnach erfolgt die Benennung der Probe als: Phengitschiefer mit Albitporphyroblasten und mit kleinen Mikroklinblasten. Genetische Deutung: Gneisphyllonit oder Arkoseschiefer. Jedenfalls hat die Kristallisation von Phengit, Albit und Kalifeldspat die differentielle Gesteinsdurchbewegung zeitlich überdauert.

In den Erläuterungen zur geologischen Karte der Sonnblickgruppe haben wir auf Grund dieser einzigen, bisher wirklim fachgemäß mineralogisch chemisch, röntgenographisch und optisch) durchbestimmten Probe sämtlichen pleomroitischen, grünen Hellglimmer als Phengit bezeichnet (EXNER 1964) und auch im Hochalm-Ankogel-Gebiet auf Blatt Muhr (EXNER 1965) gehen wir derzeit so vor. Es ist uns sehr daran gelegen, weitere mineralogische Bestimmungen aus den östlichen Hohen Tauern von diesem grünen Hellglimmer zu erhalten und wir " stellen interessierten Mineralogen gerne unsere diesbezüglichen Lokalkenntnisse zur Verfügung.

Ähnliches gilt aber auch für den weiteren Raum des Tauernfensters, für die unterostalpine Zone und teilweise sogar für das oberostalpine Kristallin der Ostalpen. O. SCHMIDEGG (1963) erwähnt aus den westlichen Tauern (Gerlosgebiet) "einen eisenreichen Muskowit (Phengit), wie er auch nach H. DIETEKER (1938) in der permoskythischen Quarzit-Arkose-Serie von Gerlos, besonders in ihren glimmerreichen Lagen vorkommt". G. GAAL (1963) beschreibt. Phengit aus wahrscheinlich permischem, feldspatführendem Quarzit des Semmeringsystems im Mürztal. E. JÄGER (1962) erwähnt phengitischen Muskowit aus dem Silvretta-Kristallin und zwar im Orthogneis von Frauenkirch bei Davos.

DIE MINERALASSOZIATIONEN UND DAS GEOLOGISCHE VORKOMMEN DES PHENGITS INGESTEINEN DER SONNBLICKGRUPPE

Die Dünnschliffuntersuchungen an Gesteinen der Sonnblickgruppe (EXNER 1964) geben Auskunft darüber, mit welchen Mineralien vergesellschaftet und in welchen Gesteine n dieser Gebirgsgruppe der Phengit anzutreffen ist.

Er kommt hier nur in Gesteinen vor, die als Hauptgemengteile entweder Mikroklin oder Quarz oder Albit oder zwei oder drei dieser Minerale miteinander kombiniert führen.

Das sind also: Phengit-Mikroklinaugengneis (mit oder ohne Albit), Phengitschiefer mit Mikroklin, Phengitschiefer mit Albit (oder mit beiden Feldspaten zusammen), Phengit-Albitgneis, Phengit-Quarzschiefer und Phengitquarzit. In allen diesen Gesteinen bildet Quarz einen Hauptgemengteil. Selten finden sich einige Zentimeter dicke Lagen beinahe monomikten Phengitschiefers innerhalb der soeben genannten Gesteine.

Ausnahmsweise kommt Phengit in einem etwas biotitreicheren Gestein vor (Gneislamelle 3, bei der Fleisskapelle und an der S-Rippe des Weißenbachkares sowie im Krumltal). Doch handelt es sich dabei wohl kaum um das Resultat eines chemischen Gleichgewichtes. So ist im Vorkommen bei der Fleisskapelle der Phengit stellenweise lagenförmig in Biotit-Mikroklinaugengneis angereichert. Diese Lagen waren wahrscheinlich Bewegungshorizonte, in denen Phengit neu gebildet wurde, während der ältere Biotit. mengenmäßig zurücktrat.

Jedenfalls fehlt Phengit meist dort, wo Biotit einen Hauptgemengteil des Gesteines bildet. Stets fehlt Phengit in solchen Gesteinen der Sonnblickgruppe, in denen eines der nachstehend genannten Minerale zu einem Hauptgemengteil wird: Granat, Chlorit, Hornblende, Epidot usw.

Diese sind nur als Nebengemengteile in den phengitführenden .Gesteinen zu beobachten. Wir verstehen hier unter Nebengemengteilen solche, welche gegenüber den Hauptgemengteilen des betreffenden Gesteines volumetrisch ganz in den Hintergrund treten. In den phengitführenden Gesteinen der Sonnblickgruppe beobachteten wir insgesamt das Auftreten folgender Nebengemengteile: Muskowit, Biotit, Granat, Chlorit, Epidot, Klinozoisit, graphische Substanz, Turmalin, Titanit, Fuchsit, Orthit, rhomboedrisches Karbonat, Magnetit, Pyrit, Eisenglanz, Apatit, Zirkon und als Reaktionsgefüge Schachbrettalbit und granophyrische Quarzgewächse in Feldspat. Sehr selten findet sich Myrmekit und zwar Typus II (postmikrokliner Myrmeklit). Er kommt nicht zusammen mit Schachbrettalbit vor.

In leuchtenbergitführenden Quarz-Muskowitschiefern (Weißschiefer, Leukophyllite) haben wir bisher keinen Phengit angetroffen. Genetisch handelt es sich bezüglich der phengitführenden Gesteine der Sonnblickgruppe wahrscheinlich um metamorphe Abkömmlinge von Graniten, Granitgneisen, von Quarzporphyren, Porphyren, Keratophyren und von Arkosesandsteinen und tonhältigen Quarzsandsteinen.

Eindeutig nachgewiesen erscheint uns das Hervorgehen phengitführender Gesteine der Sonnblickgruppe aus Graniten und Granitgneisen im Zuge epimetamorpher Umkristallisation und häufig auch im Zuge damit einhergehender Phyllonitisierung.

In wahrscheinlich permisch und permoskythisch sedimentierten, dann epimetamorph umgewandelten Arkosegneisen, Arkoseschiefern und Quarziten ist der Phengit häufig.

Wahrscheinlich beteiligen sich auch permische, saure Vulkanite Quarzporphyre, Porphyre, Keratophyre und deren Tuffe) am Aufbau mancher Phenpitgneise und Phengitschiefer der Sonnblickgruppe. Es war uns aber bisher nicht vergönnt, den exakten Nachweis diesbezüglich zu erbringen.

Die recht kräftige Gesteinsdurchbewegung und epimetamorphe Umkristallisation bewirkt offenbar Konvergenzen der genannten heterogenen Ausgangsmaterialien.

Lokalgeologisch bemerkenswert ist dann noch die Verteilung phengitführender Gesteine im Gebirgsbau. In den Granitgneis-Kernen ist Phengit dort häufig, wo Anzeichen starker -Gesteinsdurchbewegung mit Rekristallisation vorhanden sind, z. B. im Forellengneis des Hochalm-Ankogel-Massivs bei Gastein oder in phyllonitischen Scherzonen am Rande des Sonnblick-Kernes beim Alten Pocher im Klein-Fleiss-Tal.

Dem "Alten Dach" (Altkristallin in den Hohen Tauern: Amphibolite, Paragneise, injizierte basische Gesteine und Migmatite) fehlt der Phengit. Zumindest wurde er vorläufig von uns dort nicht gefunden. Dasselbe gilt für Gneislamelle 1 und für einen Teil der Gneislamelle 2.

Erst in den sauren Gneisen der Lamelle 2 ist Phengit häufig, besonders z. B. bei Mallnitz (Lonza-Lamelle). In Gneislamelle 3 fanden wir den Phengit hauptsächlich dort, wo auch Mikroklin vorhanden ist. In Gneislamelle 4 ist der Phengit sehr weit verbreitet, sowohl in mikroklinals auch in albitführenden Gesteinen und in Quarziten. Die Sedimentite in Begleitung der Gneislamellen 3 und 4 sind reim an Phengit (Perm und Skyth der Glocknerserie).

Phengit findet sich auch in form helizitischer Einschlußzüge in Albit und in Mikroklin. Postmikroklin deformierter Phengit kommt im Bereime der Mölltalstörung vor.

Ferner findet sich Phengit in den Mikroklinaugengneisen der Matreier Zone (Gneislamelle 5) und an der Basis des oberostalpinen Altkristallins der Sadniggruppe (Mikroklinaugengneis der Astner Höhe bei Mörtschach). Im zuletzt genannten Vorkommen ist der Phengit parakristallin deformiert. Neben optisch ungestörten gewöhnlichen Phengiten und Querphengiten treten hier auch gequälte Phengite auf.

ZUSAMMENFASSUNG

Phengit ist ein wichtiges gesteinsbildendes Mineral der östlichen Hohen Tauern. Der mineralogische Nachweis wurde von A. PREISINGER erbracht. Zusätzliche mineralogische Analysen von anderen Vorkommen in den östlichen Hohen Tauern und auch sonst in. den Ostalpen wären sehr erwünscht. Erläutert wird das natürliche Vorkommen des Phengits in ganz charakteristischen Gesteinsserien. Deren Minerolassoziation, Genese und tektonische Position werden gekennzeichnet. Herrn Prof. A. PREISINGER dankt der Verfasser für die mineralogische Bestimmung und für zahlreiche Anregungen

Literatur:

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