Meixner H. / 1963

  Magnetitwürfel aus dem Serpentin vom Grießerhof bei Hirt, Kärnten.

Von Heinz MEIXNER, Knappenberg (Lagerstättenuntersuchung der Österr. Alpine Montangesellschaft)

Magnetit, der häufig in oktaedrischen Kristallen (z.B. Pfitsch u.v.a.), weniger häufig in Rhombendodekaedern (z.B. Totenköpfe/Stubachtal), seltener in flächenreichen Kombinationen (z.B. Rotenkopf/ Zillertal) bekannt ist, tritt nur ganz ausnahmsweise in reinen Würfeln auf. Als typisches Vorkommen dieser Art galten lange die nur einmal zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, irgendwo im Serpentin von der Gulsen bei Kraubath gefundenen Magnetitkristalle. Diese größtenteils in der Mineralogischen Abteilung des Joanneums in Graz verwahrten Würfel wiesen Kantenlängen bis zu 17 mm auf. Dieses kostbare Material konnten F. ANGEL und O. M. FRIEDRICH (1) im Jahre 1935 gründlich studieren und sie sind zu dem bemerkenswerten Ergebnis gekommen, daß die Magnetitwürfel der Gulsen als Pseudomorphosen nach Pyrit aufzufassen seien: Diese Magnetit-"Würfel" sind Überindividuen, aus zahllosen gleich großen und gleich orientiert en Magnetitoktaederchen zusammengesetzt. Die Würfelkanten geben dadurch ein sägeartiges Profil und im Anschliff sind die regelmäßig angeordneten Oktaederchen (darin auch lappige Pyritrelikte) neben Löchern zu sehen. Die Berechnung zeigte, daß bei einer Pseudomorphosierung von Pyrit zu Magnetit durch die Fortführung des Schwefels etwa ein Drittel des Pyritraumes unbenutzt bleiben muß, was mit der Anschliffbeobachtung und der für diese Magnetitwürfel abnorm, niedrigen Dichte von etwa 4,1 (gegen 5,4) in vorzüglicher Übereinstimmung stand. Auch andere Magnetit-"Würfel"-Vorkommen (Hinksford und Quebec) sind bereits als Pseudomorphosen nach Pyrit erklärt worden (1, S. 133). Das Typusvorkommen für Magnetit in reiner Würfeltracht (Gulsen bei Kraubath) ist durch die oben skizzierten Feststellungen von F. ANGEL und O.M. FRIEDRICH (1) ausgefallen, so daß für würfeligen Magnetit um 1935 im Schrifttum nur mehr drei Fundstätten belegt waren: O'Nielgruben (Orange cty., N.Y.), Mossgrube (Nordmarken) und Neuseeland. Seither hat A. PABST (5, s. 483) auf bis 2 mm große, glänzende Magnetitwürfel aufmerksam gemacht, die er neben Diopsid und Granat im bekannten Serpentinstock von San Benito Co. (Californien) gefunden hat. Ein paragenetisch völlig andersartiges, massenhaftes Vorkommen von zwar winzigen, doch ebenfalls eindeutig würfeligen Magnetit-xx hat P. RAMDOHR (6) in dem von K. HOEHNE (2) untersuchten, teilweise magnetitisierten, oolithischen Eisenerz aus , der lothringischen Minette festgestellt.
Die Sammlung von Beobachtungen über würfeligen Magnetit ist also nach wie vor von Interesse und ich habe bereits vor einigen Jahren auf bis knapp 2 mm große Magnetitwürfel aus dem Antigoritserpentinsteinbruch vom Grießerhof bei Hirt hinweisen können (4, S.48). Allerdings war das damals vorliegende Material so spärlich, daß genetische Aussagen nicht getroffen werden konnten. Hier schuf nun ein mir freundlichst von Prof. ,F. STEFAN (Klagenfurt) zur Untersuchung zur Verfügung gestellter Fund Abhilfe, den er 1962 im Hirter Serpentinbruch gemacht hatte. Die Probe besteht zwar wieder nur in einem Stück mit den Abmessungen 6 x 6 x 2,5 cm, aber sie liefert uns wertvolle aragenetische Aufschlüsse. Sie entstammt einer Kluftfüllung des Serpentins, eckige unter 1 cm große Serpentingesteins-Bröckel liegen brekzienartig in einer weißen Masse. Bei näherem Zusehen ist an dieser zweierlei zu unterscheiden: ein harter Kern aus graulichweißern, grobkristallinem Do1omit, als Kluftausfüllung; dieser Dolomit wird von einer mehrere Millimeter dicken, rein weißen und weicheren Substanz umrindet, an der stellenweise Anklänge an ein grobblättriges Gefüge zu erkennen ist. Überraschend stellte sich bei Einbettung dieser trüben weißen Masse in Ölen bei der optischen Untersuchung heraus, daß von einer Zersetzung keine Spur zu bemerken ist. Offensichtlich liegt ein Blattsilikat vor, mit Eigenschaften, die dem Antigorit (z.B. Kluftantigorit von Kraubath) nahe kommen.
In diesem weißen "Kluftantigorit" sitzen zahlreiche, bis knapp 1 mm große, scharfkantige Magnetitwürfel. Auf ihren Flächen ist nichts von der beim Pyrit bekannten und für ihn oft charakteristischen Kombinationsstreifung zu bemerken.
Auf der an den "Antigorit" angrenzenden Außenseite des Dolomitkernes (Spaltenfüllung) befinden sich, mehrere cm2 übergehend, ganz reizende Gruppen von gut 1 mm großen Magnetitkristallen, an denen noch weiße "Antigorit"-Reste festgestellt werden können. Diese Magnetite haben wieder Würfelhabitus, doch sind hier die Kanten deutlich gerundet, wie angelöst. Selten tritt sehr klein auch das Oktaeder am Würfel auf. Die gerundeten Magnetitwürfel liegen bei gebietsweise weitgehend gleicher Orientierung in zierlichen Aggregaten vor, die Bauwerken ähneln, wie sie aus Würfeln eines Baukastens Übereinandergestapelt werden können. Auch daneben im grauen kristallinen Dolomit der Kluftfüllung ist noch Magnetit derselben Größenordnung vorhanden, doch sind an ihm deutliche Kristallformen nur mehr selten zu sehen.
Ein kleiner Anschliff des im Dolomit eingewachsenen Magnetits läßt weder Pyritreste, noch die anderen Merkmale der Kraubather Pseudomorphosen erkennen; vermerkt muß aber werden, daß in den Kernteilen der Magnetit-xx "porige" Partien zu bemerken sind, bei denen ich infolge des kargen Materials nicht entscheiden konnte, ob Löcher oder ob etwa Silikateinschlüsse enthalten sind.
Die vorliegende Stufe gestattet folgende genetische Deutung: Eine Kluft des Antigoritserpentins wurde großenteils von "Kluftantigorit" erfüllt, wobei herabgefallene Serpentinbröckchen durch ihn eingeschlossen und verkittet wurden; in der Phase der "Kluftantigorit"- Bildung sind auch die Magnetitwürfel entstanden. Später, bei I' der teilweisen Dolomitisierung des Antigoritis und der Kluftdolomitabscheidung im Hirter Serpentingebiet (vgl. 3) kam es auch in der vorliegenden Kluft zur Dolomitentwicklung, wobei der "Kluftantigorit" teilweise durch Dolomit verdrängt und in die äußerlich weiße Masse verändert, die Magnetitkristalle angelöst und zum Teil vom Dolomit umwachsen worden sind.
Der Finder der interessanten Probe versicherte mir, daß bei seinem Steinbruchsbesuche nur dieses eine derartige Stück entdeckt werden konnte. Nach der ganzen Ausbildung muß die Kluft viel mehr davon enthalten haben. Ich glaube, daß aus meiner Darstellung zu entnehmen ist, daß es auch bei diesen würfeligen Magnetitkristallen noch offene Fragen gibt, die nur an einem reichlicheren Untersuchungsmaterial zufriedenstellend gelöst werden könnten. Ebenso sollte die hier als "Kluftantigorit" bezeichnete "weiße Masse" einer näheren Bearbeitung zugeführt werden. Bei vielen Besuchen in diesem Hirter Steinbruch sind mir noch niemals solche Proben untergekommen. Vielleicht hat einer unserer Sammler dabei einmal mehr Erfolg; er möge sich dann an das Problem der würfeligen Magnetitkristalle erinnern und bergen, was davon zu finden ist!

Schrifttum:

(1) ANGEL, F. & FRIEDRICH O.: Ein Beitrag :u Formenkunde des Magnetites: Die Magnetitwürfel der Gulsen: Pseudomorphosen nach Eisenkies. - Sitzber. d.Akad.d.Wiss., Math.nat.Kl.,I, 144, .Wien 1935, 131-143.
(2) HOEHNE, K.: Zum Vorkommen von Magnetit in oolithischem Eisenerz. - Mh.d.N.Jb.f.Min., 1955,80-86.
(3) MEIXNER, H.: Der Serpentin des Grießerhofs (Gulitzen) bei Hirt, Kärnten. - Carinthia II, 143, Klagenfurt 1953, 140-144.
(4) MEIXNER, H.: Einige interessante Mineralfunde (Strontianit-, Cölestin-, Apatit-, Ilmenit- und würfelige Magnetit-Kristalle) aus dem Antigoritserpentin bei Hirt in Kärnten. - Carinthia II, 149, 1959, 44-49.
(5) PABST, A.: Minerals of the serpentine area in San Benito County, California. - Rocks and Minerals (P. ZODAK), 26, 1951, 479-485.
(6) RAMDOHR, P.: Der Würfel als beherrschende Form beim Magnetit. - Mh. d.N.Jb. d.Min., 1955, 76-79.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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