Warch A. / 1965                                                                       Textauszug

 

Carditaschiefer und Tuffe aus den zentralen Gailtaler Alpen.

Von Adolf Warch

Die Kartierungsergebnisse in den westlichen Gailtaler Alpen veranlaßten v. BEMMELEN 1957 und seine Mitarbeiter, die bisher vor allem in der mittleren und höheren Trias überwiegend durch Grubenaufschlüsse von H. HOLLER (1951, 1960) und L. KOSTELKA 1960) innerhalb der östlichen Gautaler Alpen und Nord-Karawanken gewonnene Stratigraphie aufzugeben. Die Erfahrungen von den westlimen Gailtaler Alpen überträgt v, BEMMELEN in Ausdehnung seiner geologischen Aufnahmen 1961 auch auf die zentralen Gailtaler Alpen, so daß er auch hier den neuen stratigraphischen Begriff Jaukenserie beibehält, Für mein engeres Arbeitsgebiet, die Trias zwischen Weißen-und Kreuzenbach, führt er nur ein Carditaschiefervorkommen SW Altenberg (1287) an. Im konnte allerdings in westlicher Fortsetzung dieses nördlichsten Zuges der zentralen Gailtaler Alpen am NE-Grat der Aichenhöhe, auf der Riedalm, am Ried, Golser-und Spitznock auf einer Strecke von 11 km noch weitere 23. Carditaschieferaufschlüsse finden, die alle im generellen Streichen liegen und außerdem fast immer ihre typischen lithologischen Begleiter haben, so daß die Identifizierung der einzelnen Schiefer möglich ist. Die durchgehenden Carditaschichten stehen somit wohl außer Zweifel und die Einführung der neuen stratigraphischen Einheit der raukenserie erscheint damit wenigstens für dieses Gebiet nicht berechtigt. In diesem Gebiet gibt es auch keine Anzeichen für große Riffbauten, die nach W. SCHLAGER 1962 die Ursache für eine Unterbrechung der gleichmäßigen Sedimentation der Carditaschichten sein könnten, wie es am Reißkofel vorliegen soll. ,Nach Feststellung der durchgehenden Carditaschichten, also der karnischen Stufe als Leithorizont innerhalb der Trias, ergibt sich geradezu als zwingende Folgerung der Vorzug der ohnedies genaueren alpinen Gliederung der Trias, zumal auch der von v. BEMMELEN gebrauchte germanische Muschelkalk im stratigraphischen Umfang nicht ganz den beiden alpinen Stufen Anis und Ladin entspricht.

Der zweite Grund meiner Mitteilung sind drei voneinander getrennte Tuffvorkommen auf einer Strecke von 17,5 km im gleichen Gebiet, die in mancherlei Hinsicht bemerkenswert sind. V. BEMMELEN konnte 1961 erst die Hoffnung auf Tuffe für den Raum der zentralen Gailtaler Alpen aussprechen, denn er fand am S-Hang des Hochstaffs in dunklen Kalken seines unteren Muschelkalkes neben Daonella auch Ammoniten, die einen Vergleich mit den Funden am S-Hang des Dobratsch zulassen (PILGER u. SCHÖNENBERG 1959, STREHL 1960). Mittlerweile beschrieb auch W. SCHLAGER 1962 Vulkanite aus den östlichen Lienzer Dolomiten, die aber gegenüber den Dobratschtuffen, was die Ausdehnung und Größe des Vorkommens betrifft, weit abfallen. Immerhin erreichen sie -im Partnachhorizont schichtig eingelagert -noch m-Mächtigkeit. Die von mir aufgefundenen Tuffe sind aber Schichtlagen von nur wenigen cm, so daß sie wegen der geringen Festigkeit der Tuffe und daher auch großen Anfälligkeit für Verwitterung, obertags überhaupt nur mehr etwas größere und tiefere Schichtfugen zurücklassen.

Zwei Fundstellen (Kofflergraben bei Mögere und Steinbruch Kellerberg) liegen eindeutig an der Basis von Partnachschichten. Der dritte Fundort befindet sich am Spitznock ungefähr in der Mitte eines knapp 100 m breiten Schichtpakets von fast durchwegs gleich aussehenden, stellenweise auch etwas dolomitischen Plattenkalken, die über mächtigem Grödener Sandstein und für dieses Gebiet normal ausgebildeten Werfener Schichten den stratigraphischen Bereich der beiden Stufen Anis und Ladin umfassen. Beim Streichen und Einfallen in den Fellbachgraben nimmt allerdings schon auf kurzer Strecke die Mächtigkeit dieser beiden Stufen auf 780 m zu. Die Frage nach der Ursache dieser auffälligen Tatsame kann auf Grund der örtlichen Verhältnisse ziemlich sicher zu Gunsten einer starken stratigraphischen Abweichung beantwortet werden, denn tektonische Hinweise wie Mylonite, Brekzien und Verschuppungen wie Anschoppungen im nahen Fellbachgraben fehlen zunächst ganz (Abb. 1). Die Zusammensetzung der Tuffe entspricht nach einer Untersuchung von W. FRITSCH den Porphyrittuffen in der Trias des Krappfeldes (W. FRITSCH 1963) weitgehend.

Beim Vergleich der drei Tuffvorkommen in diesem nördlichsten Zug der zentralen Gailtaler Alpen untereinander fällt ihre Übereinstimmung auf einer Strecke von 17,5 km auf, andererseits aber dei Unterschied in der Mächtigkeit zu den Vorkommen am S-Hang des Dobratsch und auf der Mussen in den östlichen Lienzer Dolomiten. Unter der Annahme eines gemeinsamen Ausbruchherdes mußte dieser für die Tuffe im nördlichen Teil der zentralen Gailtaler Alpen sehr viel weiter entfernt gewesen sein als für die Dobratschtuffe, aber auch noch weiter als für die Mussentuffe. Wenn man die gegenwärtigen Entfernungen zwischen den einzelnen Fundstätten mißt (Dobratsch-Mussen 60 km, Dobratsch-nördliche zentrale Gailtaler Alpen 10 bis 16 km) und die tektonische Gegebenheiten (HERITSCH 1943 -keine nennenswerte Verkürzung im generellen W-E Streichen, wo die Vorkommen Dobratsch und Mussen liegen und Verschuppungen wie auch , Verfaltung in N-S) berücksichtigt, so kann dies der Ausgangspunkt für Vorstellungen über die Herkunft der Tuffe wie auch über das Maß der Ausdehnung des Sedimentationsraumes sein.

Zur Lokalisierung und Beschreibung der Tuffe, die wegen der Vergänglichkeit der Vorkommen eingehend erfolgen soll: Zum Tuff am Spitznock fährt man zunächst ungefähr 12 km von Nikelsdorf/ Drautal in das Stockenboier Tal (Weißenbach) bis zum Gasthaus Ladstätter. Unmittelbar davor befindet sich eine Brücke über den Weißenbach, von hier führt ESE ein im Aufnahmsblatt 199/2 Nord Stockenboi eingezeichneter Güterweg sanft ansteigend an der Kote 925 vorbei nach ungefähr 1200 m in eine auffällige erst frisch ausgesprengte Kurve auf der Höhe 980 m. Hier steht ein 1. Carditaschiefer über dem Weg am Anfang des nach oben führenden Grabens mit ungefähr 15 m einwandfrei an. nach unten kann man den relativ ruhig liegenden Plattenkalk von rund 100 m bis zum Werfener Schiefer überschauen, der die beiden alpinen Stufen Anis und Ladin darstellt. Sollte aber eine Zerrungstektonik der Grund für die Schrumpfung der beiden Stufen sein, dann müßte die Störung innerhalb weniger Meter unmittelbar unter dem Carditaschieferaufschluß liegen, denn nur diese Stelle ist mit Erdreich bedeckt. Nach weiteren 500 m auf gleicher Höhe gelangt man nun in die 2. Kurve mit einer Riese, wo die Werfener Schichten durch Sprengung in ihrer ganzen Breite von 17 m aufgeschlossen sind. Steigt man in die Riese ein, so kommt man nach knapp 50 m bei der Höhe 1035 m 'in einer Verengung zu 2 oder 3 ziemlich verquetschten, cm-mächtigen Tufflagen, die innerhalb von 90 cm Plattenkalk liegen. Von hier aus ist schon der nur 55 m höher liegende

1. Carditaschiefer zu sehen. Die Mächtigkeit der beiden Stufen Anis und Ladin ist hier also gleich groß, wie sie bei der ersten Kurve war. Der Plattenkalk ist auch hier vorherrschend; nur über dem Werfener Schiefer liegt etwas grobgebankter Kalk und Dolomit, wie man es auch sonst innerhalb des Muschelkalkes sehen kann. Hier wieder müßte eine vorhandene Störung innerhalb weniger Meter knapp über den Tuffen liegen, sofern sie nicht niveaubeständig wäre, denn das übrige Profil ist auch da freigelegt. Dieses Vorkommen bleibt vermutlich zunächst erhalten, weil alljährlich große Schneemassen mit Schutt den Boden aufreißen und am Gestein scheuern.

Das zweite Vorkommen liegt südlich von Feistritz/Drau am Anfang des Kofflergrabens, der vom Kreuzenbach durchflossen wird. Auf dem Weg dorthin kommt man unmittelbar vor dem Graben zum E-Werk der chemischen Fabrik von Weißenstein in der Mögere, wo im auch die Grenze Tonschiefer-Grödener Sandstein finden konnte. Der Rote Sandstein ist hier sowohl in der Mächtigkeit wie auch Zusammensetzung sehr verschieden von den westlichen Aufschlüssen. Es liegen nur mehr rund 60 m zwischen der unteren Grenze des Sandsteins und dem Muchelkalk, denn anstehende Werfener Schichten waren überhaupt nicht mehr zu finden. Dieser Grödener Sandstein ist fast ausschließlich von kristallinen Geröllen mit sehr unterschiedlicher Größe (bis 25 cm Durchmesser!) ohne Sortierung durchsetzt. Schon beim E-Werk steht der dunkelgraue gut gebankte knotige Muschelkalk an, der mit geringen Einschaltungen von ähnlich aussehendem Dolomit oder dolomitischem Kalk bis auf 2.35 m ansteht und durch 60 m weniger gut gebankten grauen Dolomit abgeschlossen wird. Dann schließt der Plattenkalk der Partnachschichten an, dei über 400 m anhält. Ungefähr 30 m über der Basis liegen zwei 2-3 cm mächtige Tufflagen durch eine 10 cm dicke Kalkplatte getrennt an einer frisch gebrochenen Stelle mit 4 m Länge und 5 m Höhe. Diesen Fundpunkt erreimt man bequem auf einem Geleise zu einem rund 800 m entfernten Steinbruch, der bis 1910 das Rohmaterial für eine in der Mögere betriebene Zementfabrik geliefert hat. Zur Veranschaulichung der sehr verschiedenen stratigraphischen Umrahmung der Tuffe am Spitznock und im Kofflergraben (Mögere) sollen die angeschlossenen Säulenprofile dienen (Abb. 2).

Das nächste Tuffvorkommen liegt im Steinbruch am Kellerberg, nur 4,5 km weiter östlich im Streichen. Die stratigraphische Einordnung dieses Tuffes an der Basis der Partnachschichten ist hier mit Sicherheit möglich, denn schon unter der Straße -ober ihr liegt der Steinbruch -steht der alpine Muschelkalk an, der aber in das Drautal ausstreicht und dessen untere Grenze schon unter dem Talboden liegt, so daß die Werfener Schichten und der Grödener Sandstein fehlen. Im Steinbruch selbst sind an den beiden seitlichen Begrenzungen 10-20 m mächtige Mergelschiefer, die eine große Ähnlichkeit mit. Schiefem im Herzogbach am Anfang der dort auch vorhandenen Partnachschichten haben. Der Partnachhorizont über dem Steinbruch ist aber noch beträchtlich mächtiger als im Kofflergraben, so daß er, 2:iemlich gestört, überwiegend den N-Hang des Kellerberges (1147) aufbaut. Die Tuffaufschlüsse hier zeigen sehr augenfällig, welcher Art die Tuffvorkommen in dieser nördlichsten Zone der zentralen Gailtaler Alpenüberhaupt sind. Erst im vergangenen Jahr wurde durch laufende Abbauarbeiten eine Höhle von ungefähr 1 m Durchmesser freigelegt, die zum Teil mit lettenartigem Material ausgefüllt war, das sich als angeschoppte und durch Wasser aufgeweichte Tuffe herausstellte. In m-Nähe dieser Höhle waren cm-dünne Tufflagen in mehr oder weniger gut erhaltenen Schichtfugen öfters unterbrochen. Letzteres war auch an einer anderen Stelle dieses Steinbruches zu sehen, so daß sich die Erklärung dieser Erscheinung aus der reichen Kleintektonik dieses Gebietes ableiten ließ. Die dünnen Tufflagen werden also je nach den tektonischen Kräften angeschoppt oder viel häufiger ausgequetscht, so daß die ehemals sehr wahrscheinlich vom Kellerberg bis zum Spitznock, vielleicht sogar bis zum N-Hang des Hochstaffs, durchgehend vorhandenen cm-mächtigen Tufflagen jetzt nur noch stellenweise erhalten sind, die außerdem obertags nur an frischen Aufschlüssen zu sehen sind.

Schrifttum:

BEMMELEN R. W. v. 1957: Beitrag zur Geologie der westlichen Gailtaler Alpen (Kärnten, Osterreich). - Jb. geol. Bundesanst. 100, Wien.

BEMMELEN R. W. v. 1961: Beitrag zur Geologie der Gailtaler Alpen (Kärnten, Osterreich) II. - Jb. geol. Bundesanst. 104, Wien.

FRITSCH W. 1963: Ein Porphyrittuff aus der Trias des Krappfeldes. - 73. Jg. der Carinthia II, 1963, Klagenfurt.

HERITSCH F. 1943: Die Südalpen. In: SCHAFFER F. X., Geologie der Ostmark.

HOLLER H. 1951: Die Stratigraphie der karnischen und norischen Stufe in den östlichen Gailtaler Alpen. - Berg-Hüttenmänn. Abh. 96, Wien.

HOLLER H. 1960: Zur Stratigraphie des östlichen Drauzug und in den Nordkarawanken. - Carinthia II, 70/2, Klagenfurt.

KOSTELKA L. 1960: Windisch-Bleiberg. - Carinthia II, 70, Klagenfurt.

PILGER A. & SCHONENBERG R. 1959: Der erste Fund mitteltriadischer Tuffe in den Gailtaler Alpen (Kärnten). - Z. dt. Geol. Ges. 110, , Hannover.

SCHLAGER W. 1962: Zur Geologie der östlichen Lienzer Dolomiten. Ges. der Geologie und Bergbaustudenten in Wien, 13. Band, Wien.

STREHL E. 1960: Neue Funde mitteltriadischer Tuffe in den Gailtaler Alpen. - Carinthia II, 70, Klagenfurt.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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