Warch A. / 1964 Textauszug |
|
---|---|
Ein geologischer Bericht aus den Gailtaler Alpen.Von Adolf Warch Im Rahmen meiner geologischen Aufnahmen der Trias zwischen
Weißen- und Kreuzenbach hat sich der Fellbachgraben, der mit rund 2 km Länge
zwischen Gassen am Weißenbach, GerneindeStockenboi, und dem kleinem
Rosental liegt, sowohl tektonisch als auch stratigraphisch als ein
Angelpunkt meines Arbeitsgebietes erwiesen. Durchschreitet man von Gassen
kommend den Fellbachgraben bachaufwärts, so sieht man zunächst auf
beiden Bachseiten auf der Strecke von 760 meinige kleine Aufschlüsse der
diskordanten (N 40-50° E, 45-50° N) tonschrieferigen Phyllitbasis.
Darauf folgt auf der W=Bachseite relativ gut aufgeschlossen jungpaläozoscher,
überwiegend roter Grödener Sandstein mit der Mächtigkeit von rund 350 m
und der Lagerung N 75° W, 50° S. Auch die darauf folgenden Werfener
Schiefer der skythischen Stufe mit verhältnismäßig festen grauen
Sandsteinlagen sind fast nur W-bachseitig mit der Mächtigkeit von ungefähr
20 m zu finden. Sie bilden den Anfang der hier fast vollständig
vorliegenden Trias und die Lagerung vom roten Sandstein bleibt auch für
die Trias im wesentlichen erhalten. Nur das Fallen nimmt entsprechend den
tektonischwirksamen Kräften nach oben hin allmählich zu. Mit dem alpinen Muschelkalk der anisischen Stufe beginnt
der eigentliche Graben, denn jetzt erst ragen auf. beiden Bachseiten
massige Felsen von Kalken und Dolomiten auf. Feinstratigraphische
Untersuchungen haben bei diesem rund 145 m dicken Schichtpaket ergeben, daß
im liegenden Bereich dieser Stufe bis etwa 80 m nach oben ziemlich regelmäßig
Wechsellagerung von mehr oder weniger knotigem, dunkelgrauem, gut
gebanktem Kalk mit etwas hellerem, weniger deutlich gebanktem und hartem
Dolomit auftritt. Der Rest der Stufe ist von grob gebanktem knotigem, aber
auch von gut gebanktem Kalk mit Mergelschiefern wie auch von dunkel grauem
gut gebanktem Kalk ohne Schiefer aufgebaut. Der liegende Teil des
Muschelkalkes hat übrigens auch eine praktische Bedeutung, denn in seinem
Bereich auf der E-Seite des Fellbachgrabens liegt die sogenannte
Bleiriese, wo Jahrhunderte hindurch bis Ende des vorigen Jahrhunderts
Pb-Erz abgebaut wurde. Zahlreiche weitere Stollen mit sogar sichtbaren
Vererzungen liegen auf der ganzen Länge dieses Horizontes an den N-Hängen
(Golsernock 1556 m, Riednock 1537 m, Altenberg 1287 m und Pöllaner Höhe
972 m) bis zur östlichen Begrenzung durch den Kreuzenbach. Durch chemisch
untersuchte Proben, die ich von Punkten zwischen den Stollen entnommen
habe, ist hier die bemerkenswerte Tatsache ziemlich sicher bestätigt, daß
in einem an sich für Pb-Zn-Vorkommen ungewohnten Horizont in einer
Ausdehnung von rund 10 km durchgehend Vererzung vorliegt, die dazu noch an
einen charakteristischen Dolomit gebunden ist und teilweise weit über dem
Schwellwert liegt. Auf den alpinen Muschelkalk folgt nun die ladinische Stufe
zunächst mit einem 210 m mächtigen Dolomit, der am Anfang ungefähr 60 m
gut gebankt und grau ist, dann aber ungefähr 105 m fast ohne Bankung und
heller erscheint, schließlich im hangenden Teil von dünnen dunkel grauen
und etwas steiler aufgerichteten Schichten mit Kalzitadern und Kleinfalten
als Zeichen tektonischer Unruhe abgeschlossen wird. Die dolomitische
Wettersteibasis stellt eine auffällige Faziesänderung gegenüber den
Verhältnissen im östlichen Teil des aufgenommenen Gebietes dar, wo ein
mehr oder weniger mächtiger Horizont von Partnachschichten liegt, doch
zeigt die weitgehende Übereinstimmung mit der Bleiberger Fazies. Der
Dolomit wird dann von dunklen Plattenkalken überlagert, die sich bald
sehr steil bis senkrecht aufrichten und 160 m lang anhalten. Ihn löst
wieder ein hell grauer grob gebankter Dolomit ab, der am Anfang in einer
Breite von 20-30 m auf der E-Bachseite Mylonirisietung zeigt und insgesamt
130 m zählt. Wahrscheinlich als letzter und höchster Horizont des Ladins
kommt dann wieder ein rund 150 m aufgeschlossener, mehr oder weniger gut
gebankter Kalk, so daß die ganze ladinische Stufe rund 650 m beträgt.
Als tektonische Besonderheit zeigt er Antiklinalbildungen. Entsprechend dem vollständigen Normalprofil der Trias aus
den östlichen Gailtaler Alpen müßten nun die Cardita-Schichten kommen,
doch konnte ich die für diese Stufe charakteristischen drei Schiefer
nicht finden. Es läßt sich aber sowohl das Fehlen der Cardita-Schichten
wie auch die oben erwähnte Antiklinalbildung im obersten Ladin aus der
Tektonik dieses Gebietes ableiten. Die Erklärung für diese Erscheinung
kann im Zusammenhang mit der Beschreibung der nächsten Stufe, dem Nor
oder Hauptdolomit, gegeben werden. Mit dem Hauptdolomit befinden wir uns am Anfang des
Fellbachgrabens und damit auch schon im Rosental. Er beginnt besonders auf
der östlichen Bachseite mit einem ungewöhnlich großen Aufschluß und
die lockeren Massen geben ihm ein sehr auffälliges Aussehen, weswegen ich
mich gerade mit diesem Dolomit besonders beschäftigt habe. Denn gleich
die ersten Untersuchungen der Hauptdolomitbasis haben Abweichungen von der
typischen Basisbreccie ergeben, die Herr Dir. DDr. Ing. H. HOLLER im Berg-
und Hüttenmännischen Monatsheft, Sonderdruck aus Jahrgang 96, im
Jahre 1951 als sedimentäre Breccie "für den ganzen Zug der östlichen
Gailtaler Alpen regional auftretend und niveaubeständig" beschrieben
hat. Die gleiche typische Basisbreccie konnte ich auch noch im östlichen
Teil meines Arbeitsgebietes am Altenberg. anstehend auffinden, doch hier
am Anfang des Fellbachgrabens ist das Aussehen dieses Horizontes stark verändert.
Die hier vorliegende stark bituminöse Dolomitbreccie -und damit wohl
sicher zum Hauptdolomit zu stellen -hat mit rund 250 m Aufschluß mehr als
das Zehnfache der Mächtigkeit der typischen Basisbreccie erreicht. Auch
die Witterungseinflüsse hatten bei den beiden Breccien verschiedene
Folgen. Bei der typischen Basisbreccie wittern die Breccienindivi!duen
reliefartig aus, wogegen hier die Breccie leimt zerfällt, so daß sie
bei größerer Geländesteilheit zum Teil eine Halde bildet. Vor allem ist
aber der Aufbau der beiden Breccien sehr verschieden. Die Individuen der
typischen Basisbreccie sind ziemlich gleich große und auch gleich
aussehehende scharfkantige Bromstücke von dunkel bräunlichgrauem und
stark bituminösem Dolomit, bei der Breccie am Anfang des Fellbachgrabens
sind aber wenigstens im unteren und dunklen Bereich des Aufschlusses
sowohl der Größe nach wie auch petrographisch verschiedene Individuen
sogar schon am Handstück zu erkennen. Wegen vermuteter Tonschiefereinschlüsse
wurde eine beschränkte Zahl von Dünnschliffen mit folgendem Ergebnis
angefertigt: "Nach dem Aussehen der Dünnschliffe ist nicht zu sagen,
ob die Breccie sedimentär oder tektonisch ist. Das primäre Bindemittel
ist über 50% Vol. sehr fein und karbonatisch mit Hohlräumen,
wahrscheinlich nach herausgelöstem Material später wieder kalzitisch
ausgeheilt. An Fremdkomponenten sind überwiegend bis 1 cm große
hellgraue eck1ige Dolomitstückchen, die Hauptdolomit sein können,
weniger Kalkstückchen sowie mergelige dunkle Schiefertonplättchen und
einzelne ganz dunkle bituminöse kalkmergelige Bröckchen vorhanden.
Weiters gibt es in der Grundmasse noch eckige Quarzstücke und leicht gefüllte
Feldspatstücke, die vulkanische Herkunft vermuten 1assen." Durch diese mikroskopischen Untersuchungen sind nun u. a.
als besonders interessante Bestandteile die Tonschieferstücke gesichert,
so daß die Frage nach der Herkunft gestellt werden muß. -Herr Dir. DDr.
Ing. Herbert HOLLER beschreibt in seiner oben angeführten Arbeit nahe über
der Basisbreccie Mergelbänke, die auffällig grün sein sollten. Ich
konnte sie aber bisher in meinem Arbeitsgebiet nirgends finden, so daß
wohl nur mehr eine Erklärungsmöglichkeit übrig bleibt, die sich außerdem
auch von der kräftigen Tektonik dieses Gebietes ablesen läßt. Die
Cardita-Schichten mit ihren Schiefem sind sehr wahrscheinlich in der Basis
des Hauptdolomits eingefaltet und aufgearbeitet. Diese Annahme erscheint
auch deshalb sehr berechtigt, weil ich schon in der Entfernung von 1000
bis 2000 m annähernd im Streichen der Grenze Ladin-Nor des
Fellbachgrabens Aufschlüsse von Cardita-Schiefer am S-Hang des
Golsernocks finden konnte. Aber auch die im Untersuchungsergebnis erwähnten
Kalkstückchen können auf Grund der örtlichen Verhältnisse nur von der
nächsttieferen Stufe, also von den Cardita-Schichten, stammen, weil der
hangende Hauptdolomit in diesem Gebiet nirgends Kalk enthält. Daß es
sich aber bei der vorliegenden Breccie um eine tektonische handelt, die
bei der Pressung der Trias entstanden ist, steht nach meiner Meinung, auf
Grund der sonstigen Beobachtungen an diesem Aufschluß wohl außer
Zweifel. An manchen Stellen im oberen Teil des Breccienaufschlusses fand
ich nämlich noch von der Breccie eingebettet einige mehr oder weniger gut
erhaltene Falten von geringer Ausdehnung" die auch noch obertags ein
gutes Anschauungsbild für die Entstehung der Breccie geben. Von diesen
Falten ist nur der Scheitel gut erhalten, die Schenkel gehen scholl nach
1-2 mallmählich in Breccie über. Aber auch an anderen Stellen dieses
Aufschlusses kann man Übergänge von gut geschichtetem Hauptdolomit in
Breccie sehen. Schließlich fallen auch noch zwei große Harnische als
deutliche Anzeichen für größere tektonische Ereignisse in diesem Gebiet
auf. Die praktische Auswertung dieser Erkenntnisse macht nun
eine Trennung der geringmächtigen sedimentären Basisbreccie des
Hauptdolomits und einer viel mächtigeren tektonischen Breccie an der
Basis desselben Dolomits notwendig, zumal letztere nicht allein auf diesen
Aufschluß beschränkt bleibt. Meine Begehungen haben ergeben, daß sie
auf den S-Hängen dei beiden den Fellbach begrenzenden Höhen, dem
Golser-und Spitznock, in etwas abgewandelter Form vorliegen und auch Herr
Dir. DDr. Ing. H. HOLLER berichtet in seiner oben genannten Arbeit von
einer abweichenden Entwicklung der Hauptdolomitbreccie Vom Meisternock,
deren Beschreibung auf die Breccie des Spitzennocks paßt. übrigens
schließt die tektonische Breccie die vorhergehende Bildung der sedimentären
Breccie nicht aus. Es wäre durchaus denkbar, daß die sedimentäre
Basisbreccie in der tektonischen Breccie mitverarbeitet ist. Für die
starke Verwitterung dieser Zertümmerungsbreccie, was zur auffälligen
Lockerung und damit zum besonderen Aussehen des Gesteins geführt hat,
bedenke man aber, daß sie die tiefste Stelle des Rosentals darstellt.
Seit Bestehen des gegenwärtigen tektonischen Baues in diesem Gebiet hat
sich alles Wasser und zeitweise auch Eis dorthin ergossen, was natürlich
Spuren zutückgelassen hat. Nun muß noch die Fraße beantwortet werden,
warum es gerade zwischen der karnischen und norischen Stufe zu solch auffälligen
Bewegung kommen konnte und bei den tieferen permotriadischen Schichten die
gleichen Folgen ausgeblieben sind. Dafür gibt es tektonische und
stratigraphische Ursachen. Das Rosental ist eine einzige große Synklinale,
deren S-Schenkel die Wiederschwing ist, während der N- Schenkel vom
Golser- und Spitznock gebildet wird, so daß der Hauptdolomit mit den
Cardita-Schichten am Anfang des Fellbachgrabens als tiefste Stelle des
Rosentals ein Teil des tektonisch besonders stark beanspruchten
Synklinalkerns ist. Die Verfaltung und Zertrümmerung beim Hauptdolomit
wurde aber auch durch die Tatsache begünstigt, daß die Carditaschichten
mit ihren Schiefern innerhalb der Trias die besten Gleitflächen besitzen.
Die aus Süd wirkenden Schubkräfte verebbten am N-Synklinalschenkel immer
mehr, so daß bachabwärts das Fallen wie auch die tektonische Unruhe im
Gestein allmählich abnimmt. Das Profil (Abb.1)die geschilderten Verhältnisse
veranschaulichen. Zum Schluß möchte ich noch einmal auf die Dünnschliffe
der Breccie vom Fellbach zurückkommen. überraschenderweise wurden darin
auch eckige Quarz- und Feldspatstücke gesehen, die eine vulkanische
Herkunft vermuten lassen. Diesen Hinweisen kommt aber schon deshalb eine
besondere Bedeutung zu, weil Vulkanismus bisher im unteren Nor im
Gegensatz zu den Stufen Anis, Ladin und Karn nur vereinzelt nachgewiesen
werden konnte und auch nur außerhalb der Gailtaler Alpen.
|
|
zurück.... |