Kahler F. / 1968                                                                        Textauszug

 

Die Gipsvorkommen an der Südseite der Gailtaler Alpen.

Von Franz KAHLER (Klagenfurt)
(mit einer Abbildung).

Die Zahl der obertags sichtbaren oder sichtbar gewesenen Gipsvorkommen dieses Gebietes ist gering. Teilweise sind sie aber so groß, daß sie zeitweise abgebaut wurden. Dazu gehören: Das Gipsvorkommen von Laas bei Kötschach (GEYER, H. HERITSCH) und das Vorkommen von St. Daniel (H. HERITSCH) .Diese beiden Gipslager wurden nach dem Zweiten Weltkrieg kurzfristig abgebaut, als infolge der Zoneneinteilung Osterreichs die Zufuhr von Gips aus den Nordalpen äußerst erschwert war und die Zementindustrie Kärntens dadurch Versorgungsschwierigkeiten hatte. Im Graben ober St. Daniel kam es nach einem Tagbaubetrieb sogar zu einem kleinen Bergbau auf das sehr merkwürdig ins Kristallin des Gailtales eingeschuppte Vorkommen.

Auf der Südseite der Villacher Alpe (Dobratsch) bestand unter der Roten Wand ein Stollen, der lt. TILL (Fußnote S. 588) einem Herrn Faubl in Arnoldstein gehörte. Der Gehöftname Gipser erinnert an diesen Abbau. Ferner ist anstehender, allerdings völlig unbauwürdiger Gips durch SCHENK in einem Anschnitt des Olleitungsgrabens der TAL nördlich von Kötschach beschrieben worden. In einem Seitengraben des Rinsengrabens am Südfuß des Reißkofels zeigte mir Oberforstrat Dipl.-Ing. LONDZIN einen kleinen Aufschluß von Gips. Im sogenannten Gipsgraben oberhalb von Nötsch war Gips ebenfalls zeitweise zu sehen. GEYER hat auf seiner Manuskriptkarte des Blattes Tarvis einen geschlossenen Horizont von Gips an der Westseite der Villacher Alpe gezeichnet, scheint also mehrere Ausbisse entdeckt zu haben.

Viel deutlicher als durch vergängliche Obertagsund künstliche Aufschlüsse wird der Gipsinhalt eines Gebirges durch den Sulfatgehalt der Wässer dokumentiert, wenngleich nicht jeder Sulfatgehalt auf Gips zurückzuführen ist. Ein gutes Beispiel für die Anzeige von Gips durch Quellen ist die Südseite der Villacher Alpe. Hier waren aus technischen Gründen Untersuchungen notwendig geworden, als im in einem erst ein paar Jahre alten Betonkanal deutliche Schäden sah und auf meine Frage der nachbarliche Bauer sagte, daß man in diesem Wasser keine Wäsche (mit Seife) waschen könne. Die darauf durchgeführte Analyse ergab 405 mg SO4 bei einem Abdampfrückstand von 906 mg/1. also fast ein Mineralwasser. Dies war der Anfang weiterer Untersuchungen, die allerdings nur eine generelle Übersicht vermittelten; sie wären fortzusetzen und versprechen noch Überraschungen.

Im Lesachtal wurde das Wasser einiger Bäche auf den Sulfatgehalt (504") untersucht, wobei das Wasser jeweils knapp oberhalb der Straßenbrücken entnommen wurde. Die Werte lauten:

Bach des Radigundergrabens                  106 mg/I

des Stampfgrabens                                 72

des Liesinggrabens                                  55

des Podlaniggrabens                                57

Man muß hiebei beachten, daß nicht nur zwischen der gipsführenden Zone und der Entnahmestelle eine beträchtliche Verdünnung eintritt, sondern daß auch das Wasser aus höheren Horizonten des Hinterlandes verdünnend wirkt. Wir können daher recht beträchtliche Konzentrationen in jenen Wässern annehmen, die in der Gipszone selbst entspringen. In einem Falle wissen wir es: die Gipsquelle des Tuffbades ob St. Lorenzen im Lesachtal hat einen Sulfatgehalt von 573,5 mg/kg*.

Die Gail ober Wetzmann, also am Austritt aus dem Lesachtal, hatte am 25. 3. :1963 44 mg/1 Sulfat. Die folgenden Badwässer wurden an diesem Tage Von der Gailbauleitung Hermagor jeweils ober der Einmündung in die Gail entnommen:

                                          1             2              3             4              5

Wasserwärme                       5,7          5,7           5,4          2,6           6,4

Abdampfrückstand             250         378          284          120           226

Glühverlust                         78        154            76            58            68

Glührückstand                    172        224          228            62          158

Gesamthärte                       10,1       15,9         11,5           4,8         10,8

Karbonathärte                       8,4         8,4          8,7            3,9          9,0

Mineralsäurehärte                  1,7         7,5          2,8            0,9          1,8

Cl                                       5           4             5               4             6

Sulfat                                55         127            56            20            29  

Im Bach von St. Daniel (2) ist deutlich die Gipszone kenntlich, Laaser (1) und Dellacher (3) Bach zeigen noch überhöhte 504 Werte. Es wäre also auch in diesem Bereim interessant, die Untersuchung in die eigentliche Gipszone zu verlegen. Außer dem hohen Wert, den das Gipswasser des Heilbades St. Daniel zeigt 404,9 mg/kg*, hat auch das Wasser des Seitengrabens am Reißkofel, in dem wie erwähnt Gips obertags zu beobachten war, folgende Werte: (in Kurzform in obiger Reihenfolge geschrieben) Abdampfrückstand 425/:106/3:19 mg/l, Härte 19,6°/6,2°/134° Chlor 2, SO3-256 mg/l. Nr. 4 und 5 sind Kirchbach und Gösseringbach.

Im Bereich der Villacher Alpe liegen die Entnahmestellen teilweise in der Gipszone selbst. Hier war es insbesondere die Analyse vom Gipsbach bei Laasweg, dem linken unteren Seitenzufluß des Nötschbaches oberhalb Nötsch, in dem vorübergehend auch Gips zu sehen war: Abdampfrückstand 7:10/:152/558 mg/1; Härte 28,:1°/9,00/:19,:1°, Cl 2 mg/1, 504 337 mg/l. Dann brachten Analysen in der Schütt, dem großen Bergsturzgebiet am Südfuß der Villacher Alpe zunächst drei Gipswässer von der Konzentration eines Mineralwassers:

                    Beim Gipser (1)        auf der Mörtlparzelle (2)       im Hafnerbach (3)

Abdampf

rückstand   2432/276/2156 mg/l      1622/194/1428 mg/1       1006/180/826 mg/l

Härte              95,0°/8,7°/86,3°          65,3°/9,2°/56,1°            40,5°/8,1°/32,4°

Sulfat                 1479 mg/l                       983 mg/l                         568 mg/l

Dazu ist zu bemerken: Das Wasser beim Gipser entspringt der unmittelbaren Gipszone; das Wasser der Mörtlparzelle könnte das Folgewasser etwa des Quellgebietes vom Gipser sein. Die Entnahme am Hafnerbach deutet die Fortsetzung der Gipszone bis Oberschütt an. Gegen Westen ist die Entnahme "Seewiese" (4) nördlich der Wehranlage des Schüttkraftwerkes der Kelag von Bedeutung. Sie zeigt an, daß die Fortsetzung der Gipszone gegen Westen angenommen werden darf Abdampfrückstand 388(112/276 mg/l; Härte 17,4°/ 7,7°/9,7°; Chlor 2 mg/l, Sulfat 168 mg/1.

Von Nötsch bis Oberschütt kann also das Durchstreichen der Gipszone über der Talsohle am Südhang der Villacher Alpe angenommen werden. Östlich von Oberschütt ändern sich die Verhältnisse. Schon bei Oberschütt haben wir über dem Gipswasser-Horizont einen zweiten, der sulfatarm ist. Dieser allein ist gegen Osten verfolgbar, wobei recht geringe Härten und kleine Sulfatgehalte marakteristisch sind.

Federaun         1 (5)               2 (6)                   3 (7)                   4 (8)

Abdampf

rückstand      172 mg/l            192 mg/1            243 mg/l           222 mg/1

Härte         8,8°/8,3°/0,5°     8,9°/8,7°/0,2°    12,1°/11,2°/0,9  11,7°/11mg/l/0,1°

Sulfat              8 mg/l               9 mg/1                   12 mg/1

Die Zahlen in der Klammer beziehen sich auf Abbildung 1.

Die Gail bei Federaun (9) und das benachbarte Grundwasser (10) in 20 m Tiefe eines Filterbrunnens nördlich, nahe dem Fluß, haben erhöhte Sulfatgehalte:

                                         (9)                              (10)

Abdampfrückstand          222 mg/1                       290 mg/l

Härte                       11,5°/9,0°/2,5°                13,8°/13,2°/0,6°

Sulfat                              30 mg/l                          34 mg/1

Zum Vergleich hat die Schwimmschul-(Freibad)Quelle in Warmbad Villach (am 7. 10. 1965) 15,) 504 mg/kg.

Aus dem Nachweis von Gips im Sockel der Villacher Alpe bis nach Oberschütt ergibt sich für die Ursachen der Bergstürze ein weiteres Motiv und man kann nun folgendes überlegen :

a) Die " Unterschneidung" der weicheren Schichten des Sockels der Villacher Alpe durch das Eis wurde natürlich durch das Vorhandensein von Gips gefördert.

b) Es kann angenommen werden, daß das Gailtal südlich der Villacher Alpe mehr als 100 m tief mit Lockermassen erfüllt ist, so daß der Sockel der Villacher Alpe mit den Gesteinen, die unter den Grödener Schichten liegen, relativ hoch emporragte, jedenfalls noch bei Oberschütt über der Talsohle lag, wenn man die Mächtigkeit der Grödener Schichten als gleichbleibend annimmt.

c) Die Auslösung von Gips erfolgt in diesem westlichen Abschnitt der Villacher Alpe auch heute noch, wie es sich aus den nachgewiesenen hohen Sulfatgehalten ergibt, relativ stark. Es ist anzunehmen, daß wir nur einen kleinen Teil der austretenden Wässer sehen oder nachweisen können. Die Massenverluste unter den Kalkwänden sind also nicht unbeträchtlich.

d) Unter der Last der aufliegenden mächtigen Kalke muß es am Fuß der Wände zum Herauspressen von Gips kommen, wodurch es sich vielleicht erklärt, daß es nahe der Oberfläche nom größere, immerhin seinerzeit als abbauwürdig betrachtete Gipslager gibt.

e) Im Bereich der Massenverluste und Massenbewegungen innerhalb der Gipszone werden hangparallele Abrisse der typischen Bergzerreißung (AMPFERER) gefördert. Sie bereiten Felsabbrüche und Bergstürze vor. Allerdings sind daran auch Klüfte der alpidischen Beanspruchung beteiligt.

Jedenfalls haben die steilen und hohen Wände in der Südseite der Villacher Alpe ein anderes Gesicht, wenn man sich das Gailtal ausgeräumt und damit um mindestens :100 m tiefer vorstellt als es heute ist. Es fehlen dann aber auch die steinschlag- und Felssturzhalden unter den Wänden. Der Sockel der Wände steht um mindestens 100 m höher in den Hang hinauf an. Es ergibt sich aus dieser Überlegung, daß die bedeutendsten Abstürze bald nach der Freilegung der Wände infolge des Rückzuges des Gailgletschers erfolgten, sobald die Wirkung der sicherlich erfolgten stärkeren Abtragung des Sockels (von einer Unterschneidung sollte man nicht sprechen) einsetzte. Das war der Fall, sobald das stützende, wenn auch vorüberwandernde, nach Osten strömende Eis fehlte. Die Bergstürze sind anscheinend schon eingetreten, als in den unteren Teilen des Talquerschnittes noch Eis lag. Sie fielen also auf Eis und scheinen teilweise mit diesem noch bewegt worden zu sein. Es ergibt sich ferner, daß besonders im östlichen Teil, aber auch in einzelnen Abschnitten der westlichen Wände das Höherwerden der steinschlaghalden unter den Wänden gemäß dem Lehmann'schen Gesetz zu einer echten Verminderung der Abbruchgefahren führt.

Zu beachten ist schließlich, daß das ausgeräumte Gailtal nur in einem schmalen Teil tief war. Der vorhin erwähnte Sockel dürfte relativ weit nach Süden vorspringen; wenn er auch durch die Erosion ursprünglich gegenüber der Wand in seiner Ausladung verkürzt war, so haben die Bergstürze diese wieder verbreitert. Was wir heute sehen, ist der Zustand nach den großen Bergstürzen Daher kann man, glaube ich, annehmen, daß er in der Tiefe des verschütteten Tales nicht viel weiter nördlich als die heutige Gailitzmündung in die Gail liegt. Im Süden aber haben wir konkrete Anhaltspunkte. Im Kern des Hügels von Hohenthurn haben wir Gesteine der Karnischen Alpen. Diese setzen sich östlich der Gailitz fort. Dort, wo westlich der Höhe 550 die Gailitz scharf anstoßend nach NW biegt, hat STINI seinerzeit einen Schieferaufschluß gefunden, der allerdings seit Jahrzehnten überdeckt ist. An der Beobachtung ist nicht zu zweifeln. Sie wird dadurch unterstützt, daß beim Umspannwerk der Kelag südlich der Höhe 55° an der Eisenbahnlinie die Aushubarbeiten für die Gründung Quarzite und Schiefer unter geringer Bedeckung von Gailitzschottern zeigten. Auch in den beiden kleinen Hügeln westlich und südlich davon fand ich unter Bergsturzmaterial dieselben Quarzite und Schiefer tieferer Karnischer Decken.

Die interglazialen Reste: die Kohlen von Feistritz a. Gail, die Konglomerate des Dert (573 m) nördlich von Dreulach, sowie der Dobrova und des Thurnberges bei Pöckau begrenzen eindeutig dieses tiefe Tal im Süden. Dazu paßt gut die Nachricht, daß ein tiefer Brunnen beim Hause östlich 55.3 des Thurnberges den Schiefer erreimte.

Im Meridian von Hohenthurn dürfte das tiefe Gailtal daher -entgegen der großen Breite westlich davon -, nur mehr etwa 1.300 m, nördlich Gailitz sogar um knapp 1100 m, bei Pöckau aber schon wieder etwa 2000 m breit gewesen sein.

Möglicherweise sind östlich der Gailitz die Schiefer im Kern des Hügels von Hohenthurn infolge einer Störung gegen Norden versetzt worden. Der Beweis läßt sich hier nicht erbringen.

Jedenfalls muß die Enge nördlich von Gailitz auf die Talgeschichte des Gailtales, insbesondere auf die Verschüttung der tieferen Teile des alten tiefen Tales, einen Einfluß ausgeübt haben. Er dürfte aber nicht so groß gewesen sein wie jener der älteren Bergstürze, die dort sperrten, wo auch das ursprüngliche Tal schmal war.

Die alten Talzüge: Feistritz-Dreulach-Stoßau-Arnoldstein-Pöckau-Neuhaus bezw. Pöckau-Radendorf-St. Job-Stobitzen zeigen an, wie schwierig es sein wird, in die Talgeschichte des Gailtales Klarheit zu bringen.

Wenn hier aus dem Bereich technisch bedingter Erkundungen einige Daten gebracht werden konnten, so muß doch betont werden, daß uns im Gailtal in erster Linie etliche seismische Querprofile fehlen, für die aber aus praktischen Erwägungen heraus kaum eine Realisierung zu erwarten ist. Wenn man allerdings bedenkt, daß GRUBINGER auf die anscheinend weit verbreiteten mehrfachen, zum Teil artesischen Horizonte hinwies, die ich lokal schon in den Brückenbohrungen bei der Nötscher Gailbrücke nachgewiesen hatte, dann wäre eine Erkundung der tieferen Wasserhorizonte des Tales unter Umständen die Lösung für seine künftige Wasserversorgung, weil sich sehr viele Wasservorkommen kaum dafür eignen, da sie im Überschwemmungsbereich der Gail liegen und daher zeitweise unbrauchbar sein Würden

Schrifttum:

Zur Orientierung:

Der Gailfluß, das Buch der Gail, redigiert von E. GÜNTSCHL, Wien 1961, Verlag Natur und Technik

Über die Gipsvorkommen bei Laas und St. Daniel:

SCHENK Volker, Beobachtungen an neuen Aufschlüssen in gipsführenden Werfenerschichten bei Laas/Kötschach, Kärnten, Car. II, (57) S. 104-106, hier weitere Literaturangaben. Über die Gipsvorkommen am Südhang der Villacher Alpe:

ANDERLE Nikolaus, in den Aufnahmsberichten der Verhandl. der Geol. B. A., insb. 1954,

MOHS Friedrich, Die Villacheralpe und die derselben zunächst umgebende Gegend, eine geognostische Skizze. Ephemeriden der Berg- und Hüttenkunde 3, Nürnberg 1807, S. 161-228.

PETERS Karl, Die Umgebung von Deutsch-Bleiberg in Kärnten, Jb. G. R. A. 7, 67-89, Wien 1856.

TILL Alfred, Das große Naturereignis von 1348 und die Bergstürze des Dobratsch, S. 588 und Fußnote daselbst, Min-Geol. Ges. Wien 1907.

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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