Brandstätter F. & F. Pertlik / 1996                                          Textauszug

 

Chemische und röntgenographische Untersuchungen an Pyrophanit, (Mn,Fe) TiO3, von St. Salvator, Gemeinde Friesach, Kärnten.

Von Franz BRANDSTÄTTER und Franz PERTLIKMit 4 Tabellen.

Kurzfassung: Eine Mineralparagenese, in dm bis m-großen Blöcken aus terriären Schottern in St. Salvator, Kärnten, auftretend und überwiegend aus Mangansilikaten, Mangankarbonat und Quarz bestehend, führt als akzessorischen Bestandteil eisenhaltigen, praktisch magnesiumfreien Pyrophanit, (Mn, Fe) TiO3. Dieses Mineral wurde anhand chemischer Analysen sowie einer röntgenographischen Strukturbestimmung näher untersucht, da es eine für Österreich eher seltene Spezies darstellt.

EINLEITUNG

Über Gesteine, die neben Quarz überwiegend aus den Mn-führenden Mineralien Rhodonit, Pyroxmangit, Spessartin und Rhodochrosit aufgebaut sind, wird von etwa einem Dutzend Fundpunkten in Österreich berichtet (cf. CLAR und MEIXNER 1953). Diese Autoren weisen darauf hin, daß diese Vorkommen, soweit bekannt, stets in der Nachbarschaft von Eisenspatlagerstätten anzutreffen sind. Als Beispiele werden neben den Kärntner Lagerstätten, wie Hüttenberger Erzberg, Maria Waitschach, St. Leonhard auf der Saualpe und Minachberg bei Friesach, auch die steirischen Lagerstätten Friedlkogel und Kaskogel bei Veitsch erwähnt und ein erster Hinweis auf Vorkommen dieser Gesteine im Gebiet der ehemaligen Gemeinde St. Salvator gegeben. In einem Artikel über neue Mineralfunde aus Österreich (NIEDERMAYER et al. 1994) wird von J. TAUCHER diese Mineralparagenese von St. Salvator, bestehend aus Pyrophanit, Tephroit, Pyroxmangit, Rhodonit, Rhodochrosit, Dannemorit, Spessartin und Quarz neu beschrieben. Die Hauptfundpunkte sind dm-bis m-große Blöcke in tertiären Schottern aus aufgelassenen Gruben am Nordhang des Moschitzberges, St. Salvator (Gemeinde Friesach, Kärnten). Von J. TAUCHER wird für diese Mineralparagenese eine sehr ausführliche morphologische Beschreibung der einzelnen Komponenten gegeben, für Pyrophanit weiters eine halbquantitative EDS-Analyse angeführt (vlg. Tab. 1). Nicht unerwähnt soll auch die Literaturzusammenstellung dieses Autors in bezug auf das Vorkommen von Mn-Mineralen im näheren und weiteren Umkreis des Fundortes bleiben.

In einer von einem der Autoren (F. P.) angeregten Diplomarbeit (AMANN, 1990) zur Mineralogie des "Friesacher Marmors" werden diese überwiegend aus Mn-Mineralien aufgebauten Blöcke bereits erwähnt, eine mineralogische Untersuchung jedoch nicht durchgeführt. Zu bemerken ist, daß der "Friesacher Marmor" einen Gesteinszug bildet, welcher parallel dem Lauf des Flusses Metnitz, im sogenannten Bürgerspitalwald von Friesach bis St. Salvator über etwa 6 km in Streichen verfolgbar ist. Da das Mineral Pyrophanit ein, wie eingangs erwähnt, für Österreich eher seltene Spezies darstellt, erschien den Autoren eine eingehendere chemische und kristallographische Untersuchung angebracht.

EXPERIMENTELLES

Einzelne Pyrophanitkristalle wurden aus einem Handstück mit einem Volumen von etwa 1 dm3 herauspräpariert. Die chemische Zusammensetzung dieser Kristalle wurde mittels einer ARL-Elektronenstrahl-Mikrosonde (kurz EMS) durchgeführt. Die Meßbedingungen waren 15 kV Beschleunigungsspannung und ~15 nA Probenstrom. Alle Analysen wurden nach der Methode von BENCE und ALBEE (1968) korrigiert.

Tabelle I: Zusammenstellung chemischer Analysen (in Gew.-%) und röntgenographisch bestimmter Gitterparameter (in A) von Pyrophanit aus der Literatur und eigenen Untersuchungen. Die Werte für Spurenelemente «0.5 Gew.-%), in einigen Analysen angeführt, sind nicht wiedergegeben. Standardabweichung in Einheiten der letzten Stelle.

 

                            I                          II                        III                       IV

MnO                  ~42.7             35.9         41.00         ~43.7                  32.00

FeO                    ~4.3             13..23        6.60           ~0.5                  14.22

TiO2                                       51.75       51.50                                    53.83

a                       5.137          5.127 (7)    5.131 7)         5.128                5.131

c                      14..28          14.24 (3)    14.29 (3)        14.280               14.274

 

                     V                VI                  VII                    VIII                 IX

MnO         32.15            31.7        33.6 (4)   37.9 (5)     47.03

FeO          14.94            14.4        12.6 (       8;4 (2)

TiO           51.73            53.9        52.7 (2)   52.8 (3)     52,97

 

a                 5.08                                  5.138 (2)                               5.13948(7)

c               14.28                                 14.279 (6)                              14.2829{4)

I: Okarnoto et al. (1959) Pyrophanit von Oyamada

II: Neumann und Bergstöl (1964): Proben von Stocksund und Stokö aus    Nephelin-Seyenit-Pegmatiten des Oslograbens

III: Pornov (1963): Pyrophanit aus einem Alkali-Pegmatit des Burpala-Nephelin-Syenit-Massives im nördlichen Baikalien

IV: Zak (1971): Quarz-Rhodochrosit-Adern in Horngesteinen algonkischer Erze Böhmens

V: Shaw und Niu (1986): Granite in China ohne weitere Angaben

VI: J. Taucher in Niedermayer et al. (1994): Pyrophanit von St. Salvator

VII: eigene Werte. Die Zahlenwerte mit Standardabweichungen sind aus je 6 Messungen ermittelt

VIII: theoretische Werte für MnTiO3

IX: Kidoh et al. (1984): Gitterkonstanten für synthetisches MnTiO3

Die EMS-Analysen der Pyrophanitkristalle von St. Salvator zeigen, daß zwei individuelle Kristallarten vorliegen, die sich deutlich im Verhältnis Mn:Fe unterscheiden, jedoch keinen Zonaraufbau aufweisen, Die Kristalle der beiden Varietäten sind auch aufgrund ihrer Ausbildung nicht unterscheidbar, und eine röntgenographische Unterscheidung ist wegen der innerhalb der Fehlergrenzen identen Gitterkonstanten und der Ähnlichkeit der Streukurven für die Elemente Mn und Fe ebenfalls nicht möglich.

Aus der neueren Literatur ist in Tabelle 1 eine Zusammenstellung von chemischen Analysen und röntgenographisch bestimmten Gitterkonstanten von Pyrophanit verschiedener Fundpunkte wiedergegeben. In dieser Tabelle sind lediglich Analysen von Pyrophanit-Ilmenit-Mischkristallen angeführt, in denen der Mn-Gehalt gegenüber dem Fe-Gehalt {in Gew.-%) überwiegt, und der Mg-Gehalt unter 0.5 Gew.-% liegt. Aus diesem Grund sind folgende Analysen nicht angeführt: MÜCKE und WOAKES, 1986; CASSIDY et al. 1988; LIIPO et al. 1994.

Zur weiteren Charakterisierung des Pyrophanits wurde auch eine röntgenographische Strukturanalyse durchgeführt. Die experimentellen Bedingungen und die Kristalldaten sind in Tab. 2 zusammengestellt, die neu ermittelten Atomkoordinaten und Temperaturparameter in Tab. 3 wiedergegeben.

DISKUSSION

Das variable Verhältnis der Elemente Mn:Fe in den untersuchten Pyrophanitkristallen in Zusammenhang mit dem fehlenden Zonarbau deutet auf zwei Generationen dieser Kristalle hin. Nun wird für die Manganvererzungen, die nach CLAR und MEIXNER (1953) in der Nachbarschaft von Eisenspatlagerstätten zu finden sind, angenommen, daß neben einer vorpermischen metamorphen Kristallisation diese Gesteinskörper eine weitere Metamorphose bei gleichzeitiger Mobilisation des Elements Mangan erfahren haben. Eine vergleichbare Genese erscheint den Autoren dieser Arbeit auch für die aus dem Gesteinsverband gelösten und in Sedimenten zu findenden Mn-führenden Blöcke von St. Salvator plausibel und für die Bildung zweier Generationen Pyrophanit verantwortlich. In Zusammenhang mit einer Beschreibung des "Rhodonit" Vorkommens von Dürnstein (Stmk.) durch KORITNIG (1972) wird diese in die "Mesozone" gestellt, und "liegt daher etwas über der Grenze der Almandin-Chloritoidschiefer/Almandin-Staurolithschieferfazies" (wörtlich). Obwohl das Vorkommen von Dürnstein mit jenem von St. Salvator nur mineralogisch parallelisierbar ist, scheinen oben beschriebene Matamorphosebedingungen für letzteren Fundpunkt jedoch ebenfalls annehmbar zu sein.

Die als weitere Charakterisierung neben der chemischen Analyse durchgeführte Strukturuntersuchung erbrachte, wie bereits angedeutet, keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden chemisch verschiedenen Pyrophanit Generationen. Weiters stimmen die in Tabelle 4 wiedergegebenen interatomaren Abstände, wie erwartet, innerhalb der zweifachen Standardabweichung auch mit den Werten für synthetisches, reines MnTiO3 überein (KIDOH et al. 1984). Der Ersatz von Mn durch Fe wirkt sich bei einem Verhältnis von etwa 3: 1 bis 4: 1 nur unerheblich sowohl auf die Gitterkonstanten als auch auf die Abstände aus. Zu bemerken ist, daß die Gitterkonstanten für FeTiO3 deutlich kleiner sind und WECHSLER UND PREWITT (1984) bei 24° C folgende Werte bestimmten: a = 5.0884 (1) Å, c= 14.0855 (4) Å

LITERATUR:

AMANN, B. (1990): Zur Mineralogie des Friesacher Marmors. - Diplomarbeit an der Formal- und Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

BENCE, A. E., und A. L. ALBEE (1968): Empirical correction factors for the electron microanalysis of silicates and oxides. - J. Geol. 76, 382-403.

CASSIDY, K. F., D. I. GROVES und R. A. BINNS (1988): Manganoan ilmenite formed during regional metamorphism of Archean mafic and ultramafic rocks from Western Australia. - Can. Mineral. 26, 999-1012, #

CLAR, E., und H. MEIXNER (1953): Das Manganvorkommen von Dürnstein (Stmk.) bei Friesach. - Carinthia II, 143./63.,145-148.

KIOOH, K., K. TANAKA, F. MARUMO und H. TAKEI (1984): Electron density distribution in ilmenite-type crystals. II. Manganese (II) titanium (IV) trioxide. - Acta Cryst. B 40, 329-332.

KORITNIG, S. (l972): Pyroxmangit von Dürnstein Steiermark und der Saualpe/Ktn. – Der Karinthin 66,268-273.

LIIPO, J. P., J. I. VUOLLO, V. M. NYKÄNEN und T. A. PIIRAINEN (l994): Pyrophanite and ilmenite in serpentinized wehrlite from Ensilä, Kuhmo greenstone belt, Finland. - Eur. J. Mineral. 6, 145-150.

MÜCKE, A., und M. WOAKES (l986): Pyrophanite: a typical mineral in the Pan-African Province of Western and Central Nigeria. - Afr. Earth Sci. 5,675-689.

NEUMANN, H., und S. BERGSTÖL (l964): Contribution to the minetalogy of Norway, No.25: Pyrophanite in the southern part of the Oslo area. - Norsk Geol. Tidsskt. 44, 39-42.

NIEDERMAYER, G., H.-P. BOJAR, F. BRANDSTÄTTER, V. M. F. HAMMER, B. MOSER, W. POSTL und J. TAUCHER (l994): Neue Mineralfunde aus Österreich XIIIL. - Carinthia II, 184./104:243-275.

OKAMOTO, Y., K. SAKURAI und A. KATO (l959): Pyrophanit aus Oyamada. - Journ. Min. Soc. Japan, 4, 307-309 (in japanisch).

PORNOV, A. M. (l963): Pyrophanit aus dem nördlichen Baikalien. - Dokl. Akad. Nauk SSSR, 153, 187-189 (in russisch).

SHAW, D., und Q. NIU (l986): The first discovery of Pyrophanite in granites of China. - Acta Mineralogica Sinica, Jg. 1986, 123-126. (Chinesisch mit englischer Zusammenfassung.)

WECHSLER, A. B., und C. T. PREWITT (l984): Crystal structure of ilmenite (FeTiO3) at high temperature and at high pressure. - Amer. Min. 69, 176-185.

ZAK, L. (l971): Pyrophanite from Chvaletice (Bohemia). - Min. Mag. 38,312-316.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

zurück....