Brandstätter F., Pertlik F. & R. Zahiri / 1998

 

Untersuchungen eines erdalkaliarmen Rhodonits aus St. Salvator/Kärnten.

Von Franz BRANDSTÄTTER, Franz PERTLIK und Reza ZAHIRI

Zusammenfassung:

Eine Mineralparagenese, bestehend aus Rhodonit, Pyroxmangit, Pyrophanit, Tephroit, Dannemorit, Spessartin, Rhodochrosit und Quarz, von St.Salvator/Kärnten beschrieben, zeichnet sich durch extrem geringe Gehalte an Erdalkalielementen und Eisen aus. Im besonderen stellen Rhodonitkristalle mit der chemischen Zusammensetzung (Mn 4.60 Ca 0,18 Fe o.12 Mg 0.11)(Si 4.93 A 0.07)O15 einzigartige Vertreter dieser Mineralspezies dar. Die kristallographischen Konstanten der untersuchten Rhodonitkristalle sind: a = 7,638(2), b = 11,862(4), c = 6,701(2) [A]; a = 92,40(3), 13 = 94,23(3), y= 105,65(3) [o]; V= 581,82 [Ä3]; Raumgruppe P1. Eine kristallchemische Folge der chemischen Zusammensetzung der Rhodonite ist, daß im atomaren Aufbau dieser Kristalle keine der fünf nicht tetraedrisch koordinierten Kationpositionen ausschließlich von Erdalkalielementen besetzt sein kann. Die oben erwähnte Mineralvergesellschaftung ist vergleichbar mit einem Vorkommen von Manganmineralen bei Xanthi, Nordgriechenland. Die von dort beschriebene metamorphe Mineralparagenese besteht überwiegend aus Rhodonit, Spessartin und Quarz.

Einleitung

Im mineralogischen Sinn wissenschaftliche Bearbeitungen von Mangan-Vererzungen, die auf dem Gebiet der ehemaligen Gemeinde St. Salvator/Kärnten auftreten und überwiegend die Minerale Rhodonit, Pyroxmangit, Pyrophanit, Tephroit, Dannemorit, Spessartin, Rhodochrosit und Quarz führen, fanden in einer Reihe von Publikationen ihren Niederschlag. Eine diesbezügliche ausführliche Zusammenstellung der Literatur wurde von J. TAUCHER (in NIEDERMAYR et al. 1994) veröffentlicht. Rhodonitkristalle, die in dieser Mineralparagenese lediglich untergeordnet auftreten, untersuchte J. Taucher mittels qualitativer EDS-Analysen (energy dispersive system) und konnte anhand dieser Analysen folgende Aussage treffen: "Diese (Rhodonitkristalle) zeigen neben Si und Mn wenig Fe, Mg und Ca" (wörtlich). Das hier erstmals erkannte Phänomen eines extrem geringen Gehaltes an Erdalkalielementen in einem Rhodonit, im Vergleich zu den Daten in der Literatur, waren der Grund für die vorliegende chemische und röntgenographische Untersuchung dieses Minerals. Teile dieser Untersuchungen sind der Öffentlichkeit bereits vorgestellt worden (ZAHIRI 1997, BRANDSTÄTTER et al. 1997). Moderne röntgenographische Untersuchungen am Nebengemengteil Pyrophanit (Mn,Fe)TiO3 werden von BRANDSTÄTTER und PERTLIK (1996) mitgeteilt. Diese Autoren weisen ebenfalls auf den geringen Gehalt an Erdalkalielementen und Eisen in dieser Mineralparagenese im Allgemeinen und in bezug auf das Mineral Pyrophanit im speziellen, hin. Weiters wird ein variables Verhältnis der Elemente Mn:Fe in den einzelnen Pyrophanitkristallen bei fehlendem Zonarbau auf das Vorliegen von zwei Generationen dieser Kristalle interpretiert.

Experimentelles

Die chemische Zusammensetzung des Rhodonits aus St.Salvator/Kärnten, wurde mittels einer ARL-Elektronenstrahl-Mikrosonde (kurz EMS) durchgeführt. Die Meßbedingungen waren 15 kV Beschleunigungsspannung und ~15 nA Probenstrom. Die Analysen wurden nach der Methode von BENCE und ALBEE (1968) korrigiert. Vergleichsstandards für die einzelnen Elemente: Jadeit für Na und Al, Olivin für Mg und Si, Augit für Ca, Kaersutit für Ti, Chromit für Cr und ein Fe-haltiger Granat für Fe. Das Ergebnis der Analysen findet sich in Tabelle 1. Zu bemerken ist, daß spezielles Augenmerk auf einen möglichen Zn-Gehalt der Kristalle gelegt wurde, der Gehalt an diesem Element aber sicher ~ 0.02 Gew% ist. Für die Röntgenuntersuchungen wurde ein Rhodonitkristall ausgewählt, dessen Eisengehalt unter 2 Gew% lag. Die "Qualität" dieses Kristalls wurde mittels Röntgeneinkristallaufnahmen (Film-Methode nach Weissenberg) untersucht und vor allem kritisch auf Verwachsungen bzw. Verzwillingungen, sowie auf eine mögliche (wenn in der Literatur auch bis heute nicht beschriebene) Vervielfachung der Gitterkonstanten geachtet. In Tabelle 2 sind Gitterparameter und jeweils korrespondierende chemische Formel des von den Autoren untersuchten Rhodonits sowie Daten aus der Literatur, bestimmt an natürlichen und synthetischen Rhodoniten, zusammengestellt. Die Formeln sind in einigen Fällen von den Autoren anhand angegebener Analysenwerte errechnet worden.

Ergebnisse und Diskussion

Die Analysenwerte von etwa 20 Rhodonitkristallen, aus identem Handstück wie oben beschriebener Pyrophanit, zeigen nur geringe Variabilität in den Gehalten an Magnesium, Kalzium und Eisen (MgO: 0,6-0,9 Gew%, CaO: 0,9-1,7 Gew%, FeO: 1,8-4,0 Gew%, willkürlich als Fe2+ verrechnet). Der Chemismus der Rhodonitkristalle, in den angegebenen Grenzen variierend, läßt auch keine eindeutige Unterteilung in zwei oder mehrere Generationen zu, wie dies bei Pyrophanit beobachtet und beschrieben wurde Chemisch gesehen stellen diese Kristalle trotzdem eine Besonderheit dar: die Analysen sämtlicher in der Literatur beschriebener natürlicher Rhodonite sind derart verrechenbar, daß das Verhältnis Mn:(Ca,Mg,FII) zwischen 3,7 : 1,3 und 4,0 : 1,0 variiert (in Atom%). In den vorliegenden Kristallen beträgt dieses Verhältnis im Mittel 4,6:0,4 Atom%. Somit sind, nach Kenntnis der Verfasser, die untersuchten Rhodonitkristalle, mit einer Zusammensetzung (Mn 4,6o Ca o,18 Fe o,12 Mg 0,11 (Si 4,93 Al 0,07 )OI5 (speziell für den untersuchten Kristall), die erdalkaliärmsten bis heute beschriebenen Vertreter dieser Mineralspezies. Ein vergleichbares Vorkommen wird lediglich von SAPOUNTZIS und CHRISTOFIDES (1982) beschrieben. Den von diesen Autoren beschriebenen Rhodoniten wird eine Formel (Mn 4,56 Mg 0,22 Ca 0,15 Fe 0,03) Si 5,o2 O15 zugeschrieben und als Besonderheit darauf hingewiesen, daß bis dato keine vergleichbaren Werte für Rhodonit bestimmt worden sind. Der Chemismus der untersuchten Rhodonite und speziell der für den Kristall, dessen Analysenwerte in Tabelle 1 wiedergegeben sind, belegt auch, daß keine der fünf kristallographisch unabhängigen Manganpositionen alleine von den Erdalkalielementen besetzt sein kann. Neben der Charakterisierung der vorliegenden Rhodonitkristalle anhand chemischer Analysen und kristallographischer Parameter ist somit auch die Frage nach der Verteilung der Erdalkalielemente auf die einzelnen Manganpositionen in der Kristallstruktur von Interesse. Da die Unterschiede in den Streukurven, die zur Berechnung der Röntgenbeugungsintensitäten herangezogen werden, zwischen den Elementen Mangan und Kalzium (Ordnungszahl 25 und 20) bereits hinreichend groß genug sind, erscheint hier die Möglichkeit der Untersuchung in bezug auf eine Ordnung dieser Kationen gegeben. An der Durchführung einer Röntgenstrukturanalyse wird gearbeitet, wobei experimentell durch die Bestimmung der Elektronendichte für die fünf kristallographisch unabhängigen Kationpositionen (nicht tetraedrisch koordiniert) eine Aussage über oben erwähnte Verteilung möglich sein sollte. Die Mineralparagenese, aus der die untersuchten Rhodonite stammen, ist leider aus dem Gesteinsverband losgelöst und in dm bis m-großen Blöcken in tertiäre Schotter eingelagert. Somit kann das Vorkommen von St.Salvator lediglich mineralogisch mit einer aus der Nähe der Stadt Xanthi, Nordgriechenland, beschriebenen kontaktmetamorphen Mineralisation (SAPOUNTZIS und CHRISTOFIDES 1982) verglichen werden. Das Vorkommen in Griechenland wird ohne nähere Spezifikation als Ergebnis einer Kontaktmetamorphose zwischen "Calcareous and intrusive rocks" eingestuft. Die Genese der Mineralisation von St.Salvator ist nach heutigem Wissensstand nicht geklärt. Eine genetische Deutung anhand der vorliegenden Analysenergebnisse wäre daher reine Spekulation. Zu erwähnen ist noch, daß Spessartinkristalle aus der vorliegenden Probe folgende chemische Zusammensetzung besitzen: (Mn 2.7 FeII o.2 Ca 0,1 Al 2.0 (Si 1.o O4)3 wobei Eisen willkürlich als formal zweiwertig angenommen und der [8]-koordinierten Atomposition zugeordnet wurde. An eine extensive mineralogisch-kristallchemische Bearbeitung dieser Spessartinkristalle ist gedacht.

Literatur:

BENCE, A.E. & A.L. ALBEE (1968): Empirical correction factors for the electron microanalysis of silicates and oxides. J. Geol. 76, 382-403.

BRANDSTÄTTER, F. & F. PERTLIK (1996): Chemische und röntgenographische Untersuchungen an Pyrophanit, (Mn,Fe)TiO3" von St.Salvator, Gemeinde Friesach, Kärnten. - Carinthia II, 186./106.: 451-456.

BRANDSTÄTTER, F., F. PERTLIK & R. ZAHIRI (1997): Strukturuntersuchungen an erdalkaliarmem Rhodonit der chemischen Zusammensetzung (Mn4,60Ca0,18 Fe0,12 Mg0,11) (Si4,93,Al0,07)O15 -Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft, Beih. z. Eur. J. Mineral. Vol. 9, No.1, 62.

FINGER, L.W. & R.M. HAZEN (1978): Refined occupancy factors for synthetic Mn-Mg pyroxmangite and rhodonite. Carn. Inst. Washington, Year Book 77,850-853.

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NIEDERMAYR, G., H.-P. BOJAR, F. BRANDSTÄTTER, V.M.F. HAMMER, B. MOSER, W. POSTL & J. TAUCHER (1994): Neue Mineralfunde aus Österreich XIIIL. Carinthia II, 184./104.:243-275.

OHASHI, Y. & L.W. FINGER (1975): Pyroxenoids: A comparison of refined structures of rhodonite and pyroxmangite.Carn. Inst. Washington, Year Book 74, 564-569.

PEACOR, O.R., E.J. ESSENE, P.E. BROWN & G.A. WINTER (19781: The crystal chemistry and petrogenesis of a magnesian rhodonite.Amer. Min. 63, 1137-1142.

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SAPOUNTZIS, E.S. & G. CHRISTOFIDES (1982): A calcium-poor rhodonite from Xanthi (N.Greece).Min. Mag. 46, 337-340.

SIMONOV, M.A., E.L. BELOKONOVA, Y.K. EGOROV-TISMENKO & N.V. BELDV (1977): The crystaI structures of natural rhodonite CaMn4,(Si5,O15) and synthetic NaHCd4,(Ge5,O15) and LiHCd4,(Ge5,O15).Doklady Akad. Nauk S.S.S.R. 234, 586-589.

ZAHIRI, R. (1997): Röntgenographische Strukturuntersuchungen an erdalkaliarmem Rhodonit nebst einer Gegenüberstellung von Inosilikatstrukturen mit "Fünferketten".-Diplomarbeit an der Formal- und Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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