Niedermayr G., Begutter P., Postl W. & G. Vorreiter / 1988

 

Über die Oxydationsmineralien des "Hemma-Stollens" bei Friesach in Kärnten, Österreich.

Von Gerhard NIEDERMAYR, Paul BEGUTTER, Walter POSTL und Gismar VORREITER.)
Mit 3 Abbildungen und 1 Farbtafel

Vor 700 Jahren wurde die hl. Hemma, Gräfin von Zeltschach und Friesach, Gattin des Grafen Wilhelm von der Sann, selig gesprochen. Die Diözese Gurk gedenkt dieses Ereignisses in diesem Jahr im Rahmen der Ausstellung "Hl. Hemma von Gurk -Säule des Glaubens" im bischöflichen Residenz Straßburg im Gurktal. Dem Jubiläum entsprechend mag es auch geziemend sein, hier eine Mitteilung über eine interessante Vergesellschaftung von Oxydationsmineralien aus dem "Hemma-Stollen" in der Nähe von Zeltschach bei Friesach zu bringen

EINLEITUNG

Der Hemma-Stollen, im Volksmund auch "Hemma-Loch" genannt, befindet sich in Schwall, Zwischen Friesach-Olsa und Zeltschach, und liegt unmittelbar an der Landstraße (Abb. 1). Der Stollenzugang ist vergittert, der Stollen selbst teilweise verbrochen. Vor wenigen Jahren haben Kinder von Knochen erzählt, die sie in einer Höhle oberhalb des "Hemma-Loches" gefunden hätten. In Verfolgung dieses Berichtes wurde etwa 20 bis 25 Meter oberhalb des eigentlichen Stollenmundes ein Schrägschacht entdeckt, der in den Hemma-Stollen föhne. In einem Bericht von HOHENAUER ( 1847) wird der Hemma-Stollen bereits erwähnt: "16. Der Hemma-Stollen im Zeltschach-Graben, im Tscharre Grund. Datum des Lehensbriefes 1791, Länge 55°, ist verbrochen, steht aber in Rechten" (I. c. S. 147) und zum Bergbaugebiet am Gaisberg, als Teil der Groben von Olsa gezählt. Auch WIESSNER (1953) nennt den Hemma-Stollen, hier gemeinsam mit dem Oberen Jakobi- und dem Simoni-Stollen, als einen Teil des Revieres Gundersdorf. Seinen Angaben zufolge soll in diesem Revier ausschließlich Brauneisenstein gefördert worden sein. Dies ist nach der uns vorliegenden Oxydationsmineralisation höchst unwahrscheinlich.. Wohl wurde mit Versiegen des Edelmetallgehaltes der Bergbaue um Friesach gegen Ende des 16. Jahrhunderts die Eisenerzgewinnung intensiviert, doch verdankt Friesach dem mittelalterlichen Edelmetallbergbau seinen Ruf als eine der bedeutendsten Münzstätten des Hochmittelalters (vgl. ZADORLAKY-STETTNER, 1962). Es ist anzunehmen, daß mit Gewinnung des Eisenerzes auch die beibrechenden silberführenden Sulfide verarbeitet worden sind. Der Edelmetallbergbau in der Umgebung von Friesach läßt sich jedenfalls bis ins 10. Jahrhundert zurückverfolgen. In der Legende werden hier die Silbergruben im Gebiet von Zeltschach erwähnt und die beiden Söhne der Gräfin Hemma als Opfer der Rache aufständischer Bergknappen genannt (WIESSNER, 1950).

DIE MINERALIEN

In unzähligen Arbeiten hat H. MEIXNER über die reichen, primären und sekundären Mineralisationen der Lagerstätten um Friesach berichtet (z. B. MEIXNER, 1957, 1967, 1974 und 1975), den Hemma-Stollen hat er aber dabei nicht erwähnt. Primäre Erze waren in dem stark von Limonit durchtränkten Material nicht festzustellen; aufgrund der beobachteten Oxydationsmineralisation muß es sich dabei aber um Galenit und wohl auch Bournonit gehandelt haben folgende Mineralphasen konnten bisher sichergestellt werden (aufgelistet in alphabetischer Reihenfolge):

Allophan, Al2SiO5 .nH2O,

amorph

Farblose bis mehr oder weniger intensiv blaue, durchsichtige, opalartige Massen mit nierig-traubiger Struktur sind röntgenamorph, aber nach Härte, Dichte und Lichtbrechung zu Allophan zu stellen. Allophan wird teilweise von Azurit und Dundasit durchwachsen und ist wohl jünger als diese beiden Mineralphasen.

Azurit, Cu3[(OH)/(CO3)]2,

monoklin-prismarisch

Dunkelblaue, hochglänzende und häufig nach der Querachse gestreckte Kristalle dieses basischen Kupfer-Karbonates finden sich in Vergesellschaftung mit Dundasit, Allophan und Malachit. Die farblich auffallenden Kristalle erreichen kaum mehr als 1 mm Größe.

Baryt, BaSO4,

rhombisch -dipyramidal

Über schwarzbraune, nierigen Massen von vermutlich Mangan-Hydroxiden ("Manganomelan") sind glasklare, farblose und maximal 2 mm große, dünntafelige Baryte zur Ausbildung gekommen. Die nach (001) dünntafeligen Kristalle zeigen bevorzugt die Formen {001} , {100} , {210} und selten auch {010}.

Bindbeimit, Pb2Sb(O, OH, F, H2O)7

kubisch

Grellgelbe bis gelblichbraune, erdige Massen und Imprägnationen in limonitischem Derberz, meist mit mehr oder weniger pulverigem Cerussit eng verwachsen, konnten röntgenographisch als Bindheimit bestimmt werden. Die Anwesenheit von Bindheimit, der aus den Lagerstätten um Friesach mehrfach bekannt ist, ist jedenfalls ein Hinweis auf primäre "Bleispießglanze", als deren Verwitterungsprodukt er aufzufassen ist.

Calcit, CaCo3,

ditrigonal-skalenoedrisch

Kleine, farblose, rhomboedrische Kristalle und ankorrodierte Beläge über Limonit sind Calcit.

Cerussit, PbCO3,

rhombisch -dipyramidal

Cerussit tritt in den limonitdurchtränkten Gesteinen des Hemma-Stollens reichlich auf und findet sich hier nicht selten in massigen, gelblichgrauen, harzglänzenden Imprägnationen. Er bildet aber auch Kristalle, die dann als seidig-glänzende, bis 2 mm lange, nadelige Individuen entwickelt sind.

Corkit, PbFe33+[(OH)6/SO4PO4] ,

trigonal-rhomboedrisch

Feinkristalline, gelblichbraune, nierige Beläge über Limonit konnten röntgenographisch als Gemenge von Mimetesit und untergeordnet Corkit bestimmt werden. Paragenetisch interessant ist das gemeinsame Auftreten von Cerussit, Pyromorphit und Corkit, das nach NRIAGU (1984) für ein sehr eng begrenztes Bildungsmilieu dieser Paragenese spricht.

Dundasit, PbAl2[(OH)4/(CO3)2] 2H2O,

rhombisch

Besonders auffällig an den zur Untersuchung bereitgestellten Stücken waren bis 3 mm große Aggregate silbergrauer bis weiBer, feinnadeliger Kristalle über Azurit, zum Teil mit Malachit und Allophan eng vergesellschaftet. Das Material konnte röntgenographisch als Dundasit identifiziert werden. Dundasit ist schon vorjahren von MEIXNER (1978) aus dem Martisbau im Ratteingraben bei Guttaring beschrieben worden. Etwa zur gleichen Zeit gelangte auch eine Dundasit-Stufe mit der Fundortangabe " Wölch" in die Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien, die im Tausch von Herrn Dipl.-lng. Dr. W. PAAR, Salzburg, erworben werden konnte. Dundasit ist in den alten Bergbauen im Bereich Hüttenberg-Friesach offenbar häufiger anzutreffen.

Limonit (Goethit), α-FeOOH,

rhombisch-dipyramidal

Rötlichbraune bis gelbbraune, erdig-pulverige Imprägnationen und zum Teil verhärtete Inkrustationen in dem teils stark zersetzten, schiefrigen und verquarzten Gestein sind zum Goethit zu stellen. Auffällig waren auch häufig mit bunten Anlauffarben versehene, glaskopfartige Massen

Malachit, Cu2[(OH)2/CO3],

monoklin-prismatisch

Hellgrüne, feinfaserige Beläge und kugelige Aggregate feinster Nädelchen sind Malachit. Malachit tritt bevorzugt neben Azurit und Dundasit auf.

Manganomelan (?), MnO2

Mattschwarze, nierig-traubige Krusten, stalaktitische Gebilde und konzentrisch-schalige Aggregate waren röntgenographisch nicht bestimmbar, weisen aber einen bedeutenden Mangan-Gehalt auf. Sie sind mit großer Wahrscheinlichkeit zum "Manganomelan" zu stellen. Begleiter sind häufig Baryt, seltener Pyromorphit.

Mimetesit, Pb5[Cl/(AsO4)],

hexagonal-dipyramidal

Zitronengelbe, wenige Zehntelmillimeter große, dickprismatische, tonnenförmige Kristalle über Limonit wurden röntgenographisch als Mimetesit bestimmt. Neben Kristallen mit den Formen {1010}, {1011} und {0001} treten auch spindelförmige, durch oszillatorisches Alternieren von {1011} und {1010}, an beiden Enden deutlich abgerundete Kristalle auf (Abb. 2). Auch nierig-traubige Beläge haben sich in der Hauptsache als Mimetesit, neben Corkit, erwiesen.

Pyromorphit, Pb5[Cl/(PO4)3],

hexagonal-dipyramidal

Gelblichgraue bis grünlichgelbe, spindelförmige Individuen und spießige Kristalle, Kristallrasen und zu unregelmäßigen Haufen angeordnete Kristallaggregate haben bei der röntgenographischen Überprüfung den Nachweis von Pyromorphit erbracht. Die häufig doppelendig spitz zulaufenden Kristalle (Abb. 3) sind meist sehr klein und erreichen nur in Ausnahmefällen 1 mm Größe.

Wulfenit, PbMoO4,

tetragonal-pyramidal

Bis 1 mm große, gelbe und durchsichtige Kristalle sind röntgenographisch als Wulfenit identifiziert worden. Die nach (001) dünntafelig entwickelten Kristalle zeigen neben {001} noch die Formen {112} und {101}. Obwohl praktisch alle hier mitgeteilten Mineralphasen sehr klein entwickelt sind mit Ausnahme des Cerussits, der auch in massigen Imprägnationen und bis 1 cm großen, in der limonitischen Matrix eingewachsenen, undeutlichen Kristallen vorkommt -, ist die Vielfalt der Paragenese hervorzugeben. Es ist zu erwarten, daß sich bei genauerer Durchsicht des geborgenen Materials auch noch andere Oxydationsprodukte der primären, sulfidischen Erze nachweisen lassen.

LITERATUR:

HOHENAUER, F. L. (1847): Die Stadt Friesach. Ein Beitrag zur Profan- und Kirchen-Geschichte von Kärnten. (Nebst einem Anhange: Die Olsa, ein Eisenbergbau und Hochofen bei Friesach.) - Klagenfurt: J. Leon, 156 S.

MEIXNER, H. (1953): Vererzung und Minerale von Olsa bei Friesach. - Carinthia II, Klagenfurt, 143./63., H. 1:149-152.

-( 1957): Die Minerale Kärntens. I. Teil. Systematische Übersicht und Fundorte. - Carinthia II, Klagenfurt, Sh. 21, 147 S.

-(1967): Neue Mineralfunde in den österreichischen Ostalpen XXII. - Carinthia II, Klagenfurt, 157./77.:88-104.

-(1974): Neue Mineralfunde in den österreichischen Ostalpen, XXIV. - Carinthia II, Klagenfurt, 163./83., Jg. 1973: 101-139.

-(1975): Neue Mineralfunde in den österreichischen Ostalpen XXV. - Carinthia II, Klagenfurt, 165./85.: 13-36.

-(1978): Neue Mineralfunde aus Österreich, XXVIII. - Carinthia II, Klagenfurt, 168./ 88.:81-103.

NRIAGU, J. O. (1984): Chapter 10. Fortnation und Stability of Base Metal Phosphates in Soi1s and Sediments. - In: NRIAGU, J. O., und B. B. MOORE (Ed.): Phosphate Minerals. - Berlin-Heidelberg: Springer, 442 S. (S. 318-329).

WIESSNER, H. (1950): Geschichte des Kärntner Bergbaues. I. Teil. Geschichte des Kärntner Edelmerallbergbaues. - Archiv f. vaterl. Geschichte und Topographie 32: 1-303.

-(1953): Geschichte des Kärntner Bergbaues. III. Teil. Kärntner Eisen. - Archiv f. vater1. Geschichte und Topographie 41./42.:1-353.

ZADORLAKY-STETTNER, N. ( 1962): Die Erzlagerstätten zwischen Metnitz- und Gurktal westlich von Friesach in Kärnten. – Berg- und hüttenmänn. Mh. 107:342-351. 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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