Holler H. / 1976                                                                                                     Textauszug

 

Gedanken zum Bau des Dobratsch in den östlichen Gailtaler Alpen.

Von Herbert HOLLER 
(Mit 5 Abbildungen)

ZUSAMMENFASSUNG

Bei dem Versuch, die 1974 veröffentlichten Erzberg NS~ Profile nach Süden durch das idealisierte Dobratsch-Profil von COLINS und NACHTMANN (1974) zu ergänzen, zeigte sich vor allem im Profil durch die Grube Stefanie zum Neuner-Nock, daß die an der Dobratsch-Südseite flach nach Nord eintauchende Dobratschüberschiebung (COLINS und NACHTMANN 1974) in weiterer Folge schüsselförmig umbiegen muß, um schließlich am Dobratsch-Nordhang flach südfallend auszustreichen. Der Dobratsch besteht somit aus zwei deckenähnlichen Schollen übereinander, eineroberen, der Dobratsch -Gipfeldecke, und einer unteren, der Dobratsch –Basisdecke. Darüber hinaus wird vermutet, daß auch die nördlicher zu Tage tretenden steilen Längsstörungen (Bleiberger Bruch, Kakstörung, Kreuzenstörung) ebenfalls nach Süden flacher werden und schüsselförmig umbiegen, so daß unter derb Dobratsch -Basisdecke mindestens zum Teil auch eine Erzbergdecke zu liegen käme, die ober Tage zwischen Bleiberger Bruch und Kakstörung zu Tage tritt. Ob es sich bei einem solchen Bauplan um den ursprünglichen alpinen Deckenbau handelt oder um jüngere, durch Gravitationstektonik entstandene, Gleitbahnen im Sinne VAN BEMMELENs (1957), kann nicht entschieden werden.

SUMMARY

The gently north dipping overthrust described from the Dobratsch south facing slope must bend over bowl shaped and come to the surface again on the north side of the D ob rat sc h which is inclined gently to the south. This was the result of an attempt to complete the N-S section (published 1974) trough the Stefanie mine by the idealized section through the Dobratsch which was presented by COLINS and NACHTMANN in 1974.

Thus it is demonstrated that the Dobratsch consists of two nappe-Iike massifs, that is an upper unit -the Dobratsch summit-nappe, and a lower base-nappe . Moreover, it is assumed that the steep dipping longitudinal faults outcropping more to the north (Bleiberger Bruch, Kakstörung, Kreuzenstörung) become more gradual tothe south andhaveto bend over bowl shaped too, in the consequence of which the position of an Erzberg-nappe could be expected (in parts at least) underneath the Dobratsch base-nappe. The Erzberg-nappe occurs on the surface between, Bleiberger Bruch, and , , Kakstörung, It cannot be decided wether this structure system is identical with the alpine nappe system or represents aseries of slide-faults caused by a younger gravitation tectonic according to V AN BEMMELEN (1957).

O. KRAUS und E. OTT haben 1968 den Nachweis erbracht, daß im Südabbruch des Dobratsch die regelmäßige Abfolge von rotem Sandstein, Werfener Schichten, Anis, Ladin bis einschließlich Teilen des Karns nochmals von Anis und Ladin überlagert wird. Die Grenzstörung zwischen beiden Schollen gaben KRAUS und On in ihrer schematischen Profilskizze als steile Störung mit 78° Nordfallen an.

1974 berichteten E. COLINS und W. NACHTMANN über ihre tektonischen und paläontologischen Aufnahmen am Dobratsch-Südabbruch, wobei sie als Grenze zwischen der Liegendscholle und der Hangendscholle eine zunächst 55° nordfallende, später mit den Schichten flacher werdende (2?), von ihnen Dobratschüberschiebung benannte Störung feststellten.

Diese Dobratschüberschiebung wurde von ihnen auch im Streichen nach Ost und West verfolgt und in einer Planskizze festgehalten. Ihr Verlauf von der Semmleralpe im Westen bis in den Bereich südöstlich der Aichinger-Hütte zwischen den Koten 1711 und 1567 scheint durchaus gesichert zu sein. Nicht unbedingt gesichert ist dagegen der Verlauf der Störung nordwestlich der Semmleralpe und nach Norden bis zum Bleiberger Bruch sowie östlich der Kote 1603 (Bereich Aichinger-Hütte) zur Kaserin und weiter nach Nordost über Kote 974 westlich des Hundsmarhofes, zum Wispelhof bis zum Bleiberger Bruch. In diesen Bereichen handelt es sich nur um eine auf Grund lokaler Gesteinsbefunde getroffene Annahme.

In jüngster Zeit hat nun Ing. Josef MARKOWITZ, Klagenfurt, in mühevoller Arbeit für die Bergdirektion der Bleiberger Bergwerksunion ein Gipsrelief der östlichen Gailtaler Alpen bis zur Gradlitzen im Maßstab 1 :10.000 hergestellt. In dieses Modell wurden auch die geologisch-tektonischen Verhältnisse eingezeichnet, wie sie von mir 1947-1955 aufgenommen bzw. anschließend von Dr. KOSTELKA und später von Dr. HÜBEL im nordöstlichen Abschnitt ergänzt wurden.

Im Zusammenhang mit der Darstellung der geologischen Verhältnisse auf dem Modell erschien es mir wünschenswert, auch den von COLINS und NACHTMANN beschriebenen Verlauf der Dobratschüberschiebung, soweit er gesichert erschien, auf das Modell zu übertragen.
Zur Beurteilung der Position dieser Überschiebung innerhalb der Gesamttektonik wurden meine 1953 bzw. 1974 veröffentlichten Erzbergprofile (Abb. 14,15,16,17 ex 1974) unter Verwendung des idealisierten Dobratschprofiles nach COLINS und NACHTMANN nach Süden verlängert (Abb. 2, 3,4, 5 ex 1976). Hiebei kommt dem Profil durch die Grube Stefanie (Abb. 3) besonderes Gewicht zu, weil meine Kartierung in diesem Meridian (2200 m östlich Rudolfschacht) am weitesten nach oben bzw. nach Süden reicht, nämlich bis zum Neuner-Nock.

Dieses Profil zeigt nun, daß die von mir schon 1974 als hangender Wettersteinkalk angesprochenen, flach südfallenden Schichten des Neuner-Nocks mit dem am Südabfall des Dobratsch flach nordfallenden Lagunenkalk (COLINS und NACHTMANN) korrespondieren bzw. offenbar identisch sind. Daraus ergibt sich zwingend die Annahme, daß die im Süden gesicherte Dobratschüberschiebung nach anfänglichem flachen Nordfallen im Profil einen schüsselförmigen Verlauf annehmen muß, so daß sie am Nordabhang über den Neuner-Kalken flach südfallend ausstreichen muß. Die am nördlichen Profilflügel über der Neuner-Scholle aufliegenden Schichten gehören somit, ebenso wie jene am Südflügel, bereits der Dobratsch-Hangendscholle (COLINS und NACHTMANN) an. Bei Hangend- und Liegendscholle handelt es sich also um deckenähnliche Schollen, weshalb im weiteren die Hangendscholle als Dobratsch -Gipfeldecke und die Liegendscholle als Dobratsch -Basisdecke bezeichnet werden.

Im Neuner-Stefanie-Profil (Abb. 3) kommt auch klar zum Ausdruck, daß südlich des Neuner-Nocks unter der Gipfeldecke noch, mehr oder weniger vollständig erhalten gebliebener, hangender und daher erzhöffiger Wettersteinkalk vorhanden ist, dessen Tiefenlage durch eine Serie von Tiefbohrungen von der Maas aus verhältnismäßig leicht festgestellt werden könnte. Obwohl es sich bei diesem hangenden Wettersteinkalk, seiner exponiert südlichen Lage wegen, nicht mehr um eine Ausbildung der sogenannten Bleiberger Fazies mit normalen Schichtflächen-Abständen handeln kann (1. Zone nach KOSTELKA 1971), sondern höchstens um die 2. oder gar 3. Zone mit verringerten Abständen der Schichtflächen, so kann man diesem Bereich eine gewisse " Erzhöffigkeit nicht absprechen. Dies ergibt sich daraus, daß in der sogenannten Jakobi -Scholle (Frohnwald), welche in Auswirkung einer sekundären Bruchtektonik längs der Schrengenstörung nach Norden abgesunken ist (Abb. 3), Erzvorkommen von den Alten aufgeschlossen und bebaut wurden.

Der im Neuner-Profil nachgewiesene schüsselförmige Verlauf der Dobratsch-Deckengrenze sollte nun aber für den gesamten gesicherten Verlauf der COLINS-NACHTMANN'schen Überschiebung, also auch für die drei weiteren Profile (Abb. 2, 4, 5), Geltung haben.

Demnach wäre die Deckengrenze auch am Nordabhang des Dobratsch durchaus südfallend anzunehmen bzw. zu suchen. Von der Neuner-Scharte (Kote 1629) nach Osten bietet sich dafür mit großer Wahrscheinlichkeit die von mir 1974 vermutete Wagentalstörung an, welche durch eine ihr folgende deutliche Verebnung gekennzeichnet ist. Meine seinerzeitige Annahme einer steilen Störung müßte nun einem flachen, südlichen Einschieben der Deckengrenze der Wagentalverebnung weichen (Abb. 1).

Wie weit die Dobratsch-Gipfeldecke enlang der Wagental-Deckengrenze nach Osten reicht, wird wohl erst durch eine Detailkartierung der Faziesgrenze zu klären sein. Für die Ostgrenze bieten sich hiefür drei Varianten an, einmal die (1974) als östliche Maasstörung bezeichnete, ab Kote 1429 quer über das Plateau nach SO verlaufende Linie, welche das Westende einer Verebnung bildet.

Als zweite, etwas unwahrscheinlichere Möglichkeit der weitere Verlauf des Nordausstreichens entlang der Wagentalstörung nach Ost bis etwa zur Kote 1115 und das Umbiegen der Deckengrenze nach Süd unter Einschleppung in den von COLINS und NACHTMANN nur angenommenen Verlauf des Südausstreichens zwischen den Koten 1115 und 1603.

Der weitere hypothetische Nordostverlauf der Überschiebung nach COLINS und NACHTMANN über Kote 974 -Wispelhof zum Bleiberger Bruch entfiele bei Annahme einer schüsselförmigen Deckengrenze gänzlich.

Schließlich besteht noch die ebenfalls etwas unwahrscheinliche Möglichkeit, daß die nördliche Deckengrenze noch etwas weiter nach Osten entlang der Wagentalstörung verläuft, und zwar bis zur Pungartstörung, welcher sie weiter nach Südost bis zum Südabbruch (östlich Kote 1112) folgen würde. In diesem Falle wäre das südliche Ausstreichen der Deckengrenze zwischen den Koten 1112 und 1603 im Bereiche des Südabbruches erst nachzuweisen.

Mangels eingehender Kartierung des Dobratsch-Nordhanges ist die Angabe des nördlichen Ausstreichens der Deckengrenze westlich der Neuner-Scharte schwieriger. Von mir wurde der Dobratsch-Nordhang vom Bleiberger Tal aus nur bis zur Südgrenze des rötlichen Wettersteindolomits gegen südlich (höher) angrenzenden kompakten Wettersteinkalk kartiert. Es wurde seinerzeit (1974) offengelassen, ob es sich bei dieser Grenze um eine (steile) Störung oder um den Verlauf einer Erosionskante des Wettersteinkalkes handelt. Wenn ich auch der Ansicht bin, daß das Ausstreichen der Deckengrenze höher liegen dürfte, nehme ich vorläufig an, daß sie von der Neuner-Scharte zur Erosionskante im Hohentrattenlahner und weiterhin der Erosionskante selbst nach Westen bis zur Rubentalerriese und schließlich der südlichen Begrenzung des rötlichen Wettersteindolomits bis gegen die Kote 1066 im Torgraben folgt. Sollte sie, was wahrscheinlicher ist, höher, also südlicher, im von mir noch nicht kartierten Bereich, liegen, würden die zuletzt kartierten kompakten Wettersteinkalke, welche die Erosionskante bilden, noch der Dobratsch-Basisdecke angehören.

Die Deckengrenze an Nordhang würde in diesem Falle etwa mit dem von ANDERLE (1951) angenommenen Ausstreichen der Carditaschichten an der Nordseite des Dobratsch zusammenfallen, welche ihm, da nicht mehr vorhanden, ohnedies Schwierigkeiten bereitet haben. Das Dobratsch-Profil von ANDERLE zeigt übrigens eine überraschende Ähnlichkeit mit meinen Profilen. ANDERLE läßt den auf der Südseite gesicherten Carditaschiefer ebenfalls schüsselförmig umbiegen und am Nordhang wieder auftauchen, er hat nur nicht erkannt, daß es sich dabei um eine schüsselförmig gebogene Deckengrenze handelt und daß darüber sich nicht konkordant Nor aufbaut, sondern eine aus Muschelkalk und Ladin bestehende Gipfeldecke übrigens zeichnet ANDERLE tiefer unten, innerhalb des Wettersteinkalkes, eine andere, ebenfalls schüsselförmige Deckengrenze ein, welche wieder im Profil nach COLINS und NACHTMANN fehlt. Ihr Vorhandensein wäre noch zu überprüfen.

Der Verlauf der Deckengrenze westlich der Sernmleralpe (Kote 1569) scheint bis etwa 400 m vor Erreichen der Kote 1148 tatsächlich dem Lärchgraben zu folgen (siehe Lärchgrabenstörung verschiedener Autoren), muß aber, bei Annahme eines schüsselförmigen Verlaufes, dann nach NNW bis N umbiegen und dürfte unmittelbar durch den Torsattel (Kote 1140) verlaufen, diesen also morphologisch verursachen. Dann würde sie ungefähr dem Torgraben nach Norden folgen und bei Kote 1066 (Torquelle) nach Osten in den am Nordabhang des Dobratsch vermuteten Verlauf umbiegen. Es sei noch erwähnt, daß die beschriebene Begrenzung der Dobratsch-Gipfeldecke nicht durchwegs der Deckengrenze entsprechen muß, sondern teilweise auch steilen Störungen folgt, welche die schüsselförmige Deckengrenze höher oder tiefer stellen bzw. abschneiden (z. B. Maasstörung, Roßtrattenstörung, Lärchgrabenstörung und andere).

Die Verlegung der Deckengrenze durch den Torsattel erfolgte lediglich aus morphologischen Gründen. Der Kilzerberg wäre nach dieser Auffassung zur Gänze der Dobratsch -Basisdecke zuzuzählen.

Die durch die Deckengrenze. gebildete, in ostwestlicher Richtung langgestreckte Schüssel oder Wanne wird durch Querstörungen in mehrere Teile zerlegt und höher oder tiefer gestellt. Mindestens westlich der Neuner-Scharte (Kote 1629) weist die Wanne in ihrer Längserstreckung eine deutliche Neigung nach Westen auf, so das sie am Westende bei nur noch 1066 m SH zu Tage tritt. Es ist anzunehmen, daß die Wanne durch Gleitmaterial (Schiefer, Letten usw.) nach unten gegen die Basisdecke einigermaßen wasserdicht entwickelt ist, ihr Ausstreichen im Norden also einen Quellhorizont bildet, der vor allem im Westen zu stärkeren Quellaustritten führen kann. Tatsächlich finden sich im Westen nahe unter der vermutlichen Deckengrenze so gut wie alle stärkeren Wasseraustritte des Dobratsch-Nordabhanges, nämlich von West nach Ost die Torquelle, die Leiningerquelle , die Nötschquelle und schließlich die Weißenbachquelle. Die Wasserführung all dieser Quellen stammt sicher aus der durch Klüfte in der Basisdecke angezapften Dobratsch -Gipfeldecke. Dazu paßt auch die Tatsache, daß die östlichste und am höchsten gelegene der angeführten Quellen, die Weißenbachquelle, nur periodisch Wasser schüttet, nämlich in wasserreichen Zeitabschnitten.

Wie 1974 mitgeteilt, weist der Bleiberger Bruch im Bereich Kreuth vom Taggelände aus bis zum 11. Antoni-Lauf, also auf 600 m schräger Teufe, ein Einfallen von 80° nach Süden auf. Dagegen wird er unter dem 11. Laufflacher, sein Einfallen bis zum 13. Lauf (100 m tiefer) beträgt nur noch 70° nach Süd. Unter der Annahme, daß diese Verflachung sich nach der Teufe fortsetzt, wäre es denkbar, daß auch der Bleiberger Bruch eine Deckengrenze darstellt, welche unter dem Dobratsch ebenso eine flache Schüssel bildet wie die Deckengrenze zwischen Dobratsch -Basis -und -Gipfeldecke .Weil am Südabbruch des Dobratsch eine solche tiefere, nordfallende Deckengrenze nicht nachgewiesen werden kann, könnte sie nur an die Basis des roten Sandsteins oder tiefer, also an den Sockel des Dobratsch, verlegt werden, wie in den Profilen (Abb. 2,3,4, 5) angedeutet.

Bei Zutreffen dieser Annahme würde unter dieser tieferen Deckengrenze eine weitere Decke zu liegen kommen, welche im Norden dem Erzberg entspricht und daher Erzbergdecke benannt werden müßte.

Dieser Erzbergdecke wären die Bleiberger Thermen und vermutlich auch die Warmbader Therme zu verdanken. Als Basis der Erzbergdecke käme die Kakstörung in Frage, welche in diesem Falle ebenfalls eine Verflachung nach Süden aufweisen müßte. Im Norden der Kakstörung tritt noch eine weitere starke Längsstörung, nämlich die ebenfalls südfallende Kreuzenstörung, zu Tage, so das unter der Erzbergdecke noch mit einer Kakdecke und schließlich noch mit einer Mitterberg-Decke gerechnet werden könnte, die aber wahrscheinlich nicht mehr bis unter den Dobratsch nach Süden reichen dürften ( siehe Profile). Wohl aber würden die Erzbergschichten nach Süden tatsächlich mindestens zum Teil unter dem Dobratsch liegen, wie dies schon KOSTELKA in seinem 1971 gezeichneten Nord-Süd -Profil Drautal-Gailtal angedeutet hat. Er kommt zu dieser Annahme durch die hypothetische Einführung einer flachen, südgeneigten Schubbahn südlich des Bleiberger Bruches.

Ob die Kakstörung als untere Deckengrenze der Erzbergdecke nach Süden selbständig bleibt oder, wie in den Profilen angedeutet, sich mit der nächst höheren, dem Bleiberger Bruch entsprechenden, Deckengrenze vereinigt, muß hypothetisch bleiben. In den Profilen ist übrigens der Bleiberger Bruch gemäß der Variante B (1974) als der wahrscheinlicheren, eingezeichnet, so das der Wettersteindolomit im Süden bis an diese Bruchvariante herantritt.

Die neu zur Diskussion gestellte hypothetische Deckengliederung des Dobratsch und der nördlichen Gebirgsketten wurde, wie schon erwähnt, ausschließlich aus den Gegebenheiten des durch den Neuner-Nock gelegten Profiles (Abb. 3) abgeleitet. Sie findet eine wesentliche Stütze im Auftreten der starken kalten Quellen nahe unter der hypothetischen Deckengrenze am Nordhang des Dobratsch im tiefsten Teil der nach Westen schräggestellten Wanne der Dobratsch-Gipfeldecke, während die warmen Quellen offenbar der Erzbergdecke zugeordnet werden müssen.

Schließlich sei daran erinnert, daß R. W. VAN BEMMELEN (1957) auf Grund seiner mehrjährigen Kartierungen in den westlichen Gailtaler Alpen (und in den Nordkarawanken) dort mehrfach zu ähnlichen Profilen mit schüsselförmig umbiegenden, steilen Abschiebungsbahnen kam. Die Entstehung dieser tektonischen Formen erklärt er allerdings vorwiegend mit einer jüngeren Gravitationstektonik , welche das bereits fertige alpin e Deckengebäude zu einem späteren Zeitpunkt noch in Mitleidenschaft gezogen habe. Weil die durch Gravitationstektonik entstandenen tektonischen Formen, abgesehen von einzelnen Abschiebungen (Rauchfangwandkluft usw.), mit ihren Gleitbewegungen den Formen des älteren Deckenbaues zum Verwechseln gleichen, wage ich nicht zu entscheiden, ob die im Dobratsch erkannten bzw. darunter vermuteten schüsselförmigen Bewegungsbahnen dem ursprünglichen Deckenbau oder den Gleitbahnen einer jüngeren Gravitationstektonik im Sinne VAN BEMMELENs entsprechen.

Wohl aber dürften einige, ein staffelförmiges Absinken von Teilschollen bewirkende, steile Störungen einer sekundären Bruchtektonik zu verdanken sein, nämlich alle am Erzberg feststellbaren Staffelbrüche, beginnend vom nördlichen Grabenrandbruch über seine Begleitstaffelbrüche (Rauchfangwandkluft , Himmelfahrtkluft usw.) bis zu den in der Grube festgestellten Staffelbrüchen. Auf der Dobratschseite ebenso die Staffelbrüche des Neuner-Abbruches nach Norden, wie vor allem die Schrengenstörung.

LITERATUR:

ANDERLE, Nikolaus (1951): Zur Schichtfolge und Tektonik des Dobratsch und seine Beziehung zur alpin-dinarischen Grenze. - Jb. Geolog. Bundesanstalt 94, 195-236.

VAN BEMMELEN, R. W. (1957): Beitrag zur Geologie der westlichen Gailtaler Alpen (Kärnten, Osterreich). 1. Teil, Jb. Geolog. Bundesanstalt. 100/2, 170-212. .

COLINS E., und NACHTMANN, W. (1974): Diepermotriadische Schichtfolge der Villacher Alpe (Dobratsch), Kärnten. Geolog. Paläont. - Mitt. Innsbruck, 4/2, S. 1-43.

GEYER, Georg (1901): Zur Tektonik des Bleiberger Tales in Kärnten. - Verh. der k. k. geol. Reichsanstalt Wien Nr. 16, 338-359.

HOLLER, Herbert (1953): Der Blei-Zinkerzbergbau Bleiberg, seine Entwicklung, Geologie und Tektonik. - Carinthia II, 143/1, 35-46.

-(1974): Eine Monographie des Bleiberger Bruches. - Carinthia II, 32.Sh.

-(1976): Geologisch-Tektonische Aufnahmen in den östlichen Gailtaler Alpen (1947-1955). - Carinthia II, 33. Sh. (in Druck).

KRAUS, Olaf, und OTT, Ernst (1968): Eine ladinische Riff-Fauna im Dobratsch-Gipfelkalk (Kärnten, Osterreich) und Bemerkungen zum Faziesvergleich von Nordalpen und Drauzug. - Mitt. Bayer. Staatssammlung, Paläont. hist. Geol., 269-290.

KOSTELKA, Ludwig (1971): Beiträge zur Geologie der Bleiberger Vererzung und ihrer Umgebung. - Carinthia II, 28. Sh., Festschrift KAHLER, S. 283-289.

SCHRIEL, Walter (1943-1951): Der tektonische Rahmen der Bleiberger Erzlagerstätte in Kärnten. - Neues Jb. f. Geol. u. Paläont., Abhandlung 93/2, 145-176.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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