Strehl E. / 1978                                                                                                  Textauszug

 

Zur Geologie der Südseite des Dobratsch (Villacher Alpe ) in den östlichen Gailtaler Alpen, Kärnten.

Von Eberhard STREHL 
(Mit 4 Abbildungen).

ZUSAMMENFASSUNG

Am Südhang des Dobratsch (Villacher Alpe) in den östlichen Gailtaler Alpen wurde mit einer flach nach Norden einfallenden Störung, auf der Werfener Schichten über epizonalem Gailtaler Kristallin abgeschoben sind, vermutlich die südliche Fortsetzung des Bleiberger Bruches und damit die Deckengrenze zwischen der Dobratsch-Basisdecke und dem Gailtaler Kristallin gefunden.

Das Gailtaler Kristallin hat auf der Südseite des Dobratsch eine größere Verbreitung, als bisher angenommen wurde, und besteht neben dem vorherrschend auftretenden Quarzphyllit auch aus Meta-Arkose.

ABSTRACT

On the southern slope of the Dobratsch (Villacher Alpe) in the eastern Gailtaler Alps with a gently north dipping downthrust on which "Werfener" layers have moved down over "Gailtaler" crystalline of low-grade greenschist facies, the southern continuation of the "Bleiberger" fault and with it the nappe limit between the Dobratsch base-nappe and the "Gailtaler" crystalline was presumably found.

On the southern slope of the Dobratsch the "Gailtaler" crystalline is more widely spread as known until now, and is formed mainly by quartz-phyllite but also by meta-arkose.

EINFÜHRUNG

An älteren, zum Teil grundlegenden Arbeiten über die Stratigraphie und Tektonik des Dobratsch sind die von GEYER (1901), ANDERLE (1950) und SCHRIEL (1951) zu nennen. PILGER & SCHÖNENBERG (1958) beschrieben den ersten Fund mitteltriadischer Tuffe und Buntkalke am Dobratsch, den STREHL (1960) erweiterte. KRAUS & On (1968) wiesen durch Schichtwiederholung eine Dobratsch-Gipfeldecke nach, deren Liegendgrenze COLINS & NACHTMANN (1974) kartierten und "Dobratsch-Überschiebung" nannten. Die zuletzt genannten Autoren führten zudem erstmals eine genauere Untersuchung der Buntkalke durch. Schließlich vermutet HOLLER (1976), fußend auf seinen tektonischen Arbeiten vor allem im Bleiberger Grubenbereich, eine Fortsetzung des Bleiberger ~ Bruches unter dem Dobratsch bis zu dessen Südabbruch und damit eine " DobratschBasisdecke.

UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE

Vom Verfasser, der erstmals 1958 im Anschluß an den von PILGER & SCHÖNENBERG (1958) beschriebenen ersten Fund mitteltriadischer Vulkanite und Buntkalke an der Südseite des Dobratsch geologische, Untersuchungen durchführte (STREHL 1960, FRITSCH & STREHL 1961), wurde bei einer erneuerten Begehung der von den Bösen Gräben herabführenden Schuttrinne Im Mai 1977 beim Höhenpunkt 700 (Österreichische ? Karte 1:25.000, Blatt 200/3 Gailitz) eine mit etwa 20° nach Norden einfallende Störung mit 40 cm mächtiger Mylonitzone gefunden (s. Abb. 1). Es handelt sich um eine Abschiebung von Werfener Schichten über Kristallin. Der Permoskyth-Sandstein ist tektonisch unterdrückt. Die Werfener Schichten werden im Aufschlußbereich von bis zu 30 cm mächtigen Bänken von grauem Sandstein mit dünnen Zwischenlagen von grauem Tonschiefer gebildet, deren Streichen und Fallen 120°/20° NE beträgt.

Das Kristallin besteht aus typischem Quarzphyllit der Epizone bzw. niedrigen Grünschieferfazies. Es handelt sich um einen durch Serizitschüppchen silbergrauen, blättrigen, unebenflächig spaltenden, teilweise gefältelten oder verbogenen, sich meist fettig anfühlenden Phyllit, der bis 10 cm mächtige Quarzlinsen enthält und mit 20°/20° SE streicht und fällt.

Bei früheren Begehungen war nur der Quarzphyllit aufgeschlossen. Infolge starker Erosion durch den zeitweise von den Bösen Gräben herabkommenden Wildbach ist der Aufschluß offenbar in letzter Zeit erweitert worden.

Die Abschiebung läßt sich zunächst über eine Entfernung von 250 m nach Westen verfolgen (s. Abb. 2), wo sie von einem N-S verlaufenden jüngeren Querbruch, der die südliche Fortsetzung der vom Verfasser seinerzeit beschriebenen und abgebildeten Störung (STREHL 1960 :31) sein könnte, abgeschnitten wird. Unterhalb der Abschiebung ist das Kristallin am Hang und in der Böschung der schmalen, schutterfüllten Rinne zwischen +640 m und + 660 m zum Teil gut aufgeschlossen). Hierbei handelt es sich nur untergeordnet um Quarzphyllit. Vorherrschend steht ein relativ hartes, massiges, braungraues Gestein an, dessen Mineralbestand granitische Zusammensetzung aufweist und auf Meta-Arkose hindeutet.

Eine Dünnschliffuntersuchung ergab folgenden Mineralbestand: Kalifeldspat (maximal 12 mm große Klasten mit Plagioklaseinschlüssen, albitisiert, zerbrochen, verbogen und zerschert und auf Klüften durch Albit verheilt), Quarz (feinstkörnig in der Grundmasse und größere zerscherte Körner), Serizit (lagig und auf Scherbahnen angereichert) und Biotit (ersetzt durch Serizit und Erz).

Die Mineralzusammensetzung der Arkose deutet auf kurze Transportwege bei kräftigem Relief. Es handelt sich um Nahschutt von einer benachbarten Kristallinschwelle, der später epimetamorph überprägt wurde. Ein Zusammenhang mit dem Nötscher Granit ist nach Auffassung des Verfassers auszuschließen, da dieser jünger als die Meta-Arkose sein dürfte.

Westlich des Querbruches steht bis zu einer weiteren Querstörung, die etwa 250 m weiter westlich vorliegt, wieder Quarzphyllit an (s. Abb. 2). Dieser wird ebenfalls von Werfener Schichten mit tektonischem Kontakt überlagert, so daß sich die Abschiebung vom Höhenpunkt 700 über eine Entfernung von rund 500 m nach Westen verfolgen läßt. Darüber hinaus wäre eine Fortsetzung der Störung in der Phyllitzone unterhalb des Talniveaus denkbar.

Westlich der Querstörung sind nur noch Werfener Schichten und Permoskyth-Sandstein aufgeschlossen. Erst in 2,5 km Entfernung steht bei Nötsch, etwa 600 rn südöstlich des Schlosses Wasserleonburg, wieder Quarzphyllit an (s. Abb. 3).

Vom Höhenpunkt 700 nach Osten zu dürfte die Abschiebung mit ziemlicher Sicherheit mindestens bis zu einem 2 km entfernten Querbruch, der zwischen den Höhenpunkten 831 und 567 herabstreicht, verlaufen. Dies beweist zum einen das Vorhandensein von Quarzphyllit, der zwischen + 640 m und + 700 m an mehreren Stellen, vor allem östlich des Buchriegels, anstehend gefunden wurde. Zum anderen fehlt Permoskyth-Sandstein, der erst wieder östlich des erwähnten Querbruches ansteht. Auch in der Topographischen Karte 1:25.000 weist der in dem Gebiet zwischen der von den Bösen Gräben kommenden Schuttrinne und dem östlichen Querbruch in einer Höhe von + 600 m bis 700 m gegenüber den Randbereichen auffallend flache Hang auf relativ weiche Gesteine im Untergrund hin. In tektonischer Sicht handelt es sich um eine Horstscholle, der der Quarzphyllit seine verhältnismäßig hohe Position im Gebiet zwischen Turnphi-Wald und Buchriegel verdankt.

Eine Fortsetzung der Störung östlich des Querbruches wird vermutet, da wenig nördlich des Höhenpunktes 567 Werfener Schichten im Liegenden des Permoskyth-Sandsteins anstehen, deren Lage nur durch tektonische Vorgänge erklärbar ist. Es dürfte sich hierbei um eine Scholle handeln, die im Hangenden von einer Aufschiebung, im Liegenden von der Abschiebung begrenzt wird.

Aufgrund der petrographischen Ausbildung und geologischen Position ordnet der Verfasser die beschriebenen Vorkommen von Quarzphyllit und Meta-Arkose dem Gailtaler Kristallin zu. Dessen Verbreitung im unteren Gailtal wird in einer Übersichtskarte dargestellt (s. Abb. 3).

Die neue Abschiebungsfläche kommt in einem geologischen Schnitt durch den Dobratsch, der von Bleiberg über die Höhe 2039 m ( etwa 900 m östlich des Dobratsch-Gipfels) in die Bösen Gräben und weiter bis zum Turnphi-Wald verläuft, zur Darstellung (So Abb. 4). Benutzt wurden hierfür die Stratigraphie und Tektonik in den geologischen Schnitten bei COLINS & NACHTMANN (1974, Abb. 3) und HOLLER (1976, Abb. 4 ). In den beiden genannten Schnitten ist jedoch der Permoskyth-Sandstein, den COLINS & NACHTMANN (1974:7/8) unter Schuttbedeckung vermuteten, nach den Untersuchungen des Verfassers durch Gailtaler Kristallin zu ersetzen.

Mit ihrem flachen nördlichen Einfallen von etwa 20° stellt die EW streichende Abschiebung, die sich am Südhang des Dobratsch bis jetzt über eine Entfernung von mindestens 2,5 km verfolgen läßt, mit einiger Wahrscheinlichkeit die von HOLLER (1976:53) vermutete Fortsetzung des Bleiberger Bruches nach Süden dar. Damit ist der dann schüsselförmig verlaufende Bleiberger Bruch ebenso wie die Dobratsch-überschiebung als Deckengrenze anzusehen und trennt die Dobratsch-Basisdecke (HOLLER 1976:46) vom unterlagernden Gailtaler Kristallin (s. Abb. 4).

LITERATUR:

ANDERLE, N. (1950): Zur Schichtfolge und Tektonik des Dobratsch und seine Beziehungen zur alpin-dinarischen Grenzzone. - Jb. Geol. Bundesanst., 94/1 :195-236.

VAN BEMMELEN, R. W. (1957): Beitrag zur Geologie der westlichen Gailtaler Alpen (Kärnten, Osterreich), 1. Teil. - Jb. Geol. Bundesanst., 100/2:179-212.

COLINS, E., & NACHTMANN, W. (1974): Die permotriadische Schichtfolge der Villacher Alpe (Dobratsch), Kärnten. - Geol. Paläont. Mitt. lnnsbruck, 4/2:1-43.

EXNER, Chr. (1976): Die geologische Position der Magmatite des periadriacischenLineamentes. - Verh. Geol. Bundesanst., Jg. 1976,2:3-64.

FRITSCH, W., & STREHL, E. (1961): Amethyst aus den Vulkaniten der Villacher Alpe (Dobratsch). - Carinthia II, 151/71 :67-69.

FRITSCH, W. (1962): Erläuterungen zu einer neuen geologischen Übersichtskarte von Kärnten 1:500.000. Carinthia II, 152/72:14-20,1 Karte.

GEYER, G. (1901): ZurTektonik des Bleiberger Tales in Kärnten. - Verh. Geol. Reichsanst.: 338-359.

HOLLER, H. (1976): Gedanken zum Bau des Dobratsch in den östlichen Gailtaler Alpen. - Carinthia II, 166/86:43-55.

-(1977): Geologisch-tektonische Aufnahmen westlich der Bleiberger Lagerstätte (1947-1955). - 33. Sonderheft Carinthia II, 1-97.

KRAUS, 0., & OTT, E. (1968): Eine ladinische Riff-Fauna im Dobratsch-Gipfelkalk (Kärnten, Osterreich) und Bemerkungen zum Faziesvergleich von Nordalpen und Drauzug. - Mitt. Bayer. Staatssamml. Paläont. hist. Geol.: 263-290.

PILGER, A., & SCHONENBERG, R. (1958): Der erste Fund mitteltriadischer Tuffe in den Gailtaler Alpen (Kärnten). - Zs. dt. Geol. Ges., 110/1 :205-215.

SCHRIEL, W. (1951): Der tektonische Rahmen der Bleiberger Erzlagerstätte in Kärnten. - N. Jb. Geol. Paläont., Abh., 93:145-176.

STREHL, E. (1960): Neue Funde mitteltriadischer Tuffe in den Gailtaler Alpen (Kärnten). - Carinthia II, 150/70:28-35. 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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