Brunlechner A. / 1907

 

Das Vorkommen von Vanadinit in Bleiberg.

Bis vor wenigen Jahren war in Kärnten nur ein Vorkommen des seltenen Vanadinites bekannt, nämlich jenes am Adolfstollen auf der Schäffleralpe Obir; es mußte demnach als ein überraschender Fund gelten, als vor einiger Zeit auch in Bleiberg ein Aufschluß dieses Minerales erzielt worden war. Der Fund war umso mehr von Interesse, als in dem so alten, auf etwa neun Kilometer dem Streichen und bis in große. Tiefen auf geschlossenen, weitverzweigten Bergreviere, welches durch seine zahlreichen Einbaue als mineralogisch vollständig aufgeklärt angesehen werden konnte, ganz unerwartet ein relativ reiches Auftreten dieses Erzes im Stephaniebaue nachgewiesen wurde; es möge deshalb an dieser Stelle die Art und Weise des neuen Vorkommens ausführlicher beschrieben werden.

Hinsichtlich des Einbrechens der Bleierze spielen in Bleiburg ostwestlich streichende und generell steil Bildlich fallende Klüfte, sogenannte Sechser, die die flacher südlich einfallenden Schichten des erzführenden Kalkes durchsetzen, eine sehr wichtige Rolle; in dem stollen- und schachtmäßig ausgerichteten Stephaniebaue wurde nun eine steile, ausnahmsweise in Nord einfallende Sechserkluft von variabler Mächtigkeit und mit ihr das neue Vanadinitvorkommen aufgeschlossen, Die bis zu zwei Meter weite, wasserreiche Kluft zeigte sich am Stephaniestollenhorizonte auf eine streichende Länge Von 30 Meter anhaltend ; sie wurde dann später in einem um 50 Meter tiefer liegenden Horizonte abermals und mit ähnlicher Erzführung wie am Stollen erschlossen, während sie sich 50 Meter höher darüber verpreßte.

Mit dem hinsichtlich der Erzführung ebenfalls sehr wichtigen Hangendschiefer tritt. die erschlossene Kluft an mehreren Stellen in Berührung und auch dieses bituminöse, mergelige Gestein fällt. hier widersinnlich steil nach Norden ein. Der durch deutliche Salbänder vom Nebengesteine geschiedene Gangraum zeigt eine Ausfüllung von großen Blöcken und kleineren Fragmenten des Nebengesteines; sie erscheinen von den die Kluft durchströmenden Gewässern oberflächlich, stellenweise glatt angeätzt, im ganzen aber zerfressen und von größeren und kleineren Kavernen durchsetzt; die im Bruche körnigen, licht gelblichweißen Kalkbruchstücke besitzen oberflächlich eine dunklere, bräunliche oder gelbbraune Färbung. Zwischen diesen Kalktrümmern finden sich rundliche, unregelmäßig begrenzte, kavernöse Muggel reinen Bleiglanzes verschiedener Größe bis zu einem Gewichte von 300 Kilogramm ein, in deren Hohlräumen örtlich Cerussitkristalle zu beobachten sind.

Außer Weißbleierz sieht man neben Vanadinit nur noch Kalzit und rundlich begrenzte Anflüge von Manganit als mineralische Begleiter.

Vanadinit überzieht stellenweise in inselartigen, feindrusigen Rinden winziger Kriställchen die ausgeätzte Oberfläche und das Innere der Hohlräume der löcherigen Kalksteintrümmer. Die kleinen, rostbraunen bis okergelben, wenig glänzenden Kriställchen und die ganz undeutlich individualisierten Überzüge gaben anfänglich zu der irrtümlichen Anschauung Veranlassung, das man es hier mit Überrindungen von Eisenocker zu tun habe, und erst als sich auch Drusen größerer Individuen und Gruppen, sowie einzeln lagernde, gut entwickelte Kristalle eingestellt hatten, konnte das neue Vorkommen als Vanadinit erkannt werden.

Die größten bisher beobachteten Kriställchen erreichen kaum vier Millimeter Höhe und einen Millimeter Dicke. Sie zeigen bei ; prismatischem Habitus einen sechskantigen Querschnitt, der sich gegen die Pole hin etwas verjüngt und sich besonders bei größeren lndividuen in pyramidale Spitzen auflöst, so daß die Polenden dadurch ein zerfranstes Aussehen erhalten. An den Flächen des Prismas treten häufig die Elemente von Subindividuen hervor; es erweisen sich demnach die größeren Kristalle als Parallelverwachsungen. Auch Zwillinge kann man beobachten. Die Farbe ist. verschieden, ockergelb, gelbbraun bis braunrot; der Glanz ist ebenfalls sehr wechselnd, von lebhaftem Glasglanz; Fettglanz bis fast matt; das Lichtdurchlassungsvermögen ist nur in mittleren Graden vorhanden.

Dieses neue Vanadinitvorkommen weicht von jenem am Obir insoferne etwas ab, als die Kristalle des letzteren ansehnlicher, zum Teil größer, lebhafter glänzend und polar durch Basis- und Pyramidenflächen abgeschlossen und oft auch in höheren Graden lichtdurchlassend sind.

In genetischer Beziehung wäre zu bemerken, daß anscheinend dem Kontakte der Sechserkluft mit dem Hangendschiefer ein Einfluß auf diese Mineralbildung beizumessen ist, nachdem ein nahe dieser Kluft auftretender Parallelgang keinen Vanadinit führt; weiters ist anzunehmen, daß die Vanadinsäure vom Nebengesteine her eingewandert ist und auf Kosten des im Kluftraume befindlichen Bleiglanzes, der sich hier auf sekundärer Lagerstätte befindet, die Bildung des Bleivanadates veranlaßt hat.

Dem Herrn Bergdirektor Magnus Hempel in Bleiberg sage ich an dieser Stelle für die mir in betreff der Lagerungsverhältnisse gegebenen Aufklärungen und Vorzeigung der informativen Fundstufen den wärmsten Dank.    (Brunlechner)

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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