Kanaki F. / 1969

  Neue Ergebnisse zur Mineralogie in Bleiberg,

Von Fotini KANAKI, Veria, Griechenland, dzt. Innsbruck.

Im Anschluß an einige Arbeiten verschiedener Autoren über die Genese der Bleiberger Lagerstätte schien es zweckmäßig, eine Neubearbeitung der einzelnen Minerale in mineralogischer, kristallographischer und Gefüge rundlicher Hinsicht durchzuführen und diese nach neuen Gesichtspunkten einzureihen. Die Neuergebnisse der als Dissertation am Institut für Mineralogie und: Petrographie der Universität Innsbruck bei Herrn Univ. Prof. Dr. J. LADURNER vorgelegten Arbeit werden hier kurz dargelegt. Eine ausführlichere Veröffentlichung ist vorgesehen.
Der Hauptanteil der Arbeit betrifft naturgemäß die in Klüften und anderen Hohlräumen frei gewachsenen Minerale, vor allem die der Oxidationszone, weniger die der jetzt als synsedimentär bezeichneten Schichterzkörper. Das untersuchte Mineralienmaterial stammt teils aus eigener Aufsammlung bei Grubenbefahrungen, teils aus den Sammlungen der B.B.U., des Museums der Stadt Villach und aus Privatsammlungen.
Auf die extern-sedimentären, meist schichtig angelagerten Mineralien Bleiglanz, Zinkblende, Wurtzit, Pyrit, Markasit, Baryt, Fluorit, Quarz, Karbonate wurde weniger Wert gelegt, da in letzter Zeit Neubearbeitungen vorliegen (SCHROLL, SCHULZ).
Dagegen können zu den syndiagenetisch intern auskristallisierten Mineralien, die man heute als "synsedimentär im weiteren Sinne" auffaßt, einige Neubefunde gegeben werden. Der Mineralbestand der Klüfte, Kracken u.a. Hohlräume im Gestein entspricht nach bisherigen Kenntnissen weitgehend dem der extern sedimentierten Paragenese, unterscheidet sich aber im Gefüge. Die in Bleiberg vorkommenden schönen Mineralstufen stammen zum Großteil aus diesen Bereichen. Nach meiner Ansicht sind auch noch Anhydrit, Strontianit und Cölestin zur synsedimentären Paragenese i.w.S. einzureihen.

Zu den bisher von Bleiberg 'bekannten Mineralien kann ergänzend folgendes angeführt werden:
An Pyrit -und Markasitkristallen sind verschiedene Trachten beobachtet worden. Bei Pyrit: würfelige Kristalle, Kubooktaeder mit a(100) und 0(111) und Oktaeder. Bei Markasit: Vierlinge nach e(101), Kristalle mit 1(011) und (102), tafelige nach der Fläche c(001) und flache pseudaoktaedrische Kristalle.

Calcit: Die verschiedenen Beobachtungen haben gezeigt, daß die Kanonenspäte nicht nur eine spätere Bildung sind, sondern daß es auch solche Kristalle gibt, die nach den vorhandenen Beispielen synsedimentär i.w.S. gebildet worden sind. Von Kanonenspäten gibt es außer der gewöhnlichen Form mit m(10To) auch solche (aber nur sehr selten), die statt dieser Fläche die Fläche (0.14.14.1)besitzen.

Baryt bildet tafelige Kristalle, die außer den schon bekannten Flächen noch zusätzlich die Flächen: d(101), 1(102), z(211) zeigen. Bei Barythäubchen steht die a-Achse senkrecht zur Anwachsfläche und die Kristalle zeigen außerdem eine Rotation; um die a-Achse.
Quarz ist auch in kleinen Kracken vorhanden zusammen mit Calcit- und Dolomitkristallen, ebenfalls eine, wenn auch seltene, syndiagenetische Bildung.

Der Cölestin, bildet schöne Kristalle. Es konnte u.a. noch ein dickprismatischer Typ neben den bisher bekannten Typen gefunden werden.
Unter den synsedimentären Mineralien sind verschiedene Verdrängungen zu beobachten. Bleiglanz verdrängt Zinkblende, Calcit und Dolomit verdrängen sich gegenseitig. Die beobachtete selektive Umwandlung des Bleiglanzes in Cerussit bestätigt auf Grund der Beobachtung eines abgebildeten Kolloidgefüges die Annahme, daß es hier Bleiglanz gibt, der ursprünglich wenigstens zum Teil kolloidal ausgeschieden wurde. Baryt wird, abgesehen von bisher bekannten Verdrängungen, auch durch Hemimorphit und Zinkspat verdr9.ngt. Ferner ist eine Verdrängung des Cölestins durch Calcit zu beobachten.

Molybdänglanz: Für das relativ selten auftretende Molybdänsulfid kann nach optischen Untersuchungen die bisher vertretene Ansicht bestätigt werden, wonach sowohl amorpher Jordisit als auch feinkristalliner Molybdänglanz vorliegt.
Zu den jüngsten, in der Oxydationszone gebildeten Mineralen gehören: Cerussit, Barytoang1esit, Wulfenit, Vanadinit, Descloizit, Hemimorphit, Smithsonit, Hydrozinkit, Loseyit, Goethit, Lepidokrokit, Baryt, Greenockit, Schwefel, Melanterit (Eisenvitriol), Rozenit, Bianchit, Todorokit, Groutit  Pyrolusit, Psilomelan, ferner Ilsemannit und Molybdänocker!
Hierzu liegen folgende Neuergebnisse vor:

Cerussit: Zu den bisher bekannten 4 Trachttypen kommt noch ein fünfter mit linsenförmigen Kristallen. Die Tracht entsteht durch die Flächen b(010), m(110), p(111), i(021), die mehr oder weniger gleich groß sind. Neu für Bleiberger Cerussite sind auch die nadeligen, prismatischen, nach der a-Achse gestreckten Kristalle sowie auch die Flächen n(051), (324), II(173),(302), s(121), w(211), 1(201) und e(101).

Plumbocalcit : Unterscheidung von 3 Typen Plumbocalcit mit Hilfe von Röntgenaufnahmen, einer Färbemethode für Dünnschliffe mit Kaliumbichromatlösung, sowie mit Immersionsmethode: 1.) Gering bleihältige Plumbocalcite. 2.) Etwas mehr als Typ 1 bleihältige Plumbocalcite (Zonarbau infolge von bleihältigem Calcit und reinem Calcit) und 3.) Weiße Rhomboeder, die am stärksten cerussithäitig sind. Interessant ist, daß auch manche Calcite des Typs "Rüdersdorf" (=Hutcalcite) cerussithältig sind und zum Typ 1 einzuordnen sind.
Anglesit : Tritt in der Lagerstätte zurück, wofür zwei Möglichkeiten anzunehmen sind:
1.) Oxydation des Bleiglanzes nur zu Bleikarbonat oder
2.) Umwandlung des Anglesites fast zur Gänze in Cerussit.

Wulfenit: Die Formen des Wulfenites wechseln von tafeligen Kristallen bis zu pyramidalen mit allen Zwischenstadien. Die pyramidalen Kristalle sind oft anstelle der Basisfläche c(001) in 4 kleinere Pyramiden aufgelöst. Neue Flächen für Bleiberger Wulfenite sind: (1.1.32) und (1.1.24). Die FlächeX bildet zusammen mit der Fläche c(001) und einigen anderen untergeordneten Flächen einen neuen Typ für Bleiberg, nämlich den Typ 6. Wichtig war, daß diese Fläche durch die Messung als "Fläche" bei den Bleiberger Wulfeniten feststellbar war und nicht etwa als Vizinalfläche vorhanden ist. Die Fläche c(001) ist oft durch Vizinalflächen ersetzt, und zwar durch 4sehr flache Pyramidenflächen mit 2°. Es konnten auch eine Hemimorphie des Wulfenites in bezug auf Flächen, Farbe und Glanz beobachtet, sowie weiße oder wasserklare tafelige Wulfenite beschrieben werden, die manchmal in 4-Generationen zu finden sind. Eine Röntgenaufnahme dieser Kristalle hat Wulfenit und dazu noch Cerussit ergeben.

Descloizit: Obwohl der Descloizit nur als eine feine, sehr dünne Kruste vorkommt, ist es gelungen, ihn im Auflicht zu beobachten und Angaben darüber zu machen. Tm polierten Anschliff zeigt der Descloizit starken Reflexionspleochroismus, sowie kräftige Anisotropieeffekte trotz starker Innenreflexe schon in Luft (braun). Das Reflexionsvermögen beträgt etwa 14% in Luft.
Hemimorphit: Nach statistischer Auswertung der Lage von Hemimorphit-Rosetten liegen die Kristalle mit der b-Achse normal zur Anwachsfläche, wobei eine Rotation um die b-Achse feststellbar ist. Die Hemimorphite von Bleiberg sind immer in tafeliger Form (dünn- bis dicktafelig) beobachtet worden, manche davon sind spießig durch die dominierenden Flächen t(031) oder s(O11) entwickelt. Nur bei den Flächen t(O31) und 6(011) ist Hemimorphit vorhanden. Bei manchen Kristallen ist auch ein periodisches Weiterwachsen zu beobachten.

Zinkspat: Die Struktur des Zinkspates ist traubig-nierig, " stalaktitisch oder schalig-schichtig. Er ist auch in kleinen Kristallen vorhanden, die zonar mit Eisenhydroxyd gebaut sind. Diese Kristalle sind offenbar aus zonaren Fe-reichen und Fe-armen Zinkblendenaggregaten entstanden. Bei der Untersuchung des Zinkspates konnte festgestellt werden, daß die Brechnungsindizes nicht denen für reinen Zinkspat entsprechen. Nach einer Analyse dürfte die Ursache in einem Ca-Gehalt des Zinkspates liegen.

Goethit -Lepidokrokit: Die Untersuchungen haben I gezeigt, daß das Nadeleisenerz (Goethit) gegenüber Rubinglimmer (Lepidokrokit) in der Lagerstätte häufiger auftritt. Der Rubinglimmer bildet ausgezeichnete Beispiele für sphärolithische Gefüge.
Von den verschiedenen beobachteten Pseudomorphosen und Verdrängungen, abgesehen von der Oxidation der primären Minerale, sind zu erwähnen: Die Pseudomorphose des Hemimorphites nach Quarz, die Verdrängungen des Dolomits und des Hemimorphits durch Zinkspat, weiters noch die Verdrängungen von Markasit, Pyrit, Zinkblende und Kalkspat durch Eisenhydroxide und die des Hemimorphits durch Hydrozinkit.

Schließlich sind noch die für Bleiberg neu bestimmte Minerale zu nennen:
1.) Barytoanglesit : Kristallisiert in fettglänzenden Tafeln, die eine submikroskopische Mischung von Anglesit und Baryt darstellen; nγ = 1,8401,842.
2.) Loseyit: R7 [(OH)5/CO3]2 R = Mn, Zn, Mg. Der Nachweis erfolgte mittels Immersionsmethode und einer Röntgenaufnahme
3.) Rozenit : FeSO4•4H2O; zur Erkennung dienten die gleichen Verfahren. Das Mineral ist eine Verwitterungsbildung des lichtgrünen Melanterits.
4.) Bianchit / (Zn.Fe) [SO4]•6H2O / nach röntgenographischer Bestimmung.
5.) Todorokit , etwa, (Mn+4, Mn+2)8(O,OH)16•2 H2O . Röntgenographische Bestimmung. Auflichtdaten über dieses Mineral (Reflexionsvermögen in Luft 13 %)
6. ) Groutit / αMnOOH / und
7.) Pyrolusit treten hier nur sehr selten auf und sind röntgenographisch nachgewiesen worden.
8.) Psilomelan: konnte in einer Probe röntgenographisch erkannt werden, doch scheint das Mineral als dunkelbrauner bis schwarzer, erdiger Anflug öfters vorzukommen.
Die Arbeit wurde mit Unterstützung der BLEIBERGER BERGWERKS-UNION ausgeführt, wofür bestens gedankt sei. Mein Dank gilt aber auch meinem Lehrer Univ. Prof. Dr. J. LADURNER sowie Univ.Prof. Dr. H. MEIXNER, Univ.Prof. Dr. O. SCHULZ, Bergdir. Dipl.lng. F. JEDLICKA, Doz. Dr. L. KOSTELKA und Bergverwalter Dipl.lng. H. RAINER, die alle zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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