Rizzi P. W. / 1970

 

Geothermische Messungen im Bleiberger Grubenrevier - Kärnten

Von Paul W. RIZZI

Mit 2 Beilagen im Anhang

1.Allgemeines

Bedingt durch das Auftreten einer Thermalquelle am 12. Lauf der Grube Rudolf im Bleiberg-Kreuther Grubenrevier wurde vom 11. bis zum 28. März 1969 zum erstenmal in Österreich eine geothermische Messung unternommen, die einerseits zum Ziel hatte, den Einfluß der Warmwasserquelle auf das gesamte Grubengebäude zu ermitteln, andererseits den Versuch darstellte, den Ursprung der Quelle teufenmäßig zu erfassen, um so nähere Aussagen über Wärmehaushalt und Verhalten der Therme treffen zu können.

Ohne näher auf die Meßapparatur einzugehen, soll noch ein Wort zum praktischen Ablauf der Messungen gesagt werden:

Vermessen wurden in der Grobe Rudolf am 2., 4. und 6. Lauf des Hauptschachtes sowie am 6. 8., 10., 12. und 14. Lauf des Blindschachtes, jeweils 2 Bohrlöcher mit einem Ø von 48 mm und einer Teufe von rund 5 m. Die Bohrlochpaare sollten von vornherein auf eine etwaige lokale Anomalie der Meßwerte aufmerksam machen und der Kontrolle des gesamten Meßprogrammes dienen. Sofern es möglich war, lagen sie stets in unmittelbarer Schachtnähe einander gegenüber in den Ulmen der Läufe, zumeist söhlig, manchmal auch bis zu ca. 20° ansteigend.

Im 12. Lauf der Grube Rudolf wurden insgesamt 13 Bohrlöcher vermessen, wobei die Abstände von Bohrlochpaar zu Bohrlochpaar bis zur Therme hin ständig abnahmen.

In der Grube Antoni wurden im Osten des 8. und 11. Laufes zwei Meßpunkte, in der Grube Stefanie am 8.,9. und 11. Lauf insgesamt sieben Örter vermessen.

Gemessen wurden stets die Wettertemperatur (T 1 und die Gebirgstemperatur (T 2) wechselweise mit zwei verschiedenen Sonden. 2. Der geothermische Gradient im Grubenrevier Unmittelbar nach den ersten Auswertungen der geothermischen Messungen stand fest, daß dem Grubenrevier nicht nur ein einziger Gradient zugeordnet wel1den konnte, sondern eine Vielzahl von Temperaturänderungen vorlag. Im Westen der Grube, also im Gebiet der Grube Antoni, wurde ein Gradient von 0,32° C/100 m gemessen. In der Grube Rudolf mußte man nach den ersten Ergebnissen zwei verschiedene Gradienten annehmen, und zwar einen Gradienten von ca. 0,40° C/100 m entlang des Hauptschachtes und einen solchen von 0,90° C/100 m entlang des Blindschachtes. Zwischen beiden Schächten ändert sich aber nicht nur der Gradient als solcher, sondern es tritt auch noch ein Temperatursprung von 2° C auf, der sich am 6. Lauf bemerkbar macht.

Im Osten -in der Grube Stefanie -war es nicht ganz einfach, einen Gradienten zu wählen, der als repräsentativ für alle Meßwerte gelten konnte. Unterschiede in der Wasserführung der Grube bewogen aber dazu, einen Gradienten von 1,09° C/100 anzunehmen.

Auf den ersten Blick war man also geneigt, eine Trennung der Gruben anzunehmen, indem man -entsprechend den Gradienten die Grube Antoni (0,32° C/100 m) und den Hauptschacht der Grube Rudolf (0,40° C/100 m) einander zuordnete, ebenso wie den Blindschacht der Grube Rudolf (0,90° C(100 m) der Grube Stefanie (1,09° C/100 m). Bald sollte sich jedoch zeigen, daß es auch andere Erklärungen für diesen starken Gradientenwechsel gab. Sicher war vorerst nur, daß die Therme, die entlang des Markus-Vierers -eine NO/SW streichende Fiederkluft -aufstieg, einen starken Einfluß auf den Wärmehaushalt des Gebirges ausüben mußte. Ein genaueres Bild gaben die Messungen am 12. Lauf der Grube Rudolf.

Zuvor seien noch einige Erläuterungen zu Bild 1 aufgezeigt:

a) Der Gradient in der Grube Antoni stellt die Verbindung zweier Meßwerte dar.

b) Die Gradienten der Grube Rudolf zeigen: -im strichpunktierten Verlauf die Regressionsgeraden aller Meßwerte des Haupt- bzw. des Blindschachtes, -im durchgezogenen Verlauf die Regressionsgeraden unter Nichtberücksichtigung des Wertepaares vom 4. Lauf beziehungsweise 10. Lauf. Dies schien bei der Diskussion der Gradienten deshalb notwendig, um nicht durch lokale Anomama.lien den Betrag eines Gradienten zu verfälschen.

c) Die Gradienten der Grube Stefanie zeigen: -links den Verlauf des Gradienten ohne Berümsimtigung des Meßwertes von Bohrloch Nr. 31, -rechts den Verlauf des Gradienten ohne Berücksichtigung des Meßwertes von Bohrloch Nr. 30. War man von vornherein geneigt, den Meßwert "Nr. 31" als lokale Anomalie außer acht zu lassen, so mußte man diese Ansicht wieder durch die starke Wasserführung von Bohrloch Nr. 30 (Warmwasser! -siehe dazu auch später im Text) revidieren und dem Gradienten, der dieses Bohrloch außer acht läßt, den Vorzug geben.

d) Die Temperaturen am 12. Lauf zeigen den Anstieg zur Therme hin sowie die Abweichungen vom "regionalen Verlauf".

3. Die Temperaturen im 12. Lauf der Grube Rudolf

Vom Temperaturwert, der am 12. Lauf in der Nähe des Hauptschachtes gemessen wurde, steigt die Temperatur bis zur Ortsbrust im Osten des 12. Laufes, an der die Therme austritt, von 13,4° C bis zu einem Endwert von ca. 24,5° C an. Der tatsächliche Verlauf des Temperaturanstieges (strichliert in Bild 1) zeigt zwar stellenweise starke Abweichungen von einem theoretisch angenommenen, exponentialen Anstieg, die funktionelle Grundtendenz bleibt aber klar erhalten, und es darf entsprechend dem Wärmeverhalten des Gebirges als gesichert angenommen werden, daß es sich tatsächlich um eine Exponentialfunktion handelt.

Wie kann man aber die Abweichungen deuten und worauf lassen sie schließen?

Im Falle der relativen Verringerung der Temperatur -also bei Bohrloch 22 a, 22 und 22 b -war die Erklärung nicht schwer zu finden. Diese Bohrlöcher zeigten eine außerordentlich starke Wasserführung gegenüber den übrigen Bohrlöchern, so daß es nahe lag, auf eine Wasserzufuhr von kälteren Oberflächenwässern zu schließen, die durch Bruchzonen auf ein lokales Gebiet beschränkt bleiben.

Wesentlich schwieriger gestaltet sich die Deutung des relativen Temperaturanstieges bei Bohrloch 16 und 17. Da beide Bohrlöcher in unmittelbarer Nähe der Jakobi-Kluft liegen, wäre es vorstellbar, daß durch den hohen Verschiebungsbetrag entlang der Kluft eine Myllonitisierung der Kluftränder eintrat, die eine stärkere Vererzung bedingte und derart durch Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit auf engstem Gebiete zu ,einer Änderung im Temperaturverlauf führt.

Bei beiden Erklärungen der Temperaturabweichungen zog der Verfasser die Bruchtektonik des Gebirges zu Hilfe. Man könnte nun leicht sagen, die Geothermie wäre ein hervorragendes Mittel zum Erkennen und Aufsuchen von Brüchen. Daß dem nicht ganz so ist, zeigt folgendes Beispiel: Auch die Bohrlöcher 14 und 15 sowie 18 und 19 waren links bzw. rechts eines Bruches angeordnet, ihre Temperaturunterschiede jedoch so minimal, daß sie unmöglich apriori auf einen Bruch schließen lassen.

Man muß also sagen, daß eine Brucherkenntnis nur dann möglich ist, wenn:

-grundlegende Änderungen im faziellen Aufbau zweier Schichten,

-Änderungen in der Wärmeleitfähigkeit (z. B. durch Vererzungen),

-Änderungen in der Wasserführung (!) gegeben sind.

4. Das Temperaturprofil und seine Schlußfolgerungen

Mit Hilfe des Temperaturprofils vom 12. Lauf konnte man nun zum erstenmal an den Versuch gehen, ein Isothermenprofil durch die gesamte Grube zu zeichnen (Bild 2). Für alle weiteren Überlegungen und Aussagen sei jedoch schon hier ausdrücklich festgehalten: Die geringe Anzahl der Messungen kann eine Behauptung über das Temperaturverhalten der gesamten Grube nie beweisen, sondern nur wahrscheinlich machen oder auf Richtungen aufmerksam machen, in die eine weitere Untersuchung zielen sollte. So ist auch das Isothermenprofil nicht die Wiedergabe gegebener Tatsachen, sondern ein konstruiertes Bild wahrscheinlicher Gegebenheiten.

Betrachtet man den Isothermenverlauf, so fällt sofort etwas auf: Gegenüber der ursprünglichen Annahme zweier Gradienten für die Grube Rudolf zeigt Bild 2 einen möglichen Isothermenverlauf, der bei annähernd gleichem Abstand der Isothermen -besagt, daß in der Grube Rudolf nur ein einziger Gradient, nämlich der des Blindschachtes, gelten kann. Damit fällt auch die zuerst angenommene Trennung der Gruben entsprechend ihrem Temperaturverhalten, und man muß nun die Gruben im Osten (Stefanie und Rudolf) von der im Westen (Antoni) trennen. Dies scheint auch wesentlich sinnvoller, da so auch dem grundlegenden geologischen Aufbau des Reviers Rechnung getragen wird.

Da man nun schon einmal einen Gradienten ändern mußte, kann man sich auch gleich fragen, ob es wahrscheinlich erscheint, daß sich der Gradient in der Grube Antoni so stark ändert, wie es Bild 2 zeigt? Immerhin muß man bedenken, daß nur zwei Temperaturwerte den Gradienten fixieren; schon ein geringer Meßfehler kann einen völlig falschen Gradienten liefern. Es sei an dieser Stelle nur erwähnt, daß es sehr wohl Gründe gibt, den Gradienten der Gruben Stefanie und Rudolf dem der Grube Antoni gleichzusetzen, ebenso wie vieles dafür spricht, die Trennung in ein Ost- und ein West-Revier, auch im Temperaturverhalten, aufrechtzuerhalten. Eine Entscheidung kann hier erst fallen, wenn mehr Meßwerte vorliegen, auch wenn im vorliegenden Fall auf der Basis verschiedener Gradienten argumentiert wird.

Wesentlich für diese Entscheidung des Verfassers war das folgende Kapitel, das auch weitere Einzelheiten im Isothermenprofil und dem Verhalten der Therme erklärt, nämlich die Wasserführung der Gruben.

Grundsätzlich gilt für das gesamte Bergbaurevier die Tatsame, daß der Zufluß der Wässer an den Pumpensümpfen je Schacht von Westen nach Osten abnimmt. Die Unterschiede auf den einzelnen Läufen mögen stark schwanken, aber in der Summe führt die Grube Stefanie mehr Wasser als die Grube Rudolf und diese wieder mehr als die Grube Antoni.

Zu den Summenmengen aus Tabelle 1 muß nun sofort festgestellt werden, daß sie erst dann ihre volle Gültigkeit erhalten, wenn man sie in Relation zu den aufgefahrenen Strecken der einzelnen Gruben setzt. Die Grube Stefanie weist nur halb soviel aufgefahrene Strecken auf wie die Grube Rudolf, der gegenüber auch die Grube Antoni im Umfang des Abbaues etwas nachsteht. Berücksichtigt man diese Verhältnisse, so ergeben sich die Summenzuflüsse der einzelnen Gruben -im Bezug zur Grobe Stefanie -wie folgt:

Grube Stefanie:   130,30 m3/h

Grube Rudolf: ca. 70,00 m3/h

Grube Antoni: ca. 25,00 m3/h

Die Grube Antoni führt also absolut wie relativ weitaus am wenigsten Wasser. Dies ist auch einer der Gründe, warum ein geringer Gradient im Bereim der Grobe Antoni ohne weiteres möglich ist. Denn wenn man überlegt, daß der Wassertransport eine raschere Tempera1JUränderung bedingt, als dies in " wasserfreiem" Gebirge möglich ist, so ist es klar, daß der Gradient "Antoni" niedriger sein muß als in den restlichen Gruben.

Dieses Argument muß aber auch für die Grube Stefanie Gültigkeit haben. Wenn also Antoni nur ein Drittel der Wassermenge von Rudolf führt und deswegen einen niedrigeren Gradienten aufweist, so müßte Stetanie bei der doppelten Wassermenge gegenüber Rudolf doch einen wesentlich höheren Gradienten aufweisen. Daß dieser Schluß trügt, hat zwei Gründe: Erstens fließen bis zum 10. Lauf nur ca. 7 m3/h und Lauf an Grobenwässern zu. Erst ab dem 10. Lauf steigt die Menge sprunghaft an. Aus der Summenmenge darf hier kein Rückschluß auf den Gradienten gezogen werden. Zweitens ist nicht bewiesen, daß es sich um dieselbe Art der Wasserführung handelt, oder, anders ausgedrückt, daß die Therme nach allen Seiten gleichmäßig wirkt bzw. entwässert.

Daß dies aber nicht der Fall ist, geht hervor aus der Tatsame, daß der Abstand Therme -Antoni wesentlich größer ist als Therme -Stefanie, weiters daß zwischen Therme und Antoni die Dobratschstörung verläuft und schließlich aus dem Wasserbild selbst. Betrachtet man die Tabelle 1, so fällt auf, daß am 10. und 12. Lauf der Grube Rudolf bzw. am 10. und 11. Lauf der Grobe Stefanie das Maximum des Wasserzuflusses herrscht. Bedenkt man, daß am 12. Lauf -ungefähr in der Mitte der beiden Schächte -die Einbruchstelle der Therme liegt, dann drängt sich geradezu die Vermutung auf, daß Überschüsse der Therme entlang von Klüften nach Osten wie Westen entwässern und den erhöhten Zufluß zu den Pumpensümpfen bed~ngen. Da der Zufluß im Osten (Stefanie) wesentlich größer ist, kann man ohne weiteres sagen, die Therme entwässert nach Osten.

Auch diese These kann man untermauern -man kann annehmen, daß die Therme mehr Wasser 3JUS der Teufe fördert, als sie am 12. Lauf ausschüttet, da die Überschüsse in der Grube Stefanie bis zum 10. Lauf hinaufsteigen, ja zum Teil sogar bis zum 8. Lauf. Wenn diese Annahme stimmt, dann müßte sich bei Schachtbohrungen z. B. am 11. Lauf in der Grube Stefanie, die sich langsam mit dem überschüssigen Wasser auffüllen, der Wasserspiegel am 8. Lauf senken und müßten die Spalten und Klüfte trocken werden. Genau dies ist der Fall: je größer der abgeteufte Schacht, um so mehr sinkt der Wasserspiegel. Weiters: Nach Beobachtungen steigt in der Grube Stefanie relativ warmes Wasser von unten auf. Diese Tatsame konnte auch nachgewiesen werden, als am 11. Lauf der Grube Stefanie in einem Bohrloch, das stark wasserführend war, eine Temperatur gemessen wurde, die um 1° C höher lag als in zwei vergleichbaren, aber trockenen Löchern am selben Lauf. Dies alles könnte nicht der Fall sein, wenn kalte Oberflächenwasser nach unten strömen, wie es im Gebiet des Rudolf-Schachtes der Fall ist. Auch diese Anomalie zeigt das Temperaturprofil sehr deutlich. Zwar sind die Grundlagen und Deutungen dafür nicht gesichert, aber wenn man einen Kaltwasserzufluß von Obertage annimmt, der mit zunehmender Teufe von dem Thermalwasser ausgeglichen wird, so hat man immerhin eine plausible Erklärung für den Temperatursprung am 6. Lauf und die Isothermensenke um den Rudolf-Hauptschacht.

Das Temperaturhoch über der Therme erklärt sich von selbst, ebenso wie die Anomalien am 12. Lauf schon ihre Erklärung gefunden haben. Kritischer wird es bei der Deutung der Anomalie am 10. Lauf des Rudolf-Blindschachtes, wo der Meßwert immerhin um 0,8° C von der Regressionsgeraden abweicht. Erweiterte Messungen in diesem Gebiet ergaben, daß es sich um keine lokal beschränkte Anomalie handeln konnte, da auch drei weitere Messungen am 10. Lauf den zuerst gemessenen Wert bestätigten. So geht die Vermutung dahin, daß eine Änderung in der Wärmeleitfähigkeit der 10. Laufscholle eine Verringerung der Temperatur bewirkt. Die 10. Laufsmolle ist eine von Carditaschiefer mehr oder weniger vollständig eingehüllte Bruchscholle. Darf man annehmen, daß die Carditaschichten eine verminderte Wärmeleitfähigkeit besitzen, so würde dies auch auf die 10. Laufscholle zutreffen. Leider konnten Wärmeleitfähigkeitsbestimmungen bei Temperaturen zwischen 10 bis 20° C nirgends vorgenommen werden, so daß man auf reine Vermutungen angewiesen bleibt.

5. Die Therme und ihr Ursprung

Laut Tabelle 2 beträgt die geschätzte Gebirgstemperatur in unmittelbarer Nähe der Therme ca. 25° C, die Wassertemperatur der Therme jedoch 29,1° C, Das ist ein Unterschied von 4° C. Da sich die Differenz zwischen Gebirgs- und Thermentemperatur Jahre hindurch nicht geändert hat, herrscht Temperaturgleichgewicht. Das heißt aber, daß die Therme in der Lage ist, die Wärmeabgaben an die Oberfläche zu kompensieren. Dies kann jedoch nur dann der Fall sein, wenn einerseits die Wärmeverluste konstant sind und andererseits die Thermalwässer in der Tiefe an einem riesigen Energiedepot aufgeheizt werden, einem Energieträger, der so groß ist, daß er schon Jahrzehnte dieselbe Energiemenge abgibt. Weiters kann man daraus den Schluß ableiten, daß mit zunehmender Teufe die Temperaturdifferenz Gebirge -Thermalwasser geringer wird, weil auch die Verlustmenge der Wärme an die Oberfläche durch den ständig wachsenden Gebirgsmantel geringer wird. Die Temperaturen konvergieren also einem Endpunkt zu, an dem Temperaturgleichheit herrscht.

Das heißt nun wieder, daß die Wässer im Untergrund an plutonischen Gesteinen aufgeheizt werden müssen, welche auch gleichzeitig den Umkehrpunkt abwärtsströmender Wässer und Anfangspunkt aufsteigender Thermalwässer bilden. Wo Oberflächenwässer in die Tiefe strömen, läßt sich leicht ermitteln. Nach Osten hin hat die Therme ihren Abfluß, der Westen mit seinem niedrigen Gradienten und seiner geringen Wasserführung scheint kaum geeignet für einen Wasserzufluß, ebenso wie der Süden aufgrund eines Grubenwasserstrombildes der Grube Rudolf wenig wahrscheinlich ist. Es bleibt also die Nordrichtung, die nicht nur durch ein Gedankenexperiment gestützt wird, sondern auch durch das Isothermenprofil. Die Schollen im Bleiberger Revier brechen von Norden nach Süden ab. Im Norden erhebt sich der Erzberg mit einer mittleren Höhe von ca. 1500 m. Der Plattenboden des Rudolf-Hauptschachtes steht in einer Seehöhe von 937 m, was ungefähr dem Talniveau entspricht. Die Höhendifferenz, über die ein hydrostatischer Druck wirken kann, beträgt also 563 m. Nach der Faustformel zur Ermittlung des hydrostatischen Druckes:

ergibt sich ein hydrostatischer Druck P = 56,3 atm. Das ist exakt der Schließdruck, der am 12. Lauf an der Therme auftritt!

Somit kann man sagen, daß Oberflächenwässer vom Norden her absinken, bis zu einer Teufe, in der sie, von plutonischen Gesteinen aufgeheizt, wieder aufzusteigen beginnen.

Aus der Bestimmung der Richtung, aus der Oberflächenwässer nach unter Tage strömen, läßt sich nun auch festlegen, daß als geothermischer Gradient zur Bestimmung des Konvergenzpunktes zwischen Gebirgsgradienten und Thermentemperatur nur der Gradient der Grube Rudolf mit 0,9° C/100 m in Frage kommt. Nimmt man an, daß sich der Gradient mit zunehmender Teufe nicht ändert und somit linear ansteigt, dann kommt man auf eine Teufe von 1734 m unter N. N., bei der Temperaturgleichheit von Gebirge und Thermalwasser herrscht. Immer unter der Annahme, die Wassertemperatur sei gleich der am Austritt der Therme gemessenen, also 29,1° C. Eine andere Annahme als die des linearen Anstieges des geothermischen Gradienten steht nicht zur Diskussion, da hiefür sämtliche Grundlagen fehlen, ebenso wie für eine Änderung der Konstanz der Wassertempeatur.

In einer Tiefe von 1734 m unter N. N. liegt man auf jeden Fall schon weit unter den triasischen, aber auch schon unter den permotiadischen Schichten des Grödeners. Mit der Festlegung des Thermenursprunges im Karbon ergab sich Leider auch die Unmöglichkeit, mit Hilfe des Chemismus der Thermalwässer die Teufe einzuengen oder den Ursprung der Therme genauer beweisen zu können, da Ionen und Spurenstoffe nicht nur aus der Thermenteufe stammen können, sondern auch auf dem Weg des Wassers nach ober Tage aus dem Gebirge gelöst werden können.

Aus all diesen, einer Lösung Grenzen setztenden Mängeln kann man nur den einen Schluß ziehen: im Bleiberger Revier auf der Basis des eben Erforschten weiter zu arbeiten, das Meßprogramm zu erweitern, um bestehende, falsche Ergebnisse zu korrigieren und an ihre Stelle Tatsamen zu setzen, die letztlich auch beweisen sollen, welch wertvolles Hilfsinstrument die Geothermie in Fällen thermischer Anomalien für den Geologen und Bergmann sein kann. Denn bei aller Skepsis gegenüber dieser neuen Geomeßtechnik kann man nicht übersehen, daß der Wassereinbruch am 12. Lauf vom 9. 3. 1951, bei dem in der Grube Rudolf für drei Monate die untersten drei Läufe unter Wasser standen, nicht notwendig gewesen wäre. Hätte man nämlich vor 20 Jahren eine Gebirgstemperatur von mehr als 20° C in 650 m Teufe gemessen, dann wäre vor dem Anfahren des Markus-Vierers bereits klar gewesen, daß die hohe Wahrscheinlichkeit einer starken Warmwasserführung besteht und man hätte sich Zeit und Geld für die Aufwältigungsarbeiten nach dem Wassereinbruch sparen können.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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