Cerny I. / 1984                                                                                                           Textauszug

 

Die Blei-Zink-Lagerstätte Bleiberg-Kreuth

Ein geologischer Überblick

Von Immo CERNY

Stratigraphie

Die Lagerstätte, in den östlichen Ausläufern der Gailtaler Alpen gelegen, ist an die mächtige, vorherrschend karbonatische Abfolge der Trias gebunden (Abb. 1). Von der insgesamt rd. 3000 m mächtigen "geosynklinalen" Sedimentabfolge im Bleiberger Raum sind rd. 350 m als erzführend bzw. erzhöffig bekannt, wobei sich die Pb-Zn-Vererzungen auf fünf stratigraphisch einstufbare Schichtglieder konzentrieren.

Im Liegenden der Triasabfolge finden sich auf der kristallinen Basis ("Gailtalkristallin") auflagernd rote Sandsteine des Perms (Grödener Sandstein) bzw. Permoskyth Sandsteine. Darüber folgen rote und grüne, mergelige und sandige Schiefer, oftmals gipsführend, der skythischen Stufe (Werfener Schichten), die sich innig an die permischen Bildungen anschließen.

Auf die klastischen Werfener Schichten folgen ohne scharfen Übergang mergelige Kalke der anisischen Stufe ("Alpiner Muschelkalk"), die als marine Flachwassersedimente ausgebildet sind. Der überlagernde anisische Zwischendolomit ist oftmals Träger von Blei-Zink-Mineralisationen, die jedoch ausschließlich am Nordrand der Gailtaler Alpen auftreten (Kellerberg, Aichach, Steinfeld, Kolm bei Dellach).

Der obere Abschnitt des "Alpinen Muschelkalkes", der meist aus dunklen, bituminösen, hornsteinführenden Kalken mit tuffitischen Einschaltungen aufgebaut wird, leitet einerseits über in die Plattformfazies des Wettersteinkalkes/dolomites, andererseits in die zeitäquivalente Beckenfazies der Partnachschichten ("Kellerbergfazies").

Im unmittelbaren Gebiet des Bergbaues geht der "Alpine Muschelkalk" ohne scharfe Grenze in dolomitische Gesteine (Wettersteindolomit) des Ladins über. Ohne scharfe Grenze erfolgt der Übergang in den Komplex des Wettersteinkalkes. Der Wettersteinkalk als lithostratigraphische Einheit wird in seinen liegenden Anteilen von gut gebankten Karbonaten mit grünen mergeligen Zwischenlagen aufgebaut. Diese als "Maxer-Bänke" (nach der Grube Max im Westen der Lagerstätte) bekannt gewordene Abfolge ist das liegendste Bleiglanz-ZinkbIende-führende Schichtglied. Die Erze sind schichtig ausgebildet, untergeordnet tritt Flußspat auf.

Durch Zwischenschichten getrennt folgt der "Erzkalk" (Bleiberger Fazies), hauptsächliches Trägergestein der seit rd. 700 Jahren abgebauten Blei- und Zinkerze. Weit über 1000 km Stollen zeugen von der Ergiebigkeit dieses erzführenden Gesteinspaketes.

In den obersten 120 m dieser Bleiberger Fazies treten insgesamt neun sehr ausgeprägte Leitschichten, die in der Bergmannssprache "edle Flächen" genannt werden, auf. Diese Leitschichten sind Abbild einer zyklischen Sedimentation innerhalb eines flachmarinen Ablagerungsmilieus mit zeitweisen Verlandungen. Evaporite sind häufig.

Schon lange ist bekannt, daß ein Zusammenhang zwischen Vererzung und diesen Leitflächen besteht. An deren systematischen Erfassung wird seit etwa 1930 gearbeitet, wobei die grundlegenden Kenntnisse von H. HOLLER stammen. Die Leitflächen erleichtern sowohl die Erzsuche als auch die Auflösung der Tektonik.

Über dem "Erzkalk" setzen mit einer scharfen Grenze die Raibler Schichten ("Cardita-Schichten") ein. Sie beginnen mit dem ca. 10-40 m mächtigen 1. Raibler Schieferton, der an der Basis eine Oolithbank führt. Diese Schiefertonabfolge wiederholt sich im Hangenden noch zweimal (2. Schiefer mit Lumachelle, 3. Schiefer mit Onkolithbank an der Basis) und wird jeweils von etwa 30-70 m mächtigen Karbonatsedimenten unterbrochen bzw. überlagert.

Die karbonatischen Zwischenschichten sind erzführend, insbesondere jedoch die liegendste Abfolge mit ihren stellenweise reichen, schichtgebundenen Pb-Zn-Erzen im Westen der Lagerstätte.

Gegen den hangenden Hauptdolomit ist der Übergang undeutlich ausgebildet. Im Grenzbereich finden sich Resedimentbreccien, die "Basisbreccie" zum Hauptdolomit. Die über 1000 m mächtige Abfolge des Hauptdolomites ist nicht erzführend.

Die mächtige Gesteinsabfolge der Trias im Gebiet von Bleiberg-Kreuth kam in einem flachen Meeresteil zur Ablagerung, der eine reiche Gliederung durch Schwellen und Lagunen aufwies. Aus den Sedimentsstrukturen ist ferner zu entnehmen, daß es mehrfach zu. Verlandungen und Küstenbildungen, selbst zu triadischen Verkarstungen und Höhlenbildungen kam.

Tektonik

Die gesamte Sedimentabfolge mit den darin enthaltenen Erzkörpern wurde einer intensiven Tektonik unterworfen. Zerscherungen mit Blockbewegungen sowie Faltungen erschweren sehr oft die Erzsuche.

Die östlichen Gailtaler Alpenzwischen der NW-streichenden Drau-Möll-Störung im Norden und dem E-W streichenden Periadriatischen Lineament im Süden (Gailtal) zeigen eine Einengungstektonik, wobei sich zwei zeitlich aufeinander folgende Formungsakte beobachten lassen.

Der erste, ältere besitzt NW-SE gerichtete horizontale Achsen, während die nachfolgende, jüngere S-N Einengung Ost-West gerichtete Achsen aufweist. Während dieser beiden tektonischen Einengungsvorgängen der Zeit der Entstehung der Alpen ist eine Verkürzung der ursprünglichen N-S Erstreckung um rd. 50% eingetreten. Ein N-S-Profil durch die östlichen Gailtaler Alpen (Abb. 2) zeigt drei tektonisch voneinander getrennte Einheiten, die auch verschiedene Faziesausbildungen, insbesondere der ladinisch-karnischen Ablagerungen erkennen lassen.

Die südlichste Einheit, die Gesteine der Villacher Alpe (Dobratsch), ist z. T. als Riff im Triasmeer entstanden. Nördlich anschließend und z. T. von der Villacher Alpe überschoben folgt die Bleiberger-oder Erzbergeinheit, als Träger der Lagerstätte.

Die nördlichste Einheit, die Rubland-Einheit, wurde ihrerseits von der Bleiberger Einheit überschoben. Sie weist einen groß angelegten Faltenbau auf, während in den beiden südlichen Einheiten Bruchtektonik überwiegt.

Neben den E-W-streichenden Störungen ("Grabenbrüche" nach HOLLER) sind NE bzw .NW streichende Bruchsysteme für den Bergbau, insbesondere für die gebirgsmechanischen Probleme (Bergschläge) und für die Wasserführung (Therme!) von Bedeutung. Zum Teil wurden diese Bruchsysteme sicher schon während der Sedimentationszeit als vortriadische bzw. triadische, tektonische Lineamente angelegturid wurden durch die spätere Tektonik aufgegriffen und wieder benützt. Alte tektonische Systeme und die daraus ableitbare Paläogeographie des Ablagerungsraumes dürften mit der triadischen Metallogenese in einem ursächlichen Zusammenhang stehen.

Die Vererzung

Die Hauptelemente der Lagerstätte sind Zink und Blei, die als Zinkblende und Bleiglanz die Erzkörper aufbauen. Eisen, als Pyrit und Markasit tritt untergeordnet auf. Auffallend ist der extrem niedrige Silbergehalt des Bleiglanzes. Die Zinkblenden hingegen sind fallweise reich an Germanium und Cadmium. Unter den Gangarten herrschen entsprechend dem Nebengestein -Karbonate (Calcit, Dolomit) vor. Daneben treten stellenweise Baryt, Fluorit und Quarz, ferner blauer und grauer Anhydrit, Gips und seltene Bildungen wie Coelestin und Strontianit auf.

Die Form der Vererzungen ist mannigfaltig; neben schichtgebundenen bis schlauchförmigen Erzlagern treten Breccienerzkörper, kluftgebundene, gangförmige Lagerstättentypen auf. Die Unregelmäßigkeit der vererzten Bereiche und die großen Schwankungen im Metallgehalt waren über Jahrhunderte Sorge von Gewerken und Bergleuten. Andererseits verdankt die Lagerstätte gerade der Unregelmäßigkeit und der Vielfalt und Vielzahl der Erzkörper seine überaus lange Nutzungsdauer. Obwohl der Bergbau nachweislich seit sieben Jahrhunderten betrieben wird, gelang es in den Jahren 1951 bis 1964 im Westen der Lagerstätte einen bis dato unbekannten Vererzungstypus aufzufinden und zu erschließen.

Beträgt die söhlige Querschnittsfläche der bisher bekannt gewesenen schlauchförmigen, schichtkonkordanten Erzlager von Kreuth oder der gangförmigen, diskordanten Vererzungen von Bleiberg durchschnittlich 60 bis 80 m2, so konnten nun im Westen der Lagerstätte vererzte Querschnitte aufgefunden werden, die ein Vielfaches davon betragen. Die Erze der sgn. Westschachtscholle ("Kalkscholle") und der Carditascholle waren die Grundlage für eine Produktionssteigerung und boten die Möglichkeit, einen hoch technisierten Bergbau einzurichten.

Die Entstehung der Erze

Über die Entstehung der Bleiberger Lagerstätte und den artverwandten Pb:.Zn-Lagerstätten in den gesamten Draukalkalpen (z. B. Windisch Bleiberg, Hochobir, Petzen und Mezica) wurden die verschiedensten genetischen Ansichten vertreten. Heute wird die triadische Metallanreicherung kaum mehr angezweifelt.

Die Frage nach der Herkunft der Metalle und dem Konzentrationsmechanismus der Pb-Zn-Metalle wirft heute noch Probleme auf. So wird die hydrothermale Zufuhr der Metalle in Betracht gezogen (Geosynklinalvulkanismus). Doch sind Temperaturen über 100° schwer vorstellbar, da z. B. triadische Bakterien nachgewiesen wurden. Weiters wird die Metallherkunft aus dem Sediment selbst als Folge der Diagenese und Dolomitisation, als Rückstandsbildungen während Trockenlegungsphasen in Erwägung gezogen.

Auch die Möglichkeit, daß die Metallzufuhr durch Verwitterung ehemaliger Festlandsbereiche stattfand, wird vertreten. Trotz der Vielfalt der genetischen Ansichten besteht jedoch kein Zweifel, daß die Mineralisationen durch die Fazies kontrolliert werden, daß zwischen Dolomitisierung und Salinität bei gegebenen Metallangebot ein Zusammenhang für die Entstehung der Vererzungen besteht. Eine Vielfalt von Umlagerungsprozessen war wohl notwendig, um jene Konzeptration der Erze herbeizuführen, die notwendig ist, diese Erze wirtschaftlich gewinnen zu können.

Literaturauswahl

BECHSTÄDT, Th. (1975): Sedimentologie und Diagenese des Wettersteinkalkes von Bleiberg-Kreuth. - BHM, 120,466-471, Wien.

CERNY, I. (1983): Pb-Zn-Erzmobilisationen in Dolomitgesteinen der Draukalkalpen (Kärnten, Osterreich). - Schriftenreihe der Erdwiss. Komm., Österr. Akad. Wissenschaften, 6, 31-38, Wien.

CERNY, I. (1982): Fazies und Pb-Zn-Vererzungen in den Hangenden Raibler Schichten der Draukalkalpen. - Mitt. Ges. Geol. - u. Bergbaustud. Österr ., 28, 109-120, Wien.

HOLLER, H. (1936): Die Tektonik der Bleiberger Lagerstätte. - Carinthia II, Sdh. 7, 1-82, Klagenfurt.

KOSTELKA, L. (1978): Geologischer Überblick über die Blei-Zinklagerstätte Bleiberg-Kreuth. -In: Blei und Zink in Osterreich. - Broschüre der Bleiberger Bergwerks Union, 13-17 , Klagenfurt.

KOSTELKA, L. (1971): Beiträge zur Geologie. der Bleiberger Vererzung und ihrer Umgebung. - Carinthia II, Sdh. 28, Festschrift Kahler, 283-289, Klagenfurt.

SCHULZ, O. (1984): Tektonische Gefügeanalyse des Rahmens der Bleiberger Lagerstätte (östliche Gailtaler Alpen, Kärnten, Österreich). - Jb. Geol. B.-A., 126, 3, 369-416, Wien.

SCHULZ, O. (1960): Die Pb-Zn-Vererzungen der Raibler Schichten im Bergbau Bleiberg-Kreuth (Grube Max). - Carinthia II, Sdh. 22, Klagenfurt.

SIEGL, W. (1975): Die oberkarnische Blei-Zink-Vererzung im Rubland Verbindungsstollen nördlich von Kreuth. - BHM, 120, 10, 471-474, Wien 1975. 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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