Schroll E. / 1960 Textauszug |
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Strontianit aus
Bleiberg (Kärnten) Von Erich Schroll Bei Durchsicht von Gesteinsproben, die in der Anfahrtstube
des Rudolfschachtes in Bleiberg auflagen, fielen dem Verfasser 1953 büschelige
weiße .Kristallaggregate auf, welche auf derbem Bleiglanz aufgewachsen
waren. Sie konnten als Strontianit (SrCO3) identifiziert
werden. Beim Sichten älteren Sammlungsmaterials der Fa. BERGER/ Mödling
wurden ähnliche Mineralstufen aus Bleiberg gefunden. Hier war dasselbe
Mineral fälschlicherweise als "Aragonit" bestimmt worden. Möglicherweise ist "Aragonit" von Bleiberg, den
A. BRUNLECHNER [1] erstmalig von diesem Fundort beschrieben hat, ebenfalls
Strontianit oder Emmonit. A. BRUNLECHNER [2] beschreibt: "Dünne
Nadeln von Aragonit sitzen zu einer Druse vereint auf Calzit; auch büschelförmige
Gruppen der sehr kleinen weißen Kristalle zu halbkugeligen Haufen
aggregiert treten auf. Einzelne Blendekörnchen sind als jüngste Bildung
über den Aragonitkristallen zu sehen." Nach den Beobachtungen A.
BRUNLECHNER´s gehört der "Aragonit" zu den letzten Bildungen der
primären Erzmineralisation. Er gibt folgende Sukzession an: Blende
-derber Kalkspat und Bleiglanz-Zinkblende -Markasit -Kalkspat -Aragonit -
Blende. Alle bisher vorgefundenen Strontianitstufen stammen aus dem
Grubenrevier des Rudolfschachtes; dies ist auf Grund der
charakteristischen Erzparagenese mit allergrößter Wahrscheinlichkeit
anzunehmen. Ein genauer Fundort läßt sich allerdings nachträglich kaum
ermitteln. A. BRUNLECHNER [1] gibt für den "Aragonit" an:
"Maschingang, 40 m unter dem Erbstollenhorizont." Die vom Verfasser vorgefundenen Erzstufen bestehen im
wesentlichen aus einem meist schweifig ausgebildeten derben Bleiglanz,
dessen Oberfläche angeätzt erscheint. In den Bleiglanz ein und
aufgewachsen ist parallelblättriger Schwerspat. Darauf sitzen jüngere
braune bis hellbraune Kristalle von Zinkblende, Flitterchen von Markasit
und skelettartig angelöste Skalenoeder von Kalzit (Erzkalzit III ?
[3,4]). Der Strontianit bildet dabei die jüngste Aufwachsung in Form
feinbüscheliger Aggregate, die halbkugelig (Durchmesser 5-10 mm) oder
rasenartig ausgebildet sind ( siehe Abb. 1). Im Sammlungsmaterial der Fa.
Berger wurden vornehmlich grobbüschelige Aggregationen festgestellt, die
gleichfalls auf Bleiglanz aufgewachsen sind. Die Kristallnadeln der Aggregate besitzen eine maximale Länge
von 5-10 mm. Sie zeigen den auch für Strontianit charakteristischen ,
sechsseitigen Querschnitt der Durchwachsungsdrillinge. Die Nadeln sind
senkrecht zur c-Achse quergestreift und zeigen eine Abfolge von
Pyramidenflachen verschiedener Steilheit. Eine kristallographische
Vermessung ist infolge der sehr unregelmäßigen, längs der c-Achse
gewundenen Kristalle sehr schwierig. Unter dem gesichteten Material wurde
kein Kristall angetroffen, der eine ungestörte Anordnung der Flächenkombination
zeigt. Von einem Gramm des 1953,aufgesammelten Strontianits wurde
nachstehende chemische Analyse ausgeführt : Strontiumoxyd (SrO)
60,79%
537 Molqu. X
1000 Kalziumoxyd (CaO)
5,42%
97 Molqu. X 1000 Kohlendioxyd (CO2)
28,08%
638 Molqu. X 1000 Säureunlösliches
4,80 % (Sr und Ca wurden gravimetrisch, CO2
absorptiometrisch bestimmt.) Eine vorhergehende qualitative emissionsspektrographische
Analyse im Kohlebogen mit einem mittleren Quarzspektrographen (Zeiß Q 24)
ergab außerdem in der Gesamtprobe neben einer Hauptmenge Strontium und
einer Nebenmenge Kalzium In der Größenordnung von
1 %
Ba
0,1-1 %
Zn
0,01-0,1
Pb, Si, Fe
0,01 Mn, Mg Die röntgenographische Untersuchung der Probe mit einem Zählrohrgoniometer
(Cu-Ka -Strahlung) zeigte das Fehlen der Reflexe von Kalkspat und Aragonit
im Aufnahmediagramm des auch damit identifizierten Strontianits. Das
Kalzium erscheint somit im wesentlichen m; das Gitter des Strontianits
eingebaut. Eine weitere Probe wurde differentialthermoanalytisch mit einer
selbstregistrierenden DTA-Apparatur nach Linseis (Fa. Netsch) unter
Verwendung eines Silitstabofens untersucht. Bei einer Gesamteinwaage von
0,8 gr und bei Verwendung eines Pt/Rh-Elementes wurde mit einer
Aufheizgeschwindigkeit "von 10°/min nachstehendes Diagramm erhalten,
das mit der Aufnahme eines Strontianits von Oberndorf Stmk. verglichen
wird (Abb. 2). Die endotherme Reaktion der Kohlendioxydabgabe des CaCO3
liegt beim Strontianit von Bleiberg (Diagramm A in Abb. 2) in der Spitze
bei 860° (gegenüber 880° bei reinem CaCO3) und für SrCO3
bei 1120° (gegenüber 1250° bei reinem SrCO3). Ferner wurde
eine schwache exotherme Reaktion bei 480° erhalten, welche als
Anwesenheit von Schwefelkies ( Markasit, Pyrit) zu deuten ist. Die
vergleichsweise untersuchte -Strontianitprobe von Oberndorf (Diagramm Bin
Abb. Z) erwies sich in, ähnlicher Größenordnung als kalziumhältig. Da das Barium weitgehend an Sulfat gebunden ist - eine
Bindung an Karbonat ist nicht nachgewiesen worden - so errechnet sich die
Mineralformel des untersuchten Bleiberger Strontianites wie folgt:
(Sr85, Ca15) CO3
Es liegt also strenggenommen ein Emmonit (Calciostrontianit
) oder nach der Nomenklatur von F. MACHATSCHKI ein kalziumhaltiger
Strontianit vor. Dieser Strontianitfund schließt an das Vorkommen von
Coelestin an, welches H. MEIXNER [3] von der Nachbargrube Antonischacht
(Kreuth) erstmalig beschrieben hat. Mineralparagenetisch gehört auch der
Coelestin zu letzten Mineralbildungen der primären Vererzung. Der
Verfasser [4, 5] stellte dieses Mineral zur Paragenese des blauen
Anhydrites (Phase V). Die Annahme, daß bei der Umwandlung des Anhydrites
in Gips Strontium mobil wird, kann im Falle des Strontianits nicht stichhältig
sein, da im Revier des Rudolfschachtes, ausgenommen das westliche
Grubenfeld, blauer Anhydrit eine relative Seltenheit ist. Die Beobachtung
zeigt starke Ätzerstheinungen, vor allem am Kalkspat. Möglicherweise
stammt das Strontium aus den Kalkspaten, die merkliche Spuren dieses
selteneren Erdalkalimetalles enthalten, oder aus dem Nebengestein. Es ist
aber unwahrscheinlich, daß das Strontium als Nachförderung einer
"letzten hydrothermalen Phase in Erscheinung tritt. Die Herkunft
dieses Elementes', welches nur in verschwindendem Umfang mit eigenen
Mineralbildungen in einer Übergangsphase zur Oxydation durch die
sauerstoffhaltigen Tagwässer in Erscheinung tritt, ist in der
Elementvergesellschaftung der Mineral- und Gesteinsparagenese zu suchen. Literatur : [1] BRUNLECHNER, A.: Mineralvorkommen. -Car. II, 88,
1898,174. [2] BRUNLECHNER, A.: Die Entstehung und Bildungsfolge der
Bleiberger Erze und ihrer Begleiter, Jb. n. LM. 25, 1899, 61-69 (Kärnten,
Klagenfurth). [3] MEIXNER, H.: Neue Mineralvorkommen in den Ostalpen. - Heidelberger Beitr. Min. Petr.
(1950), 195-209. [4] SCHROLL, E.: Mineralparagenese und Mineralisation der
Bleiberg Kreuth- Blei-Zink-Lagerstätte. - Car. II, 143 (1953); 47-55.
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