Niedermayr G. / 1998

 

MITT. ÖSTERR.MINER. GES. 143 (1998)

EDEL- UND SCHMUCKSTEINE IN KÄRNTEN

von Gerhard Niedermayr

MinPet 98

Mineralogisch-Petrographische Abteilung, Staatliches Edelsteininstitut
Naturhistorisches Museum, Burgring 7, A-1010 Wien

Öffentlicher Vortrag vor der Österreichischen Mineralogischen Gesellschaft und der Fachgruppe für Mineralogie und Geologie des Naturwissenschaftlichen Vereines für Kärnten gehalten am 26. September 1998 in Pörtschach

Kärnten ist ein altes Bergbauland. Schon zu römischer, möglicherweise aber auch schon in vorrömischer Zeit, wurde hier nach Edelmetallen, nach Eisen und nach Blei geschürft. Manche Gesteine Kärntens, wie zum Beispiel die Marmore von Gummern und von Pörtschach, wurden schon zu römischer Zeit für Bau- und Dekorzwecke verarbeitet und der berühmte Klagenfurter Lindwurm wurde aus den Schiefern des Kreuzbergls gehauen, deren Verwendung bis ins 16. Jahrhundert gesichert nachgewiesen ist. Darüber hinaus wurden und werden teils auch noch heute aber auch einige andere Gesteine und auch Mineralien für kunstgewerbliche Zwecke und zur Herstellung von Schmuck genutzt.

Quarz

Vieles spricht dafür, daß schon zu römischer Zeit Quarzkristalle in den Hohen Tauern Salzburgs und Kärntens gesucht und gewonnen worden sind; Funde von Quarzkristallen unterschiedlichster Ausbildung im ehemaligen keltisch-römischen Siedlungszentrum auf dem Magdalensberg bei St.Veit an der Glan können als Beweise dafür angesehen werden. Inwieweit derlei Material für eine kunstgewerbliche Verwendung geeignet war, kann heute freilich nicht mit Sicherheit entschieden werden. Sicher ist dagegen, daß heute von einheimischen Sammlern Quarze verschiedenster Kärntner Vorkommen zu Schmucksteinen verarbeitet werden. So wurden etwa Bergkristalle und Rauchquarze vom Hocharn, aus der Wurten,  vom Ankogel, vom Reißeck und vom Schober-Eissig, aber auch von Saualpe (Lading und Gieslhütte) und Koralpe (Freiland, Maxbauer, Buckelbauer, Kamperkogel, Lichtengraben und Kleiner Speikkogel/Seekar) verschliffen. Qualitativ hervorragende facettierte Amethyste stammen aus der Zirknitz. Vom Roten Mann im Fleißtal sowie aus der Wurten wurden auch Citrine zu geschliffenen Steinen verarbeitet. Aparte „Rutilquarze" stammen vom Hocharn, und aus dem Seebachtal bei Mallnitz ist mit feinen Aktinolithnadeln durchsetzter Quarz („Prasem") bekannt und auch zu facettierten Steinen verarbeitet worden.

Hochglänzende und beidseitig ausgebildete, ideal geformte Bergkristalle aus Lösungshohlräumen in norisch-rhätischen Hornsteinplattenkalken der Karawanken wurden erst in letzter Zeit gelegentlich zur Anfertigung von Schmuckobjekten herangezogen. Ähnliche "Diamanten" werden auch in den Lienzer Dolomiten gefunden, sind aus diesem Bereich allerdings meines Wissens noch nicht im Schmuckgewerbe verwendet worden. Dagegen hat die Verwendung des blauen Chalcedons aus der Siderit-Lagerstätte von Hüttenberg bereits eine lange Tradition. Bereits Belsazar von Hacquet berichtet uns in einer seiner berühmten Reisebeschreibungen über die kunstgewerbliche Verwendung dieses Materials im 18. Jahrhundert. Die relativ gut polierfähigen Jaspise aus dem Bereich des Mejnik in den Karawanken, hier an mitteltriadische Tuffe und Laven gebunden, und aus dem stratigraphisch wesentlich älteren Eisenkappler Diabaszug sind ebenfalls gelegentlich zur Anfertigung kunstgewerblicher Objekte herangezogen worden. Auf sekundärer Lagerstätte, in den Schottern der Drau, fand sich polierfähiger Jaspis in einer Schottergrube bei Bernaich/Längsee. Erst kürzlich wurde von einem einheimischen Sammler ungewöhnlich intensiv rot gefärbter Jaspis, von massiven Hämatitlagen teilweise durchsetzt, in unmittelbarer Nähe der keltisch-römischen Ausgrabungen auf dem Magdalensberg festgestellt. Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, daß dieses Vorkommen schon zu römischer Zeit bekannt gewesen sein könnte, doch handelt es sich dabei um ein ausgezeichnet polierfähiges Rohmaterial, dessen metallisch grau schimmernde Hämatitmassen in apartem Gegensatz zum tiefen Rot des kieseligen Nebengesteins stehen.

Cinnabarit

Mit Cinnabarit imprägnierte Eisenhutschiefer vom Hohen Kohr, Turracher Höhe, werden lokal zu diversem Schmuck und zu Ziergegenständen verarbeitet. Weitgehend unbekannt dürfte dagegen sein, daß man schon im 17. und 18. Jahrhundert das mit Cinnabarit imprägnierte Gestein im Buchholzgraben bei Stockenboi gewonnen und ebenfalls zur Anfertigung von Tabaksdosen, Messergriffen, Stockknäufen und Knöpfen sowie Schalen verwendet hat.

Rhodonit/Rhodochrosit

Dieses Material aus dem Bereich Hüttenberg - Lölling und um Friesach wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts zur Anfertigung verschiedenster kunstgewerblicher Gegenstände herangezogen. In neuerer Zeit hat man daraus Tischplatten, Aschenbecher und Ziffernblätter für Standuhren hergestellt. Rhodonit ist praktisch immer mit etwas Pyroxmangit, Rhodochrosit, Tephroit, Spessartin und anderen Mineralphasen verwachsen.

„Muschelmarmore" aus Bleiberg und aus den Karawanken

Ein in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sehr beliebtes Schmuckmaterial war der sogenannte „Bleiberger Muschelmarmor", eine durch das Farbenspiel ihrer Schalenreste (einer bestimmten Ammonitenart - Carnites floridus) auffallenden Lumachelle. Das Gestein wurde 1780 im St. Oswaldi-Stollen bei Bleiberg im Zuge des hier umgehenden Bleierzbergbaues gefunden und seinerzeit in größerer Menge auch zu Schmuckzwecken verarbeitet und teuer verkauft. Auch ein weiteres fossilreiches Gesteinsmaterial ist für dekorative Zwecke verwendet worden - der Megalodontenkalk aus dem Bereich der Baba in den Karawanken. Nach KIESLINGER (1956) sind aus diesem Material die Zierknöpfe für die Marmorschranken des Mausoleums Erzherzog Karls II. im Dom von Seckau, aus 1587 - 1592, angefertigt worden. Die frühe Verwendung dieses lange Zeit nicht lokalisierbaren „Marmors" im 16. Jahrhundert ist recht bemerkenswert. Aus Findlingsblöcken bei Latschach war dieses Material zu Anfang dieses Jahrhunderts aus dem Bereich Faaker See - Rosegg bekannt geworden und konnte erst vor etwa 10 Jahren vom Kärntner Sammler Hermann Kaponig, Tallach, in den Nordabstürzen der Baba in den Karawanken lokalisiert werden.

Calcit und Magnesit

Klare, verschleifbare Calcite finden sich in Österreich in Alpinen Klüften, gelegentlich auch in Erzlagerstätten, wie z.B. in Bad Bleiberg, und in Form von häufig orangebraun gefärbten grob- strahligen Sinterbildungen in Hohlräumen kalkalpiner Gesteine. Seine etwas höhere Dispersion läßt den Calcit trotz seiner geringen Härte und der guten Spaltbarkeit als durchaus geeignets Schmuckmaterial erscheinen.

Pinolitmagnesit von Radenthein ist, ähnlich wie sein Pendant aus der Magnesitlagerstätte von Sunk bei Trieben, Steiermark, gelegentlich für kunstgewerbliche Zwecke verwendet worden.

Calcitsinter vom Ulrichsberg

Aufgrund ihrer oft sehr ausgeprägten und schönen Bänderung eignen sich Sinterbildungen meist hervorragend für die Herstellung kunstgewerblicher Gegenstände. Die rötlichbraun-weiß gebänderten Calcitsinter aus dem Gipfelbereich des Ulrichsberges sind dafür schon ziemlich früh verwendet worden. Man hat dieses Material seinerzeit sogar abgebaut (KIESLINGER, 1956).

Fluorit

Auch Fluorite aus den Alpinen Klüften der Hohen Tauern werden immer wieder trotz ihrer geringen Härte zu geschliffenen Steinen verarbeitet. Aus Kärntner Vorkommen sind facettierte Fluorite aus Material vom Hocharn, aus dem Gößgraben/Maltatal und aus dem Steinbruch „Koschach" beim Pflüglhof im Maltatal bekannt gemacht worden.

Anhydrit und Gips

Als Kuriosum ist auch der blaue, feinkörnige, massive Anhydrit aus der Grube Stefanie in der Blei-Zink-Lagerstätte von Bad Bleiberg gelegentlich zu Cabochons verschliffen worden. Zum Teil wurde er von Sammlern auch in Verwachsung mit Galenit und Sphalerit verarbeitet. Der feinkörnige und geschichtete Gips aus den Salinen Oberösterreichs wurde schon im 18. Jahrhundert zur Herstellung von Amuletten verwendet („Himmelstein", BORN, 1777). Verschleifbares Material ist in Österreich dagegen sehr selten; nur Gips aus der Blei-Zink-Lagerstätte von Bad Bleiberg ist gelegentlich verschliffen worden.

Kyanit und „Radentheinit"

Kyanit ist aufgrund seiner sehr guten Spaltbarkeit und der ausgeprägten Härteanisotropie schwierig zu schleifen und zu polieren und er kommt auch nur selten in einigermaßen einschlussarmen Kristallen im alpinen Bereich vor. Grobkristallin verwachsene Kyanitmassen von Zödl bei Radenthein sind allerdings in neuerer Zeit zu verschiedenen kunstgewerblichen Gegenständen, wie z.B. Steinkrawatten und Broschen, verarbeitet worden. In gleicher Weise wurde und wird auch der Kyanit führende „Radentheinit" gelegentlich zu Schmuckzwecken verwendet. Um einigermaßen vorteilhaft zur Geltung zu kommen, muß dieses Material allerdings vor dem Schleifvorgang mit Kunstharz imprägniert werden.

Scheelit

Scheelit hat zwar eine geringe Härte, seine hohe Lichtbrechung und Dispersion verleihen facettierten Steinen aber einen auffallenden, diamantähnlichen, „fettigen" Glanz. Verschiedentlich sind daher Scheelite aus Alpinen Klüften der Alpen facettiert worden. Dafür geeignetes Material ist aus Kärnten bisher nur vom Wurtenkees bekannt.

Rutil

Mit Rutil durchsetzte Quarze aus Alpinen Klüften, insbesondere aus dem Bereich des Hocharn, sind bisweilen verschliffen worden. Der metallische Glanz der Fe-reichen, oft dickprismatisch entwickelten Rutile in Pegmatiten des Altkristallins von Saualpe und Koralpe hat Sammler gelegentlich veranlaßt, auch dieses Material zu Cabochons zu verarbeiten.

Titanit

Die hohe Lichtbrechung und vor allem die hohe Dispersion des Titanits, die im B-G-Bereich mit 0.051 höher liegt als jene von Diamant (0.044 !), würden einigermaßen reine Steine als vorzügliches Schmuckmaterial ausweisen. Die geringe Härte steht dem allerdings entgegen. Viele Titanite Alpiner Klüfte weisen einen rötlichbraunen Farbton auf; es gibt aber bereits eine Reihe von Funden in den Ostalpen, die schön grün gefärbte Steine geliefert haben und hinsichtlch Qualität auch einem internationalen Vergleich standhalten. Von Kärntner Vorkommen wurde bisher nur das gelblichgrüne Material vom Törl Kopf bei Mallnitz zu Cabochons verschliffen.

Epidot

Epidote aus Alpinen Klüften der Ostalpen sind meist relativ Fe-reich und eignen sich daher nicht für die Anfertigung von facettierten Steinen. Dagegen wurden gelegentlich Einzelkristalle oder kleine Kristallgruppen im Schmuck gefaßt; aus Kärnten ist in diesem Zusammenhang das Vorkommen vom Gertrusk zu erwähnen. So sind von hier gelbgrüne Epidotaggregate zu Anhängern verarbeitet worden.

Granat

Zu Schmuckzwecken verarbeitbarer Granat wurde in Kärnten an mehreren Stellen gewonnen und im Lucknergraben bei Radenthein um die Jahrhundertwende sogar bergmännisch abgebaut („Blutstropfen der Nocke"; PRASCH, 1972). Das Material diente zur Anfertigung von bäuerlichem Trachtenschmuck und wurde vor Ort verarbeitet, wurde zum Teil aber auch als Rohware nach Böhmen verfrachtet und kam von hier, mit „Böhmischem Granat" (Pyrop) vermischt, inden Handel ! Es handelt sich dabei um relativ Fe-reiche Granate (Almandine) und diese sind auch einschlußreich. Erste Ergebnisse über Chemismus und Einschlüsse dieser „Radentheiner Schmuckgranate" stellen LEUTE & GÖTZINGER (1998) im Rahmen der Tagung MinPet-98 vor (siehe dieser Band).

Ein weiteres, genetisch äußerst interessantes Vorkommen liegt im Pusygraben bei Lölling, Saualpe. Es sind die bis 12 cm großen Granatkristalle, die im Randbereich einer Serpentinitlinse

zum umgebenden Staurolith-Granat-Glimmerschiefer in Chloritfels eingelagert sind und von THIEDIG (1962) als Reaktionsbildung im Zuge metamorphogener Einflüsse gedeutet werden; neuestes analytisches Datenmaterial berichten SEEMANN & KOLLER im Rahmen der Tagung MinPet-98 (dieser Band).

Aus dem partiell transparenten, wenn auch sehr dunklen Granatmaterial wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sogar Dosen und offenbar auch andere kunstgewerbliche Gegenstände hergestellt (NIEDERMAYR & BRANDSTÄTTER, 1997). In der vorliegenden Zusammenstellung wurde versucht, möglichst alle Materialien von Kärntner Vorkommen zu erfassen, die als geschliffene Steine und in polierter oder in sonstwie bearbeiteter Form für Schmuck und für kunstgewerbliche Gegenstände Verwendung gefunden haben. Gerade bei den Gesteinen ist eine Vollständigkeit allerdings schwer zu erreichen, da hier einerseits die Grenzen zum Dekorstein verschwommen sind, und andererseits praktisch jedes durch Farbgebung und Zeichnung irgendwie auffällige Gesteinsmaterial für Schmuckzwecke geeignet erscheint. Der Kreativität und dem Ideenreichtum moderner Schmuckschaffender sind da praktisch keine Grenzen gesetzt. Ein schönes Beispiel dafür sind etwa die Arbeiten eines jungen Kärntner Bildhauers, der aus verschiedenen Steinmaterialien, u.a. auch aus dem durch Einschaltung dünner Amphibolitlagen charakteristisch strukturierten Marmor von Gummern, nicht nur verschiedene Brunnen sondern auch moderne Kleinplastiken und Schmuck anfertigt. Edel- und vor allem Schmucksteine aus Kärnten werden somit auch in Zukunft bei der Schmuckherstellung, wenn vielleicht auch nur in beschränktem Umfang, zumindest lokal eine gewisse Bedeutung haben.


Literatur
:


BORN, I. von (1777): Versuch einer Mineralgeschichte des oberösterreichischen Salzkammergutes. - Abhandlungen einer Privatgesellschaft in Böhmen, zur Aufnahme der Mathematik, der vaterländischen Geschichte und der Naturgeschichte, Bd. 3: 166-190.

KIESLINGER, A. (1956): Die nutzbaren Gesteine Kärntens. - Carinthia II, Sdb. 17, 348 S.

NIEDERMAYR, G. & BRANDSTÄTTER, F. (1997): Die Dose aus Granat von der Saualpe in der Edelsteinsammlung des Naturhistorischen Museums in Wien. - Carinthia II, 187./107.: 573-581.

PRASCH, H. (1972): Blutstropfen der Nocke. - Spittal/Drau: Selbstverlag Bezirksheimatmuseum, 80 S.

THIEDIG, F. (1962): Die geologische Neuaufnahme des Saualpenkristallins (Kärnten). III. Die Phyllit- und Glimmerschieferbereiche zwischen Lölling und Klein St.Paul. - Carinthia II, 152./72.: 21-45.

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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