Kahler F. / 1935                                                                                                      Textauszug

 

Der Nordrand der Karawanken zwischen Rosenbach und Ferlach.

Von Dr. Franz Kahler (Klagenfurt)
(Mit Karte und Profilen in der Beilage)

Die Ergebnisse, über die hier berichtet werden soll, wurden in mehrjährigen, vielfach unterbrochenen und nach verschiedenen Gesichtspunkten unternommenen Begehungen gewonnen, Sie mögen daher als ein Versuch gewertet werden, zu einigen schwierigen Frage Stellung zu nehmen, ohne daß dadurch eine entgültige Entscheidung angestrebt wird.

Die Untersuchungen: wurden von den Herren Dr.-Ing. Aichinger (damals Rosenbach), Berger (Maria-Elend), Kraigher (Feistritz i. R.), Dorfer- und Seebacher (Ferlach) vielfach, Besonders aber durch die Erkundung alter Kohlenfunde unterstützt. Ich erlaube mir, ihnen auch an dieser Stelle für ihre Bemühungen herzlichst zu danken.

Um die Beschreibung kürzer fassen zu können, ist es notwendig, mehrere neu eingeführte Begriffe vorerst festzulegen:

Suchagrabenbrekzie: Im Gebiet von Maria-Elend. Nur geringe Strecken transportierter Hangschutt, fest verkittet, gebankt. Das Bindemittel mit einem Stich ins Gelbliche. Das Material fast durchwegs Triaskalk. Nach der Verfestigung durch gebirgsbildende Bewegungen in abnorme Lagerung gebracht. Meist mit 30-400 steilem Einfallen. Alter unbekannt, wahrscheinlich sehr jung. Vergleiche mit den Nordalpen sprechen für eine Zwischeneiszeit (siehe Ampferer, Geol. Gesäuseführer). Ähnliche, wahrscheinlich gleich alte Vorkommen in den Karawanken: Setitsche, Matzen, Sechter. Typische Aufschlüsse: am Ausgang des großen Sucha-Grabens.

Bärentalkonglomerat: mäßig fest verbundenes Konglomerat aus ziemlich buntem, aber aus einem Kalkgebirge stammenden Geröllvolk. Die Gerölle meist etwas abgeflacht: nicht sehr groß, meist nicht über 10 cm, daher zumeist kleiner die des heutigen Bärentalbaches. Das Bindemittel braungelblich; die Gerölle liegen oft dicht aufeinander, so daß sich die kleineren öfters in die größeren eindrücken. Die Bindung zumeist nicht sehr groß; im Hangenden stark. In den tieferen Schichten zwischen Konglomeratbänken schmale Lagen glimmerfreier Sande und Riesel sowie schmale lignitische Kohlenflöze. Besonders in den tieferen Schichten Sedimentationsrhythmus (Konglomerate, Sande, Tone, bei vollem überwiegen der gröberen Schichten). Vom Sattnitzkonglomerat durch geringere Bindung, frischeres Aussehen, keine (oder nur unter ungünstigsten Verhältnissen [Feuchtigkeit] vorhandene) hohlen Gerölle, unterscheidbar. Im Bärental mehr als 130 m mächtig aufgeschlossen. Hier und am Nordhang des Singerbergzuges typisch zu beobachten. Alter noch nicht näher bestimmbar.

Rosenbacher Kohlenschichten: Unter einer Decke von Kalkkonglomerat aufgeschlossene, nicht verfestigte Schotter mit zahlreichen, aber immer sehr schmal bleibenden Kohleneinschaltungen. Kalk zu Kristallingerölle etwa 1:1 Sande meist grob, glimmerreich. Bei Rosenbach und auch weiter östlich fällt der Reichtum an Serpentinen besonders auf. (Näheres siehe Angel, Canaval-Festschrift) .Reich ferner an oft recht großen Quarzgeröllen; Die Kohle ist besonders in schmalsten Flözen Glanzkohle mit bedeutendem Kiesgehalt, dadurch sind in verwitterten Aufschlüssen die Flöze durch braune Bänder leicht zu finden. Von Penck als "Quarzlyditkonglomerat" bezeichnet. Von mir 1929 der Mischungszone zugeordnet, wahrscheinlich aber jünger als die mit ihr verglichenen Liegendflözschichten Mächtigkeit schwer abschätzbar, da nirgends voll aufgeschlossen und stets stark gestört. Typisches Vorkommen: Aufschlüsse am Rosenbach, besonders östlich des Hahnhofs. Bei schlechten Aufschlüssen schlechter als die wahrscheinlich tieferen Schichten mit fast reinem Quarzschotter von eiszeitlichen Schottern zu trennen, die einen beträchtlichen Teil der Kohlenschichten in sich aufgenommen haben.

Schon seit längerer Zeit ist bekannt, daß der nördliche Zug der Karawankentrias westlich von Feistritz i. R. verschwindet (siehe insbesondere Koßmat). Wertvolle Studien veröffentlichte besonders Teller, auf dessen Beobachtungen die vielfachen theoretischen Erwägungen verschiedener Autoren fußen. Die Kohlenvorkommen wurden das letzte mal 1919 durch Canaval geschildert.

Der Nordrand der Karawanken hat im hier beschriebenen Abschnitt gegen das Vorlandtertiär einen sehr wechselvollen Bau, was wohl damit zu erklären ist, daß sehr verschiedene Baueinheiten der Karawanken hier den Nordrand bilden.

Ungefähr in der Gegend des Mallestiger Mittagskogels beginnen Gesteine der Karawanken*) bogig gegen Norden vorzudringen und drücken die bisher vorherrschenden Gesteine der Karnischen Alpen an ihren Vorderrand und in die Tiefe, Ein schmaler Zug aber ist von ihnen, wie schon lange bekannt, weit gegen Osten zu verfolgen, behält aber seine randliche Stellung nicht bei, sondern liegt schließlich als schmale Zone im Süden der nördlichen Karawankenkette "(südlich Obir-Petzen).

Versucht man diesen aus Gesteinen des Erdaltertums bestehenden Zug als Leitlinie zu betrachten, so bereitet dies in unserem Abschnitt immerhin Schwierigkeiten, weil er nur teilweise aufgeschlossen ist. Doch läßt sich feststellen, daß er bei -Rosenbach noch am Nordrand der Karawanken liegen müßte (er fehlt hier obertags) und daß er schon im Radischbach zwei Triaseinheiten vor sich hat, ebenso viele im Bärental, während westlich Unterbergen schon mit vier solchen Einheiten gerechnet werden muß, Die Profile mögen dies verbildlichen; einige Erläuterungen die Vorstellung erleichtern:

Rosenbach: Penck und Teller erkannten hier, daß vor den Karawanken ein Gewölbe bestehe; sehr steil, vielleicht (wie Teller berichtet) senkrecht schiebt sich Karawankentrias an das vorlagernde Kohlentertiär (Rosentaler Kohlenschichten [abgekürzt RKS,] und darüber ein Konglomerat). Infolge der verschiedenen Starrheit beider Gesteine hat der Norddruck innerhalb der RKS. ein im einzelnen wohl mehrfach gestörtes Gewölbe erzeugt, während die darüber liegende Konglomeratplatte, vermutlich im wesentlichen als Ganzes, nur eine nicht sehr große Neigung nach Norden angenommen hat. Leider sind mehrere entscheidende Punkte ohne entsprechende Aufschlüsse. Die Überdeckung durch das Konglomerat weicht westlich des Rosenbaches auffallend nach Norden und gibt auch westlich des Radischbaches das unter ihr liegende Gewölbe frei. Trotzdem ist es leider nicht möglich, dieses über den Radischbach gegen Osten zu verfolgen, denn hier ist die eiszeitliche Bedeckung sehr groß, doch deuten Spuren noch eine Fortsetzung an. Östlich des Bergsturzes voll Maria Elend aber müßte es engiltig unter einer neuerlichen, hier waagrecht liegenden Konglomeratplatte verschwunden sein,

Zwischen Radischgraben und Große Suchagraben: Hier liegt schon vor den Gesteinen des Karnischen Zuges die Trias des Kapellenberges. Steile Störungsflächen walten auch hier noch vor. Die Kapellenberg-, trias schiebt sich ebenfalls steil auf RKS., die hier sehr schmal aufgeschlossen sind, weil über ihnen und nördlich zugleich eine weitere Triaseinheit liegt; Ob es sich hier um erstmalig auftauchende Teile des Singerbergzuges handelt oder um eine später darzustellende Vorlanddecke, sei dahingestellt: Jedenfalls ist die in beiden Profilen dargestellte ganz abnorme Lagerung i der RKS. für den .Aufbau des Gebietes bezeichnend: den Kern des steilgepreßten Gewölbes bilden RKS., so daß der ganz seltene Fall eintritt, daß Tertiar im Innern, Trias im Mantel eines Gewölbes liegt! Letzterer besteht allerdings aus zwei Teilen: denn den Südflügel bildet die Trias des Kapellenberges, die Nordseite aber eine kleine Triaseinheit, die wohl trotz ihrer Gesteinsähnlichkeit nicht mit dem Kapellenberg zusammenhängt. Wenn es sich in ihr um das erste Auftauchen des Singerbergzuges handeln sollte, dann ist die Erklärung für die Entstehung dieses ganz eigentümlichen Aufbaues sehr schwer. Leichter ist sie bei der Annahme, daß es sich um eine Vorlanddecke handelt. Im Vorland der Karawanken gibt es nämlich vielerorts meist sehr schmale Triaseinheiten, die der Hauptmasse beträchtlich weit vorgeeilt sind (Kieslinger beschrieb solche als erster aus dem Recken von Prävali). Merkwürdigerweise liegen sie meistens flach über dem auch recht flachen Tertiär und haben dieses nur wenig gestört. Sie selbst haben allerdings in ihrem Gefüge schwer gelitten und sind manchmal schwer von einem verfestigten Hangschutt oder einem Konglomerat zu unterscheiden. Ich nenne solche der Triashauptmasse voreilende Decken Vorlanddecken. Wenn wir nun annehmen, daß auch bei Maria-Elend eine solche sich vorgeschoben hätte so läge sie zunächst auf RKS. Der Stoß des sich steil aufschiebenden Kapellenberges würde dann ebenso wie bei Rosenbach ein Gewölbe im Vorland erzeugen

Merkwürdig bleibt auch bei diesem Erklärungsversuch, daß die Fortsetzung des Gewölbes von Rosenbach vor diesem Gewölbe zu liegen kommt, so daß wir also am Ostufer des Radischbaches zwei Gewölbe hätten, von denen das nördliche, eben jenes von Rosenbach, allerdings bald ausklingen dürfte.

Bezeichnend für diesen Abschnitt ist ferner, daß der Nordflügel dieses Gewölbes eine Gehängebrekzie trägt (Suchagrabenbrekzie), die mit einem Winkel von ungefähr 400 nach Norden einfällt, manchmal in die Luft ausstreicht, manchmal unten an einer wahrscheinlich steilen Störung an ein vor ihr liegendes waagrechtes Konglomerat anstößt. Dieses Konglomerat ist schwel' mit anderen zu vergleichen, da es nur wenige größere Aufschlüsse hat. Möglicherweise ist es mit dem Konglomerat über den RKS. von Rosenbach zu vergleichen. Merkwürdig ist, daß es an einer Stelle zahlreich jene Eruptivgesteine als Gerölle enthält, die der südlichen Karawankentrias eigentümlich sind und auch im Straschitzkonglomerat Paschingers, also im Wörtherseetal, etwa im verhältni8 1:100 vorkommen. Hierüber soll ein Bericht folgen. An dieses Konglomerat schließt sich im Suchagraben mit merkwürdig scharfem Rand ein Deltaschotter, der wohl mit dem Rosenbacher Deltaschotter zu vergleichen ist.

Diese Profile lehren uns, daß, ebenso wie bei Rosenbach, die jungtertiären RKS. nicht nur gewölbt und gepreßt wurden, sondern vermutlich schon vorher von einer Triaseinheit überschoben wurden; daß ferner ein sicherlich nicht alter, verfestigter Gehängeschutt auf diesem Gewölbe in eine ungefähr 40° Nordneigung geriet und an seinem Fuß gegen ein flach liegendes Konglomerat, das vielleicht schon an die Wende Tertiär-Eiszeitalter gestellt werden kann, abstößt. Diese Verwerfung, die leider nur wahrscheinlich ist, wäre in die Eiszeit zu verlegen, und zwar, wenn die Vergleiche mit den Nordalpen richtig sind, in jene Zeit, die der Zwischeneiszeit folgt, der die nordalpinen Vorkommen von verfestigtem Gehängeschutt zugeordnet werden. Ist all dies richtig (ein Beweis ist ohne Schurfarbeit nicht Zu erbringen und leidet auch dann noch an der Unsicherheit der Altersbestimmung beider Gesteine), dann wäre aber auch wohl das ganze Gewölbe vor dem Kapellenberg erst in dieser Zeit entstanden (ähnliche Schlüsse gestatten die Aufschlüsse bei Miklauzhof, wo die steilgestellten Schotter der Eiszeit wohl Heritsch als erster erkannt haben dürfte).

Wir kämen also zu dem Ergebnis, daß ein gar nicht unbeträchtlicher Teil der Vorlandtektonik der Karawanken noch in der Eiszeit vor sich gegangen ist, wenn wir auch dieses Ergebnis wegen der Schwächen der Beweisführung vorläufig noch mit Vorsicht gebrauchen wollen. Doch wird unter solchen Voraussetzungen die Tatsache erklärlicher, daß der Bergsturz von Maria-Elend erst nacheiszeitlich stattfand.

Zwischen Suchagraben und Bärental: Leider nimmt in diesem Gebiet die Bedeckung mit eiszeitlichen Ablagerungen, insbesondere Moränen, derart zu, daß eine genaue Verfolgung der einzelnen Baueinheiten im Vorland nicht mehr möglich ist. Vor dem Matschachergupf liegt an seinem Fuß ein sehr auffälliges, unruhiges Gelände, an das sich im Norden die Hochfläche von Matschach schließt. Schuttströme vom Matschachergupf und Moränen hindern die Beobachtung des Untergrundes, die gerade hier so wichtig wäre. Immerhin gelang es, südlich St. Rupert in recht einwandfreien Aufschlüssen die RKS. zu entdecken, die allerdings hier möglicherweise gerade etwas tieferen Schichtteilen angehören können, denn ihr Quarzgehalt ist größer. Die nördlich zu erwartende Triaseinheit fehlt hier scheinbar. Es dürften RKS. an Bärentalkonglomerat im Norden anstoßen. Wahrscheinlich vermitteln die Aufschlüsse von St. Rupert uns die Möglichkeit, die, RKS. von Maria-Elend mit jenen vom Bärental zu vereinen.

Das Bärental: Wir gehen von Feistritz nach Süden längs der prächtigen Aufschlüsse des Bärentalkonglomerates bis zu der erstmalig von Penck beschriebenen Überschiebungszone. Im Gegensatz zu Penck glaube ich, daß nicht ein Auftauchen tieferer Schichten stattfand, sondern daß der südlichste Teil des Bärentalkonglomerates abgebrochen und heruntergedrückt wurde unter der Wucht der überschiebenden Triasmasse. Hiebei wurde das Konglomerat gleichzeitig derart gebogen, daß die. Biegung im Bindemittel stattfand, so daß nur die größten Gerölle zerbrachen. Es dürfte wohl der Verfestigungsgrad des Konglomerates noch etwas geringer gewesen sein als heute. Tatsächlich zerstört ist das Gestein erst wenige Meter vor der Überschiebungsfläche, was sich vielleicht auch damit erklären läßt, daß die überschiebende Trias hier recht geringmächtig ist. Die Überschiebungsfläche hat eine Neigung von etwa 70°. Südlich der Trias liegen RKS., auch das erstemal von Penck als Quarzlyditkonglomerat beschrieben. Jüngste Aufschlüsse zeigen eine deutliche Rotfärbung der an die Trias grenzenden Teile; hier ist zu beobachten, daß in Fugen der Trias sich Tertiär einpreßt. Ein Span von Trias schwimmt sogar bereits in diesen Tertiärschichten. Die leider sehr schwer zugänglichen

Schichten zeigen gegen Süden immer stärkere Beanspruchung. Etwa 10 m vor der neuerlichen Überschiebung durch Trias sind die sehr steil gestellten Schichten sehr gepreßt, die Gerölle ausgeschwänzt. Jedes Geröll über 1 cm Größe zerbrochen. Waagrechtes Glazial liegt darüber. Dieses Tertiär ist nur in Spuren gegen Osten unter der Talverbauung durch glaziale Stauschotter zu verfolgen. Erst westlich Windisch-Bleiberg liegt ruhiges, wenn auch etwas gestörtes Kohlentertiär, überaus quarzreich, mit Glanzkohlen, vermutlich noch auf einer alten Landoberfläche, gleich Lobnig bei Eisenkappel über Trias. Es sind nicht mehr die RKS., sondern vermutlich tiefere Schichten, denen insbesondere die massenhaften Serpentine des Bärentales fast ganz fehlen. Im Bärental leitet die neuerliche Überschiebung Werfener Sandstein ein, sehr stark zermürbt natürlich, dann folgen Triaskalke mit dem Bärentalporphyr, ein Zug der dem Kapellenberg entsprechen könnte, dann folgt der Zug der Karnischen Gesteine (Silur, Devon, Karbon), dann die Trias des Matschachergupfs. Im Zug des Karnischen Paläozoikums fand Teller 1913 ein Tonalitstück. Der Fund konnte nicht wiederholt werden.

Zwischen Feistritz und Ferlach: Da die Südseite des Singerberges wegen ihrer Bedeutung als Erzgebiet noch näher studiert werden soll, wobei eben auch das Vorhandensein junger Gesteine in diesem Raum besonders lockt, soll hier nur die Rede vom Nordrand dieses Zuges sein. Seine Geologie ist insofern von, praktischer Bedeutung, als ein Wasserlösungsstollen für Windisch-Bleiberg ziemlich tief am Nordfuß des Singerbergzuges angeschlagen werden müßte.

Die im Bärental wunderbar aufgeschlossene Überschiebung des Singerbergzuges auf das Bärentalkonglomerat ist gegen Osten dort zu vermuten, wo der Steilhang des Singerbergzuges in eine eigenartige Stufenlandschaft übergeht. Ihr Verlauf aber ist nirgends mit Sicherheit festzulegen, sogar an den Steilabstürzen bei Unterbergen nicht. Das Bärentalkonglomerat liegt mit seinen aufgeschlossenen Teilen waagrecht oder ein ganz klein wenig gegen Süden geneigt. Die abgerissene Zone ist gegen Osten nicht zu verfolgen; es ist möglich, daß sie überhaupt fehlt, denn es stellt sich heraus, daß gegen Osten, immer weiter nach Norden -vorstoßend, zwei dünne (Vorland) Triasdecken über dem Bärentalkonglomerat liegen. Die untere Decke ist am weitesten in der Ostroutza bei Unterbergen, nämlich rund 1500 m, vor die Haupttriasmasse, vorgedrungen. Gegen Westen aber geht sie rasch zurück. Ihre obere Kante liegt in ungefähr 790 bis 818 m, ihre Mächtigkeit ist gering. Sie kann auch nur 20 bis 30 m betragen. Daher ist der Triaskalk (meist "erzführender Kalk" (Wettersteinkalk), wie so oft in den Vorlandeinheiten!) außerordentlich mitgenommen und es ist oft schwer, diese tektonischen Trümmergesteine von Hangbrekzien zu unterscheiden. Quarzreiches, auch toniges Tertiär liegt zwischen der ersten und zweiten Einheit. Letztere dringt etwas weniger weit nach Norden, ist mächtiger, aber in der Gesteinszusammensetzung ungefähr gleich. Die Untergrenze ist durch mehrfache Aufschlüsse des dazwischenliegenden Tertiärs ganz gut verfolgbar. Die Punkte 922 und 1029 bezeichnen ungefähr die Oberkante dieser Decke.

Kein Anzeichen spricht für eine Gewölbebildung; wie wir sie westlicher kennen gelernt haben. Die Überschiebung zerrüttete nach den Aufschlüssen in erster Linie die Vorlanddecken selbst, fast nicht den Untergrund des Bärenkalkonglomerates. Ein Schurfversuch am Steilhang bei Unterberger könnte lehren, wie sich das Konglomerat zur Hauptüberschiebung verhält. Nach den jetzt vorhandenen Aufschlüssen müßte der Unterfahrungsstollen in ruhig gelagertem Bärentalkonglomerat, das wohl für den Vortrieb und wohl auch für die Stollenerhaltung nicht ungünstig wäre, fast. bis zur Hauptüberschiebung vordringen können, wo dann wohl einige Schwierigkeiten zu erwarten wären (u. a. auch Wasser).

Bei Unterbergen schneidet das geschilderte Vorlanddeckensystem auffallend ab. Tief unten, am Fuß des Hanges gegen diesen Ort, fand Direktor Dorfer ein Stück der Pseudochloritit, gigas in quarzreichen Glimmertonen. Wir kennen bisher diese große Schnecke nur aus tieferen Schichten. Ihr Auftreten hier läßt uns vermuten, und die Geröllgesellschaft bestätigt es, daß eine bedeutende Störung im östlichen feil wesentlich tiefere Teile des Tertiärs an die Oberfläche bringt, was ja auch östlich bei Ferlach der Fall ist. Näheres soll später einmal hierüber berichtet werden.

Bergstürze und Bergsturzgefahren: Durch die häufige Einschaltung von tonreichen Schichten und durch den teilweise recht jungen Gebirgsbau, der Steilformen und über steile Hänge schuf, sind zahlreiche größere und kleinere Bergstürze verursacht worden. Nur die wichtigeren sollen besprochen werden:

Bei Rosenbach liegt, in der sogenannten Rosenbacher Schweiz ("in der Kuchel" als älterer Bezeichnung) ein wildes, sehenswertes Riesenblockwerk der die RKS. überlagernden Konglomerate, die, zu steil geneigt, auf jenen abgerutscht sind. Der Bergsturz dürfte nacheiszeitlich sein, die bedeckte Fläche ist nicht gering, die größte Absturzhöhe beträgt immerhin gegen 120 m.

Weit größer aber ist das Bergsturzgebiet von Maria-Elend, wo die Erinnerung an die Katastrophe in der Bevölkerung weiterlebt. Sie leitet den 1348 erfolgten Bergsturz von der Wand ober der Kapelle am Kapellenberg ab, wo auch vor wenigen Jahren wieder ein kleiner Bergsturz erfolgte, dessen Trümmer aber noch ober der Kapelle liegen blieben. :Bei Betrachtung der Landschaftsformen fällt zunächst die geringe Größe der angeblichen Ausbruchsnische auf und außerdem bemerkt man, daß im Gebiet der Kapelle die vordere Triaseinheit samt der darüber liegenden Suchagrabenbrekzie zu fehlen scheint. Allerdings bedeckt feinerer und gröberer Schutt den Hang.

Bei näherer Untersuchung des Bergsturzmaterials ergab sich folgendes: Die beiden am weitesten vorgedrungenen Zungen zeigen nur oder wenigstens fast ausschließlich Blöcke aus Suchagrabenbrekzie, Gleiche Blöcke, teilweise vermengt mit solchen aus lichtem Triaskalk, sind in einem schmalen Streifen am Ostrand des Blockstroms zu verfolgen.. Aufschlüsse westlich des Gasthofes "Jägerheim" in Maria-Elend zeigen deutlich, daß auf diesem Blockstrom aus Brekzie ein solcher aus Kalk liegt. Dieser jüngere Blockstrom bricht an seinem Ende mehrere Meter steil und scharf ab, während der tiefere, aus Suchagrabenbrekzie bestehende Blockstrom, hier als brauchbarer Baustoff stark ausgebeutet, noch wie in den heutigen Ort zu verfolgen ist. Die Hauptmasse des Kalkblockstroms liegt über dem Verbindungsstück wischen den beiden ältere» Schuttströmen und gegen den Berg zu. Dieser zweite Bergsturz reichte also nicht ganz so weit in das Tal. Nach diesen Beobachtungen gab es bei Maria-Elend zwei zeitlich gut getrennte (wenn auch der zeitliche Zwischenraum kaum groß gewesen sein dürfte!) Bergstürze auf ungefähr derselben Sturzbahn. Der zuerst erfolgte förderte fast nur Suchagrabenbrekzie zu Tal, kann daher nicht aus den Wänden ober der Kapelle erfolgt sein. Trotzdem ist die größte Absturzhöhe immer noch mehr als 390 m. Als Ursache des Bergsturzes nehme ich den bereits früher geschilderten Bau des Gebietes an; da östlich der Kote 810 östlich des Radischbaches am Westrand der Sturzbahn Kohlentertiär zum Vorschein kommt und ,auch in allerdings geringem Maße im Bergsturzmaterial zu finden ist, nehme ich an, daß die nördliche Trias des steilgepreßten Gewölbes auf der Tertiärunterlage des Gewölbekerns sich nicht mehr halten konnte.

Wenn diese Vorstellung richtig ist, dann besteht auch für den Hangteil bis zum Suchagraben Gefahr, denn die geologischen, Verhältnisse bleiben die gleichen. Kleinere Bergstürze gab es auch hier; Brekzienbanke. streichen auch hier teilweise in die Luft aus, Mögen diese Zeilen die Mahnung sein, den Hang mit Vorsicht zu nutzen, ganz besonders aber in der Waldnutzung vorsichtig zu sein, Bergstürze sind zwar durch Menschenhand nicht zu verhindern, wohl aber kann der Abriß durch unkluges Verhalten gefördert werden.

Gleiches gilt von einem Hangteil am Nordhang des Singerberges. Hier bildet oberhalb St. Johann und Rabenberg die obere Einheit der Vorlanddecke eine längere Wandflucht in ungefähr 900 m. Unter ihr liegt, scheinbar recht mächtig, Kohlentertiär. Sie liegt also auf Material, das Rutschungen begünstigt, zumal es wasserreich ist. Tatsächlich liegt bereits eine bedeutende Menge von Blöcken vor der Wand, ist aber trotz des ziehmlich steilen Hanges nicht weiter abgestürzt. Dadurch hat das Tertiär eitle Sicherung gegen die, Erosion erhalten. Es dürfte vorteilhaft sein, dieses Steinpflaster in seiner Natürlichkeit zu belassen und auch in diesem Gebiet den Wald möglichst zu schonen.

Die Herren Direktor Dorfer und Direktor Seebacher erkundeten bei Kote 914 eine schöne Spaltehöhle, deren ursprüngliche Länge, parallel der .Abbruchwand (O-W) ungefähr 50 m betragen haben dürfte. Bei einer Befahrung der noch offenen Teile mit Professor Lex stellten wir fest, daß die Höhlenbildung dadurch zustande kam, daß sich ein Teilblock durch geringes Abgleiten seines Fußes von der Wand entfernte. Er stellte sich dadurch schief zur Wand und lehnt oben an ihr. Diese Höhlenbildung läßt auf Gleitbewegungen des Triaskalkes auf auf dem liegenden Kohlentertiär schließen. Diese mag durch ein Herauspressen der Triasdecke gefördert werden, kann aber auch durch ein Ausfließen des angeschnittenen Tertiärs erklärt werden. Wahrscheinlich wirken beide Kräfte. Jedenfalls aber müßte sowohl ein stärker nach Norden wirkender Gebirgsdruck als auch die Verstärkung des Fließens des Tertiärs durch schonungsloses Nutzen des Hanges die Gefahr des Bergsturzes erhöhen, der menschliche Siedlungen zerstören würde.

Die Kohlenhöffigkeit: Zahlreiche Schurfversuche, auch ernster Art, haben zu keinem Erfolg geführt. Dennoch ist die Frage; ob bauwürdige Kohlenflöze vorhanden sind, nicht gelöst, denn wie ich 1933 nachweisen konnte, erreichten alle Schurfversuche die höffigste Zone, die ältesten Tertiärschichten, nirgends.

Wh. kennen leider bis heute noch immer das Normalprofil der Tertiärschichten am Karawankenrand nicht. Die große Verssinterungsarmut ist daran schuld, aber auch die großen Störungen, die das Gebiet erfahren hat. Möglicherweise hilft die Beobachtung des Geröllinhaltes der Schichten, also das Studium der Herkünfte des Materials. Diese Studien führten immerhin bereits zur Erkenntnis, daß in den RKS. nicht eine kohlenhöffige Schichtfolge vorhanden ist, sondern diese tiefer zu suchen ist. Erschwert wird die Auffindung der Normalschichtfolge ferner durch die Tatsache, daß wohl das Sattnitzkonglomerat. nicht mehr ganz an seiner Ablagerungsstelle liegt und ferner dadurch, daß es im hier beschriebenen Abschnitt in den Gebirgsbau der Karawanken nicht eintritt, dies allerdings unter der Voraussetzung, daß der Begriff Sattnitzkonglomerat streng gefaßt wird.

Wenn wir aber annehmen, daß in den jüngeren Schichten der Gehalt an Kalkgeröllen immer mehr zunimmt, dann müssen wir z. B. die Bärentalkonglomerate schon ziemlich hochstellen und sogar für die unteren Teile, die glimmerfreie Tone mit Kohlen führen, annehmen, daß sie beträchtlich jünger sind als die RKS. Dies bedeutet aber, daß die kohlenhöffigsten Schichten im Bereich des Singerbergnordhanges sehr tief liegen müssen und erst östlich Unterbergen die Aussicht, sie in bauwürdiger Tiefe zu erreichen, größer wird.

Für den Bergbau schalten sich ferner alle Gebiete großer Pressung aus, mögen auch die hier vorkommenden Kohlen von ganz hervorragender Qualität sein (Proben aus dem Bärentalprofil bis 6000 Kalorien, angeblich sogar bis 7000). Es zeigt sich dadurch, daß erst im Gebiet um Rosenbach die Aussichten wieder wesentlich günstiger sind; Hier wird die Erschließung älterer Schichten auch dadurch gefördert, daß das geschilderte, zwar etwas gestörte, aber immerhin noch einigermaßen erhaltene Gewölbe im Kern ziemlich tiefe Schichten erbohren lassen würde. Der hohe Gehalt der Schotter an harten und zähen Geröllen wird allerdings die Bohrversuche schwieriger machen; Über die :Nordgrenze des Hoffnungsgebietes in unserem Abschnitt können wir keine Auskunft geben. Schuttkegel und Schotterflächen drängen die Drau an den Nordrand des Tales, wo teilweise noch Kristallin ansteht. Hier läuft eine ganz große Störung; die das Kristallingebiet des Klagenfurter Beckens und der auf ihm lagernden Konglomerate von den Gesteinen der Karawanken trennt. Diese Störungslinie findet im Westen nur ein Gleichnis in der Nordrandstörung der Karnischen Alpen, die Heritsch wohl mit Recht als einen Teil der periadriatischen Naht bezeichnet. Höchstens bis zu dieser Störung ist das Tertiär vorauszusetzen, aber über die Verhältnisse der Tiefe in der Weite des Rosentales sind wir nicht unterrichtet. Es kann sein, daß die eiszeitlichen Schotter tief reichen, doch scheint es mir wahrscheinlicher, daß dies nicht der Fall ist. Hiefür sprechen Nachrichten über Kohlenfunde bei St. Gertraud (nördlich Rosenbach) und gleiche Erfahrungen konnte ich ,auch weitab von hier, bei Globasnitz und bei Griffen, machen, wo sich herausstellte, daß die Sohle der eiszeitlichen Umfließungsrinnen staunenswert hoch lag.

Die nicht unbedeutenden Mittel, die bisher in geschilderten Abschnitt für Schurfarbeiten verwendet wurden, Waren in erster Linie deshalb verloren, weil die Geologie des Gebietes viel zu wenig beachtet worden war. Mögen diese Zeilen dazu beitragen, daß der Fehler nicht auch in Zukunft gemacht, werde; denn nicht an negativen Erfolgen dieser Art läßt sich der Mangel an Kohlen erweisen.

                                              

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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