Götzinger M. A. / 1984 Textauszug |
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Über
sedimentäre Fluoritbildungen in triadischen Karbonatgesteinen des
Drauzuges, Kärnten, Österreich. Von Michael A. GÖTZINGER Einleitung
Sedimentäre Fluoritmineralisationen sind im Drauzug (Lienzer
Dolomiten, Gailtaler Alpen, Nordkarawanken) aus Karbonatgesteinen des Karn
und Ladin sowie des Anis bekannt (Untere Obertrias und Mitteltrias). In
Gesteinen des Karn und Ladin ist Fluorit in bedeutenden Mengen an die
Bleiglanz-Zinkblende-Vererzungen des Typs Bleiberg-Kreuth gebunden
(SCHNEIDER 1954, SCHNEIDER et al. 1977, SCHULZ & SCHROLL 1977, HEIN
& SCHNEIDER 1983), stratigraphisch (und nur bedingt genetisch)
vergleichbar sind die Vorkommen in den Nördlichen Kalkalpen Westösterreichs
(z. B. Lafatsch-Vomperloch/Tirol, SCHULZ 1955, SCHNEIDER et al. 1975).
Eine genetische Sonderstellung nimmt möglicherweise die massive
Fluorit-Bleiglanz-Zinkblende-Vererzung Radnig bei Hermagor, Ktn. ein, wo
Fluorit eine besonders auffällige Bindung an bituminöse Gesteine zeigt
(FRIEDRICH 1964). In anisischen Gesteinen tritt Fluorit meist kluftgebunden
im Alpinen Muschelkalk bzw. in Gutensteiner Schichten auf, wobei
Pb-Zn-Vererzungen mengenmäßig stark zurücktreten (GÖTZINGER 1985); ein
typisches Beispiel ist die Mineralisation bei Kellerberg im Drautal.
Stratigraphisch und genetisch vergleichbare Vorkommen sind aus den Nördlichen
Kalkalpen Ostösterreichs bekannt (z. B. Laussa, Stmk., GÖTZINGER &
WEINKE 1984). Die folgende Übersicht soll die wichtigsten Merkmale der
genannten Mineralisationen aufzeigen. Die geographische Lage der Vorkommen
ist aus der Abbildung 1 zu ersehen. Die
Fluoritmineralisationen in karn-ladinischen Gesteinen
Diese Fluoritvorkommen sind sowohl in den Nordtiroler
Kalkalpen als auch im Drauzug verbreitet. Sie sind an
Bleiglanz-Zinkblende-Vererzungen gebunden. Pirkachgraben (Pirknergraben) W Oberdrauburg: SUSSMANN
(1902) beschreibt Fluorit- und Barytkörner sowie Fluoritdrusen (Würfel)
von der Zinkblende-Pyrit-Bleiglanz-Vererzung in bituminösen Anteilen
kalkiger Glieder der Carditaschiefer (Karn). Jauken bei Dellach / Drautal:
Kurz erwähnt wird Fluorit aus dem Bleiglanz- und Galmeibergbau, speziell
aus dem Mühlbacher Stollen im Maiengraben (CANAVAL 1931). Die Vererzung
steckt in einem Karbonathorizont der Carditaschiefer (Karn). Radnig bei Hermagor: Sowohl CANAVAL (1898) als
auch FRIEDRICH (1964) beschreiben eine massive Fluoritmineralisation
(neben Baryt) in stark bituminösen Anteilen der
Bleiglanz-Zinkblende-Vererzungen im "Jaukenkalk", der den
Karbonathorizonten der Carditaschiefer (Karn) entspricht (TOLLMANN 1977).
FRIEDRICH (1964) unterscheidet drei Erztypen: (1) "Erzlager" mit
Zinkblende und Bleiglanz in dichtem braunen "Jaukenkalk"; (2) "Schichterze" aus
absätzigen Bänken von 1-2 cm "Jaukenkalk" und ebenso dicken
Flußspatlagen; (3) Schichten und Schnüre aus
Flußspat, Zinkblende und Bleiglanz in hellbraun gebändertem "Jaukenkalk".
Charakteristischerweise ist die
Hauptmasse des Fluorites mit Bitumen und mit Zinkblende lagenartig
verwachsen. Aufgrund geologischer und erzmikroskopischer Untersuchungen
(u. a. Mitverfaltung sedimentärer Erzlagen, Erzausscheidungen aus Gelen)
stellt FRIEDRICH diese ehemalige Lagerstätte zum exhalativ-sedimentären
Typ ("einwandfreie" Tuffite liegen vor). Suchengraben (Zauchengraben)-Förolach E Hermagor:
Nach CANAVAL (1906) tritt im Ostteil der Bleiglanz-Zinkblende-Vererzung
(Grubenfeld Ferdinand) untergeordnet Fluorit auf. Diese Vererzungen (auch
unter den Fundortbezeichnungen Gradlitzen, Graslitzen und Palascha
bekannt) sind den Carditaschiefern eingelagert. Bleiberg -Kreuth: Die Untersuchungsergebnisse über
die Bildung von Flußspat im Oberen Wettersteinkalk der Nördlichen
Kalkalpen (SCHNEIDER 1954) sind großteils auch auf die
FIuoritmineralisationen des Karn und Ladin im Drauzug übertragbar (HEIN
& SCHNEIDER 1983). Demnach werden drei Fluorit-Generationen
unterschieden: (I) Fluorite der sedimentären Phase sind
kryptokristallin (ca. 0,01 mm), meist unregelmäßig begrenzt, Würfel
angedeutet, als Einzelkristalle diffus verteilt oder in sedimentären Gefügen
angereichert. Durch Einschlüsse sind sie trüb oder bräunlich gefärbt.
Organisches Pigment ist in den Fluoriten diffus verteilt oder zonar
angeordnet. (II) Fluorite der diagenetischen
Phase sind Bildungen der Sammelkristallisation, meist pigmentarm oder
-frei (.,Reinigungskristallisation"), gegen winzige Hohlräume sind
Kariten und Flächen ausgebildet. Hierher zu stellen sind auch dichte, bis
mittelkörnige, meist hell bräunliche Fluorite, die unscheinbar, nur
durch ihren fettigen Glanz auffallend, in (hellbraunen) Karbonatgesteinen
ein durchaus abbauwürdiges "Erz" darstellen. Die Fluorgehalte
reichen hier bis 20 Gew. % und mehr. Ein Teil dieser Fluorite (mittelkörnige
Partien) leuchtet nach eigenen Untersuchungen in kurzwelliger UV-Strahlung
hell gelblichweiß (manche Calcite leuchten ähnlich!). Lokale
metasomatische Verdrängungen leiten zur nächsten Generation über. (III) Fluorite der hydatogenen
Umlagerungsphase stellen makroskopisch wahrnehmbare Ausbildungen grobkörniger
Massen und idiomorpher Drusenfüllungen dar. Die Farbe schwankt zwischen
grau-gelblich-trüb und farblos, selten schwach violett bis grünlich.
Derb-körnige Aggregate finden sich auch mit Zinkblende-Derberz. Dieser
Fluorit tritt bis zu einer Entfernung von ca. 40 m von seiner primär
sedimentären Anlage auf (SCHNEIDER 1954). Auf diese Einteilung aufbauend, stellen MÖLLER et al.
(1980) eine Klassifikation sedimentärer FIuoritmineralisationen auf.
Aufgrund von Seltenerdelement (SEE)-Untersuchungen (SCHNEIDER et al. 1977)
unterscheiden sich die karnisch-ladinischen Fluorite der Nördlichen
Kalkalpen von denen des Drauzuges; erstere zeigen für sedimentäre
Bildungen charakteristische SEE-Verteilung, letztere lassen mögliche
Einflüsse (hydrothermal) submarin-vulkanischer Tätigkeiten vermuten. Die Herkunft des Fluors in Sedimentationsbecken ist
einerseits durch Verwitterungslösungen des Festlandes (kristalline
Schiefer, Granite) unbestritten (KORITNIG 1951), andererseits kann
"das sprunghafte Erscheinen größerer Fluor- (Flußspat)
Konzentrationen in marinen Sedimenten als ein empfindlicher Indikator für
vulkanische Äußerungen innerhalb des Sedimentationsraumes oder in dessen
unmittelbarer Nachbarschaft gewertet werden" (SCHNEIDER 1954). Fluorit bricht beim Bleiglanz-Zinkblende-Abbau in
bedeutenden Mengen bei; bedauerlicherweise wird er nach wie vor nicht mit
gewonnen, obwohl Fluorit einen für Österreich besonders kritischen
Rohstoff darstellt (vgl. dazu GÖTZINGER 1984a). Die Fluoritmineralisationen in anisischen Gesteinen
Diese Fluoritvorkommen sind
verbreitet in den Nördlichen Kalkalpen Ostösterreichs, nur wenige finden
sich im Drauzug; die Gründe dafür werden anhand der genetischen
Fragestellung diskutiert Dielengraben W Stein bei Dellach/Drautal:
MATZ (1953) beschreibt einen Neufund von violettem Fluorit als Begleiter
des Auripigments in dem bituminösen Kalken und Dolomiten der anisischen
Stufe. Er stellt im Sinne FRIEDRICHs die Mineralisation zur
hydrothermal-telethermalen Bildung. Dies gilt aufgrund von
Schwefelisotopen-Untersuchungen (GÖTZINGER & PAK 1983) möglicherweise
nur für die Bildung des Auripigments; hingegen ist die Erwähnung von
Sulfatwässern durch KAHLER (in MATZ 1953,213) und die nahe Gipszone von
Bruggern bei Greifenburg für die kluftgebundene Fluoritbildung genetisch
von Bedeutung. Kolm bei Dellach/Drautal: Neben
der Zinkblende-Bleiglanz-Vererzung (SUSMANN 1902) tritt auch Fluorit auf,
Baryt ist selten. Gratschenitzen SW Paternion:
Aufgrund der Beschreibung ist dieses Vorkommen sehr wahrscheinlich als
anisisch einzustufen; die geologische Karte (ANDERLE 1977) weist SW
Gratschenitzen Gutensteiner Kalk und Dolomit aus. Durch den Straßenausbau
sind derzeit bituminöse Gutensteiner Schichten mit Calcitklüften
freigelegt. BRUNLECHNER (1893) beschreibt kleine, violette Kriställchen
als drusiger Überzug auf einem bituminösen, von Calcitadern durchzogenen
Kalkstein, in Begleitung von Asphalt und Calcitkristallen; Schurfbau in
der Gratschenitzen an der Straße Paternion -Kreuzen. Kellerberg bei Stadelbach/Drautal:
Calciterfüllte Klüfte des Muschelkalkes enthalten violetten Fluorit,
teils derb, teils in kleinen Würfeln. Unweit befindet sich eine
kluftgebundene Bleiglanz-Vererzung. Diese Mineralisationen wurden im Zuge
eines Stollenbaues für ein Kraftwerk freigelegt. (Unter gleichem Namen
ist auch eine Pb-Zn-Vererzung des Ladin bekannt!). Male-Alm bei Zell-Pfarre/Karawanken:
Im Südstamm der Karawanken ist eine Bleiglanz-Fluorit-Mineralisation
bekannt (Dr. I. CERNY, pers. Mitt.). Mengenmäßig sind die anisischen Fluoritvorkommen gegenüber
den karn-ladinischen in Kärnten praktisch bedeutungslos. Hingegen sind
aus den Nördlichen Kalkalpen ca. ein Dutzend kluftgebundene
Fluoritvorkommen in anisischen Gesteinen bekannt, von denen einige massive
Mineralisationen aufweisen (z. B. Laussa, Stmk). Aufgrund gleicher
Stratigraphie und Anlage der kluftgebundenen Fluoritmineralisationen in
den Nördlichen Kalkalpen und im Drauzug wird eine gleichartige Genese
angenommen. Kurz zusammenfassend soll die Genese kluftgebundener
Fluoritmineralisationen des Anis dargestellt werden, da einige Teile schon
Gegenstand anderer Arbeiten sind (GÖTZINGER & WEINKE 1984, GÖTZINGER
1985). Alle bekannten Vorkommen liegen in tektonisch beanspruchten
Bereichen nahe oberpermischen Evaporiten; für die Kärntner Vorkommen
fehlen allerdings noch Isotopen-Untersuchungen. Fluorite mit hohen
NaCl-Gehalten (bis 2500 ppm) besitzen drei bis vierphasige Einschlüsse
(siehe Abb. 2): je ein Steinsalzkristall in einer (NaCl) Lösung und ein
bis zwei Libellen, wovon eine wahrscheinlich CO2, die andere möglicherweise
organische Substanzen enthält. Die Charakterisierung der Einschlüsse
erfolgte mittels Infrarot-Spektroskopie (GÖTZINGER 1984 b).
SEE-Untersuchungen deuten auf sedimentäre Bildungsbedingungen (nach MÖLLER
et al. 1976), die Ausbildung von Würfeltracht weist ebenfalls auf niedrig
temperierte Bildungen (OBENAUER 1933). Im ursprünglichen Zustand weitgehend erhaltene
Gutensteiner Schichten (Anis, Mitteltrias) zeigen oftmals hohe
Fluor(it)-Gehalte (bis 3000 ppm F). In diesen Gesteinen ist Fluorit in ca.
0,01 mm großen Kriställchen, dispers verteilt, enthalten (siehe Abb. 3).
Die SEE-Spektren dieser Gesteine sind in der Abb. 4 eingetragen. Sie
zeigen einen recht gleichmäßigen Verlauf. Die Trägergesteine der
kluftgebundenen Fluoritmineralisationen weisen in ihren SEE-Spektren
deutlich negative Eu-Anomalien auf (Abb. 4). Kluftgebundene Fluorite,
besonders die klar-farblosen, nahezu einschlußfreien Spätkristallisate
zeigen hingegen in ihren SEE-Spektren deutlich positive Eu-Anomalien (Abb.
4). Daraus ist berechtigterweise ableitbar, daß die kluftgebundenen
Fluorite Mobilisate der fein verteilten, sedimentär angelegten Fluorite
aus fluorreichen Gutensteiner Schichten darstellen; bei der Mobilisation
wurde das Europium mit (aus) den Fluoriten transportiert. Als Lösungsmittel
werden NaCl-reiche Wässer aus den benachbarten Evaporiten angenommen
(vgl. Einschlüsse). Die gute Löslichkeit von Fluorit in NaCl-Lösungen
wurde durch Experimente bestätigt (RICHARDSON & HOLLAND 1979,
SCHAEFER & STRÜBEL 1979). Die Häufigkeit (und Mächtigkeit) kluftgebundener Fluorite
im Anis ist offensichtlich abhängig von der Häufigkeit und Mächtigkeit
(oberpermischer) Evaporite; da im Drauzug nur wenige Evaporitvorkommen
bekannt sind und diese auch die Mächtigkeit der nordalpinen bei weitem
nicht erreichen, ist die relative Seltenheit der anisischen Fluorite im
Drauzug erklärbar. S-lsotopenuntersuchungen einiger Evaporite des
westlichen Drauzuges brachten charakteristische Werte für Anis
(NIEDERMAYR 1983). Die Frage nach der Herkunft des Fluors in den anisischen
Sedimenten bleibt vorerst noch unbeantwortet. Prinzipiell kommen sowohl
Zufuhr vom Festland (die Werfener Schiefer im Liegenden haben F-haltige
Glimmer) als auch (sub)vulkanische Tätigkeiten in Betracht (Tuffitvorkommen
bekannt, WARCH 1979). Auffällig ist die signifikante Bindung des Fluors
(Fluorite) an organische Substanzen (vgl. Radnig und speziell im Anis). Ob
diese Bindung auf kausalen Zusammenhängen beruht, oder ein mehr minder
zufälliges Nebeneinander von Vorgängen widerspiegelt, kann derzeit noch
nicht gesagt werden. Fluorreiche bituminöse Gesteine sind auch aus
anderen stratigraphischen Einheiten bekannt (z. B. Seefelder
Asphaltschiefer im Hauptdolomit, Nor, enthält knapp 2000 ppm F). Der
Nachweis fluor-organischer Verbindungen steht noch aus, wird aber auch
dadurch erschwert, daß (fluorithaltige) Tonminerale und organische
Substanzen (im Lösungsrückstand) mit milden Methoden kaum trennbar sind.
Die Analytik des Fluors ist zwar durch den Einsatz der
fluorsensitiven Elektrode wesentlich erleichtert worden, die Beantwortung
diffiziler geochemischer Probleme steht in vielen Fällen trotzdem noch
aus. Abschließend sollen auch die Fluoritvorkommen der Radstädter
Trias Erwähnung finden, die in einigen Fällen metamorphe Äquivalente
der Anis-Mineralisationen darstellen; die Fundortangaben finden sich bei
WENINGER (1969). Dank
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