Walter F., Mörtl J. & K. Ettinger / 1998 |
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Cannonit, Bi2O(OH)2SO4,
aus einer Wismutvererzung im Kleinelendtal, Ankogelgruppe, Kärnten. Von Walter Franz, Josef Mörtl und Karl Ettinger Zusammenfassung: In einem Quarzgang aus dem Kleinelendtal, Ankogelgruppe, Kärnten,
tritt die Paragenese Pyrit-Bismuthinit ged.
Bi-Tetradymit-Pyrrhotin-Chalkopyrit auf. Diese Vererzung ist das
derzeit östlichste Vorkommen von Quarzgängen mit der Pyrit-
Tetradymit-CuPbBi-Sulfosalze-Gold-Paragenese in den Zentralgneisen der
Hohen Tauern. Als Mineralneubildung aus Bismuthinit konnte Cannonit
nachgewiesen werden, der hier weltweit sein zweites Vorkommen hat. Abstract: The ore
mineralisation pyrite-bismuthinite–bismuth-tetradymite-pyrrhotite-chalcopyrite
in quartz veins from Kleinelendtal, Ankogelgroup, Carinthia, is reported.
This mineralisation is the most eastern known quartz hosted
pyrite-tetradymite-CuPbBi-sultosalts-gold paragenesis in the Zentralgneis
of the Hohe Tauern. Cannonite, an extreme rare bismuth sultate hydrate
occurs as alteration product of bismuthinite and was found for the second
locality world wide. EINLEITUNG
Für die mineralogische Forschung in der Kernzone des
Nationalparks Hohe Tauern wurde der Abteilung für Mineralogie am
Landesmuseum Joanneum in Graz von der Kärntner Landesregierung ein
Projekt bescheidmäßig bewilligt. Unter den Projektmitarbeitern sind
neben Fachwissenschaftern auch einige mineralogisch sehr interessierte
Sammler tätig. Der Mitarbeiter Otmar Blasnig, Bodensdorf, fand im Sommer
1995 unter dem Gletscherzungenende des Kleinelendkeeses, orographisch
links des Kleinelendbaches, in rd. 2250 m SH einen reich mit Pyrit
vererzten Quarzgang. Der nach seinen Angaben etwa 8 cm mächtige Quarzgang
ist auf ca. 4 m Länge aufgeschlossen. Dieser Gang fallt auch durch die
rostbraune (limonitische) Verwitterung der im Quarz auftretenden bis 5 mm
großen würfeligen Pyritkristalle auf und ist bereits aus größerer
Entfernung im hellen Granitgneis zu erkennen. Proben dieser Vererzung
wurden unter Pkt. 1.29 des Berichtes 1995 (MÖRTL 1995) registriert. GEOLOGISCHER
ÜBERBLICK
Das Tauernfenster wird im wesentlichen in das Permo
Mesozoikum der Oberen Schieferhülle, in die aus den Plutoniten des
Oberkarbons bis Unterperms entstandenen Zentralgneise und schließlich in
die Gesteine der Habachserie (Kambrium) und "Altes Dach"
gegliedert (vgl. KRAINER 1994). Nach der geologischen Karte des
Ankogel-HochalmGebietes von ANGEL & STABER (1952) liegt die
aufgefundene Vererzung in den "hellen granitischen Gesteinen des
tieferen Stockwerkes" und ist somit den Zentralgneisparagenesen
zuzurechnen. Aus der geologischen Karte ist dort ein Streichen der
Gesteine mit NO-SW und Fallen nach NW angegeben, eine Vermessung der
Vererzung wird bei einer zukünftigen Kartierung dieses Gebietes
nachgeholt. PROBENBESCHREIBUNG
UND ERGEBNISSE
Im derben Quarz liegen idiomorph bis hypidiomorphe würfelige
Pyritkristalle, die oft 1-5mm große Einzelkristalle oder Kristallgruppen
bilden (Abb. 1). Die Handstücke zeigen oberflächlich nur eine geringfügige
Limonitisierung des Pyrits. Bei näherer Betrachtung der polierten
Erzanschliffe sind unter dem Erzmikroskop im Pyrit zahlreiche Einschlüsse
weiterer Erzminerale zu erkennen. Mit dem Rasterelektronenmikroskop
erfolgte der qualitative Elementnachweis und die chemische Analyse der
einzelnen Mineralphasen über die Auswertung der beim Elektronenbeschuss
der Probe entstehenden charakteristischen Röntgenstrahlung mit wellenlängen
und energiedispersiven Spektrometern. Abbildungen der Mineralphasen
mittels rückgestreuter Elektronen (BSE) zeigen, bedingt durch den
Unterschied der mittleren Ordnungszahl der in den jeweiligen Mineralen
vorhandenen Elemente, deutlich unterschiedliche Helligkeiten. So treten in
Abb. 2 Quarz (schwarz), Pyrit (grau) und Bismuthinit bzw. ged. Wismut
(beide weiß) nebeneinander auf. Durch Steigerung des Kontrastes und
Variation in der Bildhelligkeit können auch die Wismutminerale
unterschiedlich dargestellt werden. Abb. 3 zeigt bei stärkerer Vergrößerung
ein im hier schwarz wirkenden Pyrit eingeschlossenes xenomorphes Erzkorn,
das aus Bismuthinit, Bi2S3 (mittelgrau) und ged.
Wismut, Bi (weiß) besteht. Als weitere im Pyrit auftretende Erzminerale,
die jedoch im Gegensatz zu den beiden vorher genannten Wismutmineralen
eher selten anzutreffen sind, konnten Pyrrhotin, FeS, Chalkopyrit, CuFeS2
und Tetradymit, Bi2Te2S nachgewiesen werden (Abb.
4). Auch Verwachsungen von Bismuthinit und Tetradymit konnten beobachtet
werden. In Rissen im Pyrit und Quarz bzw. in Hohlräumen von Quarz (Abb.
5) konnte eine Wismutmineralisation gefunden werden, die neben Wismut und
Schwefel keine weiteren Elemente beinhaltet, die eine Ordnungszahl größer
als 8 (Sauerstoff) haben. Da die Analysensummen bei allen Messungen jedoch
weit unter 100 Gew.-% für Wismut und Schwefel lagen wurde wellenlängendispersiv
nach leichten Elementen gesucht. Die Ergebnisse der Sauerstoffmessungen
bestätigten, daß es sich bei dieser Minephase nicht um ein Bi-Sulfid
sondern um ein Bi-Sulfat handelt. Das Mineral
Cannonit, Bi2O(OH)2SO4, das einzige natürliche
Wismutsulfat. Es wurde bisher erst von einem Vorkommen der Erde -Tunnel
Extension mine; Marysvale, Utah, USA (Typuslokalität) .beschrieben
(STANLEY et al. 1992). Vom Handstück der Vererzung aus dem Kleinelendtal konnte
aus kleinen Hohlräumen im Derbquarz ein hellgrau gefärbtes,
durchscheinendes, stark glänzendes Mineral angereichert werden. Die damit
angefertigte Röntgenpulverdiffraktometeraufnahme bestätigt eindeutig das
Vorkommen von Cannonit (Abb. 6). Als Paragenese kommt in diesen Hohlräumen
stark angelöster Bismuthinit vor. An einigen Stellen konnten sogar
Gruppen von frei in den Hohlraum gewachsene Cannonitkristallen entdeckt
werden ( (Abb. 7). Die einzelnen Kristalle erreichen dabei Größen von
meist unter 0.06 mm. DISKUSSION
NW-SW-streichende dm-mächtige Quarzgänge, die in ihrer
Erzführung durch Pyrit-Tetradymit-CuPbBi-Sulfosalze und Gold
gekennzeichnet sind, treten an mehreren Orten der Sonnblickgruppe auf,
wobei Vorkommen im Bereich der Wurten besonders goldreich sind. Nach
FEITZINGER & PAAR (1991) unterscheiden sich diese Gänge von den
NNO-SSW –streichenden „Tauerngoldgängen" abgesehen von ihrer
anderen Lage besonders durch das Fehlen des Elementes Arsen und das
reichliche Auftreten von Wismutmineralen. Mit dem Auffinden der oben
beschriebenen Vererzung aus dem Kleinelendtal ist das bisher östlichste
Vorkommen des Vererzungstyps der Pyrit-Wismutmineralisation in den
Zentralgneisen der Hohen Tauern bekannt geworden. Das Vorkommen im
Kleinelendtal ist charakterisiert durch das Haupterz Pyrit. Unter den
mengenmäßig gegenüber Pyrit stark zurücktretenden Erzen sind
Bismuthinit und gediegen Wismut dominierend. Tetradymit, Pyrrhotin und
Chalkopyrit konnten im Schliff nur in wenigen Körnern angetroffen werden.
Die Bildung des seltenen Wismutsulfates Cannonit ist auf Lösungsprozesse
des Bismuthinites zurückzuführen, da unmittelbar daneben Pyrit unverändert
erhalten ist und dessen Schwefel nicht zur Sulfatbildung verwendet wurde
(vgl. Abb. 5). Auch tritt hier Cannonit nicht im Bereich der dünnen
Verwitterungskruste auf, sondern mitten im frischen Erz. Von der
Typuslokalität wird Cannonit als Verwitterungsprodukt des
Cu-Bi-Au-S-Erzes angegeben. Auch dort sind winzigste Kristalle unter 0.2
mm Größe in kleinen Hohlräumen des Quarzganges gefunden worden. BEMERKUNGEN
ZUM MINERALIENSAMMELN
Mit dem Auffinden von seltenen und oft sogar einzigartigen
Mineralparagenesen in der Kernzone des Nationalparks Hohe Tauern zeigt
sich wieder einmal, dass auch die erdwissenschaftliche Erforschung ständig
neue Erkenntnisse bringt. Die zeitaufwendige Suche nach interessanten
Mineralvorkommen kann nur mit Unterstützung von Sammlern, die über
Vereine, wie dem Naturwissenschaftlichen Verein für Kärnten, gut
organisiert sind, durchgeführt werden. Ein Verbot der Probennahme,
welches faktisch für den Bereich des Nationalparks in Osttirol besteht, würde
nur zum Einfrieren des heutigen Wissens führen. LITERATUR ANGEL, F. & R. STABER (1952): Gesteinswelt und Bau der
Hochalm-Ankogelgruppe. - Wiss. Alpenvereinshefte, 13.:112 S., Innsbruck. FEITZINGER, G. & W.H. PAAR (1991): Gangfärmige
Gold-Silber-Vererzungen in der Sonnblickgruppe (Hohe Tauern, Kärnten). -
Arch. f. Lagerst. forsch. Geol. B.-A., 13.:17-50, Wien. KRAINER, K. (1994): Die Geologie der Hohen Tauern.
-Nationalparkfonds der Länder Kärnten, Salzburg und Tirol (Großkirchheim/
Döllach, Neukirchen am Großvenediger, Matrei/Osttirol), 160 S. ! MÖRTL, J. (1995): Projekt: Erforschung der Nationalparks
"Hohe Tauern" und "Nockberge" 1995. - Unveröff. Ber.
an Kärntner Landesregierung, Abteilung 2 Ro, Klagenfurt, vom
10.12.1995,75.
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